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II.

Der S. Galler Bienensegen.

Baluze hat in den Capitularien II, 663 (Paris 1780) einen lateinischen Bienensegen 'ex veteri codice MS. S. Galli' veröffentlicht. Nach seiner Ausgabe haben diesen später wiederholt: J. Grimm in der Deutschen Mythologie II, 1190 (2. Ausg. 1844) als Ersatz für damals noch nicht aufgefundene deutsche Bienensegen, Rozière in dem Recueil des Formules n. 629, Pfeiffer in den Wiener Sitzungsber. 1866, p. 18 in einer Zusammenstellung aller bekannten Bienensegen, die er gelegentlich der Behandlung eines Lorscher deutschen Segens saec. X. giebt, J. Haupt ebendaselbst 1871, p. 37, wo er ihn zum Vergleich mit einem von ihm entdeckten Salzburger lateinischen Segen saec. X. heranzieht und in gereimte Verse theilt.

Der Text bei Baluze ist zweifelsohne dem St. Galler Codex 190 (membr. oct. saec. IX.) entnommen. Dort findet er sich auf Seite 37, deren ursprünglicher Text ausradiert ist, von einer Hand saeculi X. in derjenigen Form eingetragen, wie sie mit unbedeutender Abweichung auch Baluze aufgenommen hat. Dies ist aber weder der einzige noch der ältere Text dieses Segens.

Die Handschrift beginnt, wie sie vorliegt, auf Seite 2 mit einem alten Inhaltsverzeichnis, dessen Ueberschrift sie als 'codex landoni uede leobo abbat.' bezeichnet, d. h. als Handschrift des Abtes Wolfleoz 812-816. Die vorhergehende Seite 1 diente also ursprünglich als Schmutzblatt; vielleicht, dass sie schon zur Hälfte mit einem Fragment eines Tractates beschrieben war. Ihre untere Hälfte beschrieb mit etwas röthlicher und blasser Tinte eine Hand saec. IX./X. mit einem Bienensegen. Dieser Bienensegen ist es, der dann etwas später auf S. 37, nicht gerade sehr genau, wiederholt wurde.

In der Folgezeit hat man aber auf S. 1 den grossen S. Galler Bibliotheksstempel derartig aufgedrückt, dass die ersten Zeilen des Segens fast unlesbar gemacht sind. Die letzten Zeilen desselben am unteren Rande der ersten Seite wurden wohl schon früh durch Anfassen des Bandes verwischt und von späterer Hand nur theilweise durch Ueberziehen mit dunklerer Tinte zum Vorschein gebracht. Kein Wunder also, dass Baluze es vorzog, den Text des Segens der gut zu lesenden Seite 37 zu entnehmen.

Wenn man sich aber die Mühe nicht verdriessen lässt, so kann auch der Segen von S. 1 vollständig entziffert werden und diesen lasse ich mit Angabe der Varianten von S. 37 und Baluze1) hier folgen:

1) Baluze giebt als Ueberschrift: Ad revocandum examen apum dispersum.

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+adiuro te mater aviolum 1) per deum regem celorum et per illum redemptorem 2) filium dei te adiuro, ut non te alutum3) levare, nec longe volare, sed quam plus scis citum 4) potest ad arbores) venire, ibi te allocas cum omni tua genera vel cum socia tua, ibi abeo) bono vaso parato, ubi vos ibi in dei nomine laboretis et nos in dei nomine luminaria faciamus in ecclexia) dei, et per virtutem domini nostri iesu christi, ut nos non offendat dominus de radio solis, sicut vos vos) offendit de regalo arboris "); in nomine sanctae 10) trinitatis. Amen.

Die Variante alutum und altum ist schon einem frühen Leser der beiden Texte aufgefallen. Auf sie bezieht sich doch wohl der letzte der 3 sonst schwer verständlichen Verse, welche von neuer Hand saec. X. auf S. 37 dem Segen zugefügt sind:

Qui puer hic floruid, apium dum carmina finxit,
Inclitus et partus caelesti dogmate fartus 11).
Non petet hec altum velis acsi 12) dicere verba.

III.

Palaeographisches aus Spanien.

Auf der beifolgenden Tafel, welche im Lichtdruck von A. Frisch in Berlin einige von mir auf spanischen Reisen durchgezeichnete Schriftproben enthält, stehen in dem oberen. Facsimile die Zahlen aus dem im Jahre 976 im Kloster Albelda unweit Logroño geschriebenen Codex Vigilanus (Escorial d I 2; vgl. N. Archiv VI, 238). In gleicher Weise bietet uns diese der etwas jüngere Bruder des Vigilanus, der Codex Emilianus aus San Millan de la Cogolla bei Burgos vom Jahre 992 (Escorial d I 1; vgl. N. Archiv VI, 236). Es mögen die hier gegebenen die ältesten arabischen Ziffern sein, die im Abendlande vorkommen. Es fehlt ihnen noch in recht charakteristischer Weise die Null. Vgl. Wattenbach, Anleitung zur lateinischen Palaeographie (3. Aufl.) S. 86 und Cantor, Mathematische Beiträge zum Culturleben der Völker, Halle 1863.

1) avioum mit deutlich neben o übergeschriebenem 1; aviorum S. 37 und Baluze; aviola ist Diminutiv von avis oder apis nach Analogie von gloriola etc. 2) redemtorem mit neben m übergeschriebenem p. 3) autum mit neben a übergeschriebenem 1; altum S. 37, in altum Baluze. 4) pluscito S. 37 und Baluze. 5) arborem S. 37, Baluze. 6) habeo S. 37, Baluze. 7) ecclesia S. 37, Baluze. 8) sicut vos S. 37, Baluze. 9) de egalo flos S. 37, Baluze. Von regalo ist nur egalo mit dunklerer Tinte überzogen, aber das r vorher noch deutlich erkennbar. Von arboris ist a sicher; sonst könnte man wohl die übrigen Buchstaben floris, nie aber flos lesen. 10) sanctae nach S. 37 aufgenommen, steht ganz am Rande und ist nicht zu lesen. 11) 'fartus caelesti dogmate partus' geht sicher auf den in der Benedictio cerei stets angewandten Vergleich der immaculata conceptio der Maria und der Bienen. 12) ecsi Hs.

Unseren Zahlzeichen gehen im Vigilanus (und genau ebenso im Emilianus) allerlei mit der Mathematik in gewisser Beziehung stehende Capitel vorher, zum Theil Stücke aus den Etymologien des Isidor, zum Theil Auszüge aus ihnen oder auch Zusätze dazu. Ein solcher Zusatz zu den Etymologien ist nun auch unsere Reihe der Ziffern mit dem ihnen vorangehenden eigenthümlichen Text über ihre Herkunft.

Die Zusammenstellung der, wenn ich so sagen darf, mathematischen Tabellen, denen sich die neuen Rechnungsmittel anschliessen, ist nun die folgende:

Auf fol. 4' etc. Computistische Listen; fol. 5'. 6 ein vollständiger Kalender mit Heiligentagen; fol. 6' Mondberechnung mit Tabelle; fol. 7 Sternbilder; fol. 7' Aequinoctien mit Tafeln; folgen: 'Versi orelegium. Si metis, agnosces quod egerit umbra pedum ut supra' etc.; ferner ein ordo pascalis; fol. 9, wie es scheint, aus Etym. Lib. VI, c. 17: 'Ratio de annis communis. et omolismis. Decemobennalis cilus' (sic!) etc.; dann Listen, unter ihnen fol. 11': 'Praefatio cicli subtus scribti et omne argumentum eiusdem quippe circuli. Per diversas obserbationes paschę repellendus' etc. bis fol. 12: 'Expliciti sunt cicli argumentaque pascalium. Incipit ars proficua arithmeticę. Arithmetica est disciplina numerorum' bis fol. 12': 'qui calculi nesciunt rationem' d. h. Etym. Lib. III, c. 1-4. Während aber dort andere Capitel folgen, schliesst sich hier unmittelbar an: 'Incipit numerus eiusdem prefate artis. Unum igitur semel as (sic statt habes) unum' etc. Endlich folgt auf fol. 12' col. 2: Item de figuris arithmeticę.

Scire debemus Indos) subtilissimum ingenium habere et ceteras gentes eis in arithmetica et geometrica et ceteris liberalibus disciplinis cedere 2). Et hoc manifestum est in nobem figuris, quibus designant unumquemque gradum cuiuslibet gradus. Quarum hec sunt formes): 987654321,

Von diesen auffallender Weise hier richtig als indische und nicht als arabische bezeichneten Ziffern kommen 9. 8. 7. 6. 1 der modernen Schreibweise merkwürdig nahe; auch 3. 2 entsprechen ihr, scheinen aber auf den Kopf gestellt zu sein (vgl. über sie und die übrigen Ziffern die Zeichen des Boethius, Cantor a. a. O. Fig. 39-44 und Woepcke, Propagation des chiffres indiens im Journal asiatique VI, I, p. 75) die Form für 5 möchte nur durch die römische V zu erklären sein, und in der That wird, wie wir auf unserer beifolgenden Tafel im zweiten Facsimile auf der 1. Zeile am vorletzten und auf der 3. Zeile am 4. Buchstaben, ferner vor allem im Vigilanus und Emilianus selbst sehen, das capitale u oft mit heruntergezogenem

1) 'in indos' beide codd. Vigil. u. Emil. 2) 'concedere' beide codd. 3) 'forma' beide codd.

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