: nicht tûd kund (d. i. nicht meldet) ûf stîge clâr den himel rund. So einfach und lebendig anschaulich aber auch das Ganze ist, gleichwohl ist es dem Erklärer ein Räthsel geblieben und hat ihn zu folgender gezwungenen Auffassung veranlasst: „Das Lied bleibt bei dem Bilde vom Baume, und nennt das falsche Liebchen falsches Reis, das ist Wassertrieb (?), der das Vorsichtsmittel, das eine treue Hand dem Baume gegen die Würmer umwand, herabdrückt. Ein solcher Wassertrieb wird aber dann zum telgenhang (?) d. i. zu einem hängenden Zweige, in dem der Wind hässlich wüthet." Man lese nur das Lied selber nach und staune! Im vierten Liede V. 9 folg. lässt der Dichter die ihren Liebhaber verschmähende stolze Geliebte sagen: wer ein dingh gebet hy und tar, der mag vurwâr wol heizin tuschenhagen, Ein esel wol in rossis schar zucht lernet zwâr, her wil doch segke tragen. Die Anspielung und die Bedeutung des Wortes tuschenhagen ist nicht recht klar; der Herausg. erklärt es zwar für unstater Mensch", scheint aber auch nur obenhin gerathen zu haben. Ich will vor der Hand an den Namen Hagen erinnert haben, den der Esel führt im Ring von Heinrich Wittenweiler 4, 28; 4, 36; 8°, 28; 9, 22. Lied. 5, 20 ist et amote (: genôte) wohl nichts weiter als das lateinische et amo te, vielleicht der Refrain eines damals bekannten Liedes. Des Herausgebers Vermuthung „het gemote: dieses gewähre, gestehe zu“, ist mir unbegreiflich. In Lied 13, 32 ist biltzgebûre dem Herausg. unverständlich; beltzgebûre hat der j. Tit. 4821 ed. H.; sonst lautet das Scheltwort vilzgebûre, vgl. mhd. Wb. 1, 291; M. Altsw. 166, 34; Keller Erz. 464, 35. Über biltz = pellis vgl. Gerhard von Minden 2, 40: des ome de pils sêre untgalt. V. 1827: behobich sîn soll heißen: „viel Aufsehen machen vgl. behoi oder behei bei Tilling"; (??) eine sonderbare Art zu deuten! Vielmehr hat man an behûf im mhd. Wb. 1, 645 zu denken. Ernst v. Kirchb. si machten eine grûben den tôden zu iren behûben, Wiggert Scherfl. 1, 43 to dîner behof; davon he behovet dîner = bedarf deiner, ebendaselbst; Altd. Bl. 1, 783, 8 nû behove wir to biddene; und besonders Pfeiffer, Beitrag zur Kenntniss der köln. Mundart S. 90. Demnach ist behôbich = = indigens, inops; Andreas S. 181 hat dafür necessitatem habens. Von seltenen Ausdrücken, die einer besondern Aufmerksamkeit werth, vom Herausg. aber unversucht geblieben sind, will ich folgende herausheben : Abescheid, st. m. Unterschied 1037. Abestich, st. m. discessus, in Lied 10, 10: allir sorge ein abestich. Oder ist abestrich mit j. Tit. 5958, 2 zu lesen? Armer brachia 2619; ebenso speler (ludi) 498 und 1198, thormer (turres) 662, teilir (partes) 1104 u. 1246, drômer (somnia) 1939, wordir (verba), briebir (epistolæ) 3653, schildir (clypei) 4613. Begallen, sw. v. 1716 begallit bî dem herzen = mit Galle im Herzen. Bekliben, st. v. 3413: nicht beklibit alle sâm Andr. 209: quia non semper jacta producunt semina fructum. Belannen, sw. v. mit Seilen, Ketten versehen, fesseln, in dem Lied. 2, 11, vgl. Ettmüller zu Veldek. 189, 4. Bisprochelin, st. n. 1231 = proverbium, vgl. Andr. S. 160. Drô, st. f. 1061: ich stê in sorgen drô (: sô) und 1069: er îlet ûz der sorgen drô (số), als ob der Dichter an drûhe gedacht hätte, wie 3324: hilf uns armen ûz der drû (: zû) und 1905: sus sî dîn zwîfel ûz der drû (: zû) und 3324. Dyadragant, st. m. 376; vgl. Konrad von Megenb. 366, 21: diadr. daz ist ein harz oder ein zaher Durchgîzen, st. v. in den unrichtig interpungierten Versen 118tor van innen wol durchgozzin mit hartem stâle; ebenso bei u. S. W. 119: eine - - - - - - -- Heinr. v. Krolew. 180: der palas gar mit golde durchgozen was. Sonst findet - - - - - V. 4295 folg.: dâ was in ( darin war) wazzir unde gras, fôtir unde habir, als Schelte, Lied. 9, 20: trîbit narrenwagen fort! wie alter hiutewagen! bei v. d. - - Ort - V. 1711: wan di valschen minner sén, dnz ir wille ist gegân, gar balde si zu -- - vor der winderræzen schrâ (drâ : brû) vgl. die Anm. zu dieser Stelle u. Wackern. in Haupts Zeitschr. 5, 236. Hierher gehört ferner eine verdorbene Stelle in der Crône 16020 ein geschrei kam nâch dem zagel | diu Gâwein vil wazen (?) zagel | erzeigte nâch unde bôt, | wan er in vil grôze nôt | dâvon gar balde geviel: | von natûre der regen wiel | und brant sô ungehiure u. s. w., ich vermuthe schrâ, geschrâ (oder gâchschrâ?) statt geschrei, welches hier widersinnig ist, so daß es unnöthig ist, mit dem Herausg. daz für diu in der zweiten Zeile zu schreiben, so wie ræzen statt wazen (vgl. oben Neidharts winderræze schrâ). Selbwalt eigenmächtig in V. 1361. Siche sihe, sehe, pupilla, oculus? Lied. 2, di sichen dî dû scrankit umme gên kann auf die Augen gehen, als Wächter gedacht in dem fest verwahrten unzugänglichen Thurme, unter dessen Bilde der Dichter seine Geliebte beschreibt (vgl. Cantic. 4, 4 folg.) Slûr in Lied. = 22: 3, 16: van wormes bis und windes slûr dir telgen hang (so zu lesen = deiner Äste Hängen, vom Herausg. misverstanden) si zuspîret; das dunkle Wort erscheint noch als Schelte bei Hugo v. Trimb. Renn. 12194: dû bist sinne und witze ein slaur, wort und werke ein vilzgebaur; bei Boner 51, 20 wird der Esel angeredet du rechter slûr, vgl. dazu Beneke S. 459; Lassb. LS. 2, 627, 7: vor andern wîben was ein slûr hie vor gar ein schône wîb, die hatte etc. Stieben, st. v. in V. 511: eyn paulûn van sydenwand stûb sam eines robes rant, wohl flatterte, bewegte sich wie der Saum oder Flügel eines Mantels, vgl. Lanzel. 5402: die wâfenrocke stuben harte wîten umbe sie; Reinhart. ed. Grimm S. 308, 478: vor zorne stuben sîne gran. Struttze, in V. 1093: men wirft si hin sam struttze (: unnutze); in der Anm. ist viel Ungehöriges dazu vermerkt; mir scheint es = sturz, storz zu sein, wie vrohten = vorhten, Andreas sagt hier abweichend: tamquam invida reprobatur a cunctis. Umfagen? sw. v. in Lied. 2, 30: beide planken unde hagen umfagen umfegen, delere, vgl. fegen und fäwen fewen fâen bei Pfeiffer zu Myst. 1, 376, 36, vervaghen in Horæ Belg. 5, 107. Natürlicher scheint mir jedoch umsagen = umsägen umbauen, wie in Pass. H. 49, 5 und versegen bei Konr. v. Megenb. 154, 27. Ummefenger, st. m. 1047: unde des obirsten teiles man, sam natûren ummefenger, der sal ie den kore hân = Andr. S. 157: et superioris tamquam naturæ amplexator admittatur elector. Undirtân = diversus, nicht von einerlei Árt, in V. 899: auch ist di liebe undirtân u. s. w. und 829: di lûte di sint undirtân, vgl. mhd. Wb. 3, 145a, 5. Zu dem einzigen dort vermerkten Beispiele füge hinzu Pass. H. 18, 35: nû began die frouwe schowen zwô schar an lûten stân mit undertânen sachen, die eine sach si lachen, die andere sêre weinen; 335, 5: sus was die wisheit undertân an dissen knappen beiden dirre kûne unde starc, jener ungetrû unde arc; 340, 51: Pass. K. 690, 45. Ungelich = uneinig, V. 3452. Unwert, adj. willig, zornig, in V. 2377 = Andr. S. 190: indignatus. Uzmâlen, sw. v. in V. 3887 auch di wintzige vinger klein ist vor den andern ûzgemâlt, d. i. mit besonderm Range (mâl) vor den andern versehen, ebenso in Purgoldts Rechtsb. ed. Ortloff 9, 25: daz er sich vor andre leuthe mit seinem vorrûmeniss ûßmalet mit hoffertigen worten. Vgl. daz obirste mâl hân = den obersten Platz, Rang einnehmen 3926; màl halden = locum tenere 345 und 515; obir mál treten = sich vergehen 2522. Hieraus erklärt sich auch das bei düringischen Autoren vorkommende ûzmêling = der durch Rang oder Ansehen hervorragende, ausgezeichnete, sieh in dieser Zeitschr. 5, 246; 6, 56. Willich = irgendwelcher, aliquis, in V. 2377, 2438, 2568, welk bei Gerhard v. Minden und im heu - = un tigen Dialect um Minden. Cednar, st. m. Zitwer, mhd. zitwar, mhd. Wb. 3, 917, Konr. v. Megenb. 426, 2. Cyncibee und mandeltys in 380 = gingiber und mandelrîs. -Tzintzich in Lied. 14, 17: mîn herze sam ein tzintzich al hastû durslungen. Ist twintich = 20 gemeint? oder bedeutet es = blandus, zappelnd? vgl. zanzeln, zenseln zunzeln bei Schmell. 4, 276. Zum Schluß noch wenige Worte über Titel und Verfasser des Buches. Die vollständige, dem Inhalte durchaus entsprechende Bezeichnung desselben ist am Schlusse vermerkt V. 4800: der minnen regel unde zal nemet hî zîn ende, also: Der Minnen regele unde sal. Auffallend ist nun aber der vom Herausg. in der Hs. gefundene Beiname des Verfassers, Cersne, während man bis dahin allgemein annahm, daß er Cerlne d. i. Kelner gelautet habe. Der betreffende Vers (4810) heißt: C. E. R. f. und Ne heyßit auch zyn tzuname. Daß der Herausg. richtiger gelesen habe als seine Vorgänger, braucht gar nicht in Zweifel gezogen zu werden, wohl aber darf man nicht ohne Vorsicht seine auf S. 31 Einl. gethane Äußerung entgegennehmen: „dieser fragliche Buchstabe (nämlich kann nun unmöglich ein tein, es wäre sonst das einzige L der Handschrift, welches mit offener Schlinge geschrieben wäre; das aber anzunehmen, scheint mir bei den festen ausgeschriebenen Zügen der ganzen Handschrift nicht statthaft." Ohne die Hs. mit eigenen Augen gesehen zu haben, bemerke ich dagegen, daß sie, wie aus den oben behandelten verderbten Stellen deutlich hervorgeht, den graphischen Unterschied des o und e, so wie des t und c öfter nicht recht klar auszudrücken scheint. Und was das betrifft im Unterschied von 1, so hat der Herausg. übersehen, daß im 13. Liede V. 35 (S. 203) geschrieben steht: daz mir eyner schege heyf, de mich dießer werde mey gar trostichlichen sunder feyl gegeben had so menigerley u. s. w. für 1 verlesen oder verEberhards neuer Beiname Hier ist doch unfehlbar heyl für heyf su lesen, also schrieben; verdächtig ist auch lyd in Lied. 13, 9. wird dadurch noch unsicherer. An Cerlne, einem echt niederdeutschen und als Name wenigstens nicht auffälligen Ausdrucke, konnte man keinen Anstoß nehmen. Was der Herausg. aber über Cersne beibringt, um diesen Namen zu deuten und zu empfehlen, ist der Art, daß ihm schwerlich jemand beipflichten wird. Um dem Leser einen Gesammteindruck von der Methode des Herausg. an einem einzigen Beispiele zu geben, setze ich seine eigenen Worte her: „Lese ich Cersne, so wird mir der Name bald verständlich. Bringe ich ihn mit zers (cauda) oder kers, kars (candela) in Verbindung, oder fasse ich ihn, was mir annehmbarer erscheint, als Compositum auf, d. i. zër-sne, es bieten sich mir eine Fülle analoger Namenbildungen, wie Fürchteschnee, Hauschnee, Laschnee und viele andere, die mich in meiner Annahme bekräftigen." Zeitz, im September. FEDOR BECH. |