صور الصفحة
PDF
النشر الإلكتروني

2. Quellen zur Geschichte der Religion des ältern Judentums.

Eine unerwartete und auch für die Religionsgeschichte wertvolle Bereicherung haben die Quellen zur Geschichte des alten Judentums durch die während des letzten Jahrzehntes gemachten und publizierten Papyrusfunde aus dem südlichen Ägypten erfahren. Dort liegt unterhalb des ersten Katarakts und gegenüber der Stadt Syene (Assuan) die drei Kilometer breite Nilinsel Elephantine, auf welcher schon seit den Zeiten der XXVI. Dynastie zum Schutze der Südgrenze des Reiches eine vorwiegend aus jüdischen Söldnern bestehende Militärkolonie angesiedelt war. Wir erfahren aus den hier gefundenen, in aramäischer Sprache verfafsten Papyrusresten, bestehend aus Kaufkontrakten, Heiratsverträgen, Briefen und andern Dokumenten, dafs die jüdische Kolonie in Elephantine entweder schon vor der Proklamation des den Jahvekultus auf Jerusalem beschränkenden Deuteronomium (621 a. C.) oder ohne Rücksicht auf diese Neuerung ihrem Gotte Jahu (verkürzte Form für Jahve) einen Tempel errichtet hatte und ihn durch Speis-, Rauch- und Brandopfer verehrte. Von dem gegen die ägyptische Religion wütenden Kambyses war dieser jüdische Tempel verschont worden, wurde aber, während der Abwesenheit des die Juden in ihren Rechten schützenden persischen Satrapen Arsames, auf Betreiben der ägyptischen Priester des Chnubi, im Jahre 410 a. C. zerstört und trotz der Bemühungen der Juden von Elephantine nicht wieder aufgebaut. Das wichtigste Ergebnis dieser Funde für unsere Zwecke ist der vollkommene Einklang nach Form und Inhalt, in welchem diese aramäischen Papyri mit den in den Büchern Esra und Nehemia enthaltenen Urkunden und Memoiren stehen, deren historische Glaubwürdigkeit (wie Eduard Meyer gezeigt hat) von der modernen Kritik mit Unrecht in Zweifel gezogen worden war.

Unter den übrigen Schriften aus nachexilischer Zeit, welche noch Aufnahme in den alttestamentlichen Kanon gefunden haben, verdient aufser dem oben (S. 125–128) besprochenen Hiob und Koheleth noch besondere Erwähnung das Buch Daniel, weil, wie unten zu zeigen sein wird, Jesus seine messianischen und eschatologischen Anschauungen mit Vor

liebe an Aussprüche dieses Werkes angelehnt hat. In der Form, wie es vorliegt, ist das Buch Daniel eine an die Juden gerichtete Trostschrift, welche in der Zeit der äufsersten Bedrängnis durch die Reformen des Antiochus IV. Epiphanes die Nähe des Heils verkündigt und zum Ausharren in den Zeiten der Trübsal ermahnt. Als Abfassungszeit des Buches ergibt sich, abgesehen von ältern Legenden, die in demselben verarbeitet sein mögen, die Zeit zwischen der Wiederherstellung des Opferkultus nach dreijähriger Unterbrechung im Dezember 165, welche 8,14 erwähnt wird, und dem im Juni 164 erfolgten Tode des Antiochus Epiphanes, der dem Verfasser noch nicht bekannt ist. Der Held des Werkes, dessen Erlebnisse Kap. 1-6 erzählt werden, während er in den folgenden Kapiteln redend eingeführt wird, ist der Ezechiel 14,14 neben Noah und Hiob als ein Gerechter der Vorzeit genannte Daniel, welcher, wie im Buche Daniel behauptet wird, als jüdischer Knabe am Hofe des Nebukadnezar (605-562) erzogen worden sein und noch bis in die Zeiten des Belsazar (d. i. Nabunâhid, 555-539), ja sogar bis in die Zeiten des Darius (521-485) gelebt haben soll, und dem in Gesichten das Schicksal der vier Weltreiche, des babylonischen, medischen und persischen, die als zwei gezählt werden, des griechischen, mitsamt den Kämpfen der Diadochen, sowie der Bedrückung der Juden durch Antiochus Epiphanes als vaticinia post eventum offenbart werden. Der Hauptinhalt der zwölf Kapitel des Werkes ist folgender.

Kap. I. Daniel, angeblich schon im dritten Jahre des Jojaqim (605) nach Babylon gebracht, wird mit drei andern jüdischen Knaben am Hofe des Nebukadnezar erzogen.

Kap. II. Nebukadnezars Traum von dem Standbilde mit goldenem Kopf, silberner Brust, ehernem Bauch, eisernen Schenkeln und Füfsen aus Eisen und Ton, und dem Stein, welcher herabstürzt und das Standbild zermalmt, wird von Daniel auf vier Weltreiche und ein am Schlusse erstehendes Gottesreich gedeutet.

Kap. III. Errettung der drei Gefährten Daniels, Sadrach, Mesach und Abed-Nego, im feurigen Ofen.

Kap. IV. Legende von dem siebenjährigen Wahnsinn Nebukadnezars, seiner Verstofsung unter die Tiere des Feldes und Wiedereinsetzung in sein Königreich.

Kap. V. Belsazar, angeblich der Sohn Nebukadnezars, wird, nachdem er die Tempelgefäfse bei einem Gelage profaniert hat und nachdem ihm durch eine an der Wand erscheinende, von Daniel gedeutete Inschrift sein nahes Ende verkündigt worden, von dem König der Meder, angeblich Darius, seines Thrones entsetzt und getötet.

Kap. VI. Daniel wird, weil er gegen das Gebot des Königs zu Jahve betet, von Darius in die Löwengrube geworfen und durch einen Engel vor Schaden behütet.

Kap. VII. Traumgesicht Daniels von den vier Tieren, Löwe, Bär, Panther und dem Tier mit den zehn Hörnern, welche (entsprechend dem Gold, Silber, Erz und Eisen in Kap. II) nach der wahrscheinlichern Deutung das babylonische, medische und persische (welche unhistorisch als zwei gezählt werden) und die Reiche Alexanders und der Diadochen bezeichnen. Das elfte Horn ist Antiochus Epiphanes, nach dessen Vernichtung (VII, 13-14) das ewige Messianische Reich des Menschensohnes beginnt.

Kap. VIII. Gesicht Daniels von dem Widder mit zwei Hörnern (dem medischen und persischen Reiche) und dem ihn zertretenden Ziegenbock mit einem grofsen Horn (Alexander) und vier andern an seine Stelle tretenden Hörnern (dem mazedonischen, pergamenischen, ägyptischen und syrischen Reiche) sowie dem kleinen Horn (Antiochus Epiphanes).

Kap. IX. Die von Jeremia 25,11 geweissagten 70 Jahre der babylonischen Knechtschaft (606-536) werden als 70 Jahrwochen gedeutet, so dafs sie, die Sabbate abgerechnet, die Zeit bis auf Antiochus Epiphanes umfassen. Der im letzten Verse wie auch 11,31 und 12,11 erwähnte,,Greuel der Verwüstung" scheint sich auf Altar und Statue des olympischen Zeus zu beziehen, welchen Antiochus im Tempel von Jerusalem aufstellen liefs (oben S. 147 fg.).

Kap. X-XII. Gesicht Daniels über die Kämpfe der Ptolemäer und Seleuciden, über die Greuel des Antiochus Epiphanes und über die ihnen folgende Aufrichtung des Messianischen Reiches.

Während das Buch Daniel in seinen Vorstellungen über Dämonologie, Auferstehungslehre und das erwartete Messias

reich eine starke Abhängigkeit von den entsprechenden iranischen Anschauungen erkennen läfst, so ist dies bei den teils schon ursprünglich griechisch geschriebenen, teils aus dem Hebräischen oder Aramäischen übersetzten Apokryphen des Alten Testaments nur teilweise der Fall, und man sieht an diesen Büchern deutlich, wie der auf der Kenntnis der persischen Weltanschauung beruhende Umschwung des alten Hebraismus sich nur allmählich vollzog, wie denn noch zu Jesu Zeiten die ursprünglich iranische Dämonologie und Auferstehungslehre von den Pharisäern angenommen, hingegen von den dem alten Mosaismus treuen Sadducäern verworfen wurden. Unter den Apokryphen kann man in diesem Sinne drei Gruppen unterscheiden, je nachdem diese (als Anhang zur Septuaginta uns überkommenen) Bücher teils babylonischpersischen, teils ägyptisch-griechischen Einfluss erkennen lassen, während eine dritte Gruppe weder von iranischen noch von griechischen Einwirkungen nennenswerte Spuren aufweist. Die Verteilung der apokryphischen Bücher unter diese drei Gruppen ist im wesentlichen folgende.

[blocks in formation]

Von diesen drei Gruppen zeigt die palästinensischbabylonische ein starkes Hervortreten der Vorstellungen von guten und bösen Engeln und der Unsterblichkeitslehre in der iranischen Form einer materiellen Auferstehung von

den Toten, während sich in der alexandrinischen Gruppe der Einfluss der griechischen Philosophie in den Andeutungen einer Präexistenz der Seele, des Leibes als ihres Kerkers und der Unsterblichkeit als einer Befreiung aus dem Gefängnisse der körperlichen Existenz nicht verkennen läfst, und endlich die rein palästinensische Gruppe, die von ausländischen Einflüssen des Parsismus und der griechischen Philosophie kaum merklich berührt ist und in dem überkommenen Gleise des theokratischen Partikularismus verharrt.

Als eine weitere Quelle für die Fortentwicklung des alten Judentums werden, aufser den Werken des Philo und Josephus, besonders auch die Schriften des neutestamentlichen Kanons heranzuziehen sein, sofern in den Reden Jesu und den Briefen des Apostels Paulus neben dem spezifisch Christlichen, welches einer spätern Betrachtung vorzubehalten ist, viele Gedankenelemente sich finden, bei welchen diese Begründer einer neuen Weltanschauung sich noch in den ererbten Vorstellungen des durch iranische Einflüsse modifizierten Judentums befangen zeigen.

3. Das böse Prinzip neben dem guten.

Die Gottesidee ist, wie schon mehrfach gezeigt wurde, als exoterische Vorstellung, d. h. als ein Versuch, das Unerkennbare in den Formen unserer Erkenntnis aufzufassen, nicht nur praktisch von hohem Werte, sondern auch wissenschaftlich durchaus zulässig, beides jedoch nur, wenn und soweit Gott aufgefafst wird als die Verkörperung des keimartig in uns allen liegenden Moralischen, als Urquell und Hüter des Sittengesetzes, sowie als höchstes Ziel, dem wir durch Verwirklichung dieses Gesetzes in Gerechtigkeit, Liebe und Entsagung zustreben.

Von dieser Idee Gottes als des um der menschlichen Schwachheit willen personifizierten Inbegriffs der Moralität war der alte Hebraismus noch weit entfernt. Ihm war sein Jahve der alleinige Schöpfer der Welt mit allem, was sie enthält, Gutem wie Bösem, und es ist ganz konsequent, wenn das Alte Testament nicht nur das physische Übel, sondern

« السابقةمتابعة »