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Falle muß sie ganz consequent behaupten, es sey Gotteslåsterung, Gott eine Existenz zuzuschreiben, da wir keine andere Eristenz, als in Zeit und Raum beschränkt, kennen. Eine solche Philosophie ist freilich dem religiösen Menschen fremd. Er läßt sie ihren Gang gehen und geht den feinigen. Er kann zugeben, daß sie ganz consequent schließe, aber von unrichtigen Prämissen ausgehe, nach einem falschen Einmaleins richtig rechne. Er läßt sich durch sie nicht irren. Sie hat nach ihm keine Stimme über die Natur Gottes und über die Geisterwelt. Er hat auch gute Gründe, um zu zeigen, warum sie keine haben könne. Ist aber die Rede von jener nüchternen, besonnenen Philo: sophie, wie die von Plato, Baco, Jakobi und Andern, die die Grenzen des Verstandes und der Vernunft kennt, die sich nicht durch den gesunden Menschenverstand zu orientiren braucht, sondern an seiner Hand geht; wenn die Philosophie, wie die Jakobische, ausgeht von den Såhen: „Wir haben eine Offenbarung in der Natur, welche nicht allein befiehlt, sondern alle und jede Menschen zwingt zu glauben (nämlich an die Natur: offenbarung) und durch den Glauben ewige Wahrheiten anzunehmen.“ ,,Liebe ist Leben; sie ist das Leben selbst, und nur die Art der Liebe unterscheidet jede Art lebender Naturen. Er, Er, der

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Lebendige, kann im Lebendigen allein sich darstellen, Lebendigern sich zu erkennen geben nur durch erregte Liebe.",,Wenn der Idealist mich nöthigt anzunehmen, daß meine Ueberzeugung vom Daseyn wirklicher Dinge nur Glaube sey, so muß ich als Realist sagen: alle Erkenntniß kann nur aus Glauben kommen, weil mir Dinge gegeben seyn müßten, eh' ich Verhältnisse einzusehen im Stande bin." So sehen Sie selbst ein, wie diese Philosophie mit religiösen Ideen, selbst mit mystischen, übereinstimmt. Es zeigt sich dadurch, daß man Mystik gar nicht kenne, wenn man glaubt, daß sie blos eine Ausgeburt der Phantasie sey. Philosophie und Mystik, Erhebung des Gemüths über sich selbst, in der es sich gleichsam von sich absondert, und Versinken desselben in sich selbst oder in einem Gegenstande außer sich, mit dem es sich gleichsam vermählt, zusammenfließt, freie Reflexion und lebendige, innere Anschauung lassen sich im Gemüth verbinden (wie es auch bei manchen Mystikern der Fall war), und gerade diese Verbindung vollendet den innern Menschen, indem sie diese Totalität mit dem Charakter der höchsten Menschheit besiegelt. Kein wahrer Philosoph, kein Leibnik, Fichte, Schelling hat auch Mystik für Phantasiegebilde gehalten. Im Gegentheil, das Tiefste ihrer Philosophien ist Mystik. Fichte

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sagt:,,Das Seyn an sich ist lauter Wesen; in dem Daseyn hingegen, das Reflexion ist, spaltet fich das Wesen und wird Form." Fragt man, wie hangt nun Form und Seyn zusammen? fo antwortet Fichte:,,Sie hangt schlechthin zusammen; es gibt schlechthin ein solches Band, welches höher als alle Reflerion ist; und dieses Band ist die göttliche Liebe. In dieser Liebe ist Seyn und Daseyn, Gott und Mensch Eins, völlig verfchmolzen und verflossen." (Denken Sie darüber nach, wie diese Behauptung den Hauptgrundsak aller Mystik voraussezt). Diese Liebe ist zuvörderst die Schöpferin unseres oft erwähnten Bea griffs von Gott. Was ist es aber, das uns über alles erkennbare und bestimmte Daseyn, über die ganze Welt der absoluten Reflerion hinausführt? Offenbar nur die durch kein Daseyn auszufüllende Liebe. Was ist's, das uns Gottes gewiß macht? Die über alle Zweifel der Reflexion erha bene Liebe. Gewiß verstehen Sie jezt auch besser den auffallenden Ausspruch des Mystikers Pascal: ,,Wenn man menschliche Gegenstände kennen muß, um sie zu lieben, so muß man das Göttliche lieben, um es zu kennen." Die Liebe ist die Quelle aller Gewißheit, aller Wahrheit und aller Realitåt. Die Liebe ist daher höher als alle Vernunft, und ist selbst die Quelle der Vernunft, die Wurzel der

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Realität und die einzige Schöpferin des Lebens. Die zu göttlicher Liebe gewordene und in Gott sich selbst vernichtende Reflexion ist der Standpunct der höchsten Wissenschaft. Ganz übereinstimmend mit dem religiösen Glauben, und am meisten mit der wahren Mystik! Aber wie viel einfacher liegt das Wahre dieses Fichte'schen Ausspruchs in den Worten Jesus und Johannes: „So sehr hat Gott die Welt ge= liebt, daß er seinen eingebornen Sohn gab;" und: ,,Wer lieb hat, der ist aus Gott geboren und kennt Gott. Wer nicht lieb hat, der kennt Gott nicht; denn Gott ist die Liebe." Wie richtig sagt Eschenmeyer:,,Somit ist es klar, wie die Philosophie sich in der Religion immer selbst zernichtet."

Noch muß ich Ihnen eine Stelle aus einem philosophischen Aesthetiker ausschreiben, der in sei= ner Manier einen Hauptgrundsaß der Mystik ausspricht: Jeder Zustand der menschlichen Seele," sagt Schiller in seinen philosophischen Briefen, hat irgend eine Parabel in der physischen Schöpfung, wodurch er bezeichnet wird; und nicht allein Künstler und Dichter, auch selbst die abstractesten Denker haben aus diesem reichen Magazine geschöpft. Lebhafte Thätigkeit nennen wir Feuer; die Zeit ist

ein Strom, der reißend dahin rollt, die Ewigkeit ein Cirkel. Ein Geheimniß hüllt sich in Mitter: nacht, und die Wahrheit wohnt im Sommerlicht. Ja, ich fange an zu glauben, daß sogar das künftige Schicksal des menschlichen Geistes im dunklen Drakel der körperlichen Schöpfung vorher verkündigt liegt." (Das hat der wahre Mystiker långst geglaubt.),,Jeder kommende Frühling, der die Sprößlinge der Pflanzen aus dem Schoos der Erde treibt, gibt uns Erläuterung über das bange Råthsel des Todes, und widerlegt unsere ångstliche Besorgniß eines ewigen Schlafs. Die Schwalbe, die wir im Winter erstarrt finden und im Lenz wieder auflében se= hen; die todte Raupe, die sich als Schmetterling neu verjüngt in die Luft hebt, treffendes Sinnbild unserer Unsterblichkeit." - Ist Erzeugung in Liebe und Geburt mit Schmerzen, mit allen Symptomen des Zwischenzustandes, wovon die Mystiker so oft und viel reden, etwas Anderes als Anwendung des Grundsahes, den hier der ahnende Schiller ausspricht? Sie sehen, wie die wahre Philosophie jene Anschauungen, wodurch Mystiker so hoch erhoben werden, ehrt, ohne fie zu begreifen, wie sie sich Gründe angeben kann, warum sie nicht vor ihr Forum gehören, und wie die tiefere Philosophie sich der Mystik nåhert,

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