صور الصفحة
PDF
النشر الإلكتروني

den Menschen anzutreiben, dies Eine Gute, diese Eine Tugend immer mehr in sich zu vollenden. Thut er das, so wird er erfahren, daß er diese Eine Tugend nicht in ihrem ganzen Umfange ausüben kann, wenn er sich nicht andere Tugenden aneignet, weil alle Tugenden in einem schönen, so wie alle Laster in einem håßlichen Zusammenhange stehen. Er wird z. B. nicht ganz, nicht immer wohlthätig seyn können, wenn er nicht spársam, nicht sanftmüthig ist, seine Trägheit nicht überwindet.) Allein der Hauptrathschluß Gottes geht dahin, daß er als souverainer Oberherrscher in uns regiere. Er wird also oft mehr geehrt durch die Verlierung unserer selbst, als durch die Reinigkeit unserer Tugend, die uns in ruhiger Gelassenheit, Sicherheit erhält, worin wir öfters glauben, als ob wir selbst Etwas wären. Solche Seelen genesen niemals von dieser Hochachtung gegen sich selbst, und sie erfahren es sehr wohl, wenn es ihnen durch Gottes Schicksale, widerfährt, daß sie die böse Beschaffenheit ihrer Natur empfinden und in eine Schwachheit fallen, der sie nicht unterworfen zu seyn glaubten. (Petrus, David, Pfalm 71, 20. 21. 118, 21. 119, 71. 107.). Sie verwirren sich aus Hoffahrt und Vertrauen auf sich selbst in tausenderlei Gedanken und Ueberlegungen. Anstatt sich durch die rechten Mittel herauszuziehen

und zu Gott führen zu lassen, versenken sie sich immer mehr in sich. (Wirklich gibt es keinen verderblichern Fehler als den Wahn von Fehlerlosigkeit der Pharisåer, gegenüber dem Zöllner. Maria Magdalena håtte gewiß den Herrn nicht so warm und mit so vieler Demuth geliebt, wenn er ihr nicht so Viel zu vergeben gehabt, wie er selbst sagt, Luc. 7, 47. Saulus wåre kein Paulus geworden, wenn er nicht vorher ein Saulus gewesen wåre. Alles, was die Demuth mindert und uns zur Selbstbespiegelung, zur Selbstgefälligkeit führt; Alles, was unser Ich in unseren eigenen Augen erhöht, verunreinigt das Fundament alles Christenfinns, und wenn es die wohlthätigste, großmůthigste, aufopferndste Handlung wäre.)

Das ist denn auch der Probirstein, durch dessen Bestreichung wir erkennen können, ob die Eindrücke, die uns durch Schicksale, Leiden oder Freuden, durch eine Tugend oder einen Fall, durch Freunde oder Feinde werden, reines Gold oder schlechtes Metall sind, ob sie zu den göttlichen Führungen oder zu den verführerischen Stimmen gehören, die uns durch ein:,,Es stehet geschrieben“ von Bibel und Gott abführen wollen. Wenn der tiefste Fall, das schwerste Leiden, die unerträglichste innere

Dürre dich zu Boden zu drücken scheint, nimm sie dankbar als göttliche Führung an, sobald sie dich demüthiger macht, deine Eigensucht niederdrückt, das Gefühl von der Unentbehrlichkeit eines Sündenvergebers, Helfers, Trösters, einer Kraftquelle in dir belebt. Aber wenn dein inneres Gefühl dir wie unserm Herrn durch Satan, Engeldienst, einen Himmel von Seligkeit, die schnellste Erhöhung zu Gott vorzaubert; wenn du dich frömmer, entzückter, kräftiger, zu allem Guten fähiger fühlst; wenn deine Augen Thränen der wahrsten Rührung weinen, und du die ganze Welt an deine Brust nehmen und beglücken möchtest; wenn du dir aber in dieser Entzückung gefällst; wenn Etwas in dir sagt: ich danke doch Gott, daß ich nicht bin wie andere gemeine Christen", dann sprich:,,hebe dich weg von mir, Satan!" wie unser Herr that.

[ocr errors]

Begnügen Sie sich heute mit diesem Wenigen über einen Gegenstand, über den sich unendlich Viel sagen ließe. Vielleicht ein Andermal mehr! Leben Sie wohl.

Neun und zwanzigster Brief.

An denselben.

Sie sagen mir, Sie hätten kürzlich einen philosophischen Schriftsteller gelesen, der doch einen gewissen Respect für Mystik habe, aber uns zeigen wolle, woran es ihr eigentlich fehle, und warum sie gefährlich sey. Nun, ich freue mich, daß Sie so wie der ehrwürdige Philosoph doch wenigstens über die gemeine Absprecherei hinaus sind, die es nicht für der Mühe werth hält, sich gegen etwas so Verschrieenes auf Gründe einzulassen; man brauche ja nur den Namen zu nennen, und habe dadurch schon die vollständigste Verwirrung und Verirrung, den unheilbarsten Unsinn bezeichnet. Freilich erwartete ich's von Ihnen, daß Sie nach dem Durchlesen einer Schrift von Fenelon, nach einem Blick auf sein Engelsleben nicht bei dem Geschrei stehen bleiben würden, wodurch sich von

jeher die Einseitigkeit und Beschränktheit bezeichnet hat. Allein Sie meinen doch, Ihr Philosoph habe Gründe vorgebracht, die Aufmerksamkeit verdienten und vor Mystik warnen müßten. Aufmerkfamkeit verdienen die scharfsinnigen Zergliederungen allerdings, wenigstens um zu zeigen, daß die Gegenstände der wahren Mystik so wenig durch Zergliederung erkannt werden, als man die Heilkräfte des Bades in Pfeffers durch Zergliederung finden kann, in welchem man zehn bis zwölf Stunden sizen muß, um zu wissen, welchen Werth es hat.

Nun, was sagt denn aber Ihr Philosoph? ,,Was dem Mystiker mangelt, ist die Erkennt niß in dem Grade der Bestimmtheit und Deutlichkeit, wie sie hinzukommen sollte; und dieser Mangel ist so groß, so bedeutend, daß die Philosophie nimmermehr als Mystik schlechthin gesezt werden darf." (Wer wird das auch wollen? Wer wird eine Stabat mater einem Gemälde von Coreggio unterschieben?),,Denn obwohl die Philosophie als Metaphysik von jener Tiefe, wo das Lichtprincip noch unentwickelt ist, (muß denn alles Geheime, Tiefe als Lichtprincip entwickelt werden?) oder das Absolute als ein Geheimes, und so weit Dunkles eintritt, ausgeht, so schließt dennoch, indem die Philosophie vollständig, und

« السابقةمتابعة »