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ganz ohne Tadel in verschiedenen Schriften, ein Lobredner und Beförderer jener stillen praktischen Privatreligion, welcher man von jeher diesen Namen (Mystik) beigelegt hat." Eine Lieblingsdarstellung von Clemens (von Alexandrien) war die, von dem über alle Menschen ausgegossenen göttlichen Logos die wahre Quelle der in allen Zeitaltern von guten Seelen fo innig geliebten Religion des Gefühls und der Vereinigung mit Gott oder der mystischen Theologie." Mosheim beschreibt Mystik als eine Mahnung an die himmlische, und der Vernunft fähige Seele, daß sie sich über alle, den Sinnen ausgesette Dinge erhebe, daß sie durch Betrachtung aus dem Körper herausgehe, daß sie, eingedenk ihres göttlichen Ursprungs, zu ihrem Vater aufsteige, daß sie die Fähigkeiten und Kräfte des Körpers und der Sinne schwäche. Einer solchen über irdische eitle Dinge erhabenen Seele wird dann himmlisches Licht und eine unbeschreibliche Wollust verheißen. Wenn er indeß in der Folge zu zeigen sucht, daß die Mystiker ihre Lehren aus Philo oder Plato geschöpft haben, so irrt er offenbar. Was wußten die ungelehrten Fischer und Zöllner von diesen Philosophen und Gelehrten? Und doch ist das Wesentliche dieser Lehren auch in ihren Reden und Schriften enthalten. Was wußten die ungelehrten Mån

ner, Tauler, der Verfasser der deutschen Theolo gie, Månner, wie Thomas von Kempen, die Guyon, Bouvignon und andere Weiber da- | von? Nein, sie gründeten sie auf ihre innere Anschauungen und Erfahrungen, die bei Allen, im Ganzen genommen, die nämlichen seyn mußten, weil sie Alle den nämlichen Gang gingen oder ge= führt wurden. Es war eine sehr richtige Lehre von Drigines, daß die Seele Jesus die Natur aller Seelen gehabt habe. Sie könne ja keine Seele (und Jesus kein Mensch) genannt werden, wenn sie nicht wirklich eine Seele daraus schlossen, daß der Mensch, der in Verleugnung, Willenlofig= keit, Erhebung über die Sinnlichkeit und reiner Liebe zu Gott, den Weg gehe, den Jesus ging, daß er auch das werden könne, was Jesus (als Mensch) war. Und Mosheim gesteht, daß das Streben nach Vollkommenheit bei diesem Glauben sehr verstärkt und aufgeregt werde. Was wollen die Mystiker?" sagt Reinhard in seiner Moral, ,,reine Liebe zu Gott, bei der es auf keinen Genuß angesehen ist, die sich Gott ergibt, lediglich um sein selbst, um seiner höchsten Vollkommenheit willen." Freilich wenn dieser Sinn Fanatismus heißt, so wäre zu wünschen, daß die Christenheit voll solcher Fanatiker wåre.

Die Mystiker waren auch wirklich Licht und

Salz ihrer Zeit. Gerade wenn das Verderben, bes sonders unter den Geistlichen, am größten, der Aberglaube am krassesten, wenn die Religion am meisten in ein todtes und tödtendes Ceremonienwesen ausgeartet war, traten solche Männer auf, die durch ihren tiefern Sinn für den Geist des Christenthums durch ihre Kenntnisse des innern Menschen - eine viel tiefere, als die flache, ge= wöhnliche Psychologie durch Erfahrung und inneres Anschauen, besonders aber durch ihren frommen Wandel, ihr stilles Dulden und Wirken, je nachdem es Gott wollte, am kråftigsten diesem Geist ohne Polemik entgegen arbeiteten. Um die Zeiten von Bonaventura und Bernhard von Clairvaur erreichte die Mystik ihren Culminationspunct, und man weiß, wie tief damals die Religion gesunken war. Im sechszehnten Jahrhundert standen zwar keine ausgezeichnete Mystiker auf, obgleich in den Schriften Nikolaus von Unterwalden, Nikolaus Esch, Henrichs von Nürnberg, Verfasser der vielgelesenen evangelischen Perle, viel Gutes, Erbauliches zu finden ist. Allein die Schriften von Dionys, Tauler und Anderen wurden durch Luther und andere berühmte Männer überall gerühmt, und neue Auflagen davon veranstaltet; und es war auch dringend nothwendig, da die Scholastik durch ihre Spihfindigkeiten und

Bestimmungen des Unbestimmbaren das ganze Christenthum mit ihrem Spinnen- und Raupengewebe zu überziehen drohte. Da kamen Anleitungen zur Reinigung, Erkenntniß Gottes und Vereinigung mit Gott von Männern, die diesen Weg selbst gegangen waren, zu rechter Zeit. So bewirkte die bekannte Therese à Jesu, daß in Spanien bei den Mönchen das beständige Herzensgebet wieder eingeführt wurde. Man weiß, wie die Zeiten waren, als Dionys und Tauler auftraten. Gerade in schweren Zeiten fanden trostbegierige Seelen bei sogenannten Mystikern, z. B. bei Arndt, Stephanus Prátorius und Anderen mehr Erquickung als bei all' den scharfsinnigen Schulgelehrten, welche in den Erbauungsbüchern dieser Månner manchen Gedanken, der auf der Bleiwage der symbolischen Bücher die Prüfung nicht aushielt, manche, im Feuer der Andacht überspannte, oder sonst einer Mißdeutung fähige Redensart, manche aus katholischen oder Schwenkfeldischen Schriften erborgte Stellen entdeckten. Ihre Polemik ist längst vergessen; aber an Thomas und Arndts Schriften erbauen sich noch Tausende. So ist durch die Natur dafür gesorgt, daß die antiscorbutischen Pflanzen, Löffelkraut 2c. da am häufigsten wachsen, wo der menschliche Körper am meisten zu Scorbut sich neigt, und daß die

erfrischendsten, faftigsten Früchte sich da häufig finden, wo die große Hiße Erfrischung nöthig macht.

Schon deßwegen follte also Niemand so schnell und arg über Mystik absprechen, weil Mystiker so viel unleugbar Gutes, und in Zeiten gewirkt haben, wo es gerade nöthig war, weil auch so viele anerkannt große Männer, ohne bestimmte Partei für Mystik zu nehmen, ihnen Gerechtigkeit widerfahren ließen. Man kann Fanatiker auch gegen Fanatismus seyn. Es gibt eine - ich möchte sagen trockene Schwärmerei, die årger als die flüssige, flüchtige ist, eben darum, weil sie fester ist. Fire Ideen find schlimmer als Phantasien,

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