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Siebenter Brief.

2 n denselben.

In den Schriften all' der Månner, die ich schon in meinem vorigen Briefe nannte, finden sich freilich Hauptideen der Mystiker, allein in den ersten Zeiten des Christenthums ward es von ihnen nicht eigentlich darauf angelegt, dem einreißenden Verderben entgegen zu arbeiten.

Es scheint, die Verfolgungen, die das Christenthum erlitt, das Vorbild der Märtyrer, das man sah, arbeitete dem einreißenden Verderben entgegen. Auch Druck von außen ist Reinigungsmittel, wie bei einzelnen Menschen, so bei Kirchen. Die innern Kräfte werden geübt; der Mensch versucht und erfährt, was er an seinem Glauben hat. Die falsche Politik Trajans und Domitians Mordsucht, war auch das Feuer, wodurch das Gold von Schlacken gereinigt ward. Aber schon im fünften

Jahrhunderte nahm das Verderben in der christlis chen Kirche, besonders unter der Geistlichkeit zu. Sidonius faffet ihre Untugenden zusammen, in den Worten:,,Sie sind im Amt faul, im Widersprechen geschwind, in Meutereien geschäftig, in der Liebe kalt, im Aufwiegeln mächtig, in Haß und Groll halsstarrig; sie vermessen sich, die Ge= meinden zu regieren, da fie felber nach ihrem Alter regiert werden follten." Einer der verdiente: ften Lehrer jener Zeit, der sich dem groben, sittenverderblichen Prådestinatismus widersette, warnt feine Untergebenen, fie möchten nicht mit Kirchendienern umgehen, weil sie durch ihren Umgang nur die reine Betrachtung heiliger Dinge hinderten.,,Wenn das Salz taub ist, (nicht mehr salzt), womit soll man salzen?" Ja wohl war das Salz taub, und mehr als taub; es war Kalkerde, die Alles verdarb, statt Alles zu erhalten. Selbst ein Bischof (Cyrillus aus Alexandrien) ließ nicht nur eine Menge Juden auf die grausamste Art umbringen, sondern auch den Landeshauptmann öffentlich auf der Straße anfallen, mißhandeln, und den Rådelsführer dieses öffentlichen Aufruhrs, der gefangen genommen, und nach der damaligen, frei lich grausamen Art getödtet wurde, als einen Mårtyrer in einer Kirche öffentlich begraben. Der Zeitgeist war so verdorben, daß man diesen ver

ruchten Menschen einen tapfern Verfechter der Drthodorie und des katholischen Glaubens nannte, der den ersten Christen ganz ähnlich gewesen sey. Zu der nåmlichen Zeit lebte aber auch Augustin, der den Gang und die Entwickelung seines innern Lebens so treu darstellte und durch seine Schriften so großen Einfluß auf sein Zeitalter hatte; Chrysostomus, der Einkehr in sich selbst, Verleugnung und festes Anhalten an den Herrn mit so sanft eindringender Beredtsamkeit predigte; der demüthig fromme Martin, der die niedrigste Stelle in der Kirche annahm, da alle andere Geistliche feiner Zeit Bisthümer suchten, Isidor von Pelufio, der gar keine geistliche Stelle wollte, aber durch feine Correspondenz weit um sich her wirkte, auch durch sein Beispiel so erbaute, daß man ihn Deophoron, einen mit Gott vereinigten Menschen, nannte; ein Name, der es schon zeigte, wohin sein Streben gerichtet, und daß er Eins mit den Mystikern war. Das waren auch alle übrige ge= nannte Månner, wenn sie auch nicht so hießen, weil der Geist echter Mystik, inneres Leben, Nahrung dieses Lebens, durch Verleugnung, Glaube und Liebe ihnen war, weil er sich gerade durch den verdorbenen Zeitgeist in ihnen entwickelt hatte, dem sie entgegen zu arbeiten sich innerlich berufen fühlten.

Ich würde Sie ermüden, verehrter Mann, wenn ich fortfahren wollte, Ihnen durch alle Jahrhunderte der christlichen Zeitrechnung zu zeigen, wie Mystik und Mystiker entstanden seyen und was sie sollten. Aber in die mittleren Zeiten, in das zwölfte bis funfzehnte Jahrhundert, muß ich Sie doch führen, wo wir den Culminationspunct der Mystik finden, um meine Behauptung zu be= stätigen. Der Uebermuth und das Verderben der Geistlichkeit wuchs von Tage zu Tage. Sie vergaß ganz, was sie war und seyn sollte. Baronius und Gualterus erzählen, der Bischof Otto von Freißingen habe mit dem Herzog von Baiern Krieg angefangen und viel Gewalt gebraucht. Ein anderer Erzbischof habe eben deßwegen viele tausend Menschen ermordet, Schlösser und feste Pläke eingenommen, die Kirchen beraubt und Alles verheert. Zwei Aebte, die sich feind waren, verwendeten alle Einkünfte ihrer Klöster auf Werbung von Soldaten, um sich einander zu bekriegen. Allgemein wurde geklagt, wer in einem Consistorium Etwas zu suchen habe, der müsse nur bei Zeiten Geld suchen, wolle er nicht verlieren. Man höre da nur die, welche krumme Hände mitbråchten. Der König von England, Wilhelm II, wollte die unleidliche, årgerliche Wollust der Monche bestrafen; aber der Bischof Anselm von Can-

terbury gab es nicht zu und behauptete, es ges bühre keiner weltlichen Obrigkeit, die Sünden der Geistlichen zu strafen. Von den Bischöfen wurden sie aber auch nicht bestraft, ja der Papst selbst sah alle dem Unwesen ruhig zu, und heßte die Parteien noch gegen einander auf. Die Sittenund Ruchlosigkeit ging so weit, daß sich die Geistlichen, in Gegenwart des Kaisers Conrad, am Pfingstfeste in der Kirche um den Vorrang stritten, daß ihre Diener auf beiden Seiten sich in den Streit mischten, so daß viel Blut in der Kirche vergossen wurde. Dabei ward das Lesen der Bibel von den Theologen verboten, und die Kle= risci verfiel nun ganz in die Schul- und StreitTheologie, in welcher der bekannte Petrus Lombardus ein Meister war. Es wurden lauter unnüße Fragen aufgeworfen und mit Spißfindigkeiten beantwortet, über die Beantwortung gestritten, und das Bestrittene ebenfalls bestritten. Und diese Klopffechterei, bei der das Streiten nicht Mitteľ zur Vereinigung, sondern Zweck war, sollte Reli= gion ersehen, sollte Religion seyn! Indeß war auch damals echte Religiosität noch nicht ausgestorben. Es lebten gar Manche, die ihre Knie nicht beugten vor dem Baal jener Zeit. Die Waldenser traten als Zeugen der Wahrheit auf. Ihr Leben und Wandel zeugte am stärksten für

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