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I. Freidank.

Von den allgemeinen fragen, welche sich auf das vorliegende spruchgedicht beziehen, bietet keine so viele schwierigkeiten als die nach dem verfaßer desselben. bei manchen, freilich nicht den kundigeren, gilt auch heute noch die anfänglich nur als vermutung, dann unter dem widerspruch immer bestimmter ausgesprochene ansicht W. Grimms, Freidank sei nur ein anderer angenommener name Walthers, der sich sonst von der Vogelweide genannt, also unter zwei verschiedenen namen verborgen habe. von bedeutenderen männern tritt nur W. Wackernagel und zwar in der literaturgeschichte s. 279 ff. so weit auf Grimms seite, daß er die identität beider annimmt; in anderen wichtigen punkten aber weicht er von ihm ab. in der vorrede zum altdeut. lesebuche I. ausg. s. XIV. sagte er noch: 'daß ich den Freydank nicht zu Walther gestellt habe, gereut mich nicht: so scharfsinnig W. Grimms beweisführung für die identität beider dichter ist, so dünkt sie mir doch keineswegs unwidersprechlich.' Wackernagels urteil also schwankt. Lachmann, von welchem W. Grimm selbst II. nachtr. zu Freid. s. 3. wol mit beziehung auf dessen von Scherer deut. stud. 1, 34 anm. mitgeteilte äußerung sagt: 'Lachmann stimmte mir nicht bei,' spricht dieses zwar Walther v. d. Vogelweide s. 137. anm. nicht entschieden aus, läßt es aber deutlich durchblicken in den worten: daß Freidanks gedicht von der überwundenen trüben sehnsucht nach dem heiligen lande nichts hat, und überhaupt nichts lyrisches, auch nicht ganz Walthers strenge in der politischen gesinnung und in der sittlichen, macht mir W. Grimms meinung, Freidank sei Walther, unwahrscheinlich, indem ich beider gedichte lese; ich zweifle wieder, wenn ich in seiner feinen beweisführung die menge des treffenden betrachte.'

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bestimmt, wenn auch in brüderlich milder weise spricht J. Grimm sich Gedichte des mittelalters auf könig Friedrich den Staufer, besonders. 8i1. gegen die ansicht des bruders aus, und wie weit, die seinige von dieser ablag, ist aus zweien seiner briefe. an Fr. Pfeiffer ersichtlich. am 5. Januar 1855 schreibt er: daß ich an die einheit von Walther mit Freidank nie geglaubt habe, ist Ihnen längst bekannt. ich halte nicht nur die beiden meldungen von den grabschriften zu Würzburg und Treviso für echt, sondern sehe auch keinen grund, an der richtigkeit des Vornamens Bernhard zu zweifeln. darin stimmen wir gleichfalls zusammen, daß wir aus Rudolfs stelle dem Freidank ein erzählendes gedicht überweisen, dessen held der Staufer war.' später, am 30. april 1857, schreibt er an denselben: ‘ob Wilhelm seine liebhaberei von Freidank und Walther sogleich fahren laßen wird, kann ich nicht sagen, da er noch kein wort darüber mit mir gesprochen hat. daß ich längst Ihrer ansicht war, wißen Sie, und was ich im archipoeta s. 10. sagte, stimmt ja genau zu Ihren ergebnissen.' auch Simrock, auf dessen teilweise zustimmung sich noch W. Grimm beruft, erklärte sich später wort der übertragung der Bescheidenheit (1867) s. 17. ansicht nicht mehr so geneigt. am entschiedensten aber sprachen sich schon früh Gervinus Gesch. der poet. nat. lit. der Deutschen I. ausg. s. VII. und 410. dann Fr. Pfeiffer in der III. seiner untersuchungen zur deut. literaturgeschichte, Über Freidank, und in der abhandl. über Bernhard Freidank Germania 2, 129 ff.

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vor

dessen

gegen W. Grimm aus, auf dessen seite zu treten, auch Vilmar bedenken trägt, der, wie kein anderer, den gedankenreichtum der Bescheidenheit erkannte. Koberstein und Kurz entscheiden sich nicht. da nun W. Grimm all seinen scharfsinn zur rechtfertigung seiner annahme und zur widerlegung Pfeiffers aufgeboten hat, zugleich aber Walthers person so weit, als seine eigenen gedichte und die von anderen über ihn gegebenen nachrichten das ermöglichen, klar gelegt ist; so ist die untersuchung der frage wenigstens so weit vorgeschritten, daß man zu einem etwas positiveren resultate wird gelangen können.

Freilich steht jene für Freidank viel ungünstiger als für Walther. dieser tritt mit seiner person oft genug hervor; seine

lieder und einzelnen strophen enthalten zahlreiche beziehungen auf zeitereignisse; nicht allzu spärlich sind die nachrichten der zeitgenoßen über ihn, und fast fehlt uns nur die bestimmte angabe seiner heimat sowie seines geburts- und todesjahres, um ein ziemlich sicheres lebensbild von ihm entwerfen zu können. von allem dem haben wir für Freidank so gut wie nichts. gemäß dem charakter der Bescheidenheit tritt er mit seiner person ganz zurück. nur an einer stelle, 129, 17-21, spricht er von sich selbst oder vielmehr von seinen sprüchen, und nur in den sprüchen von Rom und von Akers finden sich einige wenige anhaltepunkte. denn in beiden bespricht er verhältnisse, die auf ihn persönlich wirkten, und teilt seine erfahrungen an beiden orten in kürzeren oder längeren gedankenreihen mit, gerade wie er an anderen stellen, 46, 5 ff., 75, 22 ff., seinem unmute über die zustände in Deutschland ausdruck gibt. nachrichten von zeitgenoßen fehlen, und wie sehr Freidank auch nachher autorität wurde, so daß er als träger der mhd. spruchdichtung erscheint, so erfahren wir doch auch dann über seine person und sein leben fast nichts.

Dieser umstand wäre wol geeignet, um für W. Grimms meinung zu gewinnen. sobald man jedoch der sache näher tritt, auf das beiden dichtern gemeinsame und die unleugbaren gegensätze schärfer achtet und ihre eigentümlichkeiten sich klar macht, steigern sich die bei dem unbefangenen entstehenden zweifel allmählich zum entschiedenen widerspruch.

Je mehr man sich nemlich in Walther und Freidank hineinliest, desto deutlicher erkennt man, daß beide dichter von grundverschiedenem genius sind. die poesie, welche sich in der Bescheidenheit kund gibt, liegt weit ab von allem höfischen sange. Freidank ist volkstümlich, Walther überall kunstdichter, der sich nur in wenigen liedern dem volksgesang nähert. Freidank hat den schatz von sprüchen, die zu seiner zeit im volke lebendig und gemeingut waren, wie diejenigen, welche seine nicht unbedeutende belesenheit in der bibel und den damals am meisten gelesenen lateinischen autoren und seine bekanntschaft mit den deutschen dichtern seiner zeit ihm zugeführt hatte, gesammelt, überarbeitet und eigenes in gleicher form hinzugefügt; Walther

aber gibt selbstgeschaffenes, in dem das sprichwort nur anklingt. also Freidanks sprüche sind, gleichviel ob entlehnt oder nicht entlehnt, erfahrungssätze, stehen daher nicht immer auf derselben höhe des gedankens und sind durchaus kunstlos, in der einfachsten volksmäßigen form ausgedrückt; Walther aber, indem er das innerlich erlebte oder die wirkung der zeitgeschichte auf ihn dichterisch ausspricht, läßt es nicht bei einem kurzen einfachen spruche bewenden, sondern kleidet höheres fluges seine gedanken in die form edler kunstvoller strophe, die meist dreiteilig mit stollen und abgesang aufgebaut ist und nur hin und wieder mit dem sprichworte abschließt; er verleugnet niemals den echten lyrischen dichter und sein ich tritt überall hervor, was bei Freidank nicht der fall ist, ein vorzügliches kennzeichen volksmäßiger dichtung. Walther individualisiert, Freidank generalisiert, welcher unterschied namentlich in beider behandlung der römischpäbstlichen verhältnisse deutlich wird, indem dieser, was er gesehen und gehört, ohne leidenschaft, höchstens hie und da mit ironischem anfluge im kurzen dichterisch geformten satze ausspricht, jenes strophen aber gerechten zorn über Rom atmen, das er eben so bitter haßte, als er nach der lieben reise über see die heißeste sehnsucht empfand. Freidank gibt die abstracten sätze ganz objectiv, Walther die reflexe der welt und zeit auf sich, und seine spruchgedichte verhalten sich zu den sprüchen Freidanks, wie seine lieder zu dem volksliede. Freidank spricht, Walther singt, und wo dieser auch das göttliche und menschliche und dessen gebrechen zum gegenstande seines dichtens macht, da erlaubt seine innere fülle nicht, sich auf einen erfahrungsmäßigen lehrhaften satz zu beschränken, sondern er spricht sich in vollen tönen aus. auch urteilt Walther gewis strenger als Freidank, indem er zugleich bestimmte personen und verhältnisse angreift. Freidank ist gleich seinem zeitgenoßen Thomasin von Zirclaria ein gelehrter, nur trägt er seine gelehrsamkeit nicht so zur schau; Walther aber verrät den gelehrten mit keinem zuge, und ein solcher genius wie der Walthers kann nicht derselbe sein, der sich mit den worten: 'mich hat berihtet Fridane' als verfaßer einführt. wollte man aber auch annehmen, Walther habe die Bescheidenheit in noch höherem lebensalter

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