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niemals die Flucht des Lebens deutlicher, als an der Scheide zweier Jahre. Nicht etwa ein kurzer Festtag, dem die Freude Flügel geliehen hätte, eine lange Reihe von Wochen und Monden mit allen ihren Vergnügungen und Schmerzen ist das hin, und — dahin, wie ein Morgentraum. Gar bald überdies kann diese bunte Reihe auf ewig geschlossen seyn. Ein Jahr der Vergangenheit sah uns auftreten, ein Jahr der Zukunft wird uns scheiden sehen; vielleicht ist es das, welches nun eben beginnet. Und worauf werden wir dann hinzeigen können, und sagen: es sei unser? Nicht auf unsre Jugendblüthe, nicht auf unsern Stand, nicht auf unsern Reichthum, nicht auf die Flittern der Hoffarth und Eitelkeit; was die Welt gab, fordert sie wieder ein. Nur unser Herz mit seiner Habe, nur unsre Kenntnisse, unsre Tugenden, unsre Verdienste, unfre Erinnerungen bestimmen ba, was wir gelten.

Können wir es denn sehen, wie ein Jahr das andre verdränge und wie die Zeit, was sie ges bauet hat, zerstöre, ohne zu bedenken: was uns einmal übrig bleiben werde? Können wir wiederholt die Erfahrung machen, daß alles eitel fei, ohne uns kräftiger zn entscheiden für das Eine, was Wahrheit, Wesen und Werth hat?

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Können wir den Grad der Vollendung, welchen das irdische Daseyn uns geben soll, erwägen, ohne darüber zu staunen, wie viel wir vor unserem Abschiede noch zu thun haben? Können wir die= sen Abschied uns als nahe denken, als ganz nahe, ohne zn fühlen, hier dürfe nichts mehr verschoben, hier könne nicht einen Augenblik låne ger gewartet, hier` müsse geeilt und geeifert, hier müsse die ernstlichste Sorgfalt bewiesen werden, daß der Geist wachse an Weisheit und Gnade bei Gott?

Ich werde vielleicht in diesem Jahre sterben, so sage denn zu sich selbst, wer es gut meint; und edler noch werden wird auch der Edelste, und fromme Entschliessungen werden ihn durchlödern in hellerer Gluth, und treuer, rascher, ununterbrochener wird er arbeiten an seinem Seelenheil. Ich werde vielleicht in diesem Jahre sterben,- so sage dec Ungläubige, und er wird glauben lernen; so sage der Leichtsinnige, und er wird in sich kehren; so sage der Schwäche, und er wird Kraft und Festigkeit bekommen; so fage der Sichere, und er wird erschrekken über den langen Schlaf, der ihn gefesselt hat; so sage der Eitle, und er wird auf Gott und Ewigkeit das zerstreuete Gemüth richtenz so sage der Sün=

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der, und er wird Reue fühlen, und er wird sich aufmachen den Weg des Unrechts und der Schande

zu verlassen, und er wird eilen und suchen, was verloren ist. „So aber jener, der böse Knecht, wird in seinem Herzen sagen: Mein Herr kommt noch lange nicht, und fåhet an zu schlagen se ne Mitknechte, isset und trinket mit den Trunkenen; so wird, versichert Jesus *, der Herr desselbigen Knechts kommen an dem Tage, daß er sich nicht versiehet, und zu der Stunde, die er nicht meynet; und wird ihn zerscheitern und wird ihm seis nen Lohn geben mit den Heuchlern; da wird seyn Heulen und Zahnklappen".

Wollen wir den neuen Zeitabschnitt heilig be ginnen, Mitchristen; wollen wir ihn verherrlichen durch ein in seiner eigenen Erneuerung begriffe= nes Gemüth; wollen wir als neue Menschen ins neue Jahr treten; Ihr sehet, worauf

es ankommt.

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Und darf die Frage noch seyn, ob wir das wollen? Darf sie es besonders jest seyn? Ach, lasset uns die Zeit bedenken, worin wir leben, meine Brüder. Haben wir denn jemals mehr Lehrreiches, mehr Warnendes, mehr, was verstokte Herzen erschüttern könnte, um uns * Matth. 24, 48. ff.

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her gefunden? Ist es für Menschen, die da sehen mit ihren Augen und hören mit ihren Ohren, jemals deutlicher gewesen, als es die Zeitgeschichte predigt, wie durch Leidenschaften, Thorheiten und Vorurtheile das Menschengeschlecht mit sich felber entzweiet wird, wie die Sünde das Leben verpestet, wie die Welt mit ihrer Lust vergeht", wie auf nichts Aeusseres das Herz seine Hoffnun= gen sehen kann, und wie es daher hohe Zeit wåre,

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abzulegen die Waffen der Finsterniß und anzu= legen die Waffen des Lichts"? O es erscheine Euch, Ihr Geliebten, die Zeit in ihrer Flucht, das Leben in seiner Kürze und das Grab in sei= ner Nähe; es durchdringe Euch mit all' seinen Schauern der Gedanke: ich werde vielleicht in diesem Jahre sterben : — neben ihm kommt Bó= ses nicht auf. Er wird Euch Buße predigen. Er wird, wie ein Gottesbote, in versuchenden Augens blikken an Eurer Seite stehen. Ihr werdet Thor= heiten fahren lassen, Fehler ablegen, Versündigun= gen meiden. Ihr werdet für alles, was ein „rei= nes Herz und einen neuen gewissen Geist" schaf= fet, was die That veredelt und Frieden über die lette Stunde bringt, fest und unwiderruflich entschieden seyn.

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Heilig will ein Tag, wie dieser begangen werden, und darum empfehle ich Euch den Ge= danken: ich werde vielleicht in diesem Jahre ster= ben. Nicht heiliger kann ein Mensch dann Neujahr feiern, als Ihr.

Ueberdies nicht wohlthätiger für seinen Kreis.

Es findet Niemand, und wenn er den Mens schen in seiner Nähe noch so viele Seufzer auspreßte, an der Vorstellung, daß er es thue, Vergnügen. Wegwenden vielmehr muß ́er Ohr und Herz, damit in seinen Verirrungen ihn nichts auf halte; vergessen muß er die lehte Stunde um die Schrekgestalten nicht zu ahnen, welche diese umlagern werden. Wer den Kreis, darin er lebt, irgend lieb hat; - der erwågt es mit Rührung, wie viel für das Beste desselben auf seiner Sorg= falt beruhe; darum will er auch nicht vergebens an seinem Plaze stehen, er will allen nüßen, die er mit seinen Kräften abreichen kann, er will besonders in seinen nächsten Verbindungen sich ver= dient machen, er will einst ohne Vorwurf schei= den und seinem Namen ein gesegnetes Andenken sichern. Lasset einen Solchen nun, (und so mögte ich mir gern Euch alle denken) laffet

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ihn fühlen, wie leicht die Bande, die uns mit

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