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schon durch die Richtung ihrer Natur dialektisch ist, einer solchen Wissenschaft niemals entbehren könne, die sie zügelt und durch ein szientifisches und völlig einleuchtendes Selbsterkenntnis die Verwüstungen abhält, welche eine gesetzlose spekulative Vernunft sonst ganz unfehlbar in Moral sowohl als Religion anrichten würde. Man kann also sicher sein, so spröde oder geringschätzend auch diejenigen tun, die eine Wissenschaft nicht nach ihrer Natur, sondern allein aus ihren zufälligen Wirkungen zu beurteilen wissen, man werde jederzeit zu ihr wie zu einer mit uns entzweiten Geliebten zurückkehren, weil die Vernunft, da es hier wesentliche Zwecke betrifft, rastlos entweder auf gründliche Einsicht oder Zerstörung schon vorhandener guten Einsichten arbeiten muß.

Metaphysik also sowohl der Natur als der Sitten, vornehmlich die Kritik der sich auf eigenen Flügeln wagenden Vernunft, welche vorübend (propädeutisch) vorhergeht, machen eigentlich allein dasjenige aus, was wir im echten Verstande Philosophie nennen können. Diese bezieht alles auf Weisheit, aber durch den Weg der Wissenschaft, den einzigen, der, wenn er einmal gebahnt ist, niemals verwächst und keine Verirrungen verstattet. Mathematik, Naturwissenschaft, selbst die empirische Kenntnis des Menschen haben einen hohen Wert als Mittel, größtenteils zu zufälligen, am Ende aber doch zu notwendigen und wesentlichen Zwecken der Menschheit, aber alsdenn nur durch Vermittelung einer Vernunfterkenntnis aus bloßen Begriffen, die, man mag sie benennen, wie man will, eigentlich nichts als Metaphysik ist.

Eben deswegen ist Metaphysik auch die Vollendung aller Kultur der menschlichen Vernunft, die unentbehrlich ist, wenn man gleich ihren Einfluß als Wissenschaft auf gewisse bestimmte Zwecke beiseite setzt. Denn sie betrachtet die Vernunft nach ihren Elementen und obersten Maximen, die selbst der Möglichkeit einiger Wissenschaften und dem Gebrauche aller zum Grunde liegen müssen. Daß sie als bloße Spekulation mehr dazu dient, Irrtümer abzuhalten als Erkenntnis zu erweitern, tut ihrem Werte keinen Abbruch, sondern gibt ihr vielmehr Würde und Ansehen durch das Zensoramt, welches die allgemeine Ordnung und Eintracht, ja den Wohlstand des wissenschaftlichen gemeinen Wesens sichert und dessen mutige und fruchtbare Bearbeitungen abhält, sich nicht von dem Hauptzwecke, der allgemeinen Glückseligkeit zu entfernen. |

Der transszendentalen Methodenlehre

Viertes Hauptstück.

Die Geschichte der reinen Vernunft.

Dieser Titel steht nur hier, um eine Stelle zu bezeichnen, die im System übrig bleibt und künftig ausgefüllet werden muß. Ich begnüge mich, aus einem bloß transszendentalen Gesichtspunkte, nämlich der Natur der reinen Vernunft einen flüchtigen Blick auf das Ganze der bisherigen Bearbeitungen derselben zu werfen, welches freilich meinem Auge zwar Gebäude, aber nur in Ruinen vorstellt.

Es ist merkwürdig genug, ob es gleich natürlicher Weise nicht anders zugehen konnte, daß die Menschen im Kindesalter der Philosophie davon anfingen, wo wir jetzt lieber endigen möchten, nämlich zuerst die Erkenntnis Gottes und die Hoffnung oder wohl gar die Beschaffenheit einer anderen Welt zu studieren. Was auch die alten Gebräuche, die noch von dem rohen Zustande der Völker übrig waren, für grobe Religionsbegriffe eingeführt haben mochten, so hinderte dieses doch nicht den aufgeklärtern Teil, sich freien Nachforschungen über diesen Gegenstand zu widmen, und man sahe leicht ein, daß es keine gründlichere und zuverlässigere Art geben könne, der unsichtbaren Macht, die die Welt regiert, zu gefallen, um wenigstens in einer andern | Welt glücklich zu sein, als den guten Lebenswandel. Daher waren Theologie und Moral die zwei Triebfedern oder besser: Beziehungspunkte zu allen abgezogenen Vernunftforschungen, denen man sich nachher jederzeit gewidmet hat. Die erstere war indessen eigentlich das, was die bloß spekulative Vernunft nach und nach in das Geschäfte zog, welches in der Folge unter dem Namen der Metaphysik so berühmt geworden.

Ich will jetzt die Zeiten nicht unterscheiden, auf welche diese oder jene Veränderung der Metaphysik traf, sondern nur die Verschiedenheit der Idee, welche die hauptsächlichsten Revolutionen veranlaßte, in einem flüchtigen Abrisse darstellen. Und da finde ich eine dreifache Absicht, in welcher die namhaftesten Veränderungen auf dieser Bühne des Streits gestiftet worden.

1. In Ansehung des Gegenstandes aller unserer Vernunfterkenntnisse waren einige bloß Sensual-, andere bloß Intellektualphilosophen. EPIKUR kann der vornehmste Philosoph der Sinnlichkeit, PLATO des Intellektuellen genannt werden. Dieser Unterschied der Schulen aber, so subtil er auch ist, hatte schon in den frühesten Zeiten angefangen und hat sich lange ununterbrochen erhalten. Die von der ersteren behaupteten: in den Gegenständen der Sinne sei allein Wirklichkeit, alles übrige sei Einbildung; die von der zweiten sagten dagegen: in den Sinnen ist nichts als Schein, nur der Verstand erkennt das Wahre. Darum stritten aber die ersteren den Verstandesbegriffen doch eben nicht Realität ab, sie war aber bei ihnen nur logisch, bei den anderen aber mystisch. Jene räumeten intellektuelle Begriffe ein, aber nahmen bloß sensibele Gegenstände an. Diese verlangten, daß die wahren Gegenstände bloß intelligibel wären, und behaupteten eine Anschauung durch den von keinen Sinnen begleiteten und ihrer Meinung nach nur verwirreten reinen Verstand.

2. In Ansehung des Ursprungs reiner Vernunfterkenntnisse, ob sie aus der Erfahrung abgeleitet, oder unabhängig von ihr in der Vernunft ihre Quelle haben. ARISTOTELES kann als das Haupt der Empiristen, PLATO aber der Noologisten angesehen werden. LOCKE, der in neueren Zeiten dem ersteren, und LEIBNIZ, der dem letzteren, (obzwar in einer genugsamen Entfernung von dessen mystischem Systeme) folgete, haben es gleichwohl in diesem Streite noch zu keiner Entscheidung bringen können. Wenigstens verfuhr EPIKUR seinerseits viel konsequenter nach seinem Sensualsystem, (denn er ging mit seinen Schlüssen niemals über die Grenze der Erfahrung hinaus), als ARISTOTELES und LOCKE, (vornehmlich aber der letztere), der, nachdem er alle Begriffe und Grundsätze von der Erfahrung abgeleitet hatte, soweit im Gebrauche derselben geht, daß er behauptet, man könne das Dasein Gottes und die Unsterblichkeit der Seele, (obzwar beide Gegenstände ganz außer den Grenzen | möglicher Erfahrung liegen), ebenso evident beweisen, als irgend einen mathematischen Lehrsatz.

3. In Ansehung der Methode. Wenn man etwas Methode nennen soll, so muß es ein Verfahren nach Grundsätzen sein. Nun kann man die jetzt in diesem Fache der Nachforschung herrschende Methode in die naturalistische und szientifische

einteilen. Der Naturalist der reinen Vernunft nimmt es sich zum Grundsatze, daß durch gemeine Vernunft ohne Wissenschaft, (welche er die gesunde Vernunft nennt), sich in Ansehung der erhabensten Fragen, die die Aufgabe der Metaphysik ausmachen, mehr ausrichten lasse als durch Spekulation. Er behauptet also, daß man die Größe und Weite des Mondes sicherer nach dem Augenmaße, als durch mathematische Umschweife bestimmen könne. Es ist bloße Misologie, auf Grundsätze gebracht und, welches das ungereimteste ist, die Vernachlässigung aller künstlichen Mittel als eine eigene Methode angerühmt, seine Erkenntnis zu erweitern. Denn was die Naturalisten aus Mangel mehrerer Einsicht betrifft, so kann man ihnen mit Grunde nichts zur Last legen. Sie folgen der gemeinen Vernunft, ohne sich ihrer Unwissenheit als einer Methode zu rühmen, die das Geheimnis enthalten solle, die Wahrheit aus DEMOKRITS tiefem Brunnen herauszuholen. Quod sapio, satis est mihi; non ego curo, esse quod Arcesilas aerumnosique Solones, Pers. ist ihr Wahlspruch, bei dem sie vergnügt und beifallswürdig | leben können, ohne sich um die Wissenschaft zu bekümmern, noch deren Geschäfte zu verwirren.

Was nun die Beobachter einer szientifischen Methode betrifft, so haben sie hier die Wahl, entweder dogmatisch oder skeptisch, in allen Fällen aber doch die Verbindlichkeit, systematisch zu verfahren. Wenn ich hier in Ansehung der ersteren den berühmten WOLFF, bei der zweiten DAVID HUME nenne, so kann ich die übrigen meiner jetzigen Absicht nach ungenannt lassen. Der kritische Weg ist allein noch offen. Wenn der Leser diesen in meiner Gesellschaft durchzuwandern Gefälligkeit und Geduld gehabt hat, so mag er jetzt urteilen, ob nicht, wenn es ihm beliebt das Seinige dazu beizutragen, um diesen Fußsteig zur Heeresstraße zu machen, dasjenige, was viele Jahrhunderte nicht leisten konnten, noch vor Ablauf des gegenwärtigen erreicht werden möge: nämlich die menschliche Vernunft in dem, was ihre Wißbegierde jederzeit, bisher aber vergeblich beschäftigt hat, zur völligen Befriedigung zu bringen.

Lesarten.

Zu Lebzeiten Kants erschienen von der Kritik der reinen Vernunft 5 Originalauflagen bei Joh. Fr. Hartknoch, aber aus verschiedenen Offizinen: 1781, 1787, 1790, 1794 und 1799. Außerdem kamen etliche Nachdrucke heraus. 1818 gab Hartknoch die 6. Auflage; 1828 schließlich die 7. heraus.

Kant hat dem Drucke dieses seines Hauptwerkes ein äußerst geringes Interesse gewidmet. Von A, hat er nur etwa die Hälfte der Aushängebogen rechtzeitig gesehen. Nur ganz wenige Druckfehler fand Kant hernach anzumerken nötig, und selbst diese wurden in den späteren Auflagen nicht ausgemerzt. Ebensowenig sorgte Kant dafür, daß die Textverbesserungen, die er in seinem Handexemplar an A, vornahm, den späteren Auflagen zugute kamen. Ist also die Bemühung Kants schon um den Druck von A, und A, äußerst gering, so kann man sagen, daß Kant die folgenden Drucke so gut wie einfach geschehen ließ.

Bei solchem Verhalten des Autors mußten eine ganze Reihe von Abschreib- bez. Druckfehlern sich einstellen, die das Lesen dieses schwierigsten Werkes empfindlich störten. Bei der Wichtigkeit des Werkes veranlaßte dieses Mellin, in seinen ,,Marginalien und Register zu Kants Kritik der reinen Vernunft" nicht lange nach dem Erscheinen (1794), mit einem Fehlerverzeichnis an die Öffentlichkeit zu treten. Damit war eine Textkritik eingeleitet, die keineswegs immer in der sorgsamen Art Mellins geschah. So mußte schon gegen die Textkritik Grillos (1795) Einspruch getan werden (1795 von Meyer). Die Herausgabe des ganzen Werkes gibt erst eine gewisse Garantie prinzipieller und darum sorgfältigerer Behandlung, als sie von hier und da hineingreifender Textkritik erwartet werden kann. Die Kritik der reinen Vernunft erlebte nun der Jahreszahl nach folgende Ausgaben: 1838 von Rosenkranz als Bd. II der W. W. herausgegeben von K. Rosenkranz und Fr. W. Schubert.

1838 von Hartenstein als Bd. II der W. W.

1853 von Hartenstein.

1867 von Hartenstein als Bd. III der W. W.

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