صور الصفحة
PDF
النشر الإلكتروني

daß er zwar Überredung genug, die auf einen Dukaten an Wert geschätzt werden kann, aber nicht auf zehn besitze. Denn den ersten wagt er noch wohl, aber bei zehnen wird er | allererst inne, was er vorher nicht bemerkte, daß es nämlich doch wohl möglich sei, er habe sich geirrt. Wenn man sich in Gedanken vorstellt, man solle worauf das Glück des ganzen Lebens verwetten, so schwindet unser triumphierendes Urteil gar sehr, wir werden überaus schüchtern und entdecken so allererst, daß unser Glaube soweit nicht zulange. So hat der pragmatische Glaube nur einen Grad, der nach Verschiedenheit des Interesse, das dabei im Spiele ist, groß oder auch klein sein kann.

Weil aber, ob wir gleich in Beziehung auf ein Objekt gar nichts unternehmen können, also das Fürwahrhalten bloß theoretisch ist, wir doch in vielen Fällen eine Unternehmung in Gedanken fassen und uns einbilden können, zu welcher wir hinreichende Gründe zu haben vermeinen, wenn es ein Mittel gäbe, die Gewißheit der Sache auszumachen, so gibt es in bloß theoretischen Urteilen ein Analogon von praktischen, auf deren Fürwahrhaltung das Wort Glauben paßt und den wir den doktrinalen Glauben nennen können. Wenn es möglich wäre durch irgend eine Erfahrung auszumachen, so möchte ich wohl alles das Meinige darauf verwetten, daß es wenigstens in irgend einem von den Planeten, die wir sehen, Einwohner gebe. Daher, sage ich, ist es nicht bloß Meinung, sondern ein starker Glaube, (auf dessen Richtigkeit ich schon viele Vorteile des Lebens wagen würde), daß es auch Bewohner anderer Welten gebe. |

Nun müssen wir gestehen, daß die Lehre vom Dasein Gottes zum doktrinalen Glauben gehöre. Denn ob ich gleich in Ansehung der theoretischen Weltkenntnis nichts zu verfügen habe, was diesen Gedanken als Bedingung meiner Erklärungen der Erscheinungen der Welt notwendig voraussetze, sondern vielmehr verbunden bin, meiner Vernunft mich so zu bedienen, als ob alles bloß Natur sei: so ist doch die zweckmäßige Einheit eine so große Bedingung der Anwendung der Vernunft auf Natur, daß ich, da mir überdem Erfahrung reichlich davon Beispiele darbietet, sie gar nicht vorbeigehen kann. Zu dieser Einheit aber kenne ich keine andere Bedingung, die sie mir zum Leitfaden der Naturforschung machte, als wenn ich voraussetze, daß eine höchste Intelligenz alles nach den weisesten Zwecken so geordnet habe. Folglich ist es eine Bedingung einer zwar zufälligen, aber

doch nicht unerheblichen Absicht, nämlich um eine Leitung in der Nachforschung der Natur zu haben, einen weisen Welturheber vorauszusetzen. Der Ausgang meiner Versuche bestätigt auch so oft die Brauchbarkeit dieser Voraussetzung und nichts kann auf entscheidende Art dawider angeführt werden, daß ich viel zu wenig sage, wenn ich mein Fürwahrhalten bloß ein Meinen nennen wollte, sondern es kann selbst in diesem theoretischen Verhältnisse gesagt werden, daß ich festiglich einen Gott glaube; aber alsdenn ist dieser Glaube in strenger Bedeutung dennoch nicht praktisch, sondern muß ein doktrinaler Glaube genannt werden, den die | Theologie der Natur (Physikotheologie) notwendig allerwärts bewirken muß. In Ansehung eben derselben Weisheit, in Rücksicht auf die vortreffliche Ausstattung der menschlichen Natur und die derselben so schlecht angemessene Kürze des Lebens kann ebensowohl genugsamer Grund zu einem doktrinalen Glauben des künftigen Lebens der menschlichen Seele angetroffen werden.

Der Ausdruck des Glaubens ist in solchen Fällen ein Ausdruck der Bescheidenheit in objektiver Absicht, aber doch zugleich der Festigkeit des Zutrauens in subjektiver. Wenn ich das bloß theoretische Fürwahrhalten hier auch nur Hypothese nennen wollte, die ich anzunehmen berechtigt wäre, so würde ich mich dadurch schon anheischig machen, mehr von der Beschaffenheit einer Weltursache und einer anderen Welt Begriff zu haben, als ich wirklich aufzeigen kann; denn was ich auch nur als Hypothese annehme, davon muß ich wenigstens seinen Eigenschaften nach so viel kennen, daß ich nicht seinen Begriff, sondern nur sein Dasein erdichten darf. Das Wort Glauben aber geht nur auf die Leitung, die mir eine Idee gibt, und den subjektiven Einfluß auf die Beförderung meiner Vernunfthandlungen, die mich an derselben festhält, ob ich gleich von ihr nicht imstande bin in spekulativer Absicht Rechenschaft zu geben.

Aber der bloß doktrinale Glaube hat etwas Wankendes in sich; man wird oft durch Schwierigkeiten, die sich in der Spekulation vorfinden, aus demselben gesetzt, ob man zwar unausbleiblich dazu immer wiederum zurückkehrt.

Ganz anders ist es mit dem moralischen Glauben bewandt. Denn da ist es schlechterdings notwendig, daß etwas geschehen muß, nämlich daß ich dem sittlichen Gesetze in allen Stücken.

Da

Folge leiste. Der Zweck ist hier unumgänglich festgestellt, und es ist nur eine einzige Bedingung nach aller meiner Einsicht möglich, unter welcher dieser Zweck mit allen gesamten Zwecken zusammenhängt und dadurch praktische Gültigkeit habe: nämlich daß ein Gott und eine künftige Welt sei; ich weiß auch ganz gewiß, daß niemand andere Bedingungen kenne, die auf dieselbe Einheit der Zwecke unter dem moralischen Gesetze führen. aber also die sittliche Vorschrift zugleich meine Maxime ist, (wie denn die Vernunft gebietet, daß sie es sein soll), so werde ich unausbleiblich ein Dasein Gottes und ein künftiges Leben glauben und bin sicher, daß diesen Glauben nichts wankend machen könne, weil dadurch meine sittlichen Grundsätze selbst umgestürzt werden würden, denen ich nicht entsagen kann, ohne in meinen eigenen Augen verabscheuungswürdig zu sein.

Auf solche Weise bleibt uns nach Vereitelung aller ehrsüchtigen Absichten einer über die Grenzen aller Erfahrung hinaus herumschweifenden Vernunft noch genug übrig, daß wir damit in praktischer Absicht zufrieden zu sein Ursache haben. Zwar wird freilich sich niemand rühmen können, er wisse, daß ein Gott und daß ein künftig | Leben sei; denn wenn er das weiß, so ist er gerade der Mann, den ich längst gesucht habe. Alles Wissen, (wenn es einen Gegenstand der bloßen Vernunft betrifft), kann man mitteilen, und ich würde also auch hoffen können, durch seine Belehrung mein Wissen in so bewundrungswürdigem Maße ausgedehnt zu sehen. Nein, die Überzeugung ist nicht logische, sondern moralische Gewißheit, und da sie auf subjektiven Gründen (der moralischen Gesinnung) beruht, so muß ich nicht einmal sagen: es ist moralisch gewiß, daß ein Gott sei usw., sondern: ich bin moralisch gewiß usw. Das heißt: der Glaube an einen Gott und eine andere Welt ist mit meiner moralischen Gesinnung so verwebt, daß, so wenig ich Gefahr laufe, die erstere einzubüßen, ebensowenig besorge ich, daß mir der zweite jemals entrissen werden könne.

Das einzige Bedenkliche, das sich hiebei findet, ist, daß sich dieser Vernunftglaube auf die Voraussetzung moralischer Gesinnungen gründet. Gehen wir davon ab und nehmen einen, der in Ansehung sittlicher Gesetze gänzlich gleichgültig wäre, so wird die Frage, welche die Vernunft aufwirft, bloß eine Aufgabe für die Spekulation und kann alsdenn zwar noch mit starken Gründen aus der Analogie, aber nicht mit solchen, denen sich die hart

näckigste Zweifelsucht ergeben müßte, unterstüzt werden.1) Es ist aber kein Mensch bei diesen Fragen frei von allem Interesse. Denn ob er gleich von dem moralischen durch den Mangel guter Gesinnungen getrennt sein möchte, so bleibt doch auch in diesem Falle genug übrig, um zu machen, daß er ein göttliches Dasein und eine Zukunft fürchte. Denn hiezu wird nichts mehr erfodert, als daß er wenigstens keine Gewißheit vorschützen könne, daß kein solches Wesen und kein künftig Leben anzutreffen sei, wozu, weil es durch bloße Vernunft, mithin apodiktisch bewiesen werden müßte, er die Unmöglichkeit von beiden darzutun haben würde, welches gewiß kein vernünftiger Mensch übernehmen kann. Das würde ein negativer Glaube sein, der zwar nicht Moralität und gute Gesinnungen, aber doch das Analogon derselben bewirken, nämlich den Ausbruch der bösen mächtig zurückhalten könnte.

Ist das aber alles, wird man sagen, was reine Vernunft ausrichtet, indem sie über die Grenzen der Erfahrung hinaus Aussichten eröffnet? nichts mehr als zwei Glaubensartikel? So viel hätte auch wohl der gemeine Verstand, | ohne darüber die Philosophen zu Rate zu ziehen, ausrichten können!

Ich will hier nicht das Verdienst rühmen, das Philosophie durch die mühsame Bestrebung ihrer Kritik um die menschliche Vernunft habe, gesetzt, es sollte auch beim Ausgange bloß negativ befunden werden; denn davon wird in dem folgenden Abschnitte noch etwas vorkommen. Aber verlangt ihr denn, daß ein Erkenntnis, welches alle Menschen angeht, den gemeinen Verstand übersteigen und euch nur von Philosophen entdeckt werden solle? Eben das, was ihr tadelt, ist die beste Bestätigung von der Richtigkeit der bisherigen Behauptungen, da es das, was man anfangs nicht vorhersehen konnte, entdeckt, nämlich daß die Natur in dem, was Menschen ohne Unterschied angelegen ist, keiner

1) Das menschliche Gemüt nimmt, (so wie ich glaube, daß es bei jedem vernünftigen Wesen notwendig geschieht), ein natürliches Interesse an der Moralität, ob es gleich nicht ungeteilt und praktisch überwiegend ist. Befestigt und vergrößert dieses Interesse, und ihr werdet die Vernunft sehr gelehrig und selbst aufgeklärter finden, um mit dem praktischen auch das spekulative Interesse zu vereinigen. Sorget ihr aber nicht dafür, daß ihr vorher wenigstens auf dem halben Wege gute Menschen macht, so werdet ihr auch niemals aus ihnen aufrichtiggläubige Menschen machen!

parteiischen Austeilung ihrer Gaben zu beschuldigen sei, und die höchste Philosophie in Ansehung der wesentlichen Zwecke der menschlichen Natur es nicht weiter bringen könne als die Leitung, welche sie auch dem gemeinsten Verstande hat angedeihen lassen.

Der transszendentalen Methodenlehre

Drittes Hauptstück.

Die Architektonik der reinen Vernunft.

Ich verstehe unter einer Architektonik die Kunst der Systeme. Weil die systematische Einheit dasjenige ist, was gemeine Erkenntnis allererst zur Wissenschaft, d. i. aus einem bloßen Aggregat derselben ein System macht, so ist Architektonik die Lehre des Szientifischen in unserer Erkenntnis überhaupt, und sie gehört also notwendig zur Methodenlehre.

Unter der Regierung der Vernunft dürfen unsere Erkenntnisse überhaupt keine Rhapsodie, sondern sie müssen ein System ausmachen, in welchem sie allein die wesentlichen Zwecke derselben unterstützen und befördern können. Ich verstehe aber unter einem Systeme die Einheit der mannigfaltigen Erkenntnisse unter einer Idee. Diese ist der Vernunftbegriff von der Form eines Ganzen, sofern durch denselben der Umfang des Mannigfaltigen sowohl, als die Stelle der Teile untereinander a priori bestimmt wird. Der szientifische Vernunftbegriff enthält also den Zweck und die Form des Ganzen, das mit demselben kongruiert. Die Einheit des Zwecks, worauf sich alle Teile und in der Idee desselben auch untereinander beziehen, macht, daß ein jeder Teil bei der Kenntnis der übrigen vermißt | werden kann, und keine zufällige Hinzusetzung oder unbestimmte Größe der Vollkommenheit, die nicht ihre a priori bestimmte Grenzen habe, stattfindet. Das Ganze ist also gegliedert (articulatio) und nicht gehäuft (coacervatio); es kann zwar innerlich (per intus susceptionem), aber nicht äußerlich (per appositionem) wachsen, wie ein tierischer Körper, dessen Wachstum kein Glied hinzusetzt, sondern ohne Veränderung der Proportion ein jedes zu seinen Zwecken stärker und tüchtiger macht.

« السابقةمتابعة »