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„Unsere Hoffnung ist dahin! Lesen Sie diesen Einschluß. Alle unsere Hoffnung ist dahin!

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„Die Wunde des Marchese soll tödtlich seyn. Der Cardinal brütet Rache, und seine Meuchelmörder suchen den Prinzen. Mein Herr - o mein unglücklicher Herr! „— Ist es dahin gekommen? Unwürdiges, entseßliches „Schicksal! Wie Nichtswürdige müssen wir uns vor „Mördern und Gläubigern verbergen.

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„Ich schreibe Ihnen aus dem ***Kloster, wo der Prinz ,,eine Zuflucht gefunden hat. Eben ruht er auf einem „harten Lager neben mir und schläft — ach! den Schlummer der tödtlichsten Erschöpfung, der ihn nur zu neuem Gefühle seiner Leiden stärken wird. Die zehn Tage, „daß sie krank war, kam kein Schlaf in feine Augen. Ich war bei der Leichenöffnung. Man fand Spuren von Vergiftung. Heute wird man sie begraben.

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Ach, liebster O***, mein Herz ist zerrissen. Ich habe einen Auftritt erlebt, der nie aus meinem Gedächtniß „verlöschen wird. Ich stand vor ihrem Sterbebette. Wie eine Heilige schied sie dahin, und ihre lehte sterbende „Beredsamkeit erschöpfte sich, ihren Geliebten auf den Weg zu leiten, den sie zum Himmel wandelte - Alle ,,unsere Standhaftigkeit war erschüttert, der Prinz allein stand fest, und ob er gleich ihren Tod dreifach mit erlitt, so behielt er doch Stärke des Geistes genug, der „frommen Schwärmerin ihre leßte Bitte zu verweigern.” In diesem Briefe lag folgender Einschluß:

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An den Prinzen von ***.

Von seiner Schwester.

Die allein feligmachende Kirche, die an dem Prinzen von***

eine so glänzende Eroberung gemacht hat, wird es ihm auch

„nicht an Mitteln fehlen lassen, die Lebensart fortzuseßen, „der sie diese Eroberung verdankt. Ich habe Thränen und Gebet für einen Verirrten, aber keine Wohlthaten mehr für einen Unwürdigen!

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Henriette *** «

Ich nahm sogleich Post, reiste Tag und Nacht, und in der dritten Woche war ich in Venedig. Meine Eilfertigkeit nüßte mir nichts mehr. Ich war gekommen, einem Unglücklichen Trost und Hülfe zu bringen; ich fand einen Glücklichen, der meines schwachen Beistandes nicht mehr benöthigt war. F*** lag krank und war nicht zu sprechen, als ich anlangte; folgendes Billet überbrachte man mir von seiner Hand:

,,Reifen Sie zurück, liebster O***, wo sie hergekommen find. Der Prinz bedarf Ihrer nicht mehr, auch nicht meiner. Seine Schulden sind bezahlt, der Cardinal verföhnt, der Marchese wieder hergestellt. Erinnern Sie sich des Armeniers, der uns voriges Jahr so zu verwirren wußte? In seinen Armen finden Sie den Prinzen, der feit fünf Tagen die erste Messe hörte."

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Ich drängte mich nichtsdestoweniger zum Prinzen, ward aber abgewiesen. An dem Bette meines Freundes erfuhr ich endlich die unerhörte Geschichte.

Ende des ersten Bandes.

Philosophische Briefe.

Vorerinnerung.

Die Vernunft hat ihre Epochen, ihre Schicksale, wie das Herz, aber ihre Geschichte wird weit seltener behandelt. Man scheint sich damit zu begnügen, die Leidenschaften in ihren Extremen, Verirrungen und Folgen zu entwickeln, ohne Rücksicht zu nehmen, wie genau sie mit dem Gedankensysteme des Individuums zusammenhängen. Die allgemeine Wurzel der moralischen Verschlimmerung ist eine einseitige und schwankende Philosophie, um so gefährlicher, weil sie die umnebelte Vernunft durch einen Schein von Rechtmäßigkeit, Wahrheit und Ueberzeugung blendet, und eben deßwegen von dem ein• gebornen sittlichen Gefühle weniger in Schranken gehalten wird. Ein erleuchteter Verstand hingegen veredelt auch die Gesinnungen der Kopf muß das Herz bilden.

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In einer Epoche, wie die jeßige, wo Erleichterung und Ausbreitung der Lecture den denkenden Theil des Publicums so erstaunlich vergrößert, wo die glückliche Resignation der Unwissenheit einer halben Aufklärung Plaß zu machen anfängt, und nur Wenige mehr da stehen bleiben wollten, wo der Zufall Schillers sämmtl. Werke. x.

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der Geburt sie hingeworfen, scheint es nicht so ganz unwichtig zu seyn, auf gewisse Perioden der erwachenden und fort= schreitenden Vernunft aufmerksam zu machen, gewisse Wahr= heiten und Irrthümer zu berichtigen, welche sich an die Moralität anschließen und eine Quelle von Glückseligkeit und Elend seyn können, und wenigstens die verborgenen Klippen zu zeigen, an denen die stolze Vernunft schon gescheitert hat. Wir gelangen nur selten anders, als durch Extreme, zur Wahrheit-wir müssen den Irrthum—und oft den Unsinn— zuvor erschöpfen, ehe wir uns zu dem schönen Ziele der ruhigen Weisheit hinaufarbeiten.

Einige Freunde, von gleicher Wärme für die Wahrheit und die sittliche Schönheit beseelt, welche sich auf ganz verschiedenen Wegen in derselben Ueberzeugung vereinigt haben, und nun mit ruhigerm Blicke die zurückgelegte Bahn überschauen, haben sich zu dem Entwurfe verbunden, einige Revolutionen und Epochen des Denkens, einige Ausschweifungen der grübelnden Vernunft in dem Gemälde zweier Jünglinge von ungleichen Charakteren zu entwickeln und in Form eines Briefwechsels der Welt vorzulegen. Folgende Briefe sind der Anfang dieses Versuches.

Meinungen, welche in diesen Briefen vorgetragen werden, können auch also nur beziehungsweise wahr oder falsch feyn, gerade so, wie sich die Welt in dieser Seele, und keiner andern, spiegelt. Die Fortsehung des Briefwechsels wird es ausweisen, wie diese einseitigen, oft überspannten, oft widersprechenden Behauptungen endlich in eine allgemeine, geläuterte und festgegründete Wahrheit sich auflösen.

Skepticismus und Freidenkerei sind die Fieberparorysmen des menschlichen Geistes, und müssen durch eben die unnatürliche Erschütterung, die sie in gut organisirten Seelen

verursachen, zuleßt die Gefundheit befestigen helfen. Je blendender, je verführender der Irrthum, desto mehr Triumph für die Wahrheit; je quäkender der Zweifel, desto größer die Aufforberung zu Ueberzeugung und fester Gewißheit. Aber diese Zweifel, diese Irrthümer vorzutragen, war nothwendig, die Kenntniß der Krankheit mußte der Heilung vorangehen. Die Wahrheit verliert nichts, wenn ein heftiger Jüngling sie verfehlt, eben so wenig als die Tugend und die Religion, wenn ein Lasterhafter sie verläugnet.

Dieß mußte vorausgefeßt werden, um den Gesichtspunkt auzugeben, aus welchem wir den folgenden Briefwechsel ge= lesen und beurtheilt wünschen.

Julius an Raphael.

Im October.

Du bist fort, Raphael und die schöne Natur geht unter, die Blätter fallen gelb von den Bäumen, ein trüber Herbstnebel liegt, wie ein Bahrtuch, über dem ausgestorbenen Gefilde. Einsam durchirre ich die melancholische Gegend, rufe laut deinen Namen aus, und zürne, daß mein Raphael mir nicht antwortet.

Ich hatte deine leßten Umarmungen überstanden. Das traurige Rauschen des Wagens, der dich von hinnen führte, war endlich in meinem Ohre verstummt. Ich Glücklicher hatte schon einen wohlthätigen Hügel von Erde über den Freuden der Vergangenheit aufgehäuft, und jeßt stehest du, gleich deinem abgeschiedenen Geiste, von neuem in diesen Gegenden auf und

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