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zu Gott kommen. Zu Betrachtungen, die lehrreicher für den Geist, anziehender für das Herz, und fruchtbarer für das Leben ihrer Mit glieder måren, als die Betrachtungen über das Leiden und den Tod Jesu, glaubte die Kirche nicht ermuntern zu können; und daher die Auszeichnung des Zeitraums, welchen wir heute an fangen; daher der Auftrag, den sie ihren Leh. rern giebt, alle Bekenner Jesu zu einer vernünf tigen Feyer dieses Zeitraums, und zu einem ernst haften Nachdenken über die Geschichte, der er gewidmet ist, auf das Dringendste zu ermahnen und aufzufordern.

Ich ergreife die Gelegenheit, welche mir das heutige Evangelium darbietet, dieses Auftrags, deffen Wichtigkeit ich tief empfinde, mich zu ent ledigen, und euch gleich berm Eintritt in die merkwürdigen Wochen, die der Kirche Christi so heilig sind, auf die groffe Sache zu lenken, welche diese Zeit über der vornehmste Gegenstand eurer stillen Ueberlegungen seyn soll. Aber ich sage es mir selbst, ich trage kein Bedenken, es laut und öffentlich zu auffern, meine Hoffnung, viel aus zurichten, es dahin zu bringen, daß sich euer Nachdenken wirklich auf die Geschichte der Leiden und des Todes Jesu lente, daß es eine absicht liche Beschäftigung für euch werde, die Geschichte dieses Todes in eignen, dazu gewidmeten Stun den zu wiederholen, und sie zu einer wahren Erbauung anzuwenden, diese Hoffnung also ist fehr gering und schwach. Es ist nicht im Geschmacke des Zeitalters, frommen Betrachtungen eigne Stunden zu widmen, und unzählige Chris ften haben von einem Bedürfniß dieser Art gar

feinen Begriff. Das Gedrång eurer Geschäfte, Die Gewalt eurer Zerstreuungen, das Geräusch eurer Luftbarkeiten wird in diese Wochen über so ununterbrochen fortdauern, als zu einer andern Zeit, und fast ist insonderheit der Lärm und das Loben wilder Ergöglichkeiten nie ausgelaßner als gerade beym Eintritt in diese Tage eines frommen Ernstes und einer stillen Feyer. Und die Geschichte selbst, an die ihr denken, bey der ihr euch so lange verweilen sollet, sie ist euch ja långst bekannt, man hat sie euch von Jugend auf eingeprägt, sie hat nicht den mindesten Reiß der Neuheit mehr für euch, sie kann euch weder unterhalten, noch aufheitern, sie ist in manchen Umständen sogar anstoffig für eure Vernunft, fie erwecket allerley Bedenklichkeiten und Zweifel ben euch, ihr fühlet, wenn ihr euch die Wahrheit gestehen wollet, einen gewissen Widerwillen dagegen, und glaubet daher eurer Zufriedenheit und Ruhe am besten zu rathen, wenn ihr euch gar nicht damit befaffet, und euch höchstens das gefallen lasset, was wir euch bey Gelegenheit unfrer öffentlichen Vorträge davon mittheilen.

Doch ich urtheile zu hart! Nein, der Sinn Aller ist dieß gewiß nicht. Auch unter uns wird es nicht an Leuten fehlen, die sich über den Werth, welchen die Geschichte der Leiden und des Todes Jesu für uns haben soll, nur noch nicht verständigt haben. Es wird Andre geben, die ihr Leichtsinn, oder ihre Zerstreuung in Ge schäfte, oder ihre Vorliebe für andere Gegenstånbe zu Betrachtungen einer ihnen so fremden de Sache zwar nicht kommen läßt, die aber dieselbe keineswegs verachten oder gering schäßen. Und

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daß es Manchen unter uns ein wahrer Ernst seyn mag, diese Tage dem zu heiligen, der uns mit seinem Blute erkauft hat; das sich Viele mit Rührung und Dankbarkeit alles vergegen wärtigen, was Jesus in den lezten Tagen- feis nes Lebens, und in den feyerlichen Augenblicken seiner Aufopferung that und duldete: daß auch wir Glückliche unter uns haben, denen die Ges schichte der Leiden und des Todes Jesu eine nie versiegende Quelle der Belehrung, der Er munterung und des Trostes ist, die keinen bes sern und reinen Genuß kennen, als die stille Beschäftigung mit dieser in ihrer Art einzigen Begebenheit: warum sollte ich daran zweifeln, warum sollte ich nicht hoffen, auch in dieser Hin sicht werde sich die Kraft des Evangelit Jesu unter uns verherrlicht haben? Doch wie es auch unter uns stehen mag, ein prüfendes Nachdenken über den Werth, welchen die Geschichte der Leiden und des Todes Jesu für uns hat, scheint beym Eintritt in den bevorstehenden Beitraum nöthig und nüßlich für Alle zu seyn; es kann euch, die ihr diesen Werth noch gar nicht fenhet, oder gering schäßet, über euch selbst ins Klare bringen, und euch, die ihr lange damit vertraut seyd, welche Segnungen, sich hier finden lassen, ermuntern und befestigen. Eine Anleitung zu einem solchen Nachdenken soll also dießmal der Endzweck meiner Belehrungen seyn. Möge Gott sie segnen! Möge Er, der uns alle bis in den Tod geliebt hat, unsre, Herzen gewinnen, und sie mit der feurigsten Gegenliebe erfüllen! Darum bitten wir in stiller Andacht.

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Evangelium: Luc. XVIII. v. 31 — 43.

Die Gleichgültigkeit, ich darf wohl sagen, Die Gedankenlosigkeit, mit welcher die Jünger Jesu in dem vorgelesenen Evangelio die Nachricht auf nehmen, die er ihnen von seinem nahen, schreck lichen Tode giebt, M. 3., ist sehr befremdend und auffallend. So deutlich und bestimmt hatte er noch nie von diesem Tode mit ihnen gesprochen; er hatte die entehrenden Qualen, die denfelben begleiten würden, noch nie so aufgezahlt; er hatte es noch nie so bemerklich gemacht, daß fein trauriges Ende gar nicht entfernt mehr sey, daß er sich bereits auf dem Wege zu demselben befande, und ihm entgegen gehen wolle. Und was war die Wirkung dieser merkwürdigen Er klärung, welchen Eindruck brachte sie hervor? Sie vernahmen der keines, sagt der Evangelist, und die Rede war ihnen ver borgen, und wußten nicht, was das gesagt war. Freylich von der Wichtigkeit der Leiden und des Todes Jesu, von der Abzweckung dieses Todes, und von den unermeßlichen WirFungen und Folgen desselben hatten die Apostel Jesu damals noch keinen Begriff; und welche Stürme sich jest erheben, was die Wuth seiner und ihrer Feinde jest wagen, welche Begebenhei ten und Wunder sich jezt entwickeln würden, davon ahneten sie nichts; fie lieffen also eine Er klärung, die noch so wenig Bedeutung und Sinn für sie hatte, bald wieder aus der Acht.

Befinden wir uns mit den Jüngern Jesu in einem Falle, M. 3., kann man, wenn von der Geschichte des Todes Jesu die Rede ist, auch

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von uns sagen: sie vernehmen der keines, und wissen nicht, was das gesagt ist; so ist diese Gleichgültigkeit und Gedankenlosigkeit natürlich noch weit befremdender und auffallender. Denn was damals erst bevorstand, ist nun långst ges schehen; was damals noch in tiefe Dunkelheit gehüllt war, hat sich nun aufgehelle; der Zu sammenhang von Umständen und Ursachen, durch welche der Tod Jesu bewirkt wurde, and welchen man damals noch nicht überschauen konnte, liegt nun ganz und entfaltet vor unsern Augen; und was mehr ist, als dieß alles, der groffe, munderbare Rathschluß Gottes, diesen Tod zur Verföhnung für die Sünden der Welt, und zu ej ner Quelle ewig daurender Segnungen für unser ganzes Geschlecht zu machen, dieser Rathschluß, welchen damals noch Niemand verstand und faf= sen konnte, ist nun in seiner ganzen Herrlichkeit sichtbar, und die Ausführung desselben schreitet unaufhörlich fort. Muß es bey solchen Umstån den nicht höchst auffallend und bedenklich seyn, wenn wir an der Geschichte einer solchen Sache dennoch keinen Geschmack finden können; müssen sich aus dem mehr oder weniger groffen Werth, welchen sie für uns hat, nicht überhaupt auf unsre Art zu denken und zu empfinden, sehr wichtige Schlüsse machen lassen? So lasset uns denn zusehen, M. Br., was uns die Geschichte der Leiden und des Todes Jesu ist; lasset uns untersuchen, wie gern oder ungern wir uns bey derselben verweilen; lasset uns beobachten, welche Empfindungen gegen dieselbe in unserm Herzen sind; lasset uns den Ursachen nachspüren, aus welchen unser ganzer Sinn gegen sie entSpringt; prüfendes Nachdenken über den

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