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Werth, welchen die Geschichte der Leis den und des Todes Jesu für uns hat, foll, damit ich es kurz sage, unsre Beschäftigung in dieser Stunde seyn.

Und hier ist es denn offenbar, M. 3., fie ist uns entweder unwichtig und gleichgültig diese Geschichte, oder anziehend und von grosser Be deutung; wir fühlen entweder einen gewissen Widerwillen gegen sie, oder betrachten sie mit Ehrfurcht und Freude; wir beschäftigen uns entwe der blos aus Gewohnheit mit derselben, oder kennen sie als eine Quelle der kräftigsten Ermunterung. Wir werden zufrieden oder unzufrieden mit uns seyn, von unsrer Gemüthsfassung eine vortheilhafte oder nachtheilige Meynung fas sen müssen, je nachdem wir uns des Einen oder des Andern bewußt sind. Es mag uns nåmlich, um alles bestimmter anzugeben, mißtrauisch gegen unsre Ueberzeugungen und Gesinnungen machen, wenn uns die Geschichte der Leiden und des Todes Jesu unwichtig ist; es mag uns beschamen, wenn wir eine völlige Gleichs gültigkeit dagegen bey uns wahrnehmen; es mag uns ein höchstbedenkliches Merkmal seyn, wenn sich wohl gar ein heimlicher Widerwille dagegen in uns regt; es màg ferner unsre Aufmerk samkeit wecken, menn unsre Beschäf tigung mit derselben ein blosses Werf der Gewohnheit ist; es mag uns ein gutes Zeichen seyn, wenn sie immer neuen Reiß für uns hat; es mag uns endlich zum Beweis einer acht christ.

lichen Denkungsart dienen, wenn sie eine nie versiegende Quelle der Bes lehrung, der Besserung und des Trostes für uns ist. Einer von den jezt angege benen Fällen ist ganz gewiß der unsrige, M. Br. Lasset uns jeden derselben besonders erwågen, und das, was uns bey dieser Gelegenheit in unserm Innern sichtbar werden wird, unparthenisch be obachten.

Ich sage, mißtrauisch gegen unfre Ueberzeugungen und Gesinnungen müsse es uns machen, wenn uns die Geschichte der Leiden und des Todes Jesu unwichtig ist. Es wird immer ge wöhnlicher, M. 3., das, was bey der Religion Thatsache ist, und zur Geschichte gehört, als etwas Zufälliges zu betrachten, worauf wenig anfomme, und wovon man die Religion möglichst entkleiden müsse. Das kann auch nicht anders seyn. Je mehr man daran arbeitet, die Religion als eine Sache der blossen Vernunft vorzustellen, und al les, was der menschliche Geist nicht selbst finden und begreifen kann, aus derselben zu entfernen: besto entbehrlicher wird alle Geschichte, sie wird dem, der alles durch sein Nachdenken und durch seine Schlüsse entscheiden will, sogar hinderlich. Was von der Geschichte der Religion überhaupt gilt, wird sich ganz vorzüglich auf die Erzählung von dem Leiden und Sterben Jesu anwenden laf= sen. Man wird nichts dagegen haben, daß von dem traurigen Schicksal, welches der größte Beförderer wahrer Religiosität und Sittlichkeit erfahren hat, eine Nachricht auf die Nachwelt ge. kommen ist. Aber einen besondern Werth, eine

eigen.

eigenthümliche Wichtigkeit für die Religion, wird man dieser Nachricht nicht zugestehen; man wird sie der grossen Menge derer beyzählen, die von andern Zeugen und Opfern der Wahrheit han deln; man wird behaupten, die Religion würde nicht das Mindeste dabey verloren haben, wenn man auch von dem Tode Jesu nichts wüßte, oder sein Schicksal eine andere Wendung genom men hätte. Und so läßt man denn die Geschichte. der Leiden und des Todes Jesu zwar als eine Er. zahlung gelten, die, wie alle Geschichte, vielerley heilsame Belehrungen enthält; sich aber auf eine besondre Art damit zu beschäftigen, sie zu einem Stoff andächtiger Uebungen zu machen, wie die Kirche dieß von ihren Mitgliedern zu fordern pflegt, dazu glaubt man keine Verbindlichkeit zu haben. Es ist nichts weniger, als Mißverstand oder übertriebene Aengstlichkeit, wenn ich euch, die ihr die Geschichte der Leiden und des Todes Jesu so anzusehen pfleget, ein Mißtrauen gegen eure Ueberzeugungen, und selbst gegen eure Ge finnungen beyzubringen fuché. Darauf, daß die christliche Kirche zu allen Zeiten anders geurtheilt, daß sie der Geschichte der Religion überhaupt, infonderheit aber dem Theile derselben, von welchem hier die Rede ist, einen hohen Werth beygelegt, und sie recht eigentlich für unentbehrlich gehalten hat, will ich mich jezt nicht einmal berufen; un geachtet es euch doch wirklich bedenklich vorkom men sollte, daß eure Ueberzeugung mit dem Glauben so vieler Jahrhunderte, so vieler einsichtsvoller und frommer Månner, im Widerspruch ist. Aber soll es euch nicht auffallen, daß der traurige Ausgang des Schicksals Jesu, daß insonderheit fein Tod in der Schrift als eine Sache vorges K

D. Reinh. Pred. 1fter Band 1803.

stellt wird, die der Religion wesentlich sey, ohne die das Evangelium nicht Evangelium feyn würde? Denn daß die Apostel Jesu diesen Tod -verkündigten, wohin sie nur kamen; daß sie ihn als den höchsten Beweis rühmten, den Gott der Welt von seiner våterlichen Huld gegeben habe; daß sie die Vergebung der Sünde, und die Erlangung einer ewigen Wohlfahrt von ihm abs hängig machten; daß sie ihn selbst mit der sittlichen Besserung des menschlichen Geschlechts in die genaueste Verbindung brachten, und daher über all behaupteten, das Blut Jesu des Sohnes Gottes mache rein mache rein von allen Sünden, das fónnet ihr unmöglich läugnen, dafür spricht jedes Blatt ihrer Schriften. Ich muß noch mehr sagen; der Herr selbst hat eben so gelehrt; er selbst hat es versichert, er gebe sich hin für das Leben der Welt, und vergiesse sein Blut zur Vergebung der Sünde; er selbst hat seinen Tod als die Be dingung vorgestellt, von der die Erlösung der Menschen, und der Sieg des Guten auf Erden ab. hange; er hat diesen, Tod für so wichtig angese hen, daß er ihn durch eine eigne Stiftung ausge zeichnet, und durch sein Abendmahl das Andenken desselben auf immer zu erhalten gesucht hat. Was wollet ihr hiezu sagen, ihr alle, die ihr anders gesinnt send? Daß eure Ueberzeugungen nicht schriftmåssig sind, ist entschieden. Ist der Tod Jesu das, wofür ihn die Schrift erklärt, so kann die Geschichte desselben unmöglich unwichtig und entbehrlich seyn; so muß man genau wiffen, wie es mit diesem Tode zugegangen ist; so läßt sich das Eigenthümliche und Unterscheidende des Evangelii ohne diese Geschichte weder ange

ben, noch beurtheilen. Und überleget es doch, wohin eure Geringschäßung des Geschichtlichen bey der Religion zulezt führt. Ein läugnen aller höhern Offenbarung ist die lezte nothwendige Fol. ge desselben. Denn Thatsache ists, daß sich Gott dem menschlichen Geschlecht auf eine besondre Art mitgetheilt hat; und eine geoffenbarte Reli gion ist nothwendig zum Theil Geschichte, ist nothwendig eine wunderbare, von der gewöhnli chen Ordnung abweichende Geschichte. Scheint euch also die Geschichte der Religion unwichtig und entbehrlich, so kann euch auch an dem höhern Ursprung derselben nichts gelegen seyn; so werdet ihr euch mit dem begnügen wollen, was euch eure Vernunft von Gott und seiner Verehrung lehrt, und einer Offenbarung nicht bedürfen. Aber sollte bey einer so kühnen Entfernung von allem, was so lange für entschieden, für wahr und heilig gehalten worden ist, sich nicht doch der Gedanke in euch regen, daß ihr euch irren, daß ihr falsche Schlüsse machen, daß ihr unrichtigen Vorausse gungen folgen, daß ihr vielleicht einem Einfluß unordentlicher Neigungen nachgeben, wenigstens dem Geiste der Zeiten auf eine unvorsichtige Art huldigen möchtet? Könnet ihr es euch unmög lich verhehlen, daß ihr der Geschichte der Leiden und des Todes Jesu die Wichtigkeit nicht beyleget, die ihr die Kirche Christi bisher zugestanden hat: so forschet nur redlich nach den Ursachen eurer Denfungsart; ich hoffe, ihr werdet meine Behauptung, daß sie euch mißtrauisch gegen eure Ueberzeugungen und Gesinnungen machen follte, nicht ungegründet finden.

Doch ich gehe einen Schritt weiter; ich be haupte, es müsse uns beschȧmen, wenn

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