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welches allen guten Menschen ohne Ausnahme, welches insonderheit gewissenhaften Christen eigen zu seyn pflegt, hat seine Gefahren; es kann zu mancherley Fehltritten verleiten, und allerley schädliche Wirkungen hervorbringen. Nicht immer wissen es selbst die besten Menschen mit jener Heis terkeit, mit jenem frohen Genuß sinnlicher Freuden, und mit jener Geschäftigkeit in åussern Angelegenheiten zu vereinigen, die wahren Christen geziemt; und daher hat es viele mit einem gewis sen Trübsinn erfüllt, sie zu Verächtern erlaubter Vergnügungen gemacht, sie wohl gar aus der menschlichen Gesellschaft verscheucht, und in ein siedlerische Träumer verwandelt! Es hat nie an Redlichen gefehlt, die das aufmerksame Beobach ten ihres Innern zu weit trieben, die es in ein spisfindiges Grübeln, in eine Art von peinlicher Untersuchung ausarten liessen; davon konnte aber nichts anders die Folge feyn, als ein verzagtes, ångstliches Wesen, als ein immerwährender Kampf mit unnüßen Bedenklichkeiten, als ein Haschen. nach Kleinigkeiten, bey welchem der Sinn für das Groffe und Wichtige immer mehr verschwand. Und wie viel edle, gutgesinnte Menschen hat ein unvorsichtiges Lauschen auf ihr Innres nach und nach auf die Abwege der Schwärmerey gebracht! Es dürfte sich mit dem Ernst, den sie bey diesem Geschäfte bewiesen, und mit der Andacht, welche sie daben zu Gott erhob, nur eine Einbildungskraft voll Regsamkeit und Feuer verbinden: so hörten fie Stimmen Gottes in ihrem Innern, so fühlten sie höhere Antriebe, denen sie nicht widerstehen fonnten, so glaubten sie sich der heiligen Schaar jener Auserwählten beygefellt, die Gott wirklich eines ausserordentlichen Einflusses gewürdigt, die

er zu seinen Boten an unser Geschlecht, und zu den Herolden seines Willens und seiner Anstalten begeistert hatte.

Und doch ist es, dieser Gefahren und Fehler ungeachtet, entschieden, M. 3., ohne ein stilles, aufmerksames und unablässiges Beobachten seines Innern kann man kein guter Mensch und kein gebes ferter Christ seyn; und wir, die wir als Lehrer des Evangelii auf alles hinzeigen, euch an alles erinnern, euch zu allem ermahnen sollen, was zu einer wahren Sinnesänderung nöthig und nüglich ist, können nicht oft, nicht ernstlich genug auf ein heilsames Forschen in eurem Innern, auf das Streben nach einer vertrauten Bekanntschaft mit demselben dringen. Und wahrlich, wir müssen dieß um so eifriger, um so unabläffiger thun, da wir zu unsern Zeiten die Fehler, zu welchen ein folches Beobachten führen kann, weit weniger zu fürchten haben, als die entgegengesezten Laster. Denn nicht ein finstrer, freudenleerer Trübsinn, fondern ein Schwelgen in finnlicher Lust; nicht ein ångstliches Grübeln über das Gebot der Pflicht, sondern ein freches Verachten desselben; nicht ein schwärmerisches Lauschen auf die Eingebungen Gottes und auf höhere Offenbarungen, sondern ein Unglaube, der selbst das Daseyn Gottes gern läugnete, eine Verwilderung, die nichts zugestehen will, als was sie mit Hånden greifen kann, das ists, was der Geist der Zeiten begünstigt, was er wohl gar empfiehlt, und als die einzige wahre Weisheit anpreiset. Und so wird es denn der Würde des Festes, welches wir feyern, und unsern Bedürfnissen vollkommen gemäß seyn, M. Br., wenn ich euch auch heute an die Aufmerksamkeit

erinnere, die ihr eurem Innern schuldig fend; wenn ich einen Hauptpunkt zur Sprache bringe, welcher zu dieser Aufmerksamkeit gehört, und die sorgfältigste Erwägung verdient. Er aber, der fein Werk in uns hat, der gesandt ist, uns zu erleuchten, uns anzuregen, uns zu bessern und zu heiligen, der Geist Gottes und Christi, sey mit uns, und mache auch diese Stunde zu einem Zeitpunkt seiner Wirksamkeit an unserm Herzen, und seiner reichen Segnungen. Darum bitten und flehen wir in stiller Andacht.

Esangelium: Luc. II. v. 22-32.

Kein Zufall, M. 3., keine empfangene Nachricht, keine dunkle Ahnung oder Vermuthung hatte den ehrwürdigen Simeon in den Tempel geführt, als der, auf welchen er schon so lange sehnsuchtsvoll gewartet hatte, endlich in demselben erschien. Ihm war eine Antwort wor den, sagt der Evangelist, von dem heiligen Geist, er sollte den Tod nicht sehen, er hatte denn zuvor den Christ des Herrn gesehen; und kam aus Anregen des Geistes in den Tempel. Einer von den Auserwählten, welche Gott besondrer Eröffnungen würdigte, war also dieser edle Greis; er war dazu ersehen, das erste, wichtigste Zeugniß von dem nun erschienenen Sohn Gottes abzulegen, und seine Mitbürger auf denselben aufmerksam zu machen; er sollte es laut fagen, zu einem Fall und Auferstehen vieler in Ifrael, und zu einem licht, zu erleuchten die Heyden, sey Christus bestimmt. Und so bedurfte es denn keines Winks von aussen, um diesen ersten

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ehrwürdigen Zeugen Christi in den. Tempel zu bringen, als Jesus mit seinen Eltern in demsel ben zugegen war; aus Anregen des Geistes kam er; es war eine höhere Leitung, es war ein göttlicher Antrieb, was ihn bewog, gerade an dem Tage, gerade zu der Stunde, gerade in den wichtigen Augenblicken, wo dieses lang erwartete Kind dem Herrn dargestellt wurde,, sich an jenem heis ligen Orte einzufinden, und dort der Seligkeit theilhaftig zu werden, die ihm der Anblick Christi gewähren sollte.

Wir würden uns selbst täuschen, M. 3., wir würden in schwärmerische Träume verfallen, wenn wir in unserm Innern ähnliche wunderbare Regungen erwarten wollten.. Die Enda zwecke, um welcher willen eine solche ungewö liche Wirksamkeit Gottes damals und in den vor. hergehenden Zeiten Statt fand, find erreicht; Chris stus ist auf Erden bekannt gemacht und gerechtfertigt; sein groffes Werk ist in Bewegung gebracht, und hat schon so viele Jahrhunderte lang fortgedauert; es bedarf für die, welche aufmer fen und folgen wollen, keiner neuen Wunder mehr. Gleichwohl ist es entschieden, der Geist, welcher in dem ehrwürdigen Simeon war, hat sein Werk auch in uns; alles, was wir Gutes erlangt und gethan haben, ist unter seis nem Einfluß erlangt und gethan worden; auch an uns find die Worte des Apostels gerichtet; wisset ihr nicht, daß euer Leib ein Tempel des heiligen Geistes ist, der in euch ist, welchen ihr habt von Goft, und seyd nicht euer selbst? An Anregungen zum Guten kann es also auch bey uns nicht fehlen ;

fehlen; auch uns wird der Geist Gottes Treiben, wenn wir Gottes Kinder sind. Und je wichtiger dergleichen Antriebe sind, je mehr Darauf ankommt, daß man sie richtig beurtheile und zweckmäßig anwende, daß man insonderheit den Mißbrauch vermeide, welcher dabey Statt finden kann: desto nöthiger ist es, daß wir diefer Angelegenheit eine Stunde des Nachdenkens widmen, und die Veranlassung, welche das Evangelium dazu enthält, benüßen. Rathschläge über die merkwürdigen Anregungen zum Guten, die wir zuweilen in unferm Innern erhalten, werde ich euch also dießmal ertheilen.

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Ich sehe nämlich als bekannt und entschieden voraus, daß es solche Anregungen giebt. Oft plöglich, das werden die meisten aus Erfahrung wissen, oft plöhlich fällt uns eine Pflicht ben, die wir erfüllen, wird uns ein Fehler sichtbar, den wir verbessern, stellt sich uns ein Mangel dar, dem wir abhelfen, wird uns eine gute That wichtig, die wir ausüben, zeigt sich uns die Gelegenheit zu einem Schritt, den wir thun sollen; wir wissen oft selbst nicht, wie es zuge gangen ist, daß gerade diese Vorstellungen so rege in uns wurden, und unsre Aufmerksamkeit diese Richtung nahm; und doch fühlen wir uns so nachdrücklich erinnert, die Stimme, die sich er hoben hat, spricht so vernehmlich und laut, daß wir uns derselben nicht erwehren können; es ver knüpft sich mit derselben zuweilen eine Rührung des Herzens, eine Lebhaftigkeit edler Gefühle, eine Neigung zu folgen und thätig zu werden, daß es uns in solchen Augenblicken fast gar keine

D. Reinh. Bred. Ifter Band 1803.

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