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LXVII a. Wenn Jemand einen Menschen vom Galgen herabstösst (herunterreisst), ohne den Willen seines Gebieters, des Richters.

Wenn Jemand gegen den Willen des Richters einen Menschen vom Galgen oder von dem Ast, wo er angehaket ist, zu reissen oder zu entfernen (beerdigen) sich unterfängt, so ist er für schuldig zu erkennen, 1200 Pfenn. oder 30 Schill. zu zahlen.

Erklärungen. Das abatere im Text (wieder ein Zeugniss von dem Einfluss der aus Rom oder Italien nach der Gründung der Longobardenherrschaft in Italien nach Frankenland gekommenen römischen Geistlichen auf die Textabfassung der Lex Salica) ist das jetzige italienische abbattere, niederreissen, herunterschlagen, welches Wort nicht einmal das Alter des 7ten Jahrhunderts hat, französisch abattre; furca, Galgen, ital. forca, ist das span. horca (entstanden aus forca). Auch dieser Galgen in Gabelgestalt (denn das röm. furca war ursprünglich eine grosse zweizackige Gabel, aber schon früh (Plin.) hiess der römische Galgen so, woran der Römer seine Sklaven und Strassenräuber aufknüpfte) kam zu den salischen Franken aus Italien, aber erst in später Zeit, da die französische Sprache den Ausdruck nicht kennt; ich denke, und zwar mit gutem Grund, zu den Zeiten des verrätherischen, mit den Päpsten und der päpstlichen Geistlichkeit, woher Karl, der sogenannte Grosse, der Gründer Deutschlands und der Vernichter des uralten kernigen Germanenthums, seine Macht und seinen tausendjährigen Nimbus hatte, Hand in Hand gehenden pipinschen Geschlechts. Das reponere heisst hier entfernen oder beerdigen. Das römische ramus heisst der Ast eines Baumes. Im alten ostfrisischen Landrecht ist Tree, Tre, d. i. Baum, der Galgen, in der normannischen Piratenzeit von den Frisen der nordische Tre genannt. Dieses Kapitel der L. S. schreibt man ohne alle Beweise, ja in ganz ungründlicher, gedankenloser Weise dem Gründer Frankreichs zu, der in seinem kurzen Leben andre Dinge auszuführen hatte! Die Galgengeschichte cap. LXVIIa und b ist aus viel jüngerer Zeit und der Ausdruck abaterit entstand erst nach Jahrhunderten. Weiss man denn gar nicht, wie lange das salisch-fränkische Heidenthum im eigentlichen salischen Frankreich gedauert? So lange als in England und noch länger. Die Stelle: aut de ramum ubi incrocatur ist zu übersetzen: von dem Baumast, wo er angehaket ist, woran er hängt. Das mittelalterlich - lateinische croccus, crocha, französisch croc, engl. crook, nordfris. Kruk, ist ein Haken, hat nichts gemein, wie J. Grimm fabelt, mit einem römischen crux, Kreuz, und dem ital. incrocciare, kreuzweise legen. Nov. 273 lautet: si quis hominem de bargo (d. i. von der Schädelstätte, von dem Hügel, wo Missethäter gekreuzigt wurden) vel de furca (d. h. oder vom Galgen, wo sie frei am Hals hingen) abattere praesumpserit sine

voluntate iudicis, malb. sa bancheo, sambachaeo. Ich lese für saban: raban, für cheo: chreo, also für sabancheo: rabanchreo, Rabenleichnam (s und r und th und ph werden in der L. S. oft verwechselt). Dieses bargo heisst nicht, wie J. Grimm, Vorrede LI behauptet, Gerüst, Galgen. Zwischen bargus und furca wird im Text genau unterschieden. J. Grimm's sampuoh und anderes Wagengeräth ist hier völlig unbrauchbar, so wie die von ihm genannten Marterwerkzeuge. Das sabancheo ist nicht verschrieben für sambacheo, sondern es ist eines so falsch wie das andere. Nov. 273 fährt fort: Si quis caput de homine, quem suus inimicus in palo misisset, aliquis eum exinde sine permisso iudicis aut illius qui eum ibidem misit (welch ein Latein!). tollere praesumpserit, malb. banchal, raba nal, so irgend Jemand sich unterstände, den Kopf von einem Menschen, den sein Feind auf den Pfahl hätte stecken lassen, ohne Erlaubniss des Richters oder dessen, der ihn da aufsteckte, abzunehmen. Für die Lesarten banchal, raba nal lese ich ban pal, rabanpal (Beinpfahl, Rabenpfahl), altengl. und urfränk. pal, Pfahl. Damit auch weise ich als irrig und nichtssagend ab, was J. Grimm hinzufügt: „rabanal könnte für sabanal genommen und auf sambacheo zurückgeleitet werden". Das banchal lässt sich durch banpal recht gut hier erklären, doch ist wohl besser anzunehmen, dass vor ban das ra weggefallen ist; urfränkisch heisst der Rabe raban, nordfris. Rawan, engl. raven; chal steht für phal, pal und raba nal ist, wie gesagt, zu ändern in raban pal; sambachaeo ist gar nichts und sabancheo entstand aus raban und chreo. Die bei Andoenus lib. 2 vit. Eligii erwähnte Stelle: de bargis et ex rotis et de laqueis sepelire heisst die gekreuzigten, geräderten und gehenkten Verbrecher begraben. Der letztgenannte ist in der L. S. LXVII mit den Worten de ramo ubi incrocatur bezeichnet, so wie Nov. 355, welche lautet: si quis hominem sine consensu iudicis de ramo ubi incrocatur deponere (L. S. LXVIIa steht reponere, jenes deponere heisst herabnehmen, so heisst reponere hier auch nicht beerdigen) praesumpserit. Wenn also Jemand den Kopf eines Menschen, den sein Feind auf den Pfahl gesteckt, ohne Erlaubniss des Richters oder dessen, der ihn dahin stellte, von da abzunehmen wagt so erhellet deutlich, dass hier für banchal (mindestens) zu lesen ist banphal (banpal) und für raba nal: raba phal (raba pal, raban pal). Beinhaus und Rabenstein sind ähnliche Ausdrücke. Bein (Knochen), altengl. ban, heisst noch im bairischen Franken Baan. Einem Etymologen wie J. Grimm überlasse ich sambachaeo, denn ich weiss nichts Andres daraus zu machen, als eine Leiche für die Raben.

Textfehler: furcas für furca, ramum für ramo.

LXVII. De eum qui hominem vivo de furca furaverit. Si quis hominem vivo de furca tollere aut demittere prae

sumpserit, malb. morchamo hoc est 4000 dinarios qui faciunt solidos 100 culpabilis iudicetur.

LXVII. Von dem, der einen Menschen lebendig vom Galgen stiehlt.

Wenn Jemand einen Menschen lebendig vom Galgen zu nehmen oder herabzulassen wagt, so soll er für schuldig erkannt werden, 4000 Pfenn. oder 100 Schill. zu zahlen.

Erklärungen. Die sogenannte Glosse morchamo muss ich für eine ganz verfälschte Form halten. J. Grimm aber bringt hier ein gottisches maurgjan bei, welches zerschneiden bezeichnen soll, was ich nicht glaube, und daraus macht er dreist genug abschneiden und deutet das falsche morchamo auf das Losschneiden des Gehängten. Allein auf diesen Begriff kommt es hier bei der Strafbestimmung nicht an. Vom Losschneiden wird im Text auch nichts gesagt, sondern der Begriff, worauf es ankommt, ist das Stehlen, Herabnehmen, Herablassen des Verbrechers vom Galgen. Eine Erklärung von morchamo, da ich die Lesart nicht einmal für richtig halte, mag ich nicht versuchen, will aber doch im Vorübergehen bemerken, dass das nordengl. marrow Genoss, Kamerad, seines Gleichen heisst und dass das französische morgue einen Ort bezeichnet, wo Todtgefundene zur Schau hingelegt werden.

Textfehler: De eum für De eo, vivo für vivum.

LXVIII. De eum qui infantem alienum tundere praesumpserit.

1. Si quis puerum crinitum extra consilium parentum tundere praesumpserit, malb. uidri darchi, uirdade, hoc est 1800 dinarios qui faciunt solidos 45 culpabilis iudicetur. 2. Si vero puella tunderit (soll sein totonderit, und wäre es von tundere, so müsste es tutuderit heissen) hoc est extra consilio parentum, 4000 dinarios qui faciunt solidos 100 culpabilis iudicetur.

LXVIII. Von dem, der das Kind eines Andern zu scheren wagt.

1. Wenn Jemand sich herausnimmt, einen (fränkischen) Knaben mit vollem Haarwuchs zu scheren (es steht da stossen, denn tundĕre heisst stossen und tondere scheren), so ist er für schuldig zu erkennen, 1800 Pfenn. oder 45 Schill. zu zahlen. 2. Schert er aber ein Mädchen, das heisst gegen den Willen

der Eltern, so soll er für schuldig erkannt werden, 4000 Pfenn. oder 100 Schill. zu zahlen.

Erklärungen. Nov. 60 lautet: Si quis puerum crinitum sine consilio parentum suorum totunderit (für totonderit), malb. chascaro, schuisara chrogino. Busse 62 Schill. (für 622 Schill.). Nov. 61: Si vero puella tutunderit (für totonderit), malb. theoycata. Busse 15 Schill. Nov. 294: Si vero puella totunderit (für totonderit). Busse 6212 Schill. Nov. 8: Si vero ingenuam puellam extra consilium parentum tundere (für tondere) praesumpserit, malb. tuschada, theochada, theohichada, theoctidia, uuerdarda et thercoheata. Busse 45 Schill. Nov. 199: Si quis puero sine consilio parentum suorum tunsoraverit (für tonsuraverit, eine späte mittelalterliche Form vom röm. tonsura, Abscheren, Schur, französisch tonsurer neben tondre, eine Platte scheren (auf die Gewaltthätigkeiten der römischen Geistlichen jener Zeiten, aber nicht der Zeiten der Gründung Frankreichs, deutend), italien. tosare scheren, und tonsura, das Scheren, geschorene Platte, span. tundir, scheren, tonsúra, Tonsur, und tonsurár, den ersten geistlichen Grad geben), malb. autchardo, uuzchardo, huutchardo. Busse 6212 Schill. In den Leges Alem. ist lidiscarti Gliedverstümmelung und orscarti Ohrverletzung. Bei Kero heisst skerran scheren und Skurt Tonsur, nordfris. Skörd (ö lang) in Kaastskörd, d. i. Kornerndte, eigentlich Kostschur, nordfris. skeran (Imperf. skear) schneiden, engl. to shear (Imperf. shore); die Schar ein Werkzeug zum Scheren, Schneiden. Für autchardo, uuzchardo, huutchardo, lese ich utscardo; aut und huut sind aus ut geworden und uuz, uz ist die viel spätere oberdeutsche Schreibart für ut; ut, aus, bezeichnet hier das Reinabschneiden, die völlige Schur, aus hat die Bedeutung von durchaus, die gänzliche Tonsur ist gemeint. Für chascaro darf ich harscaro lesen, denn aus ki, ge, ga entsteht kein cha oder chas, aber dieses wohl aus har. Die urfränkische Schreibart ist har. Ferner darf ich für tuschada (sch ist aus ganz später Zeit), theochada und wie die andern sehr entstellten Lesarten lauten, utscara oder utscardo lesen oder utscarthi. Selbst uidri darchi (hier nicht am rechten Platz, da sich L. S. XLIX uuidri darchi selbst bei Zeugen, die sich nicht stellen wollen, findet), noch mehr verstümmelt zu uirdade, wird aus uuidri scarthi (Widerschur, feindliche Schur), uuider scarthi, uuither scarthi, nordfris. wether, altengl. withar, wither, d. i. wider, entstanden sein. Alle jene mit th beginnenden sogenannten malberger Glossen sind grundfalsch. Das gewaltsame Scheren des Kopfhaars eines freigebornen fränkischen Knaben wird L. S. LXVIII mit 45, das des freigebornen fränkischen Mädchens mit 100 Schill. gebüsst, in den Novellen wird diese Busse sehr verschieden angegeben, für einen so geschornen Knaben 62 und 622 Schill. und für die gewaltsame Mädchenschur 622, 45 und 15 Schill. Die Zahl 15 soll wohl 45 heissen. Freilich scheint es, dass das frisisch-fränkische Mädchen um keinen Preis ihre lang herabhangenden Flechten (Zöpfe) uralter

Sitte verlieren durfte, aber der puer crinitus gewiss auch nicht. Man könnte versucht sein, die Verschiedenheit der angegebenen Strafgelder für viel älter als die Zeit der Gründung Frankreichs zu halten. Allein der Unterschied von 45 und 100 Schill. ist zu gross. Und darum kann ich die letztere höhere Busse von 100 Schill. nicht, wie J. Grimm, für die wirkliche und für „hochalterthümlich" ansehen, sondern bin eher geneigt, anzunehmen, dass der Fall umgekehrt gewesen, dass nämlich die Composition des Mädchens 45 und die des Knaben 100 Schill. war. Nov. 8, wenn der Text richtig sein sollte, ist auch wirklich die Composition des Mädchens 45 Schill. Ich bemerke noch, dass der Ausdruck infans nicht mehr dem römischen, sondern den viel späteren französischen (enfant), spanischen and italienischen (infante) Sinn hat, den das Wort schwerlich schon im 7ten Jahrhundert hatte.

Textfehler: De eum für de eo, tundere für tondere, tunderit für totonderit, consilio für consilium.

LXIX. De muliere qui se cum servo suo copulaverit.

Si quis mulier qui cum servo suo in coniugio copulaverit, omnes res suas fiscus adquirat et illa aspellis faciat. si quis [de parentibus] eam occiderit, nullus mortem illius nec parentes nec filius nullatenus requiratur. Servus ille pessima cruciatu ponatur, hoc est in rota ponatur. et vero muliere ipsius de parentibus aut quilibet panem aut hospitalem dederit, solidos 15 culpabilis iudicetur.

LXIX. Von einer Frau, die sich mit ihrem Sklaven ehelich verbindet.

Wenn eine Frau sich mit ihrem Sklaven vermählt, so erwirbt der Fiscus alle ihre Güter und sie wird ausgestossen. Wenn Jemand [von den Verwandten] sie tödtet, so sollen weder Eltern, noch Sohn sich irgend darum kümmern. Den Sklaven trifft die ärgste Marter, er wird auf's Rad gelegt. Der Frau aber soll Keiner der Verwandten oder wer es sein mag, Brod und Obdach geben bei 15 Schill. Strafe.

Erklärungen. L. S. LXIX und LXX stammen durchaus nicht von dem Gründer Frankreichs, noch aus seiner Zeit. Der ganze Inhalt streitet dagegen. Und doch hat man gedankenlos eine so unhaltbare Meinung aufgestellt. Sie gehören späteren Jahrhunderten an. Es sind höchst grausame, römische und morgenländische Strafen, die man noch lange nicht unter den freien Franken, wovon ein grosser Theil noch heidnisch war, einzuführen wagte, Strafen, welche

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