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ist der wahre Christ. O die Ruhe, die er genießt, die erhabne Ordnung in seinem Innern, der feste Muth, den er beweiset, ist kein geringer Theil der Würde, die ihn auszeichnet. — Sezet endlich VI) Hoffnung dazu; er erwartet eine glückliche Unsterblichkeit. Denn gestehet es ein, entweder betäuben durch wilde lust muß sich der Elende, dem diese Hoffnung fehlt, und ach, welches Ende wird diese Betäubung nehmen! oder er wird zittern bey jeder Gefahr, wird trostlos seyn im Unglück, und im Tode die. Beute der Verzweiflung werden. Aber frey von> banger Furcht und ängstlichen Zweifeln, fest über zeugt, er werde ewig fortdauern und leben, werde. ewig fortschreiten und emporsteigen zu höhern Bollkommenheiten und Freuden, sieht der wahre Christ die flüchtigen Tage verschwinden, die ihm hier zugetheilt sind. Er kennt den Vater; er kennt die Weisheit, die grânzenlose Güte, die unermeßliche Macht desselben, welche der Himmel und die Erde verkündigen; und diese Weisheit, Gute und Macht sind der Felsengrund seiner Hoffnung. Und welche Aussicht hat ihm nicht noch überdieß Jesus gröffnet! Ich verlasse. die Welt, sagt er im Evangelio, und gehe zum Vater. Und das hat er gethan; er hat den Tod besiegt; er hat leben und UnsterblichFeit ans Licht gebracht; er ist mit der Versiche rung zum Water gegangen, daß er uns zu sich nehmen wolle, damit auch wir einst seyn sollen, wo er ist. Welcher Eingang zum Leben, welche Pforte der bessern Welt ist dem wahren Christen aufgethan, und wie leicht wird es ihm werden, fie zu erreichen! Voll Licht und Wahrheit im Verstande, voll Glauben au den, den Gott gesandt

hat; voll Eifer für das Werk desselben, voll Ge horsam gegen seine Pflicht, voll Heiterkeit im le= ben, voll Hoffnung im Tode verläßt er die Welt, sobald ihn Gott ruft, und geht zum Vater.

Bild der Würde, die den wahren Christen auszeichnet, reißendes, erhabnes Bild einer ge= besserten, veredelten Menschennatur, wo soll ich dich ausgedrückt finden auf Erden, wo soll ich dich antreffen unter denen, die sich Christen nen. nen! Ach ich sehe sie geblendet von Vorurtheilen, getäuscht vom Aberglauben, beherrscht von sinnlichen Lüften, befleckt mit schändlichen Lastern, überz häuft mit Jammer und Elend, sehe sie verzagt, erniedrigt, zu Boden geworfen; da ist nichts, was dir áhnlich wåre, was deine edlen, erhabnen, heiligen Züge darstellte! Doch nein, nein ich vermisse dich nicht ganz; sie schimmern hier und da hervor, diese heiligen Züge, und überall geschäftig ist der Geist des Herrn, der sie unserm Herzen eindrücken, der uns zu dir verklären soll. Ja, mit Freuden bekenne ich es vor euch, ich habe sie gefunden auf Erden; ich habe sie mit mancherley Graden der Reinigkeit und Schönheit ausgedrückt gesehen, die erhabne Würde, welche das Christenthum hervorbringen foll; und viele sind mir auf meiner Laufbahn begegnet, die damit bezeichnet waren. Lasset uns dafür sorgen, daß sie auch an uns immer sichtbarer werde, und immer herrlicher aus uns wiederstrahle. Gott wird uns stärken, wenn es unser Ernst ist, besser zu werden; sein Geist wird uns verklären zum Ebenbilde seines Sohnes; bittet, so werdet ihr nehmen, daß eure Freude vollkommen sey; Amen.

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Am

Sonntage Trinitatis.

Nichts

Lichts unterscheidet unsern Geist mehr von allen Geschöpfen der Erde, als sein Streben nach unendlichem Wachsthum, und nach grånzenlosem Fortschritt. Die übrigen lebendigen Geschöpfe auf Erden fühlen zwar auch Triebe, durch die sie in Bewegung gesezt werden; aber Triebe, die leicht zu befriedigen sind, und sich mit dem begnügen, was sie hier antreffen. Aber wo find die Grånzen, die unser Geist zu erkennen geneigt måre, wenn er sich einmal losgeriffen hat von den Fesfeln einer thierischen Trägheit? Viel Quellen der Erkenntniß sind ihm hier geöffnet; aber der Erdkreis ist dennoch viel zu klein über seine Wißbegierde, und die Hinderniffe, die ihm den Zugang zu andern Theilen der Schöpfung Gottes verwehren, erfüllen ihn mit einer Art von unge duldigem Widerwillen. Mannichfaltig sind die Güter, die er hier geniessen kann; aber alles ist unfähig, ihn zu sättigen und zu beruhigen; es erweckt bald Ueberdruß in ihm und macht das Verlangen nach etwas Befferm nur desto lebhafter. Fortgang zu etwas Neuem, Wachsthum in jeder Art von Vollkommenheit, Ausbreitung ins Un endliche, dieß ist unläugbar die Stimme der Na tur, und der unverkennbare Vorzug, der uns über die thierische Schöpfung erhebt. Desto auf

fallender ist es, daß eben der thätige unruhige Geist des Menschen seine Betriebsamkeit auf einmal verloren zu haben scheint, sobald es auf Religionserkenntniß und auf Wachs thum in derselben ankommt. Hier nimmt er gemeiniglich mit dem Wenigen fürlieb, das man ihm in der Jugend beygebracht hat. Hier kann er sich aufferst schwer entschliessen, neuen Ueberzeugungen Plak zu geben. Hier wird er sogar unwillig und verfolgungsfüchtig, wenn man es wagt, die Meinungen zu bezweifeln, bey denen er sich nun einmal beruhigt hat. Wåren diese Meinungen wenigstens gleichgültig und unschådlich, so möchte die Trägheit der meisten Mens schen in diesem Stücke noch einigermassen ver zeihlich seyn. Aber es ist offenbar, wir merken es zuweilen, so manche Meinung von der Religion fen ungegründet, sie sey die Quelle eines Verhaltens, das sich auf keine Art rechtfertigen läßt: und doch wollen wir sie nicht berichtigen; doch fühlen wir gegen die Nachforschungen, die wir anstellen sollen, einen unüberwindlichen Abscheu; doch behalten wir den Irrthum, der für unsre Neigungen so schmeichelhaft ist, wissentlich bey! Es sey ferne von mir, daß ich euch auffordern sollte, das Wachsthum in der Religionserkenntniß zu einem Hauptgeschäft eures Lebens zu machen, baß ich es euch wohl gar als Pflicht vorstellen sollte, euch in das Labyrinth von spißfindigen Untersuchungen und von dunkeln Fragen zu wagen, in welchem sich gegenwärtig so viele unsrer Zeit genossen verlieren; o ich weiß es wohl, Christum lieb haben, ist besser, denn alles Wissen; ich gestehe es ein, wenn ihr alle Geheimnisfe wüßtet, und alle Erkenntniß hätter,

und hättet die Liebe nicht, so wåret ihr nichts., Aber wider die schimpfliche Trägheit, die sich in der Religion bey schmeichelhaften Irrthümern beruhigt, muß ich euch warnen. Sie ist das grosse Hinderniß, das allen Fortschritt im Guten hemmt; das Jesu selbst unter seinem Volfe am meisten zu schaffen machte; das er in dem heutigen Evangelio mit einem Ernste tadelt, der jeden seiner Bekenner zum Nachdenken bewes gen muß.

Evangelium: Joh. III. v. 115.

Wer lernen will, wie schwer es uns wird, auch irrige Meinungen von der Religion aufzu= geben, wenn sie unsern Neigungen schmeicheln, der darf nur den Inhalt der jezt vorgelesenen Uns terredung erwågen. Jesus hat in derselben nicht wenig Mühe, den Nicodemus begreiflich zu ma chen, er müsse mit seiner bisherigen Religionserkenntniß eine neue Prüfung vornehmen; er müsse insonderheit den angenehmen Wahn, als ob der Jude keiner Wiedergeburt, keiner Besserung des Herzens und Lebens bedürfe, aus sei ner Seele vertilgen. Wenn Männer, wie Nicodemus, wenn Lehrer des Volks, die daran gewohnt seyn sollen, jedes schädliche Vorurtheil mit unerbittlicher Strenge zu verfolgen, wenn solche Månner die Mühe der Untersuchung und Berichtigung scheuen: wie stark wird diese Trägheit ben benen wirken, die zum Nachforschen weniger Zeit und Gelegenheit haben, die sich auch weniger da.. zu berufen fühlen. Um so nothtiger wird es seyn, einen Fehler zu rügen, der so gemein und doch so schädlich ist. Ich werde daher nach Anleitung des Evangelii

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