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Geschäft war bloß, diesen Zeitpunkt, wo möglich, zu bee fchleunigen.

Es ist ein gewöhnliches Vorurtheil, die Größe des Men= schen nach dem Stoffe zu schäßen, womit er sich beschäftigt, nicht nach der Art, wie er ihn bearbeitet. Aber ein höheres Wesen ehrt gewiß das Gepräge der Vollendung auch in der kleinsten Sphäre, wenn es dagegen auf die eiteln Versuche, mit Insectenblicken das Weltall zu überschauen, mitleidig herabsieht. Unter allen Ideen, die in deinem Aufsaße enthalten sind, kann ich dir daher am wenigsten den Saß einräumen, daß es die höchste Bestimmung des Menschen sey, den Geist des Weltschöpfers in seinem Kunstwerke zu ahnen. Zwar weiß auch ich für die Thätigkeit des vollkommensten Wes sens kein erhabeneres Bild, als die Kunst. Aber eine wichtige Verschiedenheit scheinst du übersehen zu haben. Das Univerfum ist kein reiner Abdruck eines Jdeals, wie das vollendete Werk eines menschlichen Künstlers. Dieser herrscht despotisch über den todten Stoff, den er zu Versinnlichung seiner Ideen geś braucht. Aber in dem göttlichen Kunstwerke ist der eigenthümliche Werth jedes seiner Bestandtheile geschont, und dieser ers haltende Blick, dessen er jeden Keim von Energie, auch in dem kleinsten Geschöpf, würdigt, verherrlicht den Meister eben so sehr, als die Harmonie des unermeßlichen Ganzen. Leben und Freiheit, im größten möglichen Umfange, ist das Gépräge der göttlichen Schöpfung. Sie ist nie erhabener, als da, wo ihr Ideal am meisten verfehlt zu seyn scheint. Aber eben diefe höhere Vollkommenheit kann in unserer jeßigen Beschrän= kung von uns nicht gefaßt werden. Wir übersehen einen zu kleinen Theil des Weltalls, und die Auflösung der größern Menge von Mißtönen ist unserm Ohre unerreichbar. Jede Stufe, die wir auf der Leiter der Wesen emporsteigen, wird

uns für diesen Kunstgenuß empfänglicher machen, aber auch alsdann hat er gewiß seinen Werth nur als Mittel, nur insofern er uns zu ähnlicher Thätigkeit begeistert. Tråges Anstaunen fremder Größe kann nie ein höheres Verdienst seyn. Dem edlern Menschen fehlt es weder an Stoffe zur Wirksamkeit, noch an Kräften, um selbst in seiner Sphäre Schöpfer zu seyn. Und dieser Beruf ist auch der deinige, Julius. Hast du ihn einmal erkannt, so wird es dir nie wieder einfallen, über die Schranken zu klagen, die deine Wißbegierde nicht überschreiten kann.

Und dieß ist der Zeitpunkt, den ich erwarte, um dich vollkommen mit mir ausgesöhnt zu sehen. Erst muß dir der Umfang deiner Kräfte völlig bekannt werden, ehe du den Berth ihrer freiesten Aeußerung schäßen kannst. Bis dahin zürne immer mit mir, nur verzweifle nicht an dir selbst.

Briefe über Don Carlos.

Erster Brief.

Sie sagen mir, lieber Freund, daß Ihnen die bisherigen Beurtheilungen des Don Carlos noch wenig Befriedigung gegeben, und halten dafür, daß der größte Theil derfelben den eigentlichen Gesichtspunkt des Verfassers fehlgegangen sey. Es däucht Ihnen auch wohl möglich, gewisse gewagte Stellen zu retten, welche die Kritik für unhaltbar erklärte; manche Zweifel, die dagegen rege gemacht worden, finden Sie in dem Zusammenhange des Stücks—wo nicht völlig beantwortet, doch vorher= gesehen und in Anschlag gebracht. Bei den meisten Einwürfen fänden Sie weit weniger die Sagacität der Beurtheiler, als die Selbstzufriedenheit zu bewundern, mit der sie solche als hohe Entdeckungen vortragen, ohne sich durch den natürlichsten Gedanken stören zu lassen, daß Uebertretungen, die dem Blödsichtigsten sogleich ins Auge fallen, auch wohl dem Verfasser, der unter seinen Lesern selten der am wenigsten Unterrichtete ist, dürften sichtbar gewesen seyn, und daß Sie es also weniger mit der Sache selbst, als mit den Gründen zu thun haben, die ihn dabei bestimmten. Diese Gründe können allerdings un= zulänglich seyn, können auf einer einseitigen Vorstellungsart

beruhen: aber die Sache des Beurtheilers wäre es gewesen, biele Unzulänglichkeit, diese Einseitigkeit zu zeigen, wenn er anders in den Augen desjenigen, dem er sich zum Richter aufbringt, oder zum Rathgeber anbietet, einen Werth erlangen will.

Aber, lieber Freund, was geht es am Ende den Autor en, ob sein Beurtheiler Beruf gehabt hat, oder nicht, wie viel oder wenig Scharfsinn er bewiesen hat? Mag er das mit sich selbst ausmachen. Schlimm für den Autor und sein Bert, wenn er die Wirkung desselben auf die Divinationsgabe und Billigkeit seiner Kritiker ankommen lies, wenn er den Eindruck desselben von Eigenschaften abhängig maäte, bie sich nur in sehr wenigen Köpfen vereinigen. Es ist einer der fehlerhaftesten Zustände, in welchem sich ein Kunstwerk behinden kann, wenn es in die Willkür des Betracters geftellt worden, welche Auslegung er davon machen will, und wenn es einer Nachhülfe bedarf, ihn in den retten Stenbrunft zu rücken. Wollten Sie mir andeuten, das das meirige & in diesem Falle befände, so baben Sie etwas febr Ediremes davon gesagt, und Sie veranlassen mich, es aus tiene Ge sichtspunkte noch einmal genauer zu prüfen. Es lame alio, tenét mir, vorzüglich darauf an, zu untersuchen, ob in bem Brade Alles enthalten ist, was zum Verstandnine desselben bient, und ob es in so klaren Ausdrüden angegeben ist, bag es bem Leser leicht war, es zu erkennen. Lañen Sie fig's alfo ges fallen, lieber Freund, daß ich Sie eine Zeitlang von diesem Gegenstande unterhalte. Das Etück ist mir frember gemors den, ich finde mich jezt gleichsam in der Witte zwischen dem Künstler und seinem Betrachter, weburch es mir virkist möglich wird, des Erstern vertraute Belanntiaft mit einem Gegenstande mit der Unbefangenheit des Zektern zu verbisten. Es kann mir überhaupt — und ich finde mithis, bicies

Briefe über Don Carlos.

Erster Brief.

Sie sagen mir, lieber Freund, daß Ihnen die bisherigen Beurtheilungen des Don Carlos noch wenig Befriedigung gegeben, und halten dafür, daß der größte Theil derselben den eigentlichen Gesichtspunkt des Verfassers fehlgegangen sey. Es däucht Ihnen auch wohl möglich, gewisse gewagte Stellen zu retten, welche die Kritik für unhaltbar erklärte; manche Zweifel, die dagegen rege gemacht worden, finden Sie in dem Zusammenhange des Stücks — wo nicht völlig beantwortet, doch vorher= gesehen und in Anschlag gebracht. Bei den meisten Einwürfen fånden Sie weit weniger die Sagacität der Beurtheiler, als die Selbstzufriedenheit zu bewundern, mit der sie solche als hohe Entdeckungen vortragen, ohne sich durch den natürlichsten Gedanken stören zu lassen, daß Uebertretungen, die dem Blödsichtigsten sogleich ins Auge fallen, auch wohl dem Verfasser, der unter seinen Lefern felten der am wenigsten Unterrichtete ist, dürften sichtbar gewesen seyn, und daß Sie es also weniger mit der Sache selbst, als mit den Gründen zu thun haben, die ihn dabei bestimmten. Diese Gründe können allerdings unzulänglich seyn, können auf einer einseitigen Vorstellungsart

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