Der antiphonische Chor- oder Wechselgefang. 25 gen, gegen Often gekehrt, indem sie den Text vor Augen hatten (άno diptέpaç). Bald wurde es nun gewöhnlich, daß, wenn ein Abschnitt aus den heiligen Büchern vom Lector gelesen war und der Vorsänger oder ihrer mehrere einen Psalm gesungen hatten, alsdann die ganze Gemeinde mit dem Gesang einiger Worte aus dem Schlusse des Psalmen antwortete, was man inηxer, auch únoчálλɛ nannte, *) oder auch mit dem Gesang eines „Amen“ ihre volle Zustimmung ausdrückte (1 Cor. 14, 16.). Daraus entwickelte sich dann allmählich die Sitte der Responsorien. Bereits schon und noch früher hatte sich aber auch eine andere Grundform des Gesangs ausgebildet..- der antiphonische Chorgesang mit Bibelvorlesung oder der Wechselgefang.**) Seine Wiege ist in Syrien zu suchen, wo der Bischof Ignatius zu Antiochien († 116) diese Gesangweise eingeführt haben soll, nachdem er in einem Traumgesichte Engel gesehen hatte, welche in Wechselgefängen die h. Dreieinigkeit priesen.***) Anfangs war es ein Wechselgesang zwischen den Männern einerseits und den Frauen und Kindern andrerseits, dann wurde die ganze Gemeinde in zwei Theile getheilt und darnach ließ der Bischof Simeon von Seleucia Gesänge von doppelten Chören absingen, die einander gegenüber standen und im Singen davidischer Psalmen mit cinander abwechselten. Von da erst verpflanzte sich später diese Sitte in die griechische Kirche. 1 匪 Nur in seltenen Fällen kam es zu einem völlig zusammenhängenden gleichzeitigen gemeinschaftlichen Gesang der ganzen Ge= meinde, wie wir ihn jezt haben.†) Namentlich in der griechischen *) Die apostol. Constitutionen I, 57. enthalten die Vorschrift: „ἕτερός τις τοὺς τοῦ Δαβίδ ψαλλέτω ὕμνους καὶ ὁ λαὸς τὰ ἀκροστιχια ύποψαλλέτω. Das Volk also, wenn der Vorfänger Davids Psalmen sang, hatte die Schlußstrophe, den Refrain des Psalmen nachzusingen. **) Vgl. Basilius Epist. 207. cap. 3. ***) Nach Sokrates in der Hist. eccl. Lib. VI. cap. 8. ̧ †) Ein Beispiel hiefür giebt Basilius in den Epist. 63. ad chr. neocäs. S. 97, wo er schreibt: xai oûtwg év tỷ noıxıλią tñs yadμωδίας τὴν νύκτα διενέγκαντες μεταξύ προσευχόμενοι ἡμέρας ἤδη ὑπερλαμπόυσης πάντες κοινῇ ὡς ἐς ἑνὸς στόματος Musikalische Instrumente blieben in di Zeitraum vom gottesdienstlichen Gesang noch verban denn auch für den meist ganz einfachen Gesang nicht ni Ms in Mexandrien die Sitte aufkommen wollte, den den Liebesmahlen mit Flöten zu begleiten, verhindert mens im J. 190 als zu weltlich, und in seinem Pär 4. fagt er: „Wir gebrauchen ein einziges Instrument, des Friedens, mit dem wir Gott verehren, nicht aber terium, die Pauken, Trompeten und Flöten." Und s hielt sich die Abneigung gegen alle musikalische Beglei noch Chrysostomus († 407) die Ansicht aussprechen fo Juben sehen die Instrumente bloß wegen ihrer Sch Berstocktheit gestattet gewesen." 2) Die Entstehung des liturgischen Kirchenlieds und gesangs in den ersten Jahrhunderten der Herrschaft ftenthums als Staatsreligion. Vom Jahr 312 bis zum Tod Carls des Großen, 81 Nachdem Constantin der Große im J. 323 sich of erklärt hatte, den römischen Erdkreis wieder durch ein same Gottesverehrung, durch die christliche Religion, di angenommen, verbunden sehen, zu wollen," und so das thum zur Staatsreligion erhoben war, konnten die Ch Schlupfwinkel, in die sie sich seither an gar vielen Orten Gottesdiensten verbergen mußten, verlassen und es fing gemein ein öffentlicher Kirchengesang sich zu b Schon um's J. 326 baute Constantin den Christen gr prächtige Kirchen; mancher heidnische Tempel ward nun Entstehung des liturgischen Kirchenliebs. 27 von Jahr zu Jahr. Jest trat eine regelmäßige Gottesverchrung mit festgeregelten Gebräuchen, eine eigentliche Liturgie hervor, und hiefür war auch ein geregelter, gottesdienstlicher Gesang, ein liturgischer Kirchengesang nöthig; man brauchte für die verschiede nen kirchlichen Handlungen, für die Sonn, Fest- und Heiligentage des ganzen Kirchenjahrs besondere Gesänge, für welche die Hymnenform als die geeignetste erschien. Ohnedem strebte man nun immer mehr nach solch festlichem Tempelgesang, wie er einst im Salomonischen Tempel erschallte. So entstand das liturgische Kirchenlied, zu welchem man neben den einst im Salvmonischen Tempel erklungenen Psalmen auch die sonst in den h. Schriften des A. und N. Testaments enthaltenen Lobgefänge und Hymnen verwendete, besonders jetzt auch das Gloria der Engel (Luc. 2, 14.), oder durch Zusammenstellung verschiedener Bibels stellen Lobpreisungen (Dorologien) bildete, *) welche man vuvwdía nannte.**) Und diese Hymnodien galten sofort nicht als Er: findung eines Einzelnen, sondern als aus der Sprache der ganzen alten Kirche herausgenommen und als göttlichen Ursprungs; sie galten noch höher, als die nur zur Belehrung für die zu heiligende Gemeinde dienenden eigentlichen Psalmengefänge, fie galten als ein Nachstammeln dessen, was himmlische Heerschaaren zum Preise des Herrn singen, wobei die Christen als Erlösete in Einem *) Eine solche Zusammenstellung, die als dem Apostel Jakobus zugeschrieben die Liturgia Jacobi heißt und bei der Abendmahlsfeier angewen= det wurde, findet sich in dem aus dem 4. Jahrhundert stammenden 8. Buch der apostolischen Constitutionen Cap. 13, wornach unmittelbar vor dem Abendmahl, nachdem der Bischof gerufen: „äyra τois áɣious" die Gemeinde fingens antwortete; „εἷς ἅγιος, εἷς Κύριος, εἰς Ἰησοῦς Xoisos (Eph. 4, 4. f. 1 Cor. 8, 6.) eiç dóşar Deov natρo's (Phil. 2, 11.), ἐὐλογητὸς εἰς τοὺς αιώνας. Αμήν. (95m. 1, 25.) Δόξα ἐν ὑψίσοις Θεῷ καὶ ἐπὶ τῆς γῆς εἰρήνη, ἐν ἀνθρώποις εὐδοκία (Suc. 2, 14.). Ωσαννα τῷ ὑτῷ Δαβίδ, ευλογητὸς ὁ ἐρχόμενος ἐν ὀνόματι Κυρίου (Watth. 21, 9.). Θεὸς κύριος καὶ ἐπεφάνη ἡμῖν. Ὡσαννὰ ἐν τοῖς ὑψίσοις. **) Vgl. Chrysostomus de S.S. Bernice ad Prosd. Tom. II. S. 638. E. Siet finb gatta bcftimmt ψαλμοὶ καὶ ὑμνωδίαι von einander unterschieden. Chor mit diesen singen zum Ausdruck der Seligkeit und Anbetung Gottes im Geist und in der Wahrheit. *) Hatte man bereits mit der Mitte des 3. Jahrhunderts in der griechischen Kirche aus innern Gründen die selbst verfaßten Lieder und Gesänge vom gottesdienstlichen Gebrauche ferne zu halten angefangen, so trieben nun vollends allerwärts auch äußere Gründe auf diesem Wege vorwärts. Die Anhänger des Arius**) nämlich, der im J. 320 wegen seiner Leugnung der Wesensgleichheit Christi mit Gott von seinem Presbyteramt in Alexandrien abgesezt worden war, verbreiteten allerlei die rechtglaubige Lehre umgehende oder abschwächende, nur mit der gewöhnlichen christlichen Tugend und Sittenlehre für das praktische Bedürfniß sich befassende Lieder (Vorläufer der rationalistischen Morallieder) und fiengen an, sie in wohltönenden Melodien und unter anziehenden Wechselgefängen bei öffentlichen Prozessionen und nächtlichen Fackelzügen, denen das Volk in großen Haufen zuströmte, abzufingen. Das zwischen 343 und 383, nach Andern bestimmt im J. 372, zu Laodicea abgehaltene Concil der rechtglaubigen Anhänger des Nicänischen Concilbeschluffes, der 325 die arianische Lehre verdammt hatte, erließ nun in seinem 59. Canon das Verbet, daß fortan nichts Anderes mehr, als nur canonische Psalmen oder Schriftstücke und biblische Dorologien gesungen werden dürfen.***) Und dieß hat hernach auch das allgemeine Concil zu Chalcedon im J. 451 ausdrücklich noch bestätigt, zumal als nun weiter auch noch die Anhänger des im J. 375 aus der Kirchengemein*schaft ausgetretenen Apollinaris, Bischofs von Laodicea in Sy *). Diese charakteristische Unterscheidung macht Bafilius in einer seiner Homilien. **) Arius selbst hat außer einem größern geistlichen Gedicht nur für die Verhältnisse des gewöhnlichen Lebens bestimmte Lieder gefaßt. ***) Set Canon lautet:,,ὅτι ἦν δεῖ ἰδιωτικούς ψαλμούς λέ γεσθαι ἐν τῇ ἐκκλησίᾳ, ὀυδὲ ανακόνιστα βιβλία, ἀλλὰ μόνα τὰ κανονικὰ τῆς καινῆς καὶ παλαῖας διαθήκης. Unter ιδιωτικοὶ waluoi find nicht kezerische Psalmen" zu verstehen, was dieses Wort gar nicht bedeutet, sondern alle außerbiblischen, selbst gedichteten und somit apocryphischen Lieder, deren Einschwärzung in den rechtglaubigen Gottesdienst man abwehren wollte. Rechtglaubige Lieber. Gregor b. Nazianz. 29 rien, welcher die wahre Menschheit Chrifti leugnete, weitere Keberlieder ihres Meisters zu verbreiten bemüht gewesen waren. So lag es in der Natur der damaligen Zeitverhältnisse, daß die rechtglaubigen Lieder, welche einzelne Kirchenlehrer der nicänischen Partei den Kezerliedern entgegen gedichtet hatten, theils gar nie, theils wenigstens nicht zu ihren Lebzeiten in kirchlichen Gebrauch kamen. Diese gleichwohl der nähern Erwähnung werthen geistlichen Liederdichter sind: Gregor von Nazianz,*) geb. um's J. 330 in Nazianz, einer Stadt im südwestlichen Cappadocien in Kleinasien, wo sein Vater später Bischof wurde. Seine streng andächtige Mutter Nonna, ein hell leuchtender Stern unter den christlichen Frauen, übte auf ihn von Kind auf den gesegnetsten Einfluß und bestimmte ihn frühe für den geistlichen Stand, zu dem er sich denn auch durch vieljährige gründliche Studien in Alexandrien und Athen, gleichzeitig mit seinem Landsmann und Herzensfreund Basilius, vorbereitete. In seinem dreißigsten Lebensjahr kehrte er von Athen in seine Heimath zurück und empfieng die h. Taufe, wodurch ihm nun der Weg zu Kirchenämtern offen stand. Allein seine innerste Neigung. gieng auf ein frommes beschauliches Leben, und in stiller mönchischer Zurückgezogenheit lebte er längere Zeit mit Basilius in einer einsamen Gegend des Pontus. Nachdem ihn sein Vater um Weihnachten 361 zum Presbyter in Nazianz geweiht hatte, entfloh er zweimal in die Wüste, bis er sich endlich an Ostern 362 zum Antritt dieses Amtes entschloß. Ebenso verhielt er sich bei dem ihm auf Betrieb des Basilius fast aufgenöthigten Bisthum von Sosima. Auf die Bitte seines greisen Vaters kehrte er nach Nazianz zurück und verwaltete vollends bis zu dessen Tod im J. 374 das Bisthum als sein Vicar. Nachdem er sich sofort wieder nach Seleucia in Isaurien zurückgezogen und dort längere Zeit der Betrachtung gelebt hatte, berief ihn der Herr auf einen der ersten Posten unter den kirchlichen Vorkämpfern für das nicänische Glaubensbekenntniß. Das kleine und geängstete Häuflein derer, *) Quellen: Gregorius v. Nazianz, der Theologe, von Dr. Ullmann, Darmft. 1825. |