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Solche Menschen wären nur dann zu bessern, wenn sie wüßten, was sie wåren und nicht wåren.,,Es ist sehr natürlich, das zu verdammen, was man nicht erfuhr," sagt die nachsichtsvolle Guyon; (sehr gewöhnlich ist es leider! aber sehr anmaßend). Denn das Vernünfteln reicht nie bis dahin, auch die Wissenschaft nicht. Also wundere ich mich nicht darüber, daß so viele Leute die inneren Anschauungen verwerfen, die sie nicht kennen. Gott muß ihnen das Verständniß darüber öffnen durch eine Erfahrung, die sie von ihrem Vernünfteln zurückbringt, das allzubeschränkt sich niemals über Alles verbreiten kann, was Gott wirkt. Wäre ja Gott nicht Gott, wenn er nicht unzählige Mittel håtte, um sich seinen Geschöpfen mitzutheilen! Indeß glaube ich kaum, daß solche Wisser und Absprecher zu inneren Anschauungen kommen werden, obgleich vor Gott kein Ding unmöglich ist, der aus dem pharisäisch gelehrten Saulus einen demüthig einfältigen Paulus gemacht hat. Wenigstens weiß ich gewiß: wer von bloßen Kenntnissen, von einer Verstandsreligion hinaufzusteigen wähnt zu der Gefühlsreligion, zu den inneren Anschauungen, die man Mystik nennt, der geht irre. Dieser Weg, so hoch er führen mag, führt dahin nie, führt aber davon ab in dem Maße, wie er höher geht. Religions

kenntniß und Religiosität sind sehr verschieden. Religiosität wohnt im Herzen, dem Sih der Dankbarkeit, des Zutrauens und der Liebe; der Verstand bringt es zum Bewußtseyn. Er kann aber Nichts zum Bewußtseyn bringen, wenn er Nichts vorfindet, wenn ihm Nichts gegeben wird. Es folgt indeß gar nicht, daß Nichts da sey, weil ihm, dem einzelnen Subject, Nichts gegeben ward. Non omnibus datum est, habere nasum," sagt Scaliger.

Der nåmliche Philosoph, der die wahre Mystik fo arg gelåstert hat durch seine absprechende Behauptung, daß sie immer mit Sinnlichkeit, selbst mit der gröbsten, zusammenhänge, hat die Stirn, schnurgerade gegen die Lebensgeschichte Gerson's, Tauler's, Arndt's, Thomas von Kempen, Fenelon's zu behaupten, die Mystiker lösten den Menschen von der Welt, gerade wie der Mönchsgeist im Felde der Moral die Form von der Moral; selbst die feineren sehten den, der losgerissen von jedem äußeren, gemeinschaftlichen Verhältniß, einzig der Betrachtung des Göttlichen sich widmete, schlechthin über den würdigen Geschäftsmann hinaus. Und was wäre die Quelle dieses (angeblichen) Mißgriffs? Die Täuschung, die auch dem feineren Mysticismus in jeder Form zum Grunde liegen soll, der logische Schein des

Höhern unter dem schwankenden Bilde des Un endlichen. Verstehen Sie, wie dieser den Mystikern selbst fremde Unterschied mit jenem prakti= schen Mißgriff zusammenhängt? Ich verstehe es nicht. Und dann: Ist das Unendliche ein Bild, ein schwankendes Bild? Es drückt die Sache so eigentlich und so bestimmt aus, wie sie nur irgend ausgedrückt werden kann. Der Ausz druck muß ja von dem Endlichen ausgehen, wenn er das Unendliche bezeichnen will, wie wir überhaupt von etwas Bekanntem ausgehen müssen, um einen Begriff von etwas Unbekanntem zu haben oder zu geben. Der Gegensah davon ist seine einzig mögliche Bestimmung. Die Sache selbst, das Unendliche, ist unbegrenzt seiner Natur nach, kann also nur durch einen seiner Natur nach unbestimmten Ausdruck bezeichnet werden. Der Ausdruck wäre der Sache gar nicht angemessen, wenn er in dem Sinne unsers Philosophen bestimmt wåre. Was er schwankend nennt, ist gerade das Bezeichnende des Unendlichen. Ferner, ist denn wohl zwischen dem, was wir das Höhere nen nen, und dem Unendlichen so ein großer Unterschied, daß dadurch der Mensch von der Welt abgelöst werden kann? Das Höhere, noch besser das Höchste, das Unendliche, muß den Menschen innig ergriffen, interessirt haben, es muß ihm be

ständig vor Augen schweben, sein Gefühl beleben, es muß ihm das höchste, heiligste Princip seines Wesens seyn. Um dieses Princips, Gefühls, um dieses begeisternden Blicks willen muß und wird er thun, was er nach Gottes Willen thun, unterLassen, tragen, dulden soll. Dabei wird kein Ge-. schäft verlieren, jedes muß gewinnen, jedes, auch das kleinste wird eine höhere Bedeutung haben. Was Paulus von den Sclaven sagt: Lasse dir dünken, daß du dem Herrn dienest und nicht den Menschen"; *) das sagt sich der echte Mystiker bei jedem, auch dem kleinsten Geschäfte; und ob bei diesem Blick nicht jedes Geschäft pünctlicher, gewissenhafter, mit edlerem, frömmerem Sinn verrichtet werden wird, das frage sich Jeder selbst, dem ein solcher Blick wird. Man kann in Gottes Namen Windeln waschen, und in des Teufels Namen die Sacramente austheilen," sagt der derbe, naive Luther. Nichts hält der wahre Mystiker für wichtiger als völlige Willenlosigkeit (von Unthätigkeit himmelweit verschieden) und Demuth. Man muß keine Seite in ihren Schriften gelesen haben, um Dies zu bezweifeln. Der ist also gewiß kein echter Mystiker, der sich eigen

*) Ephef. 6, 7.

willig den Geschäften des Lebens, oder der sich dem kleinsten Geschäfte entzieht. Sie sehen nun, wie viel Wahrheit in dem absprechenden Ausspruch des Philosophen liegt. Das zweite Charakteristische der Mystik ist also (weil das Höchste, Unendliche ihnen vorschwebt?) Dieses, daß sie den Menschen in sich hinein, und von den Geschäften des Lebens abführt." Ich frage vor Allem: War denn Dies der Fall auch bei Gerson, Tauler, Fenelon, Arndt, Arnold, den bekanntlich thätigsten Männern ihrer Zeit? Ja, Mystik führt den Menschen in sich hinein, und das ist desto besser. Nun weiß er auch, was er kann und nicht kann, welcher Sinn ihn beleben sollte, und welcher ihn belebt. Und diese tiefe Selbstkenntniß macht es ihm zum Bedürfniß, sich zu dem zu wenden, durch den er werden kann, was er werden soll und noch nicht ist. Ja, der echt Religiöse foll sich von den Creaturen als seinem höchsten Ziele losreißen und sich allein Gott ergeben.,,Irren wir uns nicht," sagt der treffliche Mystiker Fenelon. ,,An Etwas muß unser Herz hången." (,,Ohne Du kein Ich," sagt Lavater.) Hångt es sich darum nicht fest an Gott, so hångt es sich fest an ein Geschöpf, oder es macht's wie der Schmetterling, der von Blume zu Blume fliegt, um sich Nahrung zu holen, die ihn aber so wenig

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