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fie. Selbst einer ihrer Inquifitoren sagte von ihnen: Man kennt die Keher gleich an ihrem Leben und Reden." (Kezer hieß also der, der anders spricht und handelt als die Klerisei.) Wunder, sollte man jezt denken, welche Laster und Verbrechen jezt aufgezählt werden würden. Über der Inquisitor fährt fort:,,Sie sind in ihrem Bezeigen bescheiden und sittsam; in Kleidern gar nicht stolz; denn sie haben weder kostbare, noch allzugeringe Kleider an. Sie pflegen nicht zu handeln, damit sie die Lügen, Eidschwur und Betrug vermeiden; sondern sie nåhren sich nur von ihrer Hånde Arbeit. Sie sammeln auch keinen Reichthum, sondern sind mit der Nothdurft vergnügt. Sie, die Leonisten (so hießen damals alle Waldenser), sind auch keusche Leute. In Speise und Trank 2c. ganz måßig. Sie gehen nicht in die Saufhäuser, auch nicht zum Tanz oder andern Eitelkeiten. Vom Zorn enthalten sie sich gleichfalls; wenn sie aber nicht arbeiten, so lehren oder lernen sie Etwas, und deßwegen beten sie wenig." (Ein Anderer sagt aber, daß sie des Tags sehr oft gebetet hätten, aber mit ihres Gleichen auf den Knien, hielten aber kein ander Gebet für gut, als das Baterunser. Sie kommen auch verstellter Weise" (das seht der Herzenskenner hinzu) zur Kirche, Beichte und Communion, und hören die

Predigt mit, (,,damit sie den Prediger in seiner Rede fangen," seht der liebevolle Inquisitor hinzu.) Und diese Leute waren es, die man auf alle Art verfolgte; gegen die Lucius III eine donnernde Bulle herausgab, ja, gegen die man im Jahre 1208 einen ordentlichen Krieg anfing, in welchem über 70,000 ermordet, und ihnen alle ihre Wohnplåte genommen wurden. Der Fanatismus ging so weit, daß die Pfaffen diesen Krieg den heiligen Krieg nannten und volle Vergebung der Sünden denen versprachen, welche einige von diesen Kehern tödteten. Sie sehen hier die treue Darstellung von dem epidemischen Gifte in jenem Zeitalter, und von dem Gegengift; besonders wenn ich Sie noch daran erinnere, daß in der nämlichen Periode die trefflichen Mystiker, Hugo und Richard de S. Victore lebten.

Wenn das Verderben der Geistlichkeit und des Volks noch steigen konnte, so stieg es im dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert. Die Klerisei, das Salz der Erde, war nicht nur taub, es war zu Arsenik geworden, das seine giftigen Dünste überall hin verbreitete. Es war kein Laster, keine Schandthat zu erdenken, die nicht bei der Klerisei, sehr Wenige ausgenommen, geherrscht hätte. Dabei war ihr Uebermuth so groß, daß Bonifacius VIII in feinen Decreten ausdrücklich behauptete,

es sey nöthig zur Seligkeit, daß man wisse, dem römischen Papst seyen alle menschliche Creaturen unterthan. Clemens V hat das bekannte Blutbad, die unerhörten Grausamkeiten gegen die Tempelherren angestiftet. Johannes XXII hat den guten Kaiser Ludwig für einen Keher erklärt, ihn des Reichs beraubt und ihn auf alle mögliche Art bez schimpft und gemißhandelt. Natürlich folgte die Geistlichkeit diesen erhabenen Beispielen. Es ist kein Laster, kein Verbrechen denkbar, das nicht die gleichzeitigen Schriftsteller diesen damaligen Volksgöten vorgeworfen und ohne Widerspruch vorge worfen hätten. Dabei artete die Theologie in einen leeren, buchstäbelnden Speculatismus aus. Wer am feinsten distinguiren, Haare spalten, das Unbegreifliche durch Erklärungen noch unbegreifli÷ cher machen, mit unverstandenen Worten wie ein Taschenspieler spielen konnte, der war Meister in der Theologie. Die formalitates, entitates, esseitates des Duns Sotus, Petrus Aurelius und Underer sollten die Menschen aus dem Verderben retten und zur Aehnlichkeit mit Gott erhöhen. Alle Wo chen mußte Einer einen ganzen Tag, von Morgens fünf bis Abends sieben Uhr, öffentlich disputiren, 60 Baccalauren mußten ihm Einwürfe machen. Sie begreifen doch, wie dadurch die wahre Gotts seligkeit befördert wurde? In der nämlichen Zeit

traten aber auch die herrlichen Menschen, Tauler, Thomas von Kempen, Ruysbroek, Bernhardinus Sinensis, Gerhard von Zütphen und Andere auf, die weit und breit um sich her wirkten, dafür aber auch von der versunkenen Klerisei tüchtig verkehert und verfolgt wurden. Die Versunkenheit des Klerus im sechszehnten Jahrhundert ist bekannt; eben so bekannt sind aber auch die Männer, die gegen fie auftraten; Månner, in denen sich das Wesentliche, die Blüthe der wahren Mystik fand, ob sie gleich nicht Mystiker hießen. So wahr ist das Bekenntniß, das dem gewiß keiner Art von Schwärmerei verdächtigen Henke durch die geschichtliche Wahrheit entrissen wurde: „Trostbegierige Seelen fanden gar leicht bei Tauler, Thomas, Brodwarein und Johann von Ruysbroek (bekannte Mystiker) mehr Erquikkung, als bei all' den scharfsichtigen Schulgelehrten, welche in den Erbauungsbüchern dieser Månner manchen Gedanken, der auf der Bleiwaage der symbolischen Bücher die Prüfung nicht aushielt, manche im Feuer der Andacht überspannte, oder sonst einer Mißdeutung fähige Redensarten, man che aus katholischen oder schwenkfeldischen Schriften erborgte Stellen entdeckten." Und über Johann Bona: ,,Er war noch ganz ohne Tadel, ein Lobredner und Beförderer jener stillen, praktis.

schen Privat - Religion (der Mystik), welcher man von jeher diesen Namen beigelegt hatte?" Das lautet anders, als wenn unsere einseitigen Verstandestheologen in der Mystik Nichts als Phantas stereien und Schwärmereien finden.

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