DAS AUSGEHENDE MITTELALTER. DAS SPIEL VON DEN ZEHEN JUNGFRAUEN. [Scherer D. 245, E. 238.] Behandelt die neutestamentliche Parabel von den klugen und thörichten Jungfrauen; soll 1322 vor dem Landgrafen Friedrich von Thüringen aufgeführt sein, wurde aber schon früher verfasst. Herausgegeben von L. Bechstein (Halle 1855); Rieger in der 'Germania' 10, 311. Die erste dorechte sprichet alsus : Herre vater, hymelischer got, thuwe es durch dinen bitteren dot, vnde habe vnser armer juncfrauwen schone 2. lass vns genyssen diner grossen barmehertzekeit vnde lass vns zu der wirstchafft hien in. Jhesus sprichet alsus : Wer die zyt der ruwe versumet hat vnde nit enbussete sin missedat, er wirdet nommer in gelan. Die ander dorechte sprichet alsus: Thuwe vff, herre, din thore! die gnadenlosen juncfrauwen sten hie vore. daz du din gnade wullest zu vns keren. Jhesus sprichet alsus: Ich weiss nit wer ir syt, want ir zu keiner zyt 1 was den Herren betrifft, heilig. 2 verschone uns. 3 Gastmal, Fest.. IO 20 mich selben erkant hat nach die andern myn hantgedat 1. des wirdt uch vil unuerdrossen 2 Die dritte dorechte sprichet alsus : so bidden wir die reinen meid, muter aller barmehertzekeit, daz sie sich erbarme uber vnser grosse hertzeleit vnd bidden iren sone vor vns armen, daz er sich uber vns wulle erbarmen. Die vierde dorechte sprichet alsus : Maria muter vnde meit! vns ist dicke geseit, du sist aller gnaden vol: diss bidden wir dich sere durch aller juncfrauwen ere, daz du biddest dinen sone vor vns armen, daz er sich uber vns wulle erbarmen. Maria sprichet alsus: 4 Hettit ir mir ader myme kinde ye keinen dinst getan, daz muste uch nu zu staden stan. des entadet ir leider nicht : des wirdit vnser beider bedde vnuerfenclich. doch wil ich versuchen an myme lieben kinde, ob ich keine gnade moge finden. Maria fellet vff ir knye vor vnsern herren vnde sprichet : Eya liebes kynt myn, gedencke an die armen muter din. die ich leid durch dinen dot. Thaten. > abschlägig beschieden. 2 unermüdlich. с с ΤΟ 20 30 herre sone, do ich din genas, do hatte ich wedder hus nach palas, dan alles armude1: daz leit ich alles durch din gude. ich hatte mit dir arbeit, daz ist ware, me wan dru vnde dryssig jare. siech, liebes kint, des lone mir vnde erbarme dich uber diese armen hier. Jhesus zu Marien sprichet: Mutter, gedencket an die wort, mine worte sullen ommer stille sten. mogen einen sunder nit ernern 3. Die erste dorechte sprichet alsus : Eya herre, durch dine gude entwich hude dim gemude vnde erzorne dich nit so sere! durch aller juncfrawen ere siech an hude vnser iamerkeit. was wir gein dir getan han, daz ist vns leit: wir wullen din gebot me halden stede. erhore hude diner muter bedde vnde lass vns armen juncfrauwen din wirtschafft beschauwen. Maria, aller sunder drosterin, hilff vns zu der wirtschafft hien in! Maria sprichet alsus: Ich will gerne uwer vorsprecherin sin, weret ir von sunden fry, so mocht ir desto bass herin kommen. ich wil aber vor uch bidden myn kint Jhesum. 1 sondern nur Armuth. 2 weder du, noch. 3 erretten. 10 20 30 Maria sprichet alsus: Liebes kint, la dich myner bede nit verdriessen. daz von diner martel1 mir geschach, so was ich pine durch dich enphing, vnde lass sie dich erbarmen. du bist ir vater vnde sie din kint : mit so welcher hande sache erhore din muter. ob ich dir ye keinen dinst getede, so gewere mich dieser einigen bede Jhesus sprichet alsus : Nu swyget, frauwe muter myn : die redde mag nit gesin. 10 30 |