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selben mit den Worten ergab (Matth. 26, 55): Ihr seid ausgegangen, mit Schwertern und Lanzen, wie zu einem Mörder, um mich zu fangen, und doch habe ich täglich bei euch gesessen und gelehret im Tempel, und ihr habt mich nicht ergriffen. Während die übrigen ihn begleitenden Jünger die Flucht ergriffen, folgte Petrus von ferne. Nachdem Jesus vor den versammelten hohen Rath geführt und hier als Gotteslästerer schmählich misshandelt worden war, wurde er am andern Morgen vor den römischen Statthalter Pontius Pilatus geführt und als Majestätsverbrecher angeklagt, der sich König der Juden genannt habe. Pilatus erkannte seine Unschuld und wollte ihn wieder frei geben; da aber die durch die Priesterschaft aufgehetzte fanatische Menge darauf drang, dass er gekreuzigt würde, so hatte Pilatus nicht den Muth zu widerstehen und liess ihn mit zwei andern Verbrechern noch an demselben Tage, dem Rüsttag vor dem Sabbath, an's Kreuz schlagen *), das über seinem Haupt die Inschrift trug: diess ist der Juden König Jesus von Na

zareth!

Nachdem er einige Stunden am Kreuze gehangen, verliess den Gequälten und Erschöpften das Bewusstsein; er versank in eine tiefe todtenähnliche Ohnmacht und wurde in diesem Zustande am Abend von einem seiner Anhänger, Joseph aus Arimathia, vom Kreuze abgenommen und in sein neugebautes, in Felsen gehauenes Familiengrab gelegt. Als am Abend des nächsten Tages die galiläischen Frauen, die Jesum begleitet hatten, wieder zum Grabe kamen, fanden sie dasselbe leer und auf dem Rückweg begegnete ihnen Jesus und gab ihnen die Weisung, seinen Jüngern zu verkündigen, dass er lebe und sie in Galiläa wiedersehen werde (Matth. 28, 1 ff.). Wie lange Jesus hier, in seiner Heimath, noch in sicherer Verborgenheit lebte und mit

*) Da Pilatus nach einer Notiz des Josephus im Todesjahre des Tiberius von seinem Posten abgerufen wurde, so muss die unter Pilatus stattgehabte Kreuzigung Jesu vor dem Jahre 36 oder 37 n. Chr. geschehen sein. Nehmen wir nun hierzu die von Irenäus gegebne Nachricht, dass nach der Mittheilung der Presbyter, die in Kleinasien in des Apostels Johannes Umgebung gewohnt hätten, die Zeit der berühmtesten Thaten Jesu, sowie seines Leidens und Todes zwischen seinem vierzigsten und funfzigsten Jahre falle, und nehmen als das Jahr seiner Geburt 747 p. U. c. an, so wäre Jesus in seinem 43. oder 44. Jahre gekreuzigt worden.

seinen Anhängern und Freunden heimlich verkehrte (Matth. 28, 16 ff.), bis er endlich in Folge der erlittenen Misshandlungen allmählich hinsiechte, darüber fehlen alle weitere Nachrichten. Dass Jesus nach seiner Kreuzigung noch öfter mit seinen Jüngern und Anhängern Verkehr hatte, wird durch das Zeugniss des Apostels Paulus bestätigt (1. Korinth. 15, 5 ff.); aber seine öffentliche Laufbahn war zu Ende; und als er später wirklich von der Erde abgeschieden war, erhoben sich seine zur Feier des Pfingstfestes in Jerusalem versammelten Jünger und Anhänger aus Galiläa, nach dem Bericht der Apostelgeschichte (2, 1 ff.) an dem Bewusstsein, dass der gekreuzigte Messias unter ihnen wahrhaft geistig fortlebe. Dieses Bewusstsein der Gemeinschaft seines Geistes hat die erste Gemeinde von Anhängern des Messias Jesus in Jerusalem gegründet, deren äussere Stiftung hauptsächlich durch das öffentliche Bekenntniss und die Predigt des Petrus vom gekreuzigten und durch Gottes Kraft auferweckten und in der Kürze zur Errichtung seines Reiches wiederkehrenden Messias erfolgt war (Apostelg. 2, 37 ff.).

$. 37.

Der Lehrgehalt des Evangeliums.

Der eigentlich religiös-sittliche Lehrgehalt der evangelischen Verkündigung Jesu, soweit uns derselbe im Matthäusevangelium vorliegt, ist theils aus den verschiedenen Gleichnissreden Jesu, welche die Anschauung vom Himmelreich nach ihren verschiedenen Seiten darlegen, theils aus der sogenannten Bergpredigt und einer Reihe gelegentlicher Aussprüche Jesu zu erkennen, welche uns Matthäus in die Berichte von Begebenheiten eingewebt hat.

Was zunächst die sogenannte Bergrede betrifft (Matth. 5-7), so ist dieselbe schwerlich in der bei Matthäus überlieferten Gestalt als ein zusammenhängender Lehrvortrag in der von Matthäus (4, 25. 5, 1. 2) angedeuteten Situation von Jesus gehalten, sondern vielmehr vom Verfasser des Evangeliums oder der ältern evangelischen Grundschrift, aus welcher sie jener in sein Evangelium aufgenommen hat, aus einzelnen Sprüchen und Lehren Jesu, die zu verschiedenen Zeiten und bei verschiedenen Gelegenheiten von ihm gesprochen waren und sich in der mündlichen Ueberlieferung erhalten und fortgepflanzt hatten, für den Zweck zusammengesetzt worden, ein Gesammtbild von Jesu Lehre

und seinen allgemeinen religiös - sittlichen Anschauungen zu geben. Der das Ganze durchziehende einheitliche Faden ist eben nichts anders als der Gedanke des Himmelreiches und dessen Begründung durch die neue religiös-sittliche Gesinnung, wie solche im Geist und Bewusstsein Jesu aufgegangen war.

zur

Zunächst in der Einleitung (Matth. 5, 3-16) wird das allgemeine unterscheidende christliche Grundgefühl oder dasjenige religiös-sittliche Bewusstsein ausgesprochen, welches zur Theilnahme am Himmelreiche vorausgesetzt wird, ein Bewusstsein, dessen Besitz die Bürger des Himmelreichs und vor Allem die nächsten Jünger Jesu zum eigentlichen Salz der Erde, Seele der Welt, zu dem auf dem grossen Leuchter der Weltgeschichte aufgestellten Lichte macht (Matth. 5, 13-16). Diese Bedingungen zur Theilnahme am Himmelreich, welche in jenem specifisch christlichen Grundgefühle gegeben sind, werden in der Form von Seligpreisungen der geistig Armen, der Leidtragenden, der Sanftmüthigen, der nach der Gerechtigkeit Dürstenden, der Barmherzigen, der Friedfertigen, derer die reines Herzens sind, derer die um des Himmelreiches oder um des Bekenntnisses Christi willen verfolgt werden u. s. w. ausgesprochen (5, 3-12).

Nach diesem Eingange wird (Matth. 5, 17—20) das Grundverhältniss der neuen Heilsökonomie des Himmelreichs zum jüdischen Gesetz im Allgemeinen und zwar in dem Gedanken erörtert, dass durch das neue religiöse Verhältniss das alte nicht aufgehoben werden solle, sondern dass jenes, sogewiss es ein unterscheidend höheres gegen jenes ist, doch zugleich nur die wahrhafte und wesentliche Vollendung dieses alten Religionsverhältnisses sei. Der Unterschied der alten und neuen Sittlichkeit wird sodann (Matth. 5, 21-48) an einzelnen besonders charakteristischen Beispielen nachgewiesen, in Bezug auf das Tödten (5, 21-26), das Ehebrechen (5, 27-30), das Ehescheiden (5, 31-32), das Schwören (5, 33-37), das Wiedervergelten (5, 38-42), den Feindeshass (5, 43-48).

Der nächste Abschnitt (6, 1-18) zeigt, wie das neue religiös-sittliche Verhältniss im Gegensatz gegen die pharisäische Lehre und Werkheiligkeit in Almosen, Fasten und Gebeten sich darstellt, bei welcher Gelegenheit das Mustergebet „Unser Vater im Himmel" (6,9-13) mitgetheilt wird. Sofort wird (6, 19—34) das Verhältniss des Irdischen, Vergänglichen, Zeitlichen zum

Geistigen, Bleibenden, Ewigen als den wahren Gütern des Himmelreichs erörtert, wobei sich die Rede in einzelnen Sprüchen und Geboten ergeht. Sodann werden (7, 1-29) einzelne Warnungen, Ermahnungen und Sittensprüche aus dem Gebiete der praktischen Lebensweisheit angeführt und insbesondere als allgemeine Regel des wahrhaft sittlichen Handelns (Moralprinzip) diess aufgestellt (7, 12): Alles was ihr wollet, dass euch die Leute thun sollen, das thut auch ihnen selbst; diess ist das Gesetz und die Propheten!

Was diese Zusammenstellung originaler Aussprüche aus dem Munde Jesu eigenthümlich auszeichnet, ist ihre durchweg praktische Richtung und der sie durchdringende frei sittliche Lebensgeist, in welchem sich das neue religiös-sittliche Verhältniss des Menschen als das gereinigte und vergeistigte Gesetz des Alten Bundes darstellt. Der entwickelte Inhalt der darin niedergelegten Lehrverkündigung Jesu knüpft sich an die Idee der wahrhaften und vollendeten Gesetzeserfüllung, in deren Bewusstsein auch die höhere versöhnende Kraft der wahren Gerechtigkeit enthalten ist. Indem das Individuum alle seine endlichen Zwecke und zufälligen Sonderinteressen aufgibt, indem es sich im reinen und aufrichtigen Trachten nach dem Reiche Gottes (Matth. 6, 20. 21. 32. 33) nach seinem ganzen wahrhaft menschlichen Inhalte dem über dem endlichen, getheilten Willen hinausliegenden Gesetze des unbedingten göttlichen Willens unterordnet und eben in dieser Hingebung sein höheres Selbst und seine vollendete Freiheit findet, ist der Standpunkt des Alten Testaments ebensosehr überwunden, als zugleich in höherer Anschauung das neue Verhältniss des Willens zum göttlichen Gesetze gerade als die vollkommene Erfüllung des alten Gesetzes sich darstellt.

Dadurch dass Jesus die überkommene Messiasidee in seinem Geiste durch die freie That seines neuen sittlichen Bewusstseins läuterte und den Inhalt dieser volksthümlichen Idee zur Anschauung seines sittlichen Himmelreiches umgestaltete, bat er das Messiasthum oder Christenthum gestiftet. Der lebensvolle Mittelpunkt seiner ganzen Lehrverkündigung ist in den drei Grundbegriffen enthalten, die in ursprünglichem charakteristischem Gebrauche wörtlich so aus Jesu Munde gekommen sind, nämlich: Himmlischer Vater oder Vater im Himmel, Menschensohn oder Sohn des Menschen und Himmelreich

oder Reich des himmlischen Vaters. In diesen drei Grundgedanken *) hat Jesus den neuen unterscheidenden Inhalt seines religiösen Bewusstseins ausgesprochen, und war auch dem Wortlaute nach jeder dieser Begriffe für sich nichts Neues, sondern bereits im Vorstellungskreis des Alten Testaments gegeben und vorbereitet, so wurden sie etwas wesentlich Neues doch durch die Verbindung zu einer religiösen Gesammtanschauung, in welcher die Wurzel der sittlichen Wiedergeburt der Welt enthal

ten war.

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In der Anrede Gottes als Vaters hat Jesus mit kühner schöpferischer Geistesthat an die Stelle des Jehovahnamens einen neuen Namen gesetzt. Den Israeliten war verheissen (Micha 4, 5), dass sie in dem durch Moses geoffenbarten (2. Mos. 3, 15. 6, 3. 15, 3) Namen Jehovah's immer und ewig wandeln sollten; derselbe galt ihnen so hehr und heilig, dass sie ihn nicht aussprachen, sondern dafür das Wort „Herr" sprachen und lasen, wo jener Name in der Schrift vorkam, und den Namen des Herrn zu einem ausdrücklichen Gegenstande der Verehrung und des Preises machten, da ihnen dieser Name den ganzen Inbegriff der göttlichen Eigenschaften und Vollkommenheiten in sich schloss. Statt des Jehovahnamens erhob nun Jesus den Namen Vater im Himmel zum Gottesnamen, so zwar, dass die Bezeichnung Vater keine Beziehung auf das physische Verhältniss als Schöpfers und Urhebers der Welt überhaupt und als Vaters der Menschen insbesondere hatte, sondern wesentlich das Verhältniss Gottes als Urheber des geistig-sittlichen Heils, der geistig-sittlichen Wiedergeburt und Erneuerung des Menschen in sich schloss. Nur von dem ausserhalb des Himmelreichs genommenen Standpunkt aus gebraucht Jesus bei Matthäus den Ausdruck Gott; vom Standpunkt innerhalb des Himmelreiches aus dagegen immer und ausschliesslich den Ausdruck himmlischer Vater. Indem sich das lch *) mit dem endlichen Inhalt seines Willens unbedingt an das höhere Gesetz, als an den Willen Gottes hingibt und darin wahrhaft seine Ver

*) Weisse hat das Verdienst, die Bedeutung und den Zusam menhang dieser drei Grundgedanken in seiner Schrift,,Ueber die Zukunft der evangelischen Kirche" (1849) S. 230-257 zuerst an's Licht gestellt zu haben.

**) Noack, die Theologie als Religionsphilosophie. S. 164 f., wo zugleich die Schranke dieser Gottes anschauung angedeutet ist. Noack, biblische Theologie.

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