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seiner poesie liegt. die form, deren er sich zu diesem zwecke bediente, ist die des einstrophigen liedes, des spruches. 1 der schöpfer der spruchpoesie ist Walther nicht (schon der Spervogel kannte und pflegte sie), aber er hat ihr gebiet erweitert, und sie zu einer bedeutenden kunstgattung erhoben. die schwierigkeit dieser dichtungsart lag in der grossen mannigfaltigkeit der stoffe, die oft einer poetischen behandlung widerstrebten. selbst Walther hat in der späteren zeit diese klippe nicht überall vermieden, noch weniger seine nachfolger.

§ 5. Aufenthalt an Philipps hof. Im herbst 1197 war Heinrich VI., der durch strenge und gewalt die ordnung in seinem weiten reiche aufrecht erhalten hatte, in der blüte seiner jahre gestorben. er hatte nur ein unmündiges kind von drei jahren, Friedrich II., hinterlassen, und unter den thronstreitigkeiten, die seinem tode folgten, schossen die thaten des unrechts und der gewalt überall üppig hervor. owê dir tiuschiu zunge, singt Walther (49, 41), wie stêt dîn ordenunge! daz nû diu mugge ir kinec hât und daz dîn êre alsô zergât. er selbst entschied sich unter den verschiedenen thronbewerbern bald für Philipp von Staufen, Friedrichs I. jüngsten sohn (49, 48), an dessen hofe er demnächst, vielleicht am Mainzer krönungsfeste am 8. september 1198 (50, 1) aufnahme fand. die zeitgenossen schildern uns Philipp als einen mann von mässigem wuchse, zartem aber nicht schwächlichem körper, mit schönem anmutigem antlitze und blondem haare; dabei war er von milder denkart,

1) Den namen für diese art der poesie hat Simrock (Übersetzung I, 175) eingeführt. s. Wackernagel in der litteraturgeschichte s. 237. eine feste grenze lässt sich zwischen dem einstrophigen liede und dem spruch nicht ziehen. im allgemeinen ist das lied mehr lyrischen, der spruch mehr reflectierenden inhalts; jenes liebt kürzere verse und grössere mannigfaltigkeit in ihrer verbindung, dieser gestattet den gebrauch langer zeilen und ist eintöniger. bei Walther bewahrt das lied die regeln der kunst sehr strenge, in den sprüchen herrscht grössere freiheit. aber die unterschiede sind nicht überall klar vorhanden. die ersten vier strophen des tones nr. 88 bilden ein lied, während die übrigen durch ihren inhalt durchaus zu den sprüchen gehören. nr. 86 zählt der form nach zu den liedern, dem inhalt und der behandlungsweise nach entschieden zu den sprüchen. ähnliche übergänge bilden strophen der töne 31. 32. 34. 44. 45. 47. 77. 87.

herablassend und freundlich gegen jedermann und freigebig; also ausgestattet mit allen eigenschaften, welche für liebenswürdig galten und einen sänger an seine person fesseln konnten. aber das unruhige leben, welches er als staatsoberhaupt zu führen gezwungen war, die fortdauernden fehden und kriege, die ihn bald hier bald dort hin führten, liessen ihn namentlich in den ersten jahren seiner regierung schwerlich zu heiterem lebensgenusse kommen, und trotz der persönlichen vorzüge des königs konnte sein hof in die länge nicht ein angenehmer aufenthaltsort für Walther sein.

§ 6. Besuch in Thüringen.

Wahrscheinlich begab

er sich noch im winter 1199-1200, nachdem er mit Philipp in Magdeburg das Weihnachtsfest gefeiert hatte (50, 25) an den hof des landgrafen Hermann von Thüringen, ohne freilich gehörige beachtung und dauernde aufnahme zu finden. als er sich pfingsten (28. mai) 1200 nach Wien begeben hatte um Leopolds schwertleite mit feiern zu helfen, wusste er in lebhaften farben das rauschende treiben an dem fest- und gesangliebenden hofe zu schildern (50, 37): es sei ein wunder, wenn man dort nicht taub werde. des kommens und gehens, des zechens und lärmens sei kein ende; er habe es nicht mehr länger aushalten können. 1

§ 7. Leopolds schwertleite. War es wirklich der überdruss an festlichkeiten, der Walthern auf die reise zu einer andern grossen festlichkeit trieb, oder war es vielmehr die sehnsucht nach seinem lieben Wien und die hoffnung, an dem tage, den fürsten durch gnadenacte mancherlei art zu feiern pflegten, werde auch ihm ein besseres los erblühen? ohne der schmerzlichen erinnerung an die vergangenheit raum zu geben, ohne sorgenvoll den blick in die zukunft schweifen zu lassen, ganz

1) Zwei stellen Wolframs, auf die Lachm. in der anm. zu 20, 4 verweist, stimmen mit Walthers schilderung überein. Parz. 297, 16 ff.: von Dürgen fürste Herman, etslich dîn ingesinde ich maz, daz ûzgesinde hieze baz. dir wære och eines Keien nôt, sît wâriu milte dir gebôt sô manecvalten anehanc, etswâ smæhlich gedranc und etswâ werdez dringen. des muog her Walther singen 'guoten tac, bœs unde quot.' Willehalm 417, 22 lantgrâf von Dürngen Herman het in ouch lîhte ein ors gegebn. dag kunder wol al sîn lebn halt an sô grôzem strîte, swâ der gernde kom bezîte.

erfüllt von der festfreude der gegenwart begrüsst er mit dem liede Ir sult sprechen willekomen (nr. 52), diesem herrlichen lobgedichte auf deutsche zucht und deutsche sitte, den alten wol bekannten kreis. aber bald sollte er durch die wirklichkeit aus seinem süssen traume herausgerissen werden. der herzog duldete zwar seine anwesenheit, aber ihn dauernd aufzunehmen liess er sich nicht bewegen (51, 59. 31). die alten widersacher begannen ihr spiel aufs neue. es bekundet allerdings einen elenden sinn, wenn sie den dichter jetzt daran erinnerten, dass er ja schon vor zwei jahren von Österreich abschied genommen und seinen letzten willen publiciert habe (47, 25), und wenn sie ihn darauf aufmerksam machen, wie wenig sein scheiden die geliebte bekümmert habe. Walther hatte seine dame wider begrüsst (52, 41); er hatte ihr kaltes benehmen zu entschuldigen gesucht (47, 13), und als er sich nach beendigung der hoffestlichkeiten noch einmal aus der ferne bittend an Leopold wendet, gibt er ihren besitz, gottes huld und den wonnereichen hof zu Wien als das dreifache untrennbare ziel seines lebens an (53, 1). bald nachher aber muss er mit der hoffnung seinen wunsch zu erreichen auch den minnedienst aufgegeben haben: als er das lied Minne diu hât einen site (nr. 48) dichtete, war er frei.

§ 6.

Aufenthalt in Thüringen und Meissen. Am hofe des landgrafen Hermann, dem schauplatze des sängerkrieges und einem mittelpunct für die sangeskunst in mitteldeutschland, ähnlich wie Wien im südosten des reichs, fand Walther zunächst ein dauerndes asyl. der landgraf hatte sich im jahre 1199 der partei Philipps angeschlossen und noch im september 1201 von Bamberg aus mit vielen andern deutschen fürsten in Philipps interesse ein schreiben an den papst Innocenz gerichtet. sehr bald aber fing das verhältnis an ein gespanntes zu werden. es ist bekannt, dass Philipp weder mit dem eignen noch mit dem reichsgute gekargt habe, um die fürsten an sich zu fesseln. für die habgierige seele des landgrafen, der in politischer beziehung jedes gefühls für anstand baar war, that er aber nicht genug. Hermann lieh den lockenden versprechungen der gegenpartei ein geneigtes ohr und fiel im jahre

ver

1203 mit dem böhmenkönig Ottokar Ottos und des papstes sache zu. Walther scheint in der verschleuderung der reichsgüter das einzige mittel gesehen zu haben, durch das sich Philipp auf dem throne halten konnte. er mahnt ihn zur freigebigkeit, erst in milden worten, die den treuen anhänger zeigen (50, 49), dann aber in befehlender, sehr wenig ehrerbietiger sprache (54, 15). dass Walther die haltung des landgrafen Hermann gebilligt habe, braucht man aus diesem spruche nicht gerade zu folgern: wenngleich er ebenso wenig wie seine zeitgenossen erkannt haben wird, ein wie grosser schade dem ganzen durch die übermässige schwächung der kaiserlichen macht erwachsen würde. geblich versuchte Philipp unterstützt von dem markgrafen Dietrich von Meissen und dem herzog Bernhard von Sachsen Thüringen wider zu gewinnen. die Böhmen zogen unerwartet zur hilfe herbei, Philipp wurde in Erfurt eingeschlossen und rettete sich nur durch flucht. sein heer zerstreute sich, und die Böhmen hausten auf das greulichste in den östlichen marken. sechszehn klöster und 350 dörfer wurden geplündert und zerstört, die bewegliche habe weggeführt, die menschen mishandelt. Da, aber erst da, sagte sich auch Walther, unter dessen augen diese ereignisse vor sich gegangen waren, von Philipp los. er war aufs höchste empört. je grösser die liebe, ja selbst bewunderung gewesen war, mit der er früher am könige gehangen, so grösser war jetzt sein zorn, als er floh und das land der zerstörung wilder horden preis gab. in wildem unmut wendet er sich gegen das selbwahsen kint (55, 1), das für den besen zu gross, für das schwert zu klein sei, dem guter rat nichts nütze, und das nur so weit recht handle, als es durch andere gezwungen werden könne. In ein näheres verhältnis zu Philipp scheint Walther nie wider getreten zu sein, selbst dann nicht, als die verhältnisse sich wider günstig für ihn gestaltet hatten, der landgraf wieder zu ihm übergetreten war, und ihn fast das ganze Deutschland als könig anerkannte. in keinem spruche wird er mehr erwähnt, und selbst seinem tragischen ende, das die ruchlose hand des Wittelsbachers herbeiführte, ist kein wort geweiht.

um

Nach Philipps tode wurde Otto allgemein in Deutschland als könig anerkannt. im sommer 1209 unternahm er den römer

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bald aber

zug und empfing am 4. october die kaiserkrone. entzweite er sich mit dem papste und damit brachen auch in Deutschland die parteikämpfe wider aus. Der erzbischof Siegfried von Mainz, Albrecht von Magdeburg. der könig von Böhmen, der landgraf von Thüringen und der markgraf von Meissen hielten 1211 in Bamberg eine besprechung in betreff einer neuen königswahl, und gegen ende des jahres erklärten sie in Nürnberg den ketzer Otto für abgesetzt. als der kaiser diese übeln nachrichten erhielt, brach er anfang november nach Deutschland auf. schneller als man erwartet hatte, erschien er, und die abtrünnigen fürsten mussten gnade suchen. am 20. märz 1212 erschien markgraf Dietrich vor dem kaiser in Frankfurt und erhielt verzeihung, nachdem er geiseln und bürgen seiner treue gestellt hatte: ebenso herzog Ludwig von Baiern. nach Frankfurt hatte sich auch Walther begeben, und er begrüsste das reichsoberhaupt mit drei sprüchen, in denen die ganze grossartigkeit der kaiseridee zu ihrem ausdruck gekommen ist. der kaiser erscheint nicht, wie der papst es wol wünschte, als das kleinere licht, als der mond, neben ihm, der sonne: hier fällt die irdische hälfte der welt dem kaiser, die andere gott zu. gott lässt den kaiser bitten, dass er in seinem irdischen reiche seine interessen wahrnehme und verheisst ihm als lohn widervergeltung. dies war die stellung, die Walther dem oberhaupte des deutschen reiches zuwies, für die er von anfang an bis zum letzten athemzuge gegen die übergriffe der römischen curie gekämpft hat. einer klaren politischen einsicht, dass die interessen des papsttumes und kaiserreiches einander entgegengesetzt seien, wird man das nicht zuschreiben dürfen. nicht der verstand sondern das herz wies ihm seinen platz an. die sittliche verkommenheit des clerus, das verlogene und gleissnerische wesen (51, 209. 83, 11. 92, 73. 49, 53), das dem eigennützigsten treiben den mantel demütiger frömmigkeit und christlicher liebe umzuhängen suchte, empörte die grade natur Walthers, der die feigheit der sünde ekelhafter war, als diese selbst (92, 70. 82, 4).

§ 9. Lieder, welche in Thüringen und Meissen gedichtet sind. Walther war nicht auf eigene hand nach Frankfurt gegangen: er hatte den markgrafen Dietrich dorthin

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