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Das ich schier nimmer atem hol;

Wie habt ihr mich gewarnt so wol!' 'Was tat er denn?' die mutter sprach.

Ich sagt: 'Im haus ich sitzen sach
Ein zartes schönes jungfreulein,

Im weissen pelzlein, artig fein,
Das schmückt sich mit geleckter hand;
Ich het mich gern zu ihm gewandt
Und um ein kuss freundlich gebeten,
So kömt der Murner hergetreten
Mit gabelfüssen, mit der kron,

Mit brennenden schwanz angeton,

Das mich daucht ser erschrecklich stehen.
Der schelm het mich im loch gesehen,
Springet auf die tür und rufet laut

(Wenn ichs gedenk graust mir die haut): 'Rück, rück ihn herausser beim kragn!'

Damit wolt er sein dienern sagn,
Das sie mich solten nemen an1.
Und sie hettens warlich getan,
Wenn ich nicht bald entlaufen wer.
Davon bin ich erschreckt so ser.'
Da sagt die mutter: "Liebes kind,
Die so schrecklich anzusehen sind,
Die tun uns meusen nichts zu leid;
Die aber dichten freundlichkeit,
So leis und lieblich einher schleichen,
Die hendlein küssen, wilkom reichen,
Die sind giftige creatur,

Teuf unter englischer figur;

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ΣΟ

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30

Das jungfreulein, das so schön war,
Bringt uns meuschen die gröst gefar,
Futtert sein pelz mit unserm blut,

Gott sei dank, das er dich behüt!'

ÆGIDIUS TSCHUDI.

[Scherer D. 295, (611) E. 292.]

Geboren 1505 zu Glarus; gestorben 1572, als Landamman. Sein 'Chronicon Helveticum' reicht bis 1570.

ÜBER WILHELM TELL.

Darnach am Sonntag nach Othmari, was der 18. Wintermonats, gieng ein redlicher frommer Land-Mann von Uri, Wilhelm Tell genannt (der auch heimlich in der Pundts-Gesellschaft1 was), zu Altorf etlichmal für den uffgehängten Hut und tett Im kein Reverentz an, wie der Land-Vogt Gessler gebotten hat. Das 10 ward Ime, Land-Vogt, angezeigt. Also morndes darnach am Montag berufft Er den Tellen für sich, fragt In trutzlich, warumb er sinen Gebotten nit gehorsam wäre, und dem König, ouch Ime zu Verachtung dem Hut keine Reverentz bewisen hette? Der Tell gab Antwurt: 'Lieber Herr, es ist ungeward3 vnd nit uss Verachtung geschehen; verzichend mirs; wär ich witzig, so hiess ich nit der Tell, bitt umb Gnad, es soll nit mehr geschehen.' Nun was der Tell ein guter Armbrust-Schütz, dass man In besser kum fand, und hat hübsche Kind, die Im lieb warend, die beschickt der Land-Vogt und sprach: 'Tell, welches unter denen Kindern ist 20 dir das liebste ?' Der Tell antwurt: 'Herr, sie sind mir alle glich lieb.' Do sprach der Land-Vogt: 'Wolan Tell, du bist ein guter verruempter Schütz, als ich hör; nun wirst du din Kunst vor mir müssen beweren, und diner Kinder einem ein Öpffel ab sinem Haupt müssen schiessen; darumb hab eben Acht, dass du den Öpffel treffest: dann triffst du In nit des ersten Schutzes, so kost es dich din Leben.' Der Tell erschrack, bat den Land-Vogt vmb Gottes willen, dass Er In des Schutzes erliesse, dann es unnatürlich wäre, dass er gegen sinen lieben Kind sollte schiessen; Er wolt lieber sterben. Der Land-Vogt sprach: 'das must du thun, oder 30 3 unbedacht.. 4 Schuss.

Eidgenossenschaft.

2

morgens.

du und das Kind sterben.' Der Tell sach wol, dass Ers tun must, bat Gott innigklich, dass Er In vnd sin lieb Kind behüte; nam sin Armbrust, spien es, legt uff den Pfil und stackt noch ein Pfil hinden in das Göller; und legt der Land-Vogt dem Kind (das nit mehr dann sechs Jar alt was) selbst den Öpffel uf sin Houpt. Also schoss der Tell dem Kind den Öpffel ab der Scheitlen des Houpts, dass Er das Kind nie verletzt. Do nun der Schutz geschehen was, verwundert sich der Land-Vogt des meisterlichen Schutzes, lobt den Tellen siner Kunst und fragte Ine, was das bedüte, dass er noch ein Pfil hinten in das Göllert gesteckt hette? Der Tell 10 erschrack aber, und gedacht, die Frage bedutet nützit1 Gutes; doch hett Er gern die Sach glimpfflich2 verantwurt und sprach: Es wäre also der Schützen Gewonheit. Der Land-Vogt merckt wol, dass Im der Tell entsass3, und sprach: 'Tell, nun sag mir frolich die Wahrheit und fürcht dir nützit darumb: du sollt dins Lebens sicher sin; dann die gegebene Antwurt nimm ich nit an: es wird etwas anders bedut haben.' Do redt Wilhelm Tell: Wolan Herr, sitmalen Ir mich mines Lebens versichert habend, so wil ich uch die grundlich Warheit sagen, dass min entlich Meinung gewesen, wann ich min Kind getroffen hette, dass ich uch mit 20 dem andern Pfyl erschossen und ohne Zweifel uwer nit gefält wollt haben.' Do der Land-Vogt das hört, sprach Er: 'nun wolan Tell, Ich hab dich dins Lebens gesichert, das will ich dir halten; dieweil ich aber din bösen Willen gegen mir verstan, so will ich dich füren lassen an ein Ort und allda inlegen, dass du weder Sunn noch Mon niemerme sechen sollt, damit ich vor dir sicher sig.' Hiess hiemit sin Diener In fachen und angentz gebunden gen Flulen fuhren. Er fur auch mit Inen und nam des Tellen Schiesszüg, Kocher, Pfyl und Armbrust auch mit Im; wolts Im selbs behalten. Also sass der Land-Vogt sambt den Dienern und dem gebundenen 30 Tellen in ein Schiff, wolt gen Brunnen fahren, vnd darnach den Tellen über Land durch Schwitz in sin Schloss gen Küssnach füren, und allda in einem finstern Thurn sein Leben lassen enden. Des Tellen Schiesszüg ward im Schiff uff den Bieten oder Gransen bim Stürruder gelegen.

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Wie si nun uff den See kamend, und hinuff furend biss an 1 nichts. 2 höflich. 3 ausweichen. 4 ⚫ anfänglich. 5 Hintertheil.

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Achsen das Ecke, do fugt Gott, dass ein solcher grusamer ungestümer Sturm-Wind infiel, dass si sich all verwegen hattend ärmklich ze ertrinken. Nun was der Tell ein starker Mann, und kondt vast wol uff dem Wasser; do sprach der Dienern einer zum Land-Vogt: 'Herr, Ir sechend üwre und unsre Not und Gfar unsers Lebens, darinn wir stand, und dass die Schiff-Meister erschrocken und des Farens nit wol bericht; nun ist der Tell ein stärcker Mann, und kan wol schiffen, man solt In jetz in der Not bruchen.' Der Landt-Vogt was der Wasser-Not gar erklupfft, sprach zum Tellen: 'Wann du uns getruwtist uss diser Gfahr ze 10 helffen, so wölt ich dich diner Banden ledigen.' Der Tell gab Antwurt: 'Jo Herr, ich getruwe uns mit Gottes Hilff wol hiedannen zu helffen.' Also ward Er uffgebunden, stund an das Stürruder, und fur redlich dahin, doch lugt Er allweg uff den Schiess-Züg, der ze nächst bi Im lag, und uff ein Vorteil hinuss zu springen, und wie Er kam nah zu einer Blatten (die sidher den Namen des Tellen Blatten behalten, und ein Heilig Hüsslin dahin gebuwen ist) beducht Im, dass Er daselbs wol hinuss gespringen und entrinnen möcht, schry den Knechten zu, dass sie hantlich zugind, biss man fur dieselb Blatten käme, wann si hättend dann 20 das Bösist überwunden, und als Er nebent die Blatten kam, trukt Er den hindern Gransen mit Macht (wie Er dann ein starker Mann was) an die Blatten, erwüscht3 sin Schüsszüg, und sprang hinuss uff die Blatten; stiess das Schiff mit Gwalt von Im, liss si uff dem See schweben und schwenken, der Tell aber luff Bergs und Schattens halb (dann noch kein Schnee gefallen was) über Morsach uss durch das Land Schwitz, bis uff die Höhe an der Landt-Strass, zwüschend Art und Küssnach, da ein hole Gass ist, und Gestüd1 darob, darinn lag Er verborgen, dann Er wust, dass der Landt-Vogt allda fürryten wurd gen Küssnach zu siner Burg.

Der Landt-Vogt und sin Diener kamend mit grosser Not und Arbeit übern See gen Brunnen, rittend darnach durch SchwitzerLand, und wie si der gemelten holen Gassen nachneten, hört Er allerley Anschläg des Land-Vogts wider Ine, Er aber hat sin Armbrust gespannen und durchschoss den Landt-Vogt mit einem Pfyl, dass Er ab dem Ross fiel, und von Stund an tod was.

1 gefasst gemacht.

2 beängstigt. 3 erwischt.

• Gebüsch.

30

SEBASTIAN FRANCK.

[Scherer D. 286, 295, E. 282, 292.]

Geboren zu Donauwörth, gestorben gegen 1543 in Basel. Er führte ein unstätes Leben, ward als Mystiker und Schwärmer verfolgt, und scheint sich nothdürftig durch Schriftstellerei erhalten zu haben. Seine geschichtlichen Arbeiten, namentlich die 'Chronik der Deutschen', waren volksthümlich. Als Verfasser von mystischen Büchern ward er des Unglaubens verdächtig, und Luther nennt ihn ein Lästermaul, des Teufels liebstes Maul, einen Enthusiasten und Geisterer, dem nichts gefällt als Geist, Geist, Geist. Seine Sprichwörtersammlung (vom Jahre 1532) wurde herausgegeben von Latendorf (Poesneck, 1876).

I.

AUS DER VORREDE ZUR GERMANIA.

Es ist immerzu das frembd besser dann das heymisch. Was vor der thür, has hat mann niendert für1. Also ist es den Teutschen auch, daher haben sie so gar nicht von jn selbs, dass kaum ein volck ist, dass weniger von jm selbs weyss vnd hat. Zu dem hat das vnglück auch darzu geschlagen, dass sie mer krieger bissher dann glert Leut haben gezogen vnd gehabt: das macht, dass sie also versaumpt vnd dahinden bliben seind, dass sie so gar nicht von jn selbs wissen odder haben. Nit dass sie, so vnendlich 2 leut, nichts Chronick wirdigs haben gestifft, geredt vnd thon; ja mer 10 dann viel andere völcker, also dass sie in dem fall weder den Griechen noch Latinern weichen, sonder dass sie niemant haben gehabt, der jr weise kleinmüetige3 red vnd that auffschrieb, vnd jrer eygen histori, so sie täglich gewont vor augen gesehen, vnd nichts seltzams oder wunders bey jnen gewesen ist, nit haben acht genommen, vnd nur fürwitzig auff andere völcker vnd lender gesehen, vnd jn lassen treumen, weil nuon von anderen orten inn Latein, Griechischer vnnd Judischer zung vil bücher seyen, so seyen allein dieselben land voller wunders, weissheit, reichthumb, kunst, vnd jn ja lassen träumen, sie seien Barbari, darumb dass sie 20 die Römer etwa Barbaros haben genent; dann Teutsche seind von art ein volck, dass nicht von seim ding helt, nur frembd ding guot 1 für nichts halten. 2 zahlreich. 3 bescheiden. * sich träumen lassen, sich einbilden.

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