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in der construction des ganzen sich zeigt. diese künstlich geordnete verwirrung, diese reizende symmetrie von widersprüchen rühmt er. denn das ist der anfang aller poesie, so lautet das evangelium des apostels der späteren romantik in Deutschland, den gang und die gesetze der vernünftig denkenden vernunft aufzuheben und uns wider in die schöne verwirrung der phantasie, in das ursprüngliche chaos der menschlichen natur zu versetzen (362). auch die anderen mythologien aber müssen nach dem mafs ihres tiefsinns und ihrer schönheit wider erweckt werden. auf den orient weist er hin, wo wir das höchste romantische suchen müssen, auf die quelle von poesie, die aus Indien uns fliefsen könnte (vgl. Ideen s. 304).

Leichter als bisher ist es durch die vorliegende ausgabe möglich, sich ein bild von dem jungen Schlegel zu machen, der auf seine zeitgenossen eingewürkt hat. keine noch so sorgfältige darstellung kann ersatz für den frischen eindruck bieten, welchen das lesen der schriften eines eigenartigen menschen bereitet. Schlegel besafs die eigenschaften, welche den grofsen schriftsteller machen: mit der reizbarsten empfänglichkeit verband er den spürenden, befruchtenden tiefsinn, mit gelehrten kenntnissen eine fülle von ideen. ihm fehlten aber die innere stetigkeit, die characterkraft, um aus dem leidenschaftlichen ungestüm der jugend sich zur reifen klarheit emporzuringen. auch er war, wie er von Lessing sagt, einer von den revolutionären geistern, welche, wohin sie sich wenden, im gebiet der meinungen, gleich einem scharfen scheidungsmittel, die heftigsten gährungen verbreiten. aber seine rastlose unersättlichkeit, seine unruhe hatte wenig gemein mit der göttlichen unruhe Lessings, die Schlegel selbst. so schön preist; denn sie stand nicht immer blofs im dienste der wahrheit, sondern oft der selbstsucht und eitelkeit. es blieb ibm versagt, ein werk in vollendet reifer und bleibender gestaltung der welt zu hinterlassen. der an den dichtungen der Griechen fort und fort die schönheit, freiheit und harmonie pries, konnte einen roman von der unform der Lucinde schreiben: kein wunder dass er schliefslich als der modernste und der mystische prophet von einer schar rückwärts in die vergangenheit gewendeter poeten begrüfst wurde. der geistreiche Novalis nennt ihn schon im jahre 1797 den hypermystischen, hypermodernen, hyperlyriker (bei Raich aao. 46), und ein anderes mal schreibt er offenherzig: deine recension von Niethammers journal hat den gewöhnlichen fehler deiner schriften, sie reizt, ohne zu befriedigen, sie bricht da ab, wo wir nun gerade aufs beste gefasst sind, andeutungen, versprechungen ohne zahl. kurz man kehrt von der lesung zurück, wie vom anhören einer schönen musik, die viel in uns erregt zu haben scheint und am ende, ohne etwas bleibendes zu hinterlassen, verschwindet. augen haben deine schriften genug -helle, seelenvolle, keimende stellen, aber gib

uns auch endlich .. etwas ganzes. ... darin gleicht Schlegel dem genialen Hamann, dass auch er im grunde nur fragmente geschrieben hat, welche überall fermenta cognitionis enthalten. nicht dem grofsen Lessing, auf den er sich so gern beruft und den er sich, wie er behauptet (s. 416), frühe zum leitstern erkoren. niemand kann verkennen dass Lessing durch poetische schöpferkraft, welche Schlegel freilich keck abgestritten, durch formsicherheit wie durch innere gröfse, stetigkeit und klarheit bei aller scheinbaren disharmonie der kräfte ihn weit hinter sich lässt, dass auch seine unvollendet gebliebenen werke in der sache selbst nichts fragmentarisches haben. wer war witziger als Lessing, und wer vermied es mehr als er viel wesens davon zu machen? bei wem mit gleicher begabung mafst der witz sich weniger die herschaft über die sache selbst an? davon schweigt Schlegel, wenn er den genialischen stil Lessings, welchen er sonst sehr treffend characterisiert, als eine würkung des witzes, Lessings eigentlicher stärke, darstellt (Lessings ged. und meinungen usw. 17). Schlegel weifs dass er sehr witzig ist und rühmt sich dessen mit dem rechte des schöpferischen genies. nur zu bald geriet er in versuchung, mit witz und der von ihm gepriesenen ironie, die sich über alles bedingte unendlich erhebt, auch über eigene kunst und tugend, seinen geist allmählich auch zu dem stimmen zu wollen, was demselben nach seiner ursprünglichen anlage entgegengesetzt war. der im beginn seiner laufbahn grofs wie ein Titane begonnen, der seine eigenart nach allen richtungen des lebens geltend zu machen den mut, manchmal vielmehr die dreistigkeit hatte, er endete, für alle freie forschung tot, um sein eigenes wort gegen FHJacobi zu gebrauchen, mit einem salto mortale in den abgrund der göttlichen barmherzigkeit. ironie, sagt er halb ernst, halb spottend in einem fragmente des Lyceums (190), ist die form des paradoxen. paradox ist alles, was zugleich gut und grofs ist. die leidenschaftlich geliebte und gesuchte paradoxie hat ihn schliefslich in die arme der orthodoxie getrieben. und es war kein geringerer als Goethe, der im jahre 1808 den merkwürdigen fall beklagt, dass im höchsten lichte der vernunft, des verstandes, der weltübersicht ein vorzügliches und höchst ausgebildetes talent verleitet wird, sich zu verhüllen und den popanz zu spielen. (Briefwechsel zwischen Goethe und Reinhard, Stuttgart 1850, s. 32 f).

Berlin im märz 1883.

DANIEL JACOBY.

ZUR GESCHICHTE DER DEUTSCHEN PHILOLOGIE.

I JACOB GRIMM UND LEONZ FÜGLISTALLer.

Das folgende fragment, ein quartbogen von 4 seiten, welche zweispaltig gebrochen sind, enthält anfragen JGrimms über ahd. glossen in hss. der stiftsbibliothek zu SGallen und nebenstehend Füglistallers auskünfte. Grimms schrift ist eine schöne runde antiqua, Füglistaller dagegen schreibt mit z. t. zitternden fracturzügen; nur die ahd. wörter und ihre lateinischen glossen sind in antiqua gegeben.

Da Füglistaller in Deutschland vergessen scheint (weder vRaumers Geschichte der germanischen philologie noch die ADB gedenken seiner), so dürften einige nachrichten über ihn nicht unwillkommen sein. ich entnehme dieselben der biographie F.s durch J. J. R. (JJRohrer), welche als gratiszugabe zu jahrgang x1 (neue folge 1) der Kathol. Schweizer blätter (gegenwärtig Blätter für wissenschaft, kunst und leben aus der katholischen Schweiz), Luzern 1869 erschien.*

Leonz Füglistaller wurde geboren am 20 april 1768 in dem aargauischen dorfe Jonen, das der katholischen landschaft Freiamt angehört. seine eltern waren nicht unvermögliche bauersleute, welche neben der landwirtschaft auch das müllergewerbe betrieben. nachdem der knabe seine vorbildung im Solothurner collegium erhalten hatte, begab er sich, um theologie zu studieren, anfänglich nach Dillingen, später nach Landshut. in Constanz zum priester geweiht begann er seinen lehrer- und seelsorgerberuf in Rapperschwyl. von dort kam er 1798 als prof. der syntax nach Luzern, wurde 1801 prof. der physik, 1806 der ‘höhern classischen, griechischen litteratur' und 1807 der moraltheologie. nachdem er aber als praefect seiner anstalt 1810 mit den oberbehörden in conflict geraten war, legte er seine ämter nieder und unternahm eine wissenschaftliche reise nach Göttingen und Paris. in den jahren 1811-1815 lehrte er mathematik und physik an der katholischen kantonsschule zu SGallen und benutzte zugleich die handschriftlichen schätze der stiftsbibliothek, um sich mit dem ahd. gründlich vertraut zu machen. 1815-18 lebte er als kanzler des generalvicars Göldlin von Tiefenau in Beromünster, dann würkte er an

[* ich habe die auszüge aus Rohrer mit hilfe der mir sonst bekannt gewordenen biographischen notizen über Füglistaller zu erweitern und zu berichtigen gesucht, dabei benutzte ich vorzugsweise ALütolfs lebensbeschreibungen von JEKopp, Luzern 1868, besonders s. 27 ff, und von JLSchiffmann, Luzern 1860, s. 234 ff; (Troxler) Schweizerische Rütliund Schillerfeier am 10 november 1859, Aarau 1860, s. 47 f; endlich den Neuen nekrolog der Deutschen xvin (1840) s. 1269 f.

A. F. D. A. X.

ST.] 10

der secundärschule zu Zurzach, bis er 1819 wider nach Luzern, zunächst als professor der physik, zurückberufen wurde. eine zeit lang stand er dem lyceum als praefect vor. 1824 wurde ihm ein canonicat im Hof, 1831 die würde eines infulierten probstes des SLeodegarstiftes in Luzern zu teil. als solcher starb er am 21 märz 1840 in folge eines schlagflusses. besonders bekannt ist er geworden durch seine vorzügliche, allen metrischen variationen und reimverschlingungen des originals ebenso treu wie gewandt sich anschliefsende lateinische übersetzung von Schillers Glocke (Haeret forma terrae pacta), Luzern 1821, wider abgedruckt bei Troxler aao. s. 29 ff.

Füglistallers germanistischer nachlass, den er dem stifte Muri vermachte (vgl. Kurz und Weissenbach Beiträge zur gesch. und litteratur 1118), besteht gegenwärtig aus folgenden bänden: Glossa Keronis una cum aliis e Cod. Msptis S. Gall. collectis (fol.); Glossarium Keronis e Cod. Msptis St. Gall. (fol.); Glossae St. Gallenses ex Kerone aliisque Msptis collectae et alphabetice dispositae (fol.); Vocabula ex Tatiano et Isidoro collecta (fol.); Glossarium Latino-Germanicum (quart); Notae grammaticae de Isidoro et Kerone (fol.); Vocabularium Germanico-Latinum (fol.); Vocabularium Latino - Germanicum (fol.); Vocabularium in Otfridum (fol.); Animadversiones in Otfridum (fol.); Capella, Martianus Felix, De nuptiis philologiae cum Mercurio, libri duo, in linguam theotiscam a Notkero translati, cum notis Füglistalleri (fol.); Aristoteles, Libri de Praedicamentis et de Interpretatione abs B. Notkero Labeone Theotisce ac Paraphrastice translati. Descripti ex Cod. S. Gall. a Füglistaller (fol.); Notker, Labeo, Psalterium, cum notis Füglistalleri (fol.). er befindet sich auf der Aargauer kantonsbibliothek; aber sein briefwechsel mit JGrimm scheint dorthin nicht gelangt zu sein, wenigstens habe ich trotz eifrigster nachforschung nur das folgende bruchstück auffinden können.

1) kommt menget (mangelt) mehr bei N. vor, als 33, 11. und hat es im praet. mangta? Die wurzel scheint mir undeutsch (vgl. mancus, manquer) doch hat auch O. epil. 11 mangold.

2) N. pag. 259, 8. fkederftefta (cardines) kann richtig seyn, wiewohl fkerder nach gl. jun. 237. fkerdar (cardines) zu mutmaßen wäre. Indeffen stehet auch fonst wirdar f. widar, ërdo f. edo, fuorter f. fuoter. Mit

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fcerten (fcapulis) N. 94, 4 wohl plagas cardinales unter fkederkein zusammenhang?

3) fteften, ftafta scheint bei N. gleichbedeutig mit heften, hafta (figere) obgleich beide wörter ganz verschiedener wurzel. geftafter steht p. 266a, 7.

4) es ärgert mich, gr. p. 619 heli geschrieben zu haben, es heißt heli (velamentum, perizoma) und hört zu helen (velare, amicire) heleta, wie chelt (fupplicium) zu chelen, quelen.

5) was ist wurzel zu gilen (mendicare)? Stalder gibt das wort nicht, doch Dasypodius u. a. habens. hängts zus, mit geil laetus, lafcivus? in glossis vindob. habe ich gil (hernia) gilohter (herniofus) weiß aber nicht ob gil oder gil zu schreiben. Ein giler (mendicus) könnte zur noth herniofus seyn, doch das verbum gilen fügt sich minder.

6) N. 143, 12. gefrenchet, ift das recht und mehr vorkömmlich?

7) mandare (messor) 128, 7. beßere ich in mâdâre.

8) gefneiten ih (concidam) 88, 24. richtig?

9) in den gumptten (ftagnum) 54, 24. sicher vitiose fcriptum ft. gumphen? Dafyp. gumpe, gurges. Stalder gumpe weiblich vielleicht alfo in den gumphen dat. pl.? Aus den gl. Ker. führten Sie ein dunkles cumpe an.

10) fkihtig (fugax, pavidus) oder fkihtig zu schreiben? N. 67, 2. oder skiuhtig? wenn es zu fkiuhen gehört. Sie haben

ftefta verstanden habe. Gl. K. hat: cardo ango, ubi ver

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