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Und dennoch ist es eine der gewaltsamsten, ja naturwidrigsten, Aktionen des Organismus eine gänzlich umgekehrte Ordnung der Dinge, ein Geben da, wo man nur gewohnt ist zu nehmen gleichsam ein organisches Erdbeben -ähnlich den vulkanischen Explosionen der unorganischen Natur.

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In dem Innersten des Organismus, in der Mitte und dem Centralpunkte der Nervensympathie, zugleich aber auch in dem Centralsitze der organischen Reproduktion, in der ersten, und wichtigsten Eingangspforte, wo alles, was unser werden soll, den ersten Stempel unserer Natur aufgedrückt erhält, erzeugt sich eine Revolution, eine convulsivische Erschütterung, welche das Zwergfelt und die Respirations werkzeuge in eine gewaltsam convulsivische Bewegung versetzt, ja das Herz selbst, den Mittelpunkt des organischen Lebens, ergreift, das ganze Nervensystem bis in die äussersten Nervenendigungen durchdringt, ja die Seele selbst, das höhere Sensorielle, mit einer ganz neuen, eigenthümlichen, nur, da vorkommenden, nicht schmerzhaften, aber mehr als Schmerz quälenden, in die Kategorie des Hungers gehörenden, aber seinen Gegensatz bildenden, Sensation, dem Ekel, erfüllt, ja bei Empfindlichen heftige Nervenzufälle, Ohnmachten, kalte Schweifse, Krämpfe, convulsivische Bewegungen, erzeugt; und welche zugleich eine Ausleerung, nicht blofs der in dem Magen enthaltenen, sondern auch entfernterer Stoffe bewirkt, ja eine Beförderung aller anderer Secretionen, der Leber, der Haut, der inneren Fläche des 'Darinkanals, der Bron-. chien, der Nieren, hervorbringt.

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Von jeher mufste ein solcher Akt die Aufmerksamkeit der Aerzte auf sich ziehen," und er that es. In den frühesten Zeiten erkannten sie in demselben und in seiner absichtlichen Erregung eine der wichtigsten Hülfen der Kunst.

Nachdem das Alterthum den Nutzen und die Anwendung der Brechmittel blofs auf humoralistisch mechanische Principien gegründet hatte, fing man in der Mitte des vorigen Jahrhunderts an, sie mehr aus dynamischen Gesichtspunkte zu betrachten und zu benutzen (Cullen, Tissot, Schaeffer, Stoll), und als krampfstillendes, umstimmendes, Fieberreiz bebendes, Gallensecretion verbesserndes, Mittel anzuwenden. Unglücklicher Weise ging man zu weit, und übertrieb ihren Gebrauch. Es folgte die Periode des Gastricismus.

Nun erschien Brown und seine Schule, verwarf diese Anwendung der Brechmittel gauz, und beschränkte ihren Gebrauch blofs auf den Fall, wo Kruditäten im Magen nach Ueberladung vorhanden waren. Uebrigens wurden sie blofs als Schwächungsmittel betrachtet.

Mufs man nicht das Schicksal der Kunst bedauern, die sich durch Einseitigkeit, Reformirsucht, und Sektirerey, besonders aber durch Verachtung der Erfahrung, eines ihrer schätzbarsten Mittel beraubt sah? Und ist es nicht auffallend, dafs durch einen sonderbaren Kreislauf, und eben durch die Schule, die allen humoralistischen materiellen Ideen den Krieg verkündigte, das Brechmittel wieder zur Klasse eines blofs humoralistischen, d. b.

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ausleerenden Mittels herabgesetzt wurde, und dass man, indem man die Ansichten höher zu steigern glaubte, in die gröfste Beschränktheit geführt wurde?

Unter dem Namen des Gastricismas wurde wirklich jede Idee eines Brechmittels als eine rohe, eines philosophischen Arztes unwürdige, Idee erklärt, ohne zu bedenken, dafs der ganzen gastrischen Methode, schon bei Stoll, nichts weniger als blofs Ausleerung zum ' Grunde lag, und dafs alle vernünftigen Gastriker weit mehr dynamische als materielle Zwecke bei ihren Ausleerungsmitteln beabsichtigten und erreichten, und gewifs in der richtigen Ansicht der Natur höher standen, als die sie bemitleidenden Erregungsmänner.

Die Wahrheit siegte endlich. Man fing mit ihr auch wieder an zum Gebrauch der Brechmittel, so wie des Aderlasses, zurückzukehren. Aber man verfiel nun in eine andere Einseitigkeit, es blofs dynamisch, ohne alle Rücksicht auf seine materielle ausleerende Wirkung, genug als ein blofses Nervenmittel, zu betrachten, ja in dieser Hinsicht zu mifsbrauchen.

Und jetzt stehen wir von Neuem auf dem Punkte, es uns durch zwei Schulen entreifsen zu sehen, auf der einen Seite durch die, nur Entzündung sehende und blofs nach Blut dürstende, Broussais'sche, und auf der andern durch die blofs temporisirende, alle heroischen Mittel verwerfende, Hahnemann'sche Homöopathie, welche beide vor dem Ge

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brauch der Brechmittel als störender, ja höchst nachtheiliger, Mittel, warnen.

Ja, die Medizin sieht sich jetzt in der sonderbaren Lage, hier das Brechmittel blofs empirisch, oft im Uebermaafs, dort gar nicht, angewendet, ja als ein unnützes und gefährliches Mittel verworfen zu sehen. *)

O heilige Natur, erhalte uns doch auf dem wahren, von dir vorgezeichnetem, Wege in unserer Kunst, und bewahre uns vor den Irrlehren und Irrwegen der Schule!

*) Ja noch ganz kürzlich sagte ein geachteter Schriftsteller: ,,Brechmittel mufs man nie geben, aufser nach genommenen Giften."

Ich kann mich nicht enthalten, eine Stelle, die ich schon vor 35 Jahren niederschrieb, hier wieder abdrucken zu lassen, weil sie traurig genug auch wieder auf unsere Zeiten ihre Anwendung findet:

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Es ist schmerzhaft zu sehen, wie jetzt die bewährteste Erfarung des Alterthums durch ei nen Federstrich junger erfarungsloser Schriftsteller vernichtet, und die Menschheit dadurch, wenigstens auf einige Zeit lang und bei ge wissen Klassen von Aerzten eine der kräftigsten Hülfen beraubt wird; und es wird alsdann Pflicht für den treuen Diener der Wahrheit, nicht zu schweigen, sondern frei und ohne Rücksicht auf irgend eine Theorie laut zu ver. künden und auszusagen, was ihm die Natur durch eine Reihe von Jahren entscheidend aussprach und bewährte. Wenn wir auch zugeben wollen, dafs wie in der politischen, so auch in der gelehrten Welt, zuweilen gewaltsame Revolutionen zur Umgestaltung nothwendig sind, obwohl Evolutionen im

Der ganze Fehler lag, und liegt noch in der Einseitigkeit der Ansicht von der Wirkungsart der Brechmittel. Die eine Parthei betrachtet es blofs materiell, als blofses Ausleerungsmit-tel, die andere blofs dynamisch als Reiz- und Erregungsmittel. Aber beide Ansichten müssen, so wie überall in der Medizin, sowohl zur Erklärung der Krankheitserzeugung als der Heilmittelwirkung, wie ich es mir auch von jeher in meinem medizinischen Denken zum Gesetz gemacht und ausgesprochen habe, vereinigt werden, und nur diese vereinigte Ansicht giebt auch hier eine befriedigende und vollständige Erklärung.

Wir wollen also zuerst die Wirkungsart des Brechmittels nicht nach Speculationen, sondern von der Erfarung diktirt, festsetzen, dann die Indication und auch diese nicht theoretisch, sondern praktisch, d. h. mit Angabe der Zeichen die sie begründen, dann die Fälle, wo es heilsam, wo es nöthig, ja wo es oft das einzige Rettungsmittel des Lebens ist, aber auch die wo es schädlich, ja zuweilen ein tödtliches Gift ist, betrachten und angeben, und endlich die rechte Art der Anwendung, die Kunst Brechen zu erregen, worauf sehr viel ankommt, beifügen.

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mer ein sicherer und des Vernunftganges wür. digerer Weg zu seyn scheinen, 80 18t es um so dringender Pflicht für die, welche sich dazu berufen fühlen, das bewährte Eigenthum der Wahrheit und Menschheit, was sie bisher mit Treue pflegten, aus dem Strome zu retten und der neuen Welt zu überliefern, damit es nicht mit untergehe und erst von neuem erfunden werden müsse."

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