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der Bruder eigenrichtig, so muß man sein abermals schonen, wenn deine Speise etwas Unruhe bringen könnte. Denn du sollst um der Speise willen nicht das Werk Gottes zerstören, d. i. wir sollen um der Freiheit der Speise willen nicht machen, daß das Evangelium verhaßt wird. Kann man aber, ohne Unruhe und Aergerniß zu verursachen, nach genugsamer Belehrung die Speisen essen, so ist es erlaubt. Denn so gut wird es nie auf Erden stehen, daß das Rechte und Gute allen Menschen gefalle, immer wird es solche geben, die sich dawider auflehnen, aber darauf sollen wir stets sehen, daß wir nach den Dingen trachten, die zum Frieden dienen." Groß war der Eindruck, den diese in einem ebenso besonnen milden, als entschieden christlichen Geiste geschriebene Schrift, auf die Gemüther in der Nähe und in der Ferne machte. Die Feinde des Evangeliums erkannten, daß sie keine Zeit zu verlieren hatten, wenn sie irgend den gefährlichsten Gegner der Menschenlehren und Menschensazungen überwinden wollten. Schnell ward der Plan entworfen, nach welchem sie beinahe gleichzeitig einen vierfachen Angriff auf ihn bezweckten, dem er, wie sie zuversichtlich hofften, sicher unterliegen werde. Zuerst trat der alte Chorherr Conrad Hoffmann auf den Plan und überreichte dem Domkapitel eine lange Klageschrift gegen den Reformator: „Selbst wenn der Pfarr durch Zeugen nachweisen könnte, welche Verbrechen und welcher Unfug in diesem oder jenem Kloster, in der oder jener Gasse oder in einem bestimmten Wirthshause von Geistlichen verübt worden, so braucht er doch keinen zu nennen. Weßhalb giebt er zu verstehen (ich selbst habe ihn freilich fast niemals gehört), daß er allein seine Lehre aus der Quelle, die andern aber nur aus Rinnen und Pfüßen schöpfen? die Geister sind verschieden und so können nicht alle Prediger daffelbe sagen." Zwingli rechtfertigte sich gleich vor versammeltem Capitel auf solche Weise, daß Hoffmann geschlagen abziehen mußte. „Ich habe ihn mit Gott so geschüttelt, wie der muthige Stier mit seinen Hörnern einen Spreuerhaufen," schrieb er an Myconius. Die andern Angriffe geschahen vom bischöflichen Hafen von Konstanz aus. Zunächst erließ der Bischof am 2. Mai einen Hirtenbrief an die Geistlichkeit seines Sprengels. in welchem er, ohne weder Zürich noch Zwingli zu nennen, Klage führte, daß listige Menschen zu eben der Zeit, wo die Türken über die Christen herfallen, verdammte Lehren verbreiten, und daß Gelehrte und Ungelehrte aller Orten mit einander über göttliche Dinge, über die heiligsten und schwierigsten Geheimnisse, über die Ehre, die man Gott erweisen soll, und andre Kirchengebräuche streiten. Schließlich wurden die Geistlichen ermahnt, fleißig zu beten, daß Gott durch seine Allmacht die verstockte Bosheit der Widerspenstigen unterdrücken wolle. Dieses Schreiben, das aus Fabers Feder geflossen war, sollte Zwinglis

Ansehen in der öffentlichen Meinung schwächen und vernichten. Damit auch die Freunde Zwinglis durch den gleichen Wurf niedergeschmettert würden, erließ der Bischof von Lausanne ein gleichlautendes Kreisschreiben an die Geistlichkeit seines Sprengels. Die Mönche in Bern verkündigten in Folge dieses Schreibens, sie werden allen, welche die Büchlein Zwinglis oder Luthers lesen, oder gegen die Kirchgebräuche öffentlich oder heimlich reden, in der Todesnoth die Sakramente verweigern, sie von dem christlichen Begräbniß und der Fürbitte der Christenheit ausschließen u. s. w. Doch das giftige Geschoß, das den Reformator treffen sollte, ward auf die Entsender selbst zurückgelenkt und verwundete sie auf die empfindlichste Weise. Dr. Sebastian Meier*) in Bern entschloß sich, den Hirtenbrief Sag für Saß mit einer Erklärung zu begleiten, und ihn durch den Druck ohne Nennung seines Namens zu veröffentlichen. Zwingli vermittelte in Zürich die Herausgabe dieser Schrift, nachdem er früher schon die unten folgenden von ihm verfaßten Schuß- und Angriffsschriften herausgegeben. In welchem Geiste diese Erklärung abgefaßt worden, mag folgendes Beispiel zeigen: „Siehe, lieber Leser, der Türke ist abermals vorhanden. Sie müssen nothwendig Ablaß verkaufen, um ihn zu vertreiben. Seit vielen Jahren ist er ihnen ein guter Türke gewesen, hat ihrer Küche viel eingetragen, und ihrer Prachtliebe großen Vorschub gethan. Nun will der Ablaß nichts mehr gelten. Wie kann man denn den Türfen abtreiben? Oder vielmehr, wie kann man denn den Fürstenstand behaupten? Siehst du nun, wo sie der Schuh drückt? Jezt ist ihnen wirklich vor den Türken bange. So lange er auf dem Könige von Ungarn lag, befümmerten sie sich nichts um ihn. Aber jezt, wo er gegen Italien zieht, will er ihnen freilich zu nahe werden. Sie haben nun viele Jahre die Welt mit Ablaß und tausenderlei Schindereien betrogen, und ohne Zweifel einen unermeßlichen Schaß zusammengelegt, so auch der Johanniterorden, der jezt manches Jahr keinen Krieg gegen die Türken geführt hat. Was sollen den Bischöfen ihre Reisigen? Sollen fie auf den Straßen herumreiten und die Kaufleute erschrecken, daß ihnen das Geld aus dem Beutel fällt? Dieses Alles und die reichen Abteien gebrauche man gegen die Türken! Die kriegerischen Bischöfe, Cardinäle, Pfaffen und die fei= gen Mönche, die auf den Gaffen mit langen Degen herumziehen fort mit ihnen allen gegen die Türken! Dann habt ihr Geld und Mannschaft genug und dürfet andre biedre Leute nicht damit plagen und ihnen den Beutel leeren. Dieß habe ich, lieber Leser, sagen müfsen, da sie abermals mit den Türken angezogen kommen, mit welchen fie die einfältigen Christen schon oft erschreckt haben, damit du nicht

*) Ein Franziskanermönch.

etwa wähnest, es sei ihnen der Türken halber so Ernst: nur um ihre fürstliche Pracht ist ihuen zu thun!" Scharf und schonungslos wurden die kirchlichen Mißbräuche, die namentlich von den bischöflichen Höfen ausgingen, am Faden des Hirtenbriefes aufgedeckt und mit Beispielen belegt. Diese Schrift machte um so größeres Aufsehen, da ihre Veröffentlichung bald nach der Herausgabe einer Vertheidigungs- und Angriffsschrift Zwinglis folgte, die den Titel „Archeteles" (Anfang und Ende) führte. - Am 24. Mai geschah nämlich der dritte Angriff auf Zwingli und zwar wieder von Seite des bischöflichen Hofes. Ein weitläufiges, von Faber verfaßtes Schreiben, ward dem Propste und Kapitel zugesandt, worin sie vom Bischof aufgefordert werden: „sich vor dem Gifte der neuen Lehrer zu hüten, welche über die Menge der Ceremonien flagen, und sich denen ernstlich zu widersehen, welche die alten Kirchengebräuche verwerfen." Der Bischof beruft sich abermals darauf, daß die Häupter der Christenheit, Papst und Kaiser, die neue schädliche Lehre öffentlich verdammt und als aufrührerisch verworfen haben.*) „Sie sollen daher mit allem Ernste verschaffen, daß dieselbe nicht geprediget und darüber weder heimlich noch laut disputiret werde.“ Deutlich genug war hier das Domkapitel als Wahl- und Aufsichtsbehörde des Leutpriesters zur Entseßung und Entfernung desselben aufgefordert. Man glaubte diesen Zweck um so gewisser zu erreichen, weil man die feindliche Stimmung einiger Glieder desselben gegen Zwingli fannte. Als daher das Schreiben in ihrer Versammlung verlesen wurde, blickten alle Chorherren schweigend auf Zwingli, welcher sogleich sich erhob und sprach: „Ich lese aus Euern Blicken, daß Ihr Alle glaubet, die Schrift sei gegen mich gerichtet. Ich selbst bin dieser Meinung, deßwegen begehre ich, daß sie mir zugestellt werde. Mit Gott will ich) sie so beantworten, daß Jedermann den Betrug dieser Leute und die eigentliche Wahrheit kennen lernen soll." Zwingli beantwortete dieses Schreiben in der oben genannten 92 Bogen umfassenden Druckschrift, die darum den Titel „Anfang und Ende" führte, weil Zwingli hoffte, daß diese seine erste Schußschrift auch das Ende des Streites mit seinen Gegnern werde. Er ließ das bischöfliche Schreiben gleichfalls abdrucken, und beantwortete es Sag für Saz. **) Während er die argen Rathschläge gegen das Evangelium den Rathgebern des Bischofes zuschreibt,

*) Durch die Achterklärung Luthers und den über ihn ausgesprochenen Bann. **) Zwinglis „Archeteles“ war vor der Meier'schen Beantwortung des bischöflichen Hirtenbriefs verfaßt und gedruckt, und Meier hatte das Verfahren Zwinglis nachgeahmt. Wir haben die Meiersche Schrift früher berücksichtigt, weil der Hirtenbrief vor dem Schreiben an das Domkapitel erschien.

spricht er dagegen von dem Bischof selbst mit der größten Achtung. „Entsagen Sie solchen Rathgebern und aller Verbindung mit ihnen, sonst werden Sie vor der Welt zum Gespötte," ruft er ihm zum Beschlusse zu. „Denn was die Schrift lehrt, vernimmt man jezt nicht mehr bloß aus dem Munde der Priester, sondern fast aller Leute. Nicht Gewalt, sondern Vernunft und ein göttlicher Sinn muß der Führer sein, sonst wird man so wenig ausrichten als Paulus, da er gegen den Stachel ausschlug. Der Allmacht Gottes nicht einmal zu gedenken, so ist der Eifer für das Evangelium zu groß, als daß er durch die Plackereien einiger Männer eingeschläfert oder unterdrückt werden könnte; und gesezt, es würde der Bosheit gelingen, diesen Eifer für einmal zu ersticken, so würde das Feuer nachher nur um so heftiger ausbrechen. Seien Sie daher vorsichtig und flug, und bitten Sie den Herrn, daß Er Ihre Schritte leite." Zwingli selbst betet in dieser Schrift: „D frommer Jesus, du siehest, daß die Ohren deines Volkes vor schlechten Einflüsterern, Verräthern, Eigennüßigen verstopft werden. Du weißt, wie ich von Kindheit auf den Streit gescheut habe, und wie du mich doch immer zum Kampfe geführt haft. Ich rufe zu dir mit Vertrauen, daß du vollendest, was du angefangen hast. Habe ich etwa s falsch gebaut, so stürze es mit deiner allmächtigen Hand. Lege ich einen andern Grund als dich, so reiße es um. O süße Rebe, deren Winzer der Vater ist, deren Ranken wir sind, verlaß nicht deine Stügen! Denn du hast verheißen, mit uns zu sein bis an das Ende der Zeiten!" So ward auch dieser dritte Angriff Fabers von Zwingli so abgeschlagen, daß derselbe dem Evangelium nur zum Gewinn gereichte. Hummelberger, Pfarrer in Ravensburg, schrieb unter dem 1. Sept. an Zwingli: „Dein „Archeteles" war mir eine sehr willkommene Erscheinung. Besonders gefiel mir, wie du diesen heuchlerischen Cajaphas (Faber) nach Verdienst behandelt und nach dem Leben gezeichnet haft. Diese Leute, die sich den Unrath selbst nicht abwaschen mögen, muß man mit scharfer Lauge übergießen. Mit sich selbst zwar wohl zufrieden, müssen sie denn doch bisweilen hören, was andere sagen, denen sie mißfallen, damit sie sich wo möglich bessern. Die Schlange wird nunmehr, wenn sie klug ist, zu zischen, der Frosch zu quaken, der Plauderer dummes Zeug zu schwagen aufhören. Sobald ich mein Exemplar empfangen und gelesen hatte, schickte ich es nach Wittenberg an Melanchton und Blarer; ein anderes habe ich an die Freunde in Augsburg gesandt, damit sie daraus den warmen Eifer der Zürcher für das durch Gottes Gnade wieder auflebende Christenthum kennen lernen." Doch wir eilen, den vierten Angriff zu betrachten, der von Konstanz aus zugleich mit

den obenberührten auf Zwingli geschah. Faber und Landenberg wandten sich an die Tagsagung, an die oberste weltliche Obrigkeit der Eidgenossenschaft. Diese Behörde bestand in ihrer überwiegenden Mehrheit aus Freunden der fremden Kriegsdienste und Pensionen und aus Feinden des Evangeliums. Zwingli namentlich war wegen seines obenberührten vaterländischen Wirkens ein Gegenstand ihres bittersten Haffes. Als daher Abgesandte des Bischofs vor die am 27. Mai 1522 in Luzern versammelte Tagsaßung traten, und gegen die neue Lehre und gegen den Prediger in Zürich klagten, fanden sie sehr williges Gehör. Sogleich wurde der Antrag gestellt und zum Beschluß erhoben: „im Namen der Eidgenossenschaft den Priestern, deren Predigten bei dem Volke Zwietracht und Unruhe stiften, zu gebieten, dergleichen Predigten zu unterlassen." So tief dieser Beschluß Zwingli kränkte, so wenig ließ er sich durch denselben abschrecken in seinem Eifer für die Sache Christi. Aus den vereinten Angriffen gegen das Evangelium und die Verkündiger derselben von Seite der lüderlichen Mönche und der in selbstsüchtiger Weltlichkeit entarteten bischöflichen Curie im Bunde mit den an fremde Interesse verkauften Tagsagungsgesandten, vernahm der Reformator für sich den Ruf Gottes, den heiligen Kampf für die evangelische Wahrheit und die Freiheit des Gewissens nicht nur von der Kanzel des Münsters in Zürich, sondern vor dem ganzen Volke der Eidgenossenschaft, ja vor der ganzen Christenheit zu führen. Zunächst galt es, den Herren,,,welche mit einander rathschlagten, wider Gott und seinen Gesalbten,“ Psalm 2, gegenüber auch die Freunde des Evangeliums zu vereinigen, damit die göttliche Wahrheit an vielen Orten und durch vieler Zeugen Mund verkündiget und bekräftiget werde. Zu diesem Ende berief Zwingli den 2. und den 13. Juni 1522 eine Anzahl evangelisch gesinnter Geistlichen nach Einsiedeln, und legte ihnen zwei von ihm verfaßte Bittschreiben, das eine in deutscher Sprache an die eidgenössische Tagsayung, das andere in lateinischer Sprache an den Bischof von Konstanz, zur Unterzeichnung vor. Diese Schreiben weichen nur in der Form von einander ab, der Inhalt beider ist der nämliche: „daß man die Predigt des Evangeliums nicht verbieten, und den Priestern in die The zu treten gestatten solle." Jm Bittschreiben an die eidgenössische Tagsagung wird Eingangs der Wunsch ausgedrückt, es möge ihnen ergehen wie Apostelgesch. 17, 17 ff. dem Rathe in Athen mit der Predigt des Apostels Paulus. Anfangs habe man sich darüber als über etwas Neues verwundert, später haben viele, nachdem sie recht belehrt worden, an Christum geglaubt.,,Wir hören jezt auch, wie Einige von Euch sich haben irrig vorgeben lassen, als ob die Predigt des heiligen Evangeliums eine Neuerung wäre, sonst würde wohl Nie

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