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und bei zeitgenossen heisst er hêr, 1 während bürgerliche dichter meister genannt werden. dass er aus ritterlichem geschlechte war, folgt daraus nicht; auch an freie bauern und dienstmannen wurde die ritterwürde verliehen, zumal in der zeit als der ganze stand noch im entstehen begriffen war (G. Freitag, bilder aus der deutschen vergangenheit 2, 1 s. 2. 37 ff.). ein geschlecht der herren von der Vogelweide ist noch nicht nachgewiesen.

Walthers geburtsjahr lässt sich annähernd aus seinen gedichten bestimmen. in einer strophe, die er 1217 oder 1219 dichtete (nr. 87), sagt er wol vierzic jâr hab ich gesungen oder mê, und in einem gedichte, das etwa 1200 entstanden ist (nr. 48), gibt er sich vierzig jahre. er muss also um 1177 angefangen haben zu dichten und gegen 1160 geboren sein. dass eins der erhaltenen lieder den siebziger jahren des zwölften jahrhunderts angehöre, folgt daraus nicht.

§ 2. Aufenthalt in Österreich; niedere minne; verhältnis zu Reinmar. Bis 1198 lebte Walther in Österreich am hofe herzog Friedrichs. von besonderen ereignissen, die ihn hier betroffen hätten, wissen wir nichts. die zeit scheint ihm in ungestörter heiterkeit und den genüssen, die ein kunstliebender hof dem sänger bieten konnte, verflossen zu sein. von ihm selbst (17, 9) erfahren wir, dass er ein mädchen niederer herkunft geliebt habe, ehe er sich in den dienst einer frau von stande begab. welche gedichte vor, welche hinter diesen wendepunct fallen, ist im einzelnen nicht immer leicht, bei manchen vielleicht unmöglich zu entscheiden; noch schwieriger ist es, die folge fest zu stellen, in welcher sie gedichtet wurden. zu resultaten, deren richtigkeit sich im einzelnen streng erweisen

Vogelweide nachgewiesen. ob es aber der war, nach dem der dichter hiess, muss dahin gestellt bleiben. vogelweide, aviarium, ist nomen appellativum, und bezeichnet einen ort, an dem vögel zu weiden pflegen oder gehegt werden. einen solchen namen konnte mancher hof führen und hat mancher ort geführt. Scherer in der zeitschr. für österr. gymnasialw. 1866 s. 315 gibt an, dass er vier solcher vogelweiden kenne.

1) Wolfram Parz. 297, 24 des muoz her Walther singen. Willeh. 286, 19 hêr Vogelweid von brâten sanc. Marner (HMS. 2, 246) lebt von der Vogelweide noch mîn meister hêr Walther.

liesse, wird man hier nicht gelangen können. was sich erreichen lässt, ist eine anordnung, welche an sich natürlich, der entwickelung und dem lebensgange des dichters gemäss ist, mithin als möglich gelten muss, und die dadurch, dass sie alle andeutungen, die sich aus inhalt und form für die zeitbestimmung der lieder gewinnen lässt, sorgfältig beachtet und combiniert, die möglichkeit der anordnung zur wahrscheinlichkeit erhebt. mehr erreicht zu haben beanspruche ich nicht, und nach dieser erklärung wird es erlaubt sein, in der folgenden kurzen übersicht von Walthers minnesang und minneleben nicht bei jedem einzelnen gedichte zu widerholen, dass ihm nur möglicher weise oder wahrscheinlich die angewiesene stelle zu komme. die gründe, durch welche die anordnung bestimmt wurde, ergeben sich theils aus der allgemeinen übersicht und charakteristik der lieder, theils aus den einleitenden anmerkungen zu denselben.

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Die lieder der niedern minne zeichnen sich im allgemeinen aus durch tiefes gemüt, warme empfindung und frische natürlichkeit. im technischen, in der strophenform sowie im versbau und reim (mit der einen ausnahme endelôs: trôst 4, 22), hat der dichter schon die volle meisterschaft. manches ist ihnen eigentümlich. der epische eingang (nr. 2), die erwähnung des rosenbrechens (2, 36. 5, 1), die kräftigen ausdrücke (12, 13. 30. 11, 22), die körner (nr. 3. 8) und der refrain (nr. 8)1 kehren in Walthers späterm minnesang nicht wider. aber auch die lieder dieser periode selbst zeigen eine verschiedene höhe der entwickelung. zwischen nr. 3 Mich hat ein wünneclîcher wân und nr. 11 Die mir in dem winter fröide hânt benomen ist ein abstand, den nur eine längere kunstübung hat herbeiführen können. schlicht und ruhig fliesst anfangs die sprache, von den witzigen pointen und geistreichen wendungen, die uns in den spätern liedern so oft überraschen und erfreuen, findet sich noch keine spur, zuweilen ringt der dichter noch mit dem ausdruck. allmälig wird die sprache freier, der ausdruck lebendiger und bewegter, besonders aber fängt das selbstbewusstsein des dichters an stark hervor

1) Das lied Under der linden (nr. 58) mit dem widerkehrenden tandaradai ist nicht im minnedienste entstanden.

zutreten. er hat eine hohe meinung von dem wert seiner kunst und scheut sich nicht den älteren und angesehenern Reinmar in parodien (nr. 14) anzugreifen. sowohl nach der angeführten stelle Gottfrieds, als auch weil der schwächere zu den waffen des spottes zu greifen pflegt, muss man annehmen, dass Reinmar ursprünglich höheres ansehen hatte. aber der schüler übertraf bald den meister; denn Walthern ist es gelungen, die züge, welche Reinmars poesie auszeichneten und seinen zeitgenossen besonders empfahlen, in sich aufzunehmen und mit seinem eignen aufs innigste zu verschmelzen. später, im ersten jahrzehnt des folgenden jahrhunderts, weihte er dem verstorbenen gegner zwei herrliche strophen (53, 53. 66), ein denkmal auch der eignen kunst und des eigenen edeln charakters.

§ 3. Höhere minne. Auf das liebesverhältnis folgte der minnedienst. wann, wissen wir nicht. die ersten gedichte dieser periode erscheinen als die blüte von Walthers liebeslyrik. der veredelnde einfluss der minne, den er im reiferen manncsalter so häufig hervorhebt, tritt hier an ihm selbst hervor. der höfsche muot, die heitere stimmung, die für alle eindrücke von aussen offen steht, und das masshalten, diese haupttugend im geselligen verkehr, spricht so recht aus ihnen. mit jugendlicher frische und der bestimmten hoffnung sich nicht vergeblich zu mühen, gibt er sich dem dienste hin. die dame verkehrt mit ihm in ungezwungener liebenswürdigkeit und lässt sich seine unterhaltung gefallen (19, 30. 20, 37. 21, 17), aber zum eigenmanne mag sie ihn nicht (19, 30 ff.). der bekümmerte dichter sucht hilfe bei der frau Minne, sie möge für ihn werben, da er nichts ausrichte (nr. 22) und meint sicher gewährung zu finden, wenn sie nur wüsste, wie treu er sie liebe (nr. 23. 24). endlich nimmt sie ihn zu ihrem ritter an. jubelnd spricht er seinen dank aus und hofft nun seine arbeit zu glücklichem ende zu führen. bald aber scheint eine störung des verhältnisses eingetreten zu sein. er wird bei einem frühlingstanze von ihr zurückgewiesen (nr. 27) und klagt darüber, dass sie ihn herabsetze, die er erhoben (nr. 28, 19 ff.). auch jetzt geht er frau Minne wider an (nr. 29); aber nicht wie ehemals nur mit der bitte auch der herrin liebe einzuflössen, sondern mit der klage

über ihre undankbarkeit; denn jetzt hatte er durch seinen dienst anspruch auf belohnung. nach einem schlimmen winter findet sich der dichter zu den sommerfreuden ein. aber sein frühlingslied (nr. 30) zeigt nicht die frischen, blühenden farben wie das des vorigen jahres (nr. 27). der matte und trübe ton verrät, dass die not (v. 8), die er im winter erlitten, noch nachwirkt. wohl nicht unrichtig schliesst Rieger, Walther habe eine schwere krankheit durchgemacht. vielleicht hielt sie ihn ab, seinen gönner herzog Friedrich auf dem kreuzzuge zu begleiten, den dieser 1196 antrat: denn in diese zeit ungefähr mag das lied fallen. die abwesenheit eines grossen theiles der ritter im morgenlande vermehrte den glanz des Wiener hofes nicht, die verzagten meinten es sei alles ausgestorben und der gesang verstummt (nr. 31). aber Walther tröstet sie und sich mit der hoffnung auf bessere tage (nr. 31. 32), obwohl er unter den veränderten verhältnissen mehr litt als ein anderer. herzog Leopold theilte nicht die neigung seines bruders Friedrich zum dichter; frau Sælde fing an, ihn ungünstig zu behandeln (32, 25) und neider und verleumder arbeiteten beim fürsten und bei der

geliebten ihm entgegen. den neid zwar würde er recht gern ertragen haben, wenn man ihn nur mit recht beneidet hätte (33, 7), aber die geliebte erwies ihm keine gunst, auf die ein andrer hätte eifersüchtig sein können (34, 13), und den einflüssen der gegner konnte er um so weniger entgegen wirken, als er jetzt seltner bei hofe erschien (34, 1). er flüchtet sich aus der trüben wirklichkeit in das reich der vorbedeutungen und wünsche (35. 36) - zu seinem unglück. der ausgesprochene wunsch wird ihm von der herrin sehr übel genommen und sie verbietet ihm seinen gesang (36, 33). in einem sehr hübschen liede, das in dem tone höfischer conversation wunderbar leicht dahin fliesst und eben deswegen in metrischer beziehung weniger sorgfältig gefeilt ist, sucht er sie zu versöhnen. er erinnert sie an das alte sprichwort gedanken sind frei' und meint, wahn und wunsch könne sie doch ledig lassen. aber vergeblich. die glückliche zeit in Österreich ist für den sänger vorüber. klagen über lügner und prahler (38, 13), die so manches weib ins unglück gestürzt, so manchen herren vom rechten wege abge

bracht hätten (45, 20), klagen über den verfall der zucht bei den frauen (nr. 39), über die traurige lage der welt (42. 44) und ihre undankbarkeit (nr. 43), über die ungnade der herrin und ihren verkehr mit den feinden (40) erfüllen jetzt seinen seltener ertönenden (nr. 39) gesang. und wenn er (42, 19) meint, bei ihr stehe die alte gute sitte noch in ansehn, so zeigt der ganze ton des liedes, dass er vom gegentheil überzeugt ist. endlich muss er den 'schamelôsen' das feld räumen und Österreich verlassen (46, 9). vor dem scheiden macht er sein testament: sein unglück und seine traurige lage vermacht er den neidern, seinen kummer den lügnern, sein verzehrendes liebesfeuer, denen die es mit der minne nicht redlich meinen, den frauen nach wahrer, liebe sehnsucht. dass es ihm mit seiner liebe ernst war, bekunden die tief empfundenen anmutigen strophen Wie wol der heide ir manicvaltiu varve stât (46, 17), der ausdruck seiner sehnsucht in der fremde.

Spruchpoesie.

§ 4. Abschied aus Österreich. Obwohl die lage Walthers in den letzten jahren, die er in Österreich zubrachte, durchaus nicht beneidenswert gewesen war, so hatte er sich zu dem schweren schritte dem heimatlichen boden den rücken zu kehren doch erst dann entschliessen können, als ihm jede hoffnung auf eine günstige wendung der verhältnisse abgeschnitten war, d. h. als sein gönner herzog Friedrich am 15. oder 16. april 1198 in Palaestina gestorben und der stuhl für seinen bruder Leopold frei geworden war (50, 13). er that den ersten schritt in ein viel bewegtes leben, das ihn mit den ersten grössen seiner zeit in verbindung brachte, ihm einen einfluss verschaffte, wie ihn selten ein sänger gehabt hat, aber auch die quelle vieler bitterer erfahrungen für ihn wurde.

Menschen gemeinen schlages werden im eigenen unglück stumpf für die leiden anderer. Walther hatte eine stärkere und tiefere natur. gerade in der zeit, als er selbst vom schicksal schwer heimgesucht wurde, öffnete sich sein herz für das wol des ganzen. sein blick wurde aus den enggezogenen grenzen des minnedienstes heraus auf das gebiet des staatlichen und sittlichen lebens geführt, in dem von jetzt an der schwerpunct

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