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vernahm nun, daß er, der bisherige Verfolger, bestimmt sei, das zu bezengen und zu verkündigen, was er bisher geläugnet, was er als Lästerung verabscheut hatte. Und jetzt, als die Vision vorübergegangen, bemerkte er, daß die Sehkraft seinem Auge entzogen war. Von seinen Vegleitern nach dem nahen Damascus geleitet, blieb er drei Tage lang blind, aß nicht und trank nicht; aber in dieser Nacht, die seine Sinne umhüllte, sahen die Augen seines Geistes um so schärfer; die Täuschungen, die bisher diesen hohen und kräftigen Geist wie gefangen gehalten, schwanden nun, die prophetischen Stellen der Schrift wurden ihm klar, der Blick des sterbenden Stephanus tauchte vor seiner Seele auf. In drei Tagen durchlebte er Jahre der Buße und erkannte sich nun als den ersten der Sünder '); die stolze Selbstgerechtigkeit des Pharisäers, der sich tadellos wähnte in der Beobachtung aller Aeußerlichkeiten des Gesetzes, fiel wie eine harte Rinde von seinem Herzen; der Glaube an Jesus, den zu lästern er die Jünger hatte zwingen wollen, zog ein und begann sofort sein ganzes bisheriges Bewußtsein umzugestalten. Ein Gläubiger von Damascus, Ananias, dem die Juden selbst das Zeugniß gaben, daß er ein gewissenhafter Gesetzesbeobachter sei, hatte bereits in einem Gesichte den Auftrag empfangen, dem Feinde und drohenden Verfolger, dessen bloßer Name auch ihn schon mit Furcht und Zagen erfüllte, der aber eben jezt zum Zeichen seiner Demüthigung und seines Gehorsams im Gebete begriffen sei, durch Handauflegung das Augenlicht wieder zu geben. Wie dort Petrus und Cornelius durch gleichzeitige Gesichte vorbereitet und auf einander angewiesen wurden, so wurde auch jezt Saul, während an Ananias jener Ruf erging, durch eine Vision belehrt, daß dieser Mann zu ihm kommen und ihn von seiner Blindheit heilen werde. So geschah es; Saulus wurde dann durch die Taufe in den Schooß der Kirche aufgenommen und verkündigte Jesum in den Synagogen der Stadt 2).

90. Doch nicht lange das würden die Juden zu Damascus, wo sie wider einen Abtrünnigen aus den Ihrigen freie Hand hatten, nicht geduldet haben. Saul ging daher nicht nach Jerusalem zurück, sondern nach Arabien 3), entweder in jene Theile des wüsten Arabiens, die sich bis an die Gärten von Damascus hin erstrecken, oder in das Peträische, Syrien und Aegypten berührende Arabien, nicht sowohl um dort zu predigen, sondern um in einsamem Verkehr mit

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Paulus in Arabien und Jerusalem.

Gott sich zu sammeln und vorzubereiten auf die künftige Aufgabe seines Lebens, um durch den Umgang mit dem verklärten Erlöser jene Befähigung für das Apostolat zu gewinnen, welche den übrigen Aposteln der Umgang mit dem auf Erde wandelnden Christus gewährt hatte. War doch auch der Herr selbst nach der Taufe und vor dem Antritt seines Lehramtes von dem Geiste in die Wüste ge= führt worden. Als Saul nach kurzer Abwesenheit wieder in Damascus erschien, trachteten die Juden ihm nach dem Leben. Sie hatten den Statthalter des damaligen Gebieters von Damascus, des Königs Aretas, gewonnen, der auf ihn fahnden ließ, während sie, die Juden, die Thore bewachten, damit der gehaßte Abtrünnige nicht entkomme. Aber die Gläubigen ließen ihn Nachts in einem Korbe über die Mauer herab '). Jezt, im dritten Jahre, ging er, zum erstenmale seit seiner Bekehrung, nach Jerusalem.

91. Paulus hat es später selbst hervorgehoben, daß er nach jener wunderbaren Erleuchtung nicht etwa menschlichem Einfluß und menschlicher Prüfung und Gutheißung sich unterworfen habe, daher auch so lange nicht nach Jerusalem gegangen sei, weil er, von dem verklärten Jesus selber unterrichtet und geleitet, weder einer solchen Nachhülfe, noch einer irdischen Beglaubigung bedurft habe 2). Sein Evangelium, wie er es von Gott unmittelbar empfangen, gab weder dem Zweifel, noch der Berichtigung oder der Ergänzung durch Menschen, auch nicht durch die Apostel daselbst, Raum. Was ihn daher jezt nach Jerusalem führte, war der Wunsch, den ersten und vornehmsten der Apostel, den Christus selber zum Hirten seiner Heerde eingesetzt, näher kennen zu lernen und sich mit ihm zu besprechen. Der Cyprier Barnabas war es, der ihn bei den Aposteln, bei Petrus nämlich und Jakobus, dem Bischof von Jerusalem denn Andere sah Saul damals nicht einführte. Die Gläubigen hatten dort von den Ereignissen in Damascus noch nichts vernommen, und blickten daher mit Furcht und Argwohn auf den Mann, der, vor Kurzem noch ihr grimmiger Feind, jezt einer der Jhrigen zu sein vorgab. Doch das Wort des Barnabas und nicht minder der Haß, der den hellenischen Juden eingab, ihm nach dem Leben zu streben, überzeugten sie von dem Ernst und der Wahrhaftigkeit seiner Bekehrung. Nachdem er fünfzehn Tage hindurch mit Petrus verkehrt hatte, verließ er Jerusalem, von den für sein Leben besorgten Freunden

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1) 2. Cor. 11, 32-33. 2) Gal. 1, 17.

Verfolgung des Agrippa.

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bis Cäsarea geleitet, ging nach Tarsus, und kurz darauf, von Barnabas gerufen, nach Antiochien.

92. Eine gemeinschaftliche Liebesgabe, welche die Neubekehrten zu Antiochia einer Hungersnoth wegen an ihre judenchristlichen Brüder nach Jerusalem sandten, führte den Barnabas und Saul abermals nach der Jüdischen Hauptstadt '). Dort war der Haß der Synagoge gegen die kleine arme und unansehnliche Schaar der Gläubigen noch in voller Kraft; aber diese vermieden es, Aufsehen zu erregen, und konnten, da sie fortwährend den Tempel besuchten und an den jüdisch-religiösen Feierlichkeiten Theil nahmen, leichter verborgen bleiben. Die Hohenpriester und das Synedrium unterließen es damals wohl gerne, durch Verfolgungen die Aufmerksamkeit der Römischen Machthaber auf ihre inneren Angelegenheiten zu lenken; auch waren sie anderweitig genug beschäftigt und in Spannung erhalten, erst durch den Versuch des Caligula, seine Bildsäule im Tempel aufzustellen, dann durch die Politik der Römischen Statthalter, die Hohenpriester nicht lange im Amte zu lassen, sondern öfter zu wechseln, wodurch zugleich die Eifersucht zwischen Pharisäern und Sadducäern wach erhalten wurde. Jetzt aber, als Paulus zum zweitenmale (J. 44) nach Jerusalem kam, hatten sie wieder einen König, Herodes Agrippa, den Enkel Herodes des Großen, der als zu ihrer Nation gehörig betrachtet werden konnte, denn er hatte von dem alten Hasmonäerblute in seinen Adern. Er wollte die schwierige Aufgabe lösen, sich zugleich bei seinem Volke populär zu machen, und doch auch mit den Römischen Gewalthabern in gutem Vernehmen zu stehen; darum hielt er zwar die Hohenpriester gleichfalls durch öftern Wechsel in strenger Abhängigkeit, gab aber dafür die Gläubigen dem Volks- und Priesterhasse preis. Wieder wurden die Ostertage als Zeitpunkt zur Vollstreckung der Strafgerichte gewählt: Jakobus der Zebedäide, der Bruder des Johannes, wurde der erste Blutzeuge unter den Aposteln; Petrus aber ward im Kerker aufbewahrt, damit sein Tod am Schlusse der Osterzeit als willkommenes Schauspiel diene. Doch durch einen Engel in der Nacht be= freit, zeigte sich Petrus der für ihn betenden Versammlung der Gläubigen im Hause der Maria, gebot den freudig Erstaunten, Jakobus den Alphäiden und die übrigen Brüder von seiner Befreiung in Kenntniß zu setzen, und verließ sofort Jerusalem, wo von jetzt an nur Jakobus als Bischof der Gemeinde zurückblieb. Die Kirche

') Act. 11, 27-30.

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Barnabas und Paulus,

wurde indeß bald von der Feindschaft des Herodes durch seinen Tod errettet, dessen furchtbare Umstände ihn den Gläubigen als ein über den Verfolger verhängtes Strafgericht Gottes erscheinen ließen ').

93. Mehrere Jahre waren seit Saul's Bekehrung verflossen, und noch immer nahm er nur eine untergeordnete Stelle in der Kirche und in der Reihe der mit dem Lehramte beschäftigten Männer ein. Die Apostelgeschichte nennt die erleuchteten Propheten und Lehrer, welche damals in der Kirche von Antiochia sich befanden: zuerst Barnabas, dann Simon Niger, Lucius von Cyrene, Manahen, den Milchbruder des Tetrarchen Herodes, und zuletzt Saul. Erst einige Zeit nach der Rückkehr von seiner zweiten, in Gemeinschaft mit Barnabas unternommenen Reise nach Jerusalem, wurde er zugleich mit Barnabas zu der ihm früher schon angekündigten Apostelwürde erhoben. Während nämlich die genannten Männer ein Fasten beobachteten und ihr priesterliches Amt verrichteten, erging, entweder durch den Mund eines der gegenwärtigen Propheten, oder durch eine gleichzeitige Inspiration Mehrerer, das göttliche Gebot an sie, den Barnabas und Saul zu dem Werke, zu welchem der Herr sie berufen. habe, auszusondern; dieß geschah mit Gebet und Auflegung der Hände. Es war dieß keine eigentliche Verleihung des Apostolates, dazu hatten die Apostel selbst keine Gewalt von Christus empfangen. Sowohl die Berufung zum Apostolat, als die Uebertragung desselben mußte unmittelbar von Gott geschehen. Als Matthias erwählt wurde, handelte es sich nur darum, den von Christus festgesetzten und abgeschlossenen Kreis der Zwölfe 2) wieder zu vervollständigen. Man kann nicht sagen, daß Saul und Barnabas zu einer neuen, bisher noch nicht dagewesenen Art des Apostolats, zu einem HeidenApostolat, berufen worden seien, denn eine solche Scheidung der apostolischen Thätigkeit für Juden und Heiden fand nicht statt, und die neuen Apostel selber wandten sich immer zuerst an die Juden. Als das Wahrscheinlichste dürfte demnach Folgendes gelten: Barnabas und Saul waren bestimmt, zwei im apostolischen Collegium entstandene Lücken auszufüllen, die eine, welche das Schwert des Herodes durch die Hinrichtung Jakobus des Zebedäiden bewirkt hatte, die andere, welche jetzt, als sämmtliche Apostel Jerusalem verlassen hatten, um die evangelische Lehre in entferntere Gegenden zu tragen, dadurch entstand, daß Jakobus der Alphäide sich als Bischof von Jerusalem der eigentlich apostolischen Thätigkeit gänzlich entzog, ohne freilich die apostolische

) Act. 12, 1-23. 2) Matth. 19, 28.

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Würde zu verlieren. Indem also Saul und Barnabas jetzt in den Apostelkreis eintraten, war die Zahl der in der Mission thätigen Apostel wieder auf das normale Verhältniß von Zwölfen gebracht. Daß Barnabas insbesondere im eigentlichen Sinne Apostel gewesen sei, so gut wie Paulus, ist unverkennbar. Paulus selbst sette ihn zugleich mit sich selber auf gleiche Linie mit den übrigen Aposteln '). Lukas gibt dem Paulus nie allein, sondern nur zugleich mit Barnabas den Apostel-Titel, und zwar erst seit der Ordination zu Antiochia, die bei ihm auch noch darin einen Wendepunkt bildet, daß er vorher stets den Barnabas dem Paulus vorsett, von da an aber den Paulus voranstellt 2). Die Griechische wie die Abendländische Kirche ehrt Barnabas als solchen, und Hieronymus zählt ihn und Paulus als den dreizehnten und vierzehnten Apostel. Das Apostel - Collegium hat also gleichzeitig immer nur aus zwölf, successiv aber aus vierzehn Männern bestanden, und darum weiß auch die Apokalypse nur von zwölf Aposteln als Grundsteinen der Mauer der heiligen Stadt. 3)

94. Da die Berufung zum Apostolat unmittelbar von Gott geschehen mußte, so hatte Paulus bei seinem zweiten Besuche der Jüdischen Hauptstadt im Tempel in einem ekstatischen Zustande eine abermalige Erscheinung und Offenbarung Christi gehabt, die ihm die Bestimmung, den Heiden das Evangelium zu verkündigen, ertheilte, und in diesem Apostolate wurde ihm Barnabas durch die Manifestation des göttlichen Willens zu Antiochia beigesellt. Darum machte Paulus den Galatern gegenüber auch sein unmittelbar von Gott gegebenes, den übrigen Aposteln ebenbürtiges Apostolat geltend; er sollte sein Evangelium predigen, ohne von irgend Jemanden erst gelernt zu haben, ohne Jemand erst zu befragen und dessen Zustimmung zu erholen. Wenn er dennoch den Apostel Petrus bei seinem kurzen Aufenthalt in Jerusalem aufsuchte, so geschah dieß, um dem Vorrang desselben damit zu huldigen, nicht um einen Unterricht, dessen er nicht bedurfte, oder eine Vollmacht und Sendung, die er schon besaß, von ihm zu empfangen 1). Uebrigens pflegten Paulus und Barnabas, wiewohl vorzugsweise zum Heiden- Apostolat berufen, doch, das erste Recht der Juden fortwährend anerkennend, auf ihren Wanderungen stets den Juden zuerst Christum zu verkündigen. Die Synagogen 5) waren umso mehr die Stätten, wo Paulus zuerst auftrat, als sich allenthalben eine Anzahl „gottfürchtender“ Heiden, Proselyten des Thores,

Cor. 9, 5, 6. 2) Act. 15, 25.
5) Act. 13, 5. 14.

1, 15-19.

3) Apoc. 21, 14. 1) Gal.

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