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In jeder Pflanze, jedem Stein, jedem Thier ist etwas in die Augen Fallendes, Allerkennbares, Offenbartes; aber auch etwas Unsichtbares, nur Wenigen Erkennbares, Verborgenes, Mystisches. Das Aeußere ist nur Abdruck, Symbol, Physiognomie des Innern. Oder ist es anders? Sucht nicht der Botaniker seine Mystik in Hinsicht auf das Pflanzenreich, der Mineralog seine Kenntniß von der innern Natur, der Art von Wachsthum der Mineralien, zu vermehren? Studirt nicht der Geolog das Aeußere der Gebirge, um aus ihrer Lage, ihrem Profil, den Gewächsen, die sie nåhren, das Innere zu errathen? Und wie viel Verborgenes, Mystisches hat erst der Mensch, das menschliche Gemüth! Welche Kräfte, Blicke, Offenbarungen zeigen sich in manchen Krankheiten, in Seelenzerrüttung, im magnetischen Schlaf bei den Clairvoyanten! Das Alles wegleugnen, obgleich Hunderte es sahen, heißt, den Sonnenglanz leugnen, weil man blind ist oder blind seyn will. Wenn nun in dem Menschen ein neues Leben erwacht durch einen Glauben, eine Liebe, die er selbst vorher nicht kannte und auch jezt nur aus ihren Wirkungen kennt; wenn in ihm rege und immer reger wird ein Streben nach dem Höchsten, Vollkommensten, nach Aehnlichkeit, Vereinigung mit Gott, nach Zusammenschmelzen mit der Gott

heit, durch das Mittelwesen, das die Gottheit und die Menschheit berührt, durch den Mittler, Jesus Christus; wenn dahin, allein dahin alles Streben, aber unaustilgbar, gerichtet ist; wenn durch dies innere Leben alles ungöttliche Wesen nach und nach aus der Seele schwindet, wie die Sonne am Morgen nach und nach alle Morgennebel zerstreut; wenn der Mensch nun trågt, was er sonst nie tragen konnte, und so leicht, als trug' er nichts; wenn er reich ist bei allem äußern Mangel, und selbst bei innerm; wenn er das Schwerste thut, als sey dabei nichts zu thun, das Liebste aufopfert, als sey da nichts zu opfern; wenn er selig ist unter äußeren Umstånden, die jeden Andern zur Verzweiflung bringen würden; wenn er davon spricht, schreibt, zeugt, oder auch nicht spricht, schreibt, zeugt, sondern sich nur so fühlt, und der Abglanz seines Gefühls aus seinen Blikken strahlt; wenn dieser Blick, seine ganze Phyfiognomie sagt? Wenn ich nur dich habe, fo frage ich nichts nach Himmel und Erde; wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet, so bist du doch meines Herzens Trost und mein Theil;" so ist er ein wahrer Mystiker. D! ich sah' manche solcher Menschen. Eine, die eine lange Reihe von Jahren im Bett unter beständigen Schmerzen zubringen mußte, die nie den Kopf aufheben konnte,

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ohne in Ohnmacht zu sinken, und dabei von Al= mosen lebte; eine Andere, die so voll Geschwüre war, daß der Wundarzt täglich mehrere Stunden mit ihrem Verbande zubringen mußte, und die Beide eine Ruhe, eine Heiterkeit hatten, die alle Umgebende ansteckte. Die Eine sagte mir:,,Denken Sie doch, man bedauert mich manchmal. Ich sage nichts, denn es ist gut gemeint; aber ich denke in mir: ! wåret Ihr doch so selig, wie ich." Diese außeren Wirkungen erkennen und von einem neuen, innern Leben nichts wissen wollen, heißt große Wirkungen zugeben und die Ursache leugnen. Die Wirkungen selbst leugnen, weil man von dem innern Leben nichts weiß, heißt das Daseyn eines lebendigen Kindes leugnen, weil uns in Hinsicht auf Zeugung noch Manches dunkel ist; und wär' Alles Wirkung der Phantasie, so gebe Gott, daß uns Allen eine solche Phantasie werde. Zur Frömmigkeit und Seligkeit fehlt' uns dann nichts.

Was Eschenmeyer von Mystik schreibt, ist mir aus der Seele geschrieben. „Die Mystik,“ fagt er im ersten Theile seiner Religionsphilosophie, ,,hat ihr Gebiet und ihren Werth nur in der Religion. Der Mysticismus (besser die Mystik) ist ein religiöses Schauen, ein Schauen in ein Helldunkel, in welchem aus der unergründlichen Tiefe

der Gottheit einzelne Strahlen hervorbrechen, welche obgleich an sich unnennbar, doch das sterbliche Wort noch fassen will, so aber nicht mehr fassen kann, als im lebendigen Bilde, im glühenden Gefühle, in der deutungsvollen Mythe, und in dem profanen Augen verschlossenen Symbol. Die Mystik liest die goldenen Buchstaben und Inschriften, die an den Pforten des Himmels stehen; aber da fie die Sprache des Himmels noch nicht versteht, weil alle ihre Züge in Hieroglyphen verschlungen find, so überseht sie dieselbe in ihre Gefühls- und Dichtungssprache, nur verständlich dem, in welchem jenes Schauen lebendiger worden ist, ganz unverständlich aber dem, der nicht über seine Begriffswelt hinauskommt.“

„Dem åchten Mystiker bleibt das Heilige heilig; und eben, weil er jene unergründliche Tiefe noch wahrnimmt, so gibt er freiwillig sein endliches Maß auf, um jenes nicht zu entwürdigen, und begnügt sich blos, jene Inschriften zu lesen, die an dem Vorhofe des Tempels stehen, der in das Allerheiligste führt. Unter diesen goldenen Ziffern steht nun auch das Wort der Liebe."

Doch, ich will Sie nicht bestechen durch meine Beschreibung der wahren Mystik und ächter Mystiker. Ich wollte nur zeugen von dem, was meine Augen sahen und meine Ohren hörten. Ich

will Sie jest erinnern an das, was die besonnenften Theologen von Mystik gesagt, wie sie diesen Seelenzustand beschrieben haben.

,,Was Clemens von Alexandrien (bekannter Kirchenlehrer am Ende des zweiten Jahrhunderts) Tools (Erkenntniß) nannte, das war die mystische Theologie. Es eristirten nåmlich unter den Chriften im zweiten Jahrhundert zweierlei Ursachen zu der Disciplina arcani, (geheime Lehre); Einmal die damals ziemlich herrschende Lehre von dem Untergang des römischen Staates, von den Krie= gen und der Besiegung des Anti-Christs, vom lehten Gericht und dem tausendjährigen Reiche. Wåren diese Lehren allgemein bekannt worden, so würden sie den Christen den allgemeinen Haß der mächtigen Römer zugezogen haben. Eine andere

Ursache, warum man aus manchen Lehren ein Geheimniß machte, war, um nicht durch geheimnißvolle, der menschlichen Vernunft unbegreifliche Lehren die vom Christenthume abzuschrecken, die man noch nicht dahin führen wollte, (oder konnte. Sehr Recht! Denn Jesus macht' es auch so! Ich hatt' Euch noch viel zu sagen; aber Ihr könnt's noch nicht tragen.) Die mystische Theologie war ein Theil der geheimen Lehren, (disciplina arcani,) ihr größter und edelster Theil, der auf das Leben, die Sitten, auf innere Reinigung

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