صور الصفحة
PDF
النشر الإلكتروني

sind ohne frage verdienstlich. schwerlich aber wird man ihm glauben dass Reinmar in seiner ersten periode den auftact im ganzen streng behandelt (s. 120), in seiner zweiten nach Veldekes beispiel sich öfters gröfsere freiheit gestattet, diese aber in seiner dritten periode wider ganz gemieden habe. neues, das einiger mafsen wesentlich wäre für die würdigung Reinmars, bringt B. auf den 87 seiten seines fünften capitels verschwindend wenig. wo er bei seiner nachlese auf oft gemähtem felde noch eine ähre findet, die seine vorgänger übersehen hatten, da begnügt er sich nicht, sie einfach beizusteuern und zum übrigen zu legen, sondern zieht noch einmal was bereits geerntet und geordnet war hervor und breitet es weitläufig aus, von der getanen arbeit ein gut teil widerholend. sein eigenes hälmlein, das er selbst hinzufügt, erscheint nun um so winziger.

Das sechste capitel soll den inneren gegensatz der westdeutschen und altheimischen lyrik beleuchten. des verf.s ästhetisches urteil bewährt sich dabei nicht zu best. er ist, wie wir wissen, bedingungsloser lobredner Reinmars, dessen armut er für reichtum, dessen einseitigkeit er für kraft, dessen reflexion er für empfindung hält.

Schon im ersten capitel stiefs man auf einen satz wie diesen: 'speciell in Strafsburg hat Gottfried etwas später jene art von minne verherlicht, die Reinmar im leben (!) wie in der dichtung vertrat' (s. 8). welch ein gedanke! Reinmars conventionelles werben mit Tristans leidenschaft, wie sie uns der Strafsburger meister schildert, Reinmars zaghafte und verzwickte poesie mit. der glühenden, glänzenden, hinreifsenden darstellung Gottfrieds zu vergleichen! B. beruft sich dafür auf Scherers Litteraturgeschichte. was hatte dieser aber gesagt? 'Walther verhält sich zu Reinmar wie Wolfram zu Gottfried' (s. 205). damit meinte er natürlich nicht dass Reinmar und Gottfried dieselbe 'art von minne verherlichten', sondern dass beide zu den dichtern gehören, die durch einseitigen geschmack, durch die übertreibungen einer geistreichen manier die poesie ärmer machen. Scherer hebt in seiner characteristik Gottfrieds s. 166 seine geistreiche spitzfindigkeit, sein virtuosentum, das scholastische seiner reflexion, seine neigung zu psychologischen analysen hervor: darin, in diesen schwächen, auf die er selbst sich gerade etwas einbildete, ähnelt er Reinmar, den er so hoch bewunderte und dessen lieder auch, wie im einzelnen an zahlreichen anklängen sich zeigen lässt, auf ihn gewürkt haben.

B. rühmt an Reinmar den 'sicheren tact für das künstlerisch würksame' (s. 163) und bezeichnet damit das was ihm gerade im höchsten mafse abgieng. auch als mensch übertraf der Reinmar B.s die meisten seiner kunstgenossen: 'für die rolle, welche später dem ehrgeiz eines Neifen genügte, hatte Reinmar wol die fähigkeit (?), aber nicht die neigung' (s. 150). ja sogar eine un

verheiratete frau soll der tugendhafte dichter besungen haben: man soll, als er dichtete, in Österreich 'die romanische unsitte, verheirateten frauen zu dienen, noch nicht gekannt haben' (199). die 165, 37 gestellte alternative setze die würklichkeit des freiseins voraus, wobei B. übersieht dass blofs das freisein von einem liebhaber, nicht von einem gatten gemeint sein, aufserdem aber Reinmar doch auch sich vorgestellt haben könnte dass seine herrin ihren gemahl verlöre. die liebe zu Reinmar macht den verf. auch gelegentlich ungerecht gegen andere dichter. Hausen schätzt er viel zu gering; einmal äufsert er mit bezug auf ihn: nur in ihren kreuzliedern zeigen diese Westdeutschen ernst, in ihren minneliedern spielen sie' (136). ja, es sind würklich gar zu schlimme leute, diese Westdeutschen! die schwächen der modepoesie, welche Reinmar so sichtbar anhaften, werden von dem verf. bei ihm geläugnet, an Hausen findet er sie dagegen ganz richtig heraus und übertreibt sie noch bedeutend (192 f). den Rheinländern traut er alles schlechte zu: 'die behauptung, Reinmar traure der mode zu liebe, hatte überhaupt nur einen sinn, so lange er für einen Rheinländer galt' (202). Reinmar verteidigt sich so oft wie kein zweiter dichter gegen vorwürfe und spöttereien der hörer, die an der wahrheit seiner trauer zweifelten und sich bei seinen monotonen klagen langweilten. gewöhnlich hat man daraus geschlossen dass seine zeit Reinmars liedern gegenüber dieselbe empfindung hatte wie wir heute, dass nämlich recht viel gesuchtes, künstliches, conventionelles darin sei. aber B. 'weifs keinen grund an der aufrichtigkeit dieser versicherungen, die Reinmar gegen solche anklagen vorbringt, zu zweifeln' (206). er bemerkt zwar auch 'dass gerade jene lieder, in denen die absicht, auf die geliebte frau zu würken, am deutlichsten hervortritt, in bezug auf die poetische schönheit zu den schwächsten leistungen Reinmars gehören', dass er hier 'von jeder erfindungsgabe verlassen sei' (207). trotzdem versteigt sich B. zu folgenden sätzen, bei denen ernst zu bleiben würklich schwer ist: 'man darf vielleicht behaupten dass kein anderer mittelhochdeutscher dichter so wie er auf schlichte würklichkeit und natürlichkeit in seinen liedern ausgieng' (203), 'in seinem minnedienst handelt es sich nicht um die verwürklichung eines vorbildes aus irgend einem der modischen romane, sondern um individuelle erlebnisse und beziehungen wie bei Kürenberg und Dietmar von Eist' (209).

Das buch beschliefsen fünf excurse metrischen inhalts: der erste gibt eine übersicht der strophenentwickelung in der österreichischen lyrik auf grund der unrichtigen verteilungen, die B. in seinem buche mit den liedern aus Des minnesangs frühling vorgenommen hat. der zweite sucht darzulegen dass die synalöphe der volkstümlichen poesie und auch der sogenannten alt

heimischen lyrik fremd sei. so lange dies nicht mit benutzung eines umfangreicheren materials nachgewiesen wird, darf man daran wol zweifeln, da gerade das umgekehrte verhältnis natürlicher zu sein scheint: die synalöphe ist doch wol im anschluss an die gewöhnliche umgangssprache entstanden, man erwartet danach sie in der volkstümlichen poesie häufiger zu finden als in der rein kunstmäfsigen. der dritte excurs will das verhältnis der geistlichen dichtung zur deutschen lyrik bestimmen: im ganzen habe jene auf die letztere nicht eingewürkt, nur die dreiteiligkeit hätten die minnesänger von den geistlichen gelernt. der vierte excurs erörtert die frage nach der originalität der deutschen strophen in den Carmina burana: B. stimmt mir darin zu 'dass an keinem puncte ein einfluss der vagantendichtung auf die höfische lyrik zu erweisen ist' (221). der fünfte excurs verbreitet sich über strophenentlehnungen in der älteren lyrik. in diesen excursen hat der verf., dessen fleifs überhaupt lob verdient, ebenso wie in dem dritten capitel mancherlei brauchbares material für metrische untersuchungen zusammengetragen, wofür man dankbar sein kann, auch wenn man seine darauf gegründeten aufstellungen nicht billigt.

Wenige worte noch über B.s darstellung. sein buch gehört zu der leider zahlreichen classe jener, in denen man fortwährend das handwerkszeug der forschung klappern hört: man sieht wie die fäden der untersuchung gezogen, gespannt und verbunden werden, es gibt wol ein netz von abstracten, hochwissenschaftlichen ausdrücken, aber es kommt kein würkliches ganzes gewebe zu stande, dessen anblick nutzen bringen und einen freuen könnte. auch gelehrte bücher, welche die abgezogensten probleme erörtern, können nur gewinnen, wenn sie in einer würklichen sprache geschrieben sind, die auch der anschauung des lesers nahrung gibt. die germanisten zumal, welche unsere muttersprache zum gegenstand wissenschaftlicher erkenntnis machen, haben alle ursache, auch selbst ein gutes deutsch zu schreiben, das sich mit gründlichkeit und solidität sehr wol vereinigen lässt. bei B. ist die ganze darstellung von einzelnen stilistischen nachlässigkeiten und geschmacklosen ausdrücken sehe ich ab1 steif und starr, ohne bewegung und leben, alles ist gestaltlos, unbezwungenes material, das den verf. beherscht statt von ihm beherscht zu werden.

Gottfried Keller erzählt im dritten bande (capitel 15) seines

1 nur ein beispiel möchte ich nicht verschweigen. B. redet in seinem buch oft von altheimischer lyrik, altheimischer poesie, ganz richtig. aber er wagt auch 'altheimische dichter', 'altheimische minnesänger' und bezeichnet damit nicht etwa im gegensatz zu deutsch dichtenden ausländern, wie zb. Thomasin von Zirclære, solche dichter, deren geschlecht in Deutschland von alters eingesessen ist, sondern diejenigen, welche in der art der altheimischen poesie dichten.

Grünen Heinrich von einem seltsamen grillenfange seines helden: Heinrich, der wol auch in diesem falle der dichter selbst ist, strichelt auf einem carton, der nichts als einen begonnenen vordergrund enthält; an diese kritzelei setzt er ein unendliches gewebe von federstrichen, mit gröster sorgfalt und genauigkeit, bis das unwesen wie ein ungeheures graues spinnennetz den grösten teil der fläche bedeckt. scharf betrachtet erweist sich jedoch dies wirrsal voll zusammenhang und fleifs, als ein labyrinth, das vom anfangspuncte bis zum ende zu verfolgen ist. alles gegenständliche, schnöd körperliche ist hinausgeworfen, die fleifsigen schraffierungen sind schraffierungen an sich. Heinrichs freund, der dazu kommt und mit heimlichem verdruss dies werk gewahrt, prophezeit bitter spottend dass auch die dichtung die gleiche bahn beschreiten, die zu schweren wortzeilen und metaphern wegwerfen und zu einem decimalsystem der leichtbeschwingten striche übergehen werde.

Wer verkennt den tiefen symbolischen sinn dieser geschichte? es gibt auch wissenschaftliche bücher, die ihren triumph darin suchen, 'schraffierungen an sich' zu sein, recht als ob logik und wissenschaftlichkeit erst im wesenlosen ihre schönsten siege feiern könnten. diese gedanken kamen mir, als ich B.s buch durchlas ihn als den einzelnen in einer ganzen classe soll ein vorwurf nicht treffen, aber man kann an ihm sich eine richtung deutlich zum bewustsein bringen, die wol in allen historischen wissenschaften ihre nachfolger hat, in der unsrigen jedoch augenblicklich ganz besonders viele.

Berlin, den 4 april 1883.

KONRAD BURDACH.

1. Beati fr. Bertholdi a Ratisbona sermones ad religiosos xx ex Erlangensi codice una cum sermone in honorem SFrancisci e duobus codicibus Monacensibus in centenarium septimum familiae Franciscanae edidit fr. PETRUS DE ALC. HOETZL ord. ff. min. ref. prof. Bavar. Monachii, typis et sumptibus instituti literarii dr Max Huttler, 1882. VIII und 111 ss. 4°. — 6 m.*

2. Berthold von Regensburg von KARL UNKEL. Köln, Bachem, 1882 (zweite vereinsschrift der Görresgesellschaft für 1882). Vi und 116 ss. 8°. 1,80 m.

Früher als zu vermuten war, scheint der neulich in diesen blättern (Anz. vir 401) ausgesprochene wunsch in erfüllung gehen zu sollen herr p. Hötzl beabsichtigt eine gesammtausgabe der lateinischen predigten Bertholds von Regensburg zu veranstalten Gött. gel. anzeigen 1883 st. 23

[* vgl. DLZ 1883 nr 8 (JStrobl). (ESchröder).]

und bietet hiermit eine probe seiner arbeit, die ersten zwanzig nummern der Sermones ad religiosos nach dem codex Erlangensis. die festliche gelegenheit, das centenarium des hl. Franciscus, veranlasste ihn, nr 4 des Rusticanus de sanctis (nach Jakobs zählung) aus zwei Münchner handschriften voranzustellen. von dem erfolge, den diese arbeit haben wird, der teilnahme theologischer leser sowol als dem urteile der kritik, will der herausgeber abhängig machen, ob er dem grofsen werke seine kräfte widmen solle.

Ich war anfangs ein wenig verwundert darüber, dass eine erste gabe aus den lateinischen predigten des bruder Berthold gerade den Sermones ad religiosos entnommen wurde, einer collection, die für ein engeres publicum bestimmt und in folge dessen weniger verbreitet war als andere. zudem enthält diese sammlung mehr stücke denn die übrigen, deren authenticität zweifelhaft ist, die untersuchung darüber muss vorsichtig und schrittweise geführt werden. warum sind nicht lieber eine anzahl sermone aus einem der Rusticani ausgehoben worden, welche so populär waren, deren echtheit ziemlich sicher gestellt ist? wahrscheinlich bestimmte den editor der umstand, dass die Sermones ad religiosos ihm nur aus einer einzigen hs. bekannt waren, die kritische arbeit stellte sich ihm als eine verhältnismäfsig leichte dar und der gewählte termin drängte zur drucklegung. meine mitteilungen über den codex Graecensis (aao. s. 386 ff) sind ihm offenbar nicht zugänglich gewesen, obschon sie ein jahr vor dem datum seiner vorrede erschienen waren, wenigstens hat er keinen gebrauch davon gemacht. somit beruht seine edition durchaus auf der Erlanger hs. nr 407, xiv jh., ausführlich beschrieben von Jakob Die lateinischen reden des sel. BvR. s. 22 ff.

Wenn man das wenige, was H. im vorworte über seine kritischen grundsätze beibringt, mit dem zusammenhält, was aus der lecture seines textes sich ergibt, so findet man dass sein natürliches und berechtiges streben war, die hs. treu widerzugeben und nur zu ändern, wo fehler offen lagen. allerdings stimmt schon seine interpunction nicht mit dieser absicht. H. lässt sich nicht durch die hs. führen und wahrt nicht nach kräften die auffassung des schreibers, sondern er interpungiert in seiner weise, dh. viel zu viel. während er das verständnis erleichtern will, erschwert er es vielmehr durch die verwirrende menge seiner kommata. er reifst damit aus einander statt zu verbinden, löst in locker gefügte gliedchen auf, indes er die gröfseren zusammenhänge klar machen sollte. er interpungiert wie die kirchenväterdrucke des xvn jhs., welche einen modernen leser zur verzweiflung bringen, besonders einen philologen, der sparsam mit den zeichen umgeht, da jedes würklich etwas für ihn bedeutet. auch zeigt sich hier schon dass H. die deutschen predigten Bertholds nicht ausreichend studiert hatte, bevor er

« السابقةمتابعة »