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Nothwendigkeit, mithin ihr Ursprung a priori, sondern auch, dass sie synthetische Sätze sind, klar. Denn in dem Begriffe der Materie denke ich mir nicht die Beharrlichkeit, sondern blos ihre Gegenwart im Raume durch die Erfüllung desselben. Also gehe ich wirklich über den Begriff von der Materie hinaus, um etwas a priori zu ihm hinzuzudenken, was ich in ihm nicht dachte. Der Satz ist also nicht analytisch, sondern synthetisch und dennoch a priori gedacht, und so in den übrigen Sätzen des reinen Theils der Naturwissenschaft.

3. In der Metaphysik, wenn man sie auch nur für eine bisher blos versuchte, dennoch aber durch die Natur der menschlichen Vernunft unentbehrliche Wissenschaft ansieht, sollen synthetische Erkenntnisse a priori enthalten sein, und es ist ihr gar nicht darum zu thun, Begriffe, die wir uns a priori von Dingen machen, blos zu zergliedern und dadurch analytisch zu erläutern, sondern wir wollen unsere Erkenntniss a priori erweitern, wozu wir uns solcher Grundsätze bedienen müssen, die über den gegebenen Begriff etwas hinzu thun, was in ihm nicht enthalten war, und durch synthetische Urtheile a priori wohl gar so weit hinausgehen, dass uns die Erfahrung selbst nicht so weit folgen kann, z. B. in dem Satze: die Welt muss einen ersten Anfang haben u. a. m., und so besteht Metaphysik wenigstens ihrem Zwecke nach aus lauter synthetischen Sätzen a priori.

VI.

Allgemeine Aufgabe der reinen Vernunft.

Man gewinnt dadurch schon sehr viel, wenn man eine Menge von Untersuchungen unter die Formel einer einzigen Aufgabe bringen kann. Denn dadurch erleichtert man sich nicht allein selbst sein eigenes Geschäft, indem man es sich genau bestimmt, sondern auch jedem Anderen, der es prüfen will, das Urtheil, ob wir unserem Vorhaben ein Genüge gethan haben oder nicht. Die eigentliche Aufgabe der reinen Vernunft ist nun in der Frage enthalten: wie sind synthetische Urtheile a priori möglich?

Dass die Metaphysik bisher in einem so schwankenden Zustande der Ungewissheit und Widersprüche geblieben ist, ist lediglich der Ursache zuzuschreiben, dass man sich diese Aufgabe und vielleicht sogar den Unterschied der analytischen und synthetischen Urtheile nicht früher in die Gedanken kommen liess. Auf der Auflösung dieser Aufgabe oder einem genugthuenden Beweise, dass die Möglichkeit, die

sie erklärt zu wissen verlangt, in der That gar nicht stattfinde, beruht nun das Stehen und Fallen der Metaphysik. DAVID HUME, der dieser Aufgabe unter allen Philosophen noch am nächsten trat, sie aber sich bei weitem nicht bestimmt genug und in ihrer Allgemeinheit dachte, sondern blos bei dem synthetischen Satze der Verknüpfung der Wirkung mit ihren Ursachen (principium causalitatis) stehen blieb, glaubte heraus zu bringen, dass ein solcher Satz a priori gänzlich unmöglich sei, und nach seinen Schlüssen würde alles, was wir Metaphysik nennen, auf einen blosen Wahn von vermeinter Vernunfteinsicht dessen hinauslaufen, was in der That blos aus der Erfahrung erborgt und durch Gewohnheit den Schein der Nothwendigkeit überkommen hat; auf welche, alle reine Philosophie zerstörende Behauptung er niemals gefallen wäre, wenn er unsere Aufgabe in ihrer Allgemeinheit vor Augen gehabt hätte, da er denn eingesehen haben würde, dass, nach seinem Argumente, es auch keine reine Mathematik geben könnte, weil diese gewiss synthetische Sätze a priori enthält, vor welcher Behauptung ihn alsdenn sein guter Verstand wohl würde bewahrt haben.

In der Auflösung obiger Aufgabe ist zugleich die Möglichkeit des reinen Vernunft gebrauchs in Gründung und Ausführung aller Wissenschaften, die eine theoretische Erkenntniss a priori von Gegenständen enthalten, mit begriffen, d. i. die Beantwortung der Fragen:

Wie ist reine Mathematik möglich?

Wie ist reine Naturwissenschaft möglich?

Von diesen Wissenschaften, da sie wirklich gegeben sind, lässt sich nun wohl geziemend fragen: wie sie möglich sind? denn dass sie möglich sein müssen, wird durch ihre Wirklichkeit bewiesen.* Was aber Metaphysik betrifft, so muss ihr bisheriger schlechter Fortgang, und weil man von keiner einzigen bisher vorgetragenen, was ihren wesentlichen Zweck angeht, sagen kann, sie sei wirklich vorhanden, einen Jeden mit Grunde an ihrer Möglichkeit zweifeln lassen.

Nun ist aber diese Art von Erkenntniss in gewissem Sinne

* Von der reinen Naturwissenschaft könnte man dieses Letztere noch bezweifeln. Allein man darf nur die verschiedenen Sätze, die im Anfange der eigentlichen (empirischen) Physik vorkommen, nachsehen, als den von der Beharrlichkeit derselben Quantität Materie, von der Trägheit, der Gleichheit der Wirkung und Gegenwirkung u. s. w., so wird man bald überzeugt werden, dass sie eine physicam puram (oder rationalem) ausmachen, die es wohl verdient, als eigene Wissenschaft, in ihrem engen oder weiten, aber doch ganzen Umfange, abgesondert aufgestellt zu werden.

doch auch als gegeben anzusehen, und Metaphysik ist, wenn gleich nicht als Wissenschaft, doch als Naturanlage (metaphysica naturalis) wirklich. Denn die menschliche Vernunft geht unaufhaltsam, ohne dass blose Eitelkeit des Vielwissens sie dazu bewegt, durch eigenes Bedürfniss getrieben bis zu solchen Fragen fort, die durch keinen Erfahrungsgebrauch der Vernunft und daher entlehnte Principien beantwortet werden können, und so ist wirklich in allen Menschen, so bald Vernunft sich in ihnen bis zur Speculation erweitert, irgend eine Metaphysik zu aller Zeit gewesen und wird auch immer darin bleiben. Und nun ist auch von dieser die Frage: wie ist Metaphysik als Naturanlage möglich? d. i. wie entspringen die Fragen, welche reine Vernunft sich aufwirft, und die sie, so gut als sie kann, zu beantworten durch eigenes Bedürfniss getrieben wird, aus der Natur der allgemeinen Menschenvernunft?

Da sich aber bei allen bisherigen Versuchen, diese natürlichen Fragen, z. B. ob die Welt einen Anfang habe oder von Ewigkeit her sei? u. s. w. zu beantworten, jederzeit unvermeidliche Widersprüche gefunden haben, so kann man es nicht bei der blosen Naturanlage zur Metaphysik, d. i. dem reinen Vernunftvermögen selbst, woraus zwar immer irgend eine Metaphysik (es sei welche es wolle) erwächst, bewenden lassen, sondern es muss möglich sein, mit ihr es zur Gewissheit zu bringen, entweder im Wissen oder Nicht-Wissen der Gegenstände, d. i. entweder der Entscheidung über die Gegenstände ihrer Fragen, oder über das Vermögen und Unvermögen der Vernunft, in Ansehung ihrer etwas zu urtheilen, also entweder unsere reine Vernunft mit Zuverlässigkeit zu erweitern, oder ihr bestimmte und sichere Schranken zu setzen. Diese letzte Frage, die aus der obigen allgemeinen Aufgabe fliesst, würde mit Recht diese sein wie ist Metaphysik als Wissenschaft möglich?

Die Kritik der Vernunft führt also zuletzt nothwendig zur Wissenschaft; der dogmatische Gebrauch derselben ohne Kritik dagegen auf grundlose Behauptungen, denen man eben so scheinbare entgegensetzen kann, mithin zum Skepticismus.

Auch kann diese Wissenschaft nicht von grosser abschreckender Weitläufigkeit sein, weil sie es nicht mit Objecten der Vernunft, deren Mannigfaltigkeit unendlich ist, sondern blos mit sich selbst, mit Aufgaben, die ganz aus ihrem Schoosse entspringen und ihr nicht durch die Natur der Dinge, die von ihr unterschieden sind, sondern durch ihre eigene vorgelegt sind, zu thun hat; da es denn, wenn sie zuvor ihr eigen Vermögen in Ansehung der Gegenstände, die ihr in der Erfahrung vorkommen

mögen, vollständig hat kennen lernen, leicht werden muss, den Umfang und die Grenzen ihres über alle Erfahrungsgrenzen versuchten Gebrauchs vollständig und sicher zu bestimmen.

Man kann also und muss alle bisher gemachte Versuche, eine Metaphysik dogmatisch zu Stande zu bringen, als ungeschehen ansehen; denn was in der einen oder der anderen Analytisches, nämlich blose Zergliederung der Begriffe ist, die unserer Vernunft a priori beiwohnen, ist noch gar nicht der Zweck, sondern nur eine Veranstaltung zu der eigentlichen Metaphysik, nämlich seine Erkenntniss a priori synthetisch zu erweitern, und ist zu diesem untauglich, weil sie blos zeigt, was in diesen Begriffen enthalten ist, nicht aber, wie wir a priori zu solchen Begriffen gelangen, um darnach auch ihren gültigen Gebrauch in Ansehung der Gegenstände aller Erkenntniss überhaupt bestimmen zu können. Es gehört auch nur wenig Selbstverleugnung dazu, alle diese Ansprüche aufzugeben, da die nicht abzuleugnenden und im dogmatischen Verfahren auch unvermeidlichen Widersprüche der Vernunft mit sich selbst jede bisherige Metaphysik schon längst um ihr Ansehen gebracht haben. Mehr Standhaftigkeit wird dazu nöthig sein, sich durch die Schwierigkeit innerlich und den Widerstand äusserlich nicht abhalten zu lassen, eine der menschlichen Vernunft unentbehrliche Wissenschaft, von der man wohl jeden hervorgeschossenen Stamm abhauen, die Wurzel aber nicht ausrotten kann, durch eine andere, der bisherigen ganz entgegengesetzte Behandlung endlich einmal zu einem gedeihlichen und fruchtbaren Wuchse zu befördern.

VII.

Idee und Eintheilung einer besonderen Wissenschaft, unter dem Namen einer Kritik der reinen Vernunft. 1

Aus diesem Allen ergibt sich nun die Idee einer besondern Wissenschaft, die Kritik der reinen Vernunft heissen kann. 2 Denn Vernunft ist das Vermögen, welches die Principien der Erkenntniss a priori an die Hand gibt. Daher ist reine Vernunft diejenige, welche

1 Diese Ueberschrift ist erst in der 2. Ausg. hinzugekommen.

21. Ausg.:,,die zur Kritik der reinen Vernunft dienen könne. Es heisst aber jede Erkenntniss rein, die mit nichts Fremdartigem vermischt ist. Besonders aber wird eine Erkenntniss schlechthin rein genannt, in die sich überhaupt keine Erfahrung oder Empfindung einmischt, welche mithin völlig a priori möglich ist. Nun ist Vernunft das Vermögen" u. s. w.

die Principien, etwas schlechthin a priori zu erkennen, enthält. Ein Organon der reinen Vernunft würde ein Inbegriff derjenigen Principien sein, nach denen alle reine Erkenntnisse a priori können erworben und wirklich zu Stande gebracht werden. Die ausführliche Anwendung eines solchen Organon würde ein System der reinen Vernunft verschaffen. Da dieses aber sehr viel verlangt ist und es noch dahin steht, ob auch hier überhaupt eine Erweiterung unserer Erkenntniss und in welchen Fällen sie möglich sei, so können wir eine Wissenschaft der blosen Beurtheilung der reinen Vernunft, ihrer Quellen und Grenzen, als die Propädeutik zum System der reinen Vernunft ansehen. Eine solche würde nicht eine Doctrin, sondern nur Kritik der reinen Vernunft heissen müssen, und ihr Nutzen würde in Ansehung der Speculation wirklich nur negativ sein, nicht zur Erweiterung, sondern nur zur Läuterung unserer Vernunft dienen, und sie von Irrthümern frei halten, welches schon sehr viel gewonnen ist. Ich nenne alle Erkenntniss transscendental, die sich nicht sowohl mit Gegenständen, sondern mit unserer Erkenntnissart von Gegenständen, so fern diese a priori möglich sein soll, 1 überhaupt beschäftigt. Ein System solcher Begriffe würde TransscendentalPhilosophie heissen. Diese ist aber wiederum für den Anfang noch zu viel. Denn weil eine solche Wissenschaft sowohl die analytische Erkenntniss, als die synthetische a priori vollständig enthalten müsste, so ist sie, so weit es unsere Absicht betrifft, von zu weitem Umfange, indem wir die Analysis nur so weit treiben dürfen, als sie unentbehrlich nothwendig ist, um die Principien der Synthesis a priori, als worum es uns nur zu thun ist, in ihrem ganzen Umfange einzusehen. Diese Untersuchung, die wir eigentlich nicht Doctrin, sondern nur transscendentale Kritik nennen können, weil sie nicht die Erweiterung der Erkenntnisse selbst, sondern nur die Berichtigung derselben zur Absicht hat und den Probierstein des Werths oder Unwerths aller Erkenntnisse a priori abgeben soll, ist das, womit wir uns jetzt beschäftigen. Eine solche Kritik ist demnach eine Vorbereitung, wo möglich, zu einem Organon, und wenn dieses nicht gelingen sollte, wenigstens zu einem Kanon derselben, nach welchem allenfalls dereinst das vollständige System der Philosophie der reinen Vernunft, es mag nun in Erweiterung oder bloser Begrenzung ihrer Erkenntniss bestehen, sowohl analytisch als synthetisch dargestellt werden könnte. Denn dass dieses möglich sei, ja dass ein solches System

11. Ausg.:,,sondern mit unsern Begriffen a priori von Gegenständen überhaupt"

KANT'S Kritik der reinen Vernunft.

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