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I. Veranlassung und Hinreise.

Der er von den Herren Ständen des Königreichs Böhmen im J. 1831 mir ertheilte Auftrag, eine neue Geschichte dieses Landes auszuarbeiten und herauszugeben, veranlasste mich, meine bis dahin meist nur auf Böhmen beschränkten archivarischen Reisen und Forschungen auch auf die Nachbarländer auszudehnen, und selbst auf den fernen Vatican mit seinen noch ungehobenen Schätzen meine Aufmerksamkeit zu richten. Letzteres wurde mir durch eigenthümliche Mängel der bisher bekannten böhmischen Geschichtsquellen besonders geboten. Bekanntlich bricht im J. 1198 die Chronik des gleichzeitigen Abtes Gerlach von Mühlhausen (Milewsko) ab, und es entsteht von da an bis 1248, also durch ein halbes Jahrhundert (welches eben den wichtigsten Wendepunct der älteren böhmischen Geschichte bildet), ein Lücke in jenen Quellen, welche auch spätere Chronisten auszufüllen unterliessen; so dass der Forscher fast nur auf die zufälligen Notizen, welche ausländische Chronisten für diesen Zeitraum bieten, und auf archivalische Quellen beschränkt bleibt. Dass aber kein inoder ausländisches Archiv dem böhmischen Geschichtforscher reichere Ausbeute für eben denselben Zeitraum zu bieten vermag, als das vaticanische, liess sich schon aus den von Raynaldi, Baluze, Manrique, Sbaralea und Andern gemachten Mittheilungen schliessen; und dass dieses Hauptarchiv der gesammten Christenheit in neuerer Zeit nicht ganz unzugänglich sey, dafür schien das Beispiel mehrer deutschen Gelehrten, welchen dort die Benützung einzelner Quellen gestattet worden war, insbesondere aber des hochverdienten Pertz glänzende Erfolge im J. 1823 *) zu sprechen. Es wurden daher schon im J. 1834, zuerst von Sr. Excellenz dem, jedes wissenschaftliche Fach thätig umfassenden und fördernden, Grafen Kaspar Sternberg, Verhandlungen in Rom zu diesem Zwecke angeknüpft, welche bei der entschiedenen Gunst und dem Eifer, womit der k. k, Botschafter am päpstlichen Hofe, Se. Excellenz Graf Rudolf Lützow, diese Sache aufnahm, den erwünschtesten Erfolg versprachen.

*) G. H. Pertz Italienische Reise, im Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde, 5r Bd. Hannover, 1825, S. 1–514.

Durch seine Vermittelung erhielt im J. 1835 die königl. böhmische Gesellschaft der Wissenschaften einen „Index monumentorum regnum Boemiae spectantium, e schedis tabularii Vaticani egestus, curante Marino ex comitibus Marini, eorumdem tabulariorum praefecto,” *) worin sie diejenigen Urkunden bezeichnen und benennen sollte, welche sie in Abschrift zu erhalten wünscht. Schon die flüchtige Vergleichung dieses Index mit Raynaldi's Werke reichte hin, des ersteren Unvollständigkeit zu erweisen; überdies sind dessen Inhaltsanzeigen so unbestimmt und häufig so nichtssagend, dass man den Wunsch nicht unterdrücken konnte: es möchte, wenn überhaupt etwas geschehen soll, doch Befriedigenderes und Erklecklicheres verlangt und unternommen werden, als dieser Index an sich zu leisten versprach. Und da solches nicht ohne bedeutende Geldopfer erlangt werden konnte, so erklärten Se. Excellenz der Herr Oberstburggraf Graf Chotek, als Präsident der böhmischen Herren Stände, auf ein diesfalls von der Gesellschaft an Dieselben gerichtetes Gesuch, dass die hochlöblichen Herren Stände des Königreichs eine namhafte Summe zu diesem Zwecke bewilligt und auch alsogleich in Rom zur Zahlung angewiesen hätten, während überdies sowohl die Gesellschaft der Wissenschaften, als das vaterländische Museum sich zur Leistung bestimmter Beiträge willig erzeigten. Auf diese Weise sehien das Unternehmen gesichert zu seyn, und man konnte sich der Hoffnung eines glücklichen Erfolgs hingeben: allein es vergingen Monate auf Monate, ohne dass die Hoffnungen sich verwirklichten, und nach Verlauf eines ganzen Jahres mussten wir zu unserem nicht geringen Leidwesen erfahren, dass noch gar kein Anfang in der Sache gemacht worden war.

Indessen war der erste Band meiner Geschichte von Böhmen, welcher dieselbe bis zum J. 1197 herab führt, in Druck erschienen. Um den zweiten Band, dessen Anfang mit der oben angedeuteten Lücke' in unseren historischen Quellen und mit dem Anfange der vollständigen Regestenreihe im vaticanischen Archive (seit Innocenz III) zusammenfällt, bearbeiten zu können, wurden mir die Beiträge aus diesem Archive unentbehrlich. Da längeres Warten zwecklos erschien, so erkundigte sich Se. Excellenz Graf Sternberg in Rom, ob es nicht erspriesslicher wäre, einen hiesigen Gelehrten dahin zu senden, der sich der erforderlichen Arbeit selbst unterzöge? Die bejahende Antwort langte am 10 März 1837 in Prag ein; Tags darauf erhielt ich die Weisung, mich zu der Reise bereit zu machen.

Diese Vorgänge mussten hier in Kürze erwähnt werden, um zu erklären, warum ich diese Reise in so später Jahreszeit unternommen habe. Es war mir nicht unbekannt, dass die wissenschaftlichen Sammlungen in Rom, namentlich die vaticanischen, jährlich um die Mitte des Junimonats, wegen Annäherung der Aria cattiva, geschlossen, und erst im November wieder eröffnet werden. Langte ich daher erst im April in Rom an, so blieben mir nicht mehr als dritthalb Monate Zeit zu dortiger Arbeit übrig; hätte ich aber warten, und erst im November 1837 hinreisen wollen, so wäre dadurch das Erscheinen meines zweiten Bandes der böhmischen Geschichte über die Gebühr verzögert worden. Es blieb keine andere Wahl

*) S. die Beilage ́Nr. 1. .

I. Veranlassung und Hinreise.

Der er von den Herren Ständen des Königreichs Böhmen im J. 1831 mir ertheilte Auftrag, eine neue Geschichte dieses Landes auszuarbeiten und herauszugeben, veranlasste mich, meine bis dahin meist nur auf Böhmen beschränkten archivarischen Reisen und Forschungen auch auf die Nachbarländer auszudehnen, und selbst auf den fernen Vatican mit seinen noch ungehobenen Schätzen meine Aufmerksamkeit zu richten. Letzteres wurde mir durch eigenthümliche Mängel der bisher bekannten böhmischen Geschichtsquellen besonders geboten. Bekanntlich bricht im J. 1198 die Chronik des gleichzeitigen Abtes Gerlach von Mühlhausen (Milewsko) ab, und es entsteht von da an bis 1248, also durch ein halbes Jahrhundert (welches eben den wichtigsten Wendepunct der älteren böhmischen Geschichte bildet), ein Lücke in jenen Quellen, welche auch spätere Chronisten auszufüllen unterliessen; so dass der Forscher fast nur auf die zufälligen Notizen, welche ausländische Chronisten für diesen Zeitraum bieten, und auf archivalische Quellen beschränkt bleibt. Dass aber kein inoder ausländisches Archiv dem böhmischen Geschichtforscher reichere Ausbeute für eben denselben Zeitraum zu bieten vermag, als das vaticanische, liess sich schon aus den von Raynaldi, Baluze, Manrique, Sbaralea und Andern gemachten Mittheilungen schliessen; und dass dieses Hauptarchiv der gesammten Christenheit in neuerer Zeit nicht ganz unzugänglich sey, dafür schien das Beispiel mehrer deutschen Gelehrten, welchen dort die Benützung einzelner Quellen gestattet worden war, insbesondere aber des hochverdienten Pertz glänzende Erfolge im J. 1823 *) zu sprechen. Es wurden daher schon im J. 1834, zuerst von Sr. Excellenz dem, jedes wissenschaftliche Fach thätig umfassenden und fördernden, Grafen Kaspar Sternberg, Verhandlungen in Rom zu diesem Zwecke angeknüpft, welche bei der entschiedenen Gunst und dem Eifer, womit der k. k. Botschafter am päpstlichen Hofe, Se. Excellenz Graf Rudolf Lützow, diese Sache aufnahm, den erwünschtesten Erfolg versprachen.

*) G. H. Pertz Italienische Reise, im Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde, 5r Bd. Hannover, 1825, S. 1–514.

nahm ich einen Platz im päpstlichen Eilwagen bis nach Rom, in der Meinung, auf diese Art am schnellsten fortzukommen; doch wurde ich bald inne, wie sehr ich mich getäuscht, und wie wenig jene Reisegelegenheit dem Namen eines Eilwagens entsprach. In Bologna konnte ich wohl mit einem fünfstündigen Aufenthalte (am 31 März) zufrieden seyn, da er mir in der dortigen ausgezeichneten Gemäldegallerie den ersten unvergesslichen Kunstgenuss in Italien verschaffte. Weiter aber, über Imola, Faenza, Rimini, Pesaro, Sinigaglia nach Ancona bewegte sich unser Coloss - Wagen nur langsam, obgleich stets von 6 bis 8 Pferden gezogen. In Ancona verweilten wir (1 April Abends) kürzer, als ich selbst gewünscht hätte. Noch langsamer ging es aber im Gebirge über Osimo, Loreto, Recanati und Macerata fort, wo man vor die 6 Pferde oft noch 4 Ochsen spannte; zumal da man von dort, nach einer unbegreiflichen neueren Vorschrift, den ungeheuren Umweg über S. Severino, Matelica, Fabriano und den Pass von Fossato machen muss, um nach Foligno zu kommen! So waren wir denn von Fano bis Nocera, welches auf gerader Strasse nur 8, Posten entfernt liegt, volle 40 Stunden unterwegs. Daher kam es, dass ich erst am 4 April, gegen 10 Uhr vor Mittag, an der Porta del Popolo in Rom anlangte.

II. Rom. Das vaticanische Archiv.

Schon bei den ersten Verhandlungen wegen meines Einlasses ins vaticanische Archiv ward ich inne, dass ich mich bis dahin mit allzugrosser Zuversicht getäuscht, und die Schwierigkeiten meiner Unternehmung zu gering angeschlagen hatte. Seitdem die Herren Raumer und Pertz daselbst für die Geschichte der deutschen Hohenstaufen thätig gewesen waren, hatte sowohl in den Personen als in den Umständen Manches sich geändert. Zwar steht noch derselbe ehrwürdige Prälat, Conte Marino Marini, dessen musterhafte Gefälligkeit schon Pertz zu rühmen hatte, den Schätzen jenes Archives vor; und auch ich, fand, bei ihm, je länger, um so freundlicheres Wohlwollen, um so grössere Bereitwilligkeit, allen meinen Wünschen zu entsprechen, so dass ich nicht anders, als mit inniger Dankbarkeit seiner gedenken kann. Da aber der jedesmalige Archivspräfect für Alles verantwortlich ist, was von dort irgendwo zur Publicität gebracht wird, und da es in neuerer Zeit auch an solchen Beispielen nicht fehlte, dass Schriftsteller, welche kaum den einen oder andern Regestenband zu sehen bekamen, im Allgemeinen aus dem vaticanischen Archiv ihre (grösstentheils missfälligen) Notizen geschöpft zu haben vorgaben: so darf man sich nicht wundern, dass altes Misstrauen immer neu genährt, und selbst die liberalste Mittheilsamkeit an jenes Gesetz zurückgewiesen wird, welches die eigene Einsicht und den Gebrauch der Archivschätze allen Fremden schlechterdings verbietet, und nur dem Vorsteher allein gestattet, Abschriften davon unter seinem Siegel herauszugeben.

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Monsign. Marini hat in neuerer Zeit, auf das Verlangen der Regierungen von England, Frankreich, Preussen, Sardinien u. A. eine sehr bedeutende Anzahl von Urkundenabschriften verabfolgt, und ist noch gegenwärtig mit einem vaticanischen Diplomatar für die russische Geschichte beschäftigt. Alle solche Mittheilungen unterliegen von Alters her bestimmten, sehr bedeutenden Taxen, welche jedes Geschäft dieser Art, auch im günstigsten Falle, kostspielig machen.

Unter solchen Umständen hätte ich natürlich unverrichteter Dinge zurückkehren müssen, hätte nicht Se. Excellenz, der k. k. Botschafter am päpstlichen Hofe, Graf Lützow, mein Anliegen mit demjenigen Wohlwollen, Eifer und Nachdruck unterstützt, welche diesen allgemein verehrten Staatsmann so sehr auszeichnen. Ihm allein, und jenen hochgestellten Männern unseres Vaterlandes, welche sich für dieses Geschäft zu verwenden die Güte hatten, verdanke ich den ganzen diesfälligen Erfolg. Se. Excellenz erhielt von dem römischen Staatssecretariate am 11 April, in Betreff meiner, nachstehende Antwort:

وو

Eccellenza!

,,Mi sono fatto un dovere di autorizzare Monsig. Marino Marini Prefetto dell' Archivio Vaticano a prestarsi, fin dove i regolamenti dell' Archivio il comportano, ai desiderj del rispettabile Letterato Boemo Sig. Palacky, espressi e raccomandati da Vostra Eccellenza nell' obbligante sua lettera dei 10. corrente."

,,Adempito l'obbligo di farne partecipe l'Eccellenza Vostra le rinnovo le assicurazioni della mia distinta considerazione

Di Vostra Eccellenza

,,Sig. Conte di Lützow
Ambasciatore Straord.

di S. M. J. R. A."

Dal Quirinale 11 Aprile 1837.

Per l'Emo Segretario di Stato
Dmo. Obblmo. Servitore
F. Capaccini Substituto m. pr."
1

So gelangte ich denn am 11 April an das so ersehnte Ziel, indem Monsign. Marini mich in seiner Wohnung nicht allein die Urkunden - Verzeichnisse, sondern auch einige Regestenbände und Urkunden selbst sehen und lesen liess. Tags darauf begann ich schon meine Copien.

Das vaticanische Archiv nimmt jezt elf grosse, noch sorgfältiger als die Bibliothek ausgemalte Säle des Vaticans, in der Nähe der Bibliothek und der Museen ein. In das Innere dieser Säle wird schlechterdings kein Fremder eingelassen; nur regierenden Fürsten und einigen hohen Staatsmännern wurden sie bisher, nebst einigen Merkwürdigkeiten des Archives selbst, auf Sr. Heiligkeit jedesmaligen besonderen Befehl, gezeigt.

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