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ihre Würde, behandelt sle ernsthaft, denkt, daß ihr Deutsche seyd." Ihr thut sehr unrecht, wenn ihr euch also an diesem Stück über die Lonkunst selbst bes schwert; Alles solltet ihr dem Künstler selbst zur Last legen 9). Heut zu Tage haben wir uns weit

9),,Aus diesem Grunde", sagt Sulzer, sollte sich die Politik der Musik mehr annehmen (M. vgl. Th. 1. p. 192.). Keis nem Künstler sollte es erlaubt seyn, seine Kunst zu treiben, bis er auch Proben seines Verstandes und seiner rechtschaffenen Gesinnun gen gegeben.“ „Wie sehr wäre es zu wünschen“, sagt Edlen von Mosel, daß auch auf den deutschen Universitäten Lehrkanzeln der Tonkunst errichtet würden! Die Vortheile, welche für die Kunst selbst und für den öffentlichen Geschmack in derselben daraus hervorgehen würden, sind eben so unzweifelhaft als unberechenbar. Betrachtet man, in wie vielen und in wie verschiedenen Händen das Lehramt der Musik sich gegenwärtig Befindet, wie manche, die sich dasselbe anmaßen, ihm ganz und gar nicht gewachsen sind, nach wie mancherlei mitunter sehr verwerflichen Ansichten dabei vorgegangen wird, und wie unmöglich es daher ist, daß sich ein gleiches, auf würdige und unüberschreitbare Grundsäge gebautes System bilde; so hat man, nur schon in dieser Beziehung, Ursache genug, den Mangel eines solchen Instituts zu beklagen. Dasselbe würde jedoch nicht nur nach eis nem aus den Schriften und Werken der angesehensten Klassi= ker aller Völker und Zeiten geschöpften, von den ersten jezt lebenden Meistern uud Gelehrten geprüften und gebilligten Lehr. buche verfahrend, durch die dort gebildeten Zöglinge die gründlichsten Kenntnisse, den besten Geist, den reinsten Geschmack vers breiten, und so die musikalische Komposition allmählig wieder zu der Würde erheben, von welcher sie in leßterer Zeit so vieles verloren hat; es würde auch Lehrbücher für die verschiedenen Zweige der ausübenden Tonkunst, für den Gesang und die Instrumente, verfassen und bekannt machen, welche auch in der Privatunterweisung als unabweichliche Norm zu dienen hätten; und kein Meister dürfte Privat Unterweisung ertheilen, welcher

von jener alten, oben angedeuteten Einfachheit der Musik entfernt; denn diejenigen, welche sich auf diese Kunst verlegen, berücksichtigen nicht so sehr den Geist des Volks, als vielmehr nur den schwinden

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sich nicht einer vorläufigen Prüfung durch den öffentlichen Professor der Musik unterzogen und von demselben ein Zeugniß seiner Fähigkeit erhalten hätte. Wie würde sich dann auch der Geschmack des Publikums veredlen, wenn aller Unterricht von Einem Geiste, von gleich gediegenen Grundsäßen ausginge, und wenn es folglich mit der Zeit bloß solche Werke und KunstLeistungen zu hören bekäme, welche von Seiten der Theorie und Aesthetik tadellos wären! Man hat Akademien der schönen Künste, von welchen die schönste derselben die der Ton= kunst ausgeschlossen ist. Professoren bestehen für jene und keine für die Musik *), welche doch nach allgemeiner Anerkennung eine weit größere Macht über das menschliche `Gemüth ausübt, und einen weit größeren Einfluß auf die Bildung einer Nation hat, als alle übrigen! Vielleicht wird man einwenden, daß die Lehrkanzel der Tonkunst zu Orford in England, seit ihrer Einrichtung weder so viele noch so große Tonseßer hervorgebracht, als Deutschland, dem solche Anstalt fehlt, in dem nämlichen Zeitraume aufzuweisen hat; allein, um die Ursachen hievon anzugeben, wäre eine tiefere Untersuchung der übrigen Umstände, der musikalischen Anlagen beider Nationen und ihres Sinnes für die Musik überhaupt erforderlich, wozu hier weder Ort noch Raum ist. Genug, daß der Nußen, welchen ein sol= ches Institut, bei übrigens günstigen Verhältnissen, bewirken kann, und der oben nur mit einigen Worten angedeutet wurde, zu offenbar ist, als daß gegründete Zweifel dagegen aufgestellt werden könnten.“

*) Haben doch die Ausländer solche, und haben selbst unsere deutschen neuesten Vorfahren solche gehabt. Vgl. Bd. III. meiner Bibliothek.

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den Kizel des Ohrs, mischen die Kunstwerke verschiedener Völker ein, und machen, bei ihrem Streben sich Allen beliebt zu machen, auf Niemanden Eins druck. Meistens werden die Knaben im Singen unterrichtet, um ihre eigenen Gefühle auszudrücken (denn oft verstehen sie selbst nicht, was sie singen) noch um sich der Lieder Anderer für die jedesmalige Gemüthsbefchaffenheit zu bedienen, sondern singen so, wie sie etwas zu Gesicht bekommen, oft bei heiterm Gemüthe Trauer-Gesänge, und umgekehrt bei traurigen Umständen fröhliche Lieder; beobachten die Kunst, nicht den Sinn, singen mit der Kehle, und der Geist ist unthätig und frei von jeder Theilnahme. So steht die Regel der Musik fest ohne Erfolg. Wenn es aber einem vortrefflichen Musiker unserer Zeit gelånge, mit Beobachtung des Geistes seines Volkes, und selbst beseelt von demselben, mit Hintanseßung fremder Kunstwerke so zu singen und zu spielen, wie es die Lage der Dinge fordert; dann würde er meiner Meis nung nach dieselbe Gemüthsstimmung erregen, wodurch die ältern Tonkünstler einen so berühmten Namen erlangt haben; dann würde die Jugend, erzogen unter diesen Kunstwerken, die Musik zu ihrer Geis stesbildung anwenden. Aus diesem und keinem andern Grund seßten einst die Griechen die höchste Bildung in die Vokal- unu Instrumentalmusik. Forkel 10), der fleißige, leider auch schon in den Eliseischen Feldern wandelnde, musikalische Geschichtsforscher sagt: „Die Tonkunst hat durch ihre größere Vervollkommnung in den neuern Zeiten von ihren moralisch ́en

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10) Allg. Gesch. d. Mus. Bd. I. p. 442.

und medizinischen Wirkungen nicht nur Nichts vers loren, sondern vielmehr gewonnen, und würde selbst noch die Wunder) übertreffen, welche man

11) Wunder, welche Sulzer unter andern so zu erklären sucht: „Diese Kunst war in den ersten Zeiten Griechenlands so genau in die Staatsverfassung verwebt, und so unzertrenn lich mit den Religions - Gebräuchen, die ebenfalls die genaueste Beziehung auf den Staat hatten, (NB: denn alle imaginirtenGottheiten der Griechen waren Menschen, die ihren Vorfahren besondere Wohlthaten ic. erwiesen hatten), verbunden, daß keis nes ohne das andere bestehen konnte. Alle Geseze des Staats, alle Thaten der Wohlthäter des Vaterlandes wurden abgesungen und bei der Nation durch Gesang verbreitet und im Andenken erhalten. Mit allen Religionsgebräuchen stand Gesang und Instrumental-Begleitung in der nächsten Beziehung. Der Inhalt der Musik hatte daher sowohl für die ganze Nation, als für jedes Individuum derselben, Interesse. Was unter diesen Umständen ein Gesang bei einer Nation wirken kann, hat sich durch neuere Erfahrungen bestätigt, und ist aus der Geschichte der französischen Revolution bekannt; denn wer sollte wohl die Wirkungen verkennen, die unter dieser Nation ihr Ça ira, oder ihr Marseiller Marsch: Allons enfans etc. so oft hervorgebracht hat! Stärker noch mußte nothwendig die Musik in den frühern Zeiten Griechenlands wirken; denn die Erfahrung lehrte, daß ein noch wenig gebildetes Volk sinnliche Eindrücke weit stärker und schneller auffaßt, alß eine schon gebildete Nation. Wer Beweise für diese Behauptung verlangt, findet sie in der Beschreibung des Charakters und der Sitten der Infulaner des Südmeeres, die uns Förster in seiner Reise um die Welt zur Genüge gegeben hat. Diejenigen, die an den Erzählungen von den wunderbaren Wirkungen der Musik, die wir bei den alten Schriftstellern antreffen, ohne Ausnahme zweifeln, haben entweder nie eine vollkommene Musik gehört, oder es fehlt ihnen an Empfindung. Man weiß, daß die Lebhaftigkeit der Empfindungen von dem Spiel der Nerven, und dem

von der griechischet Musik erzählt, wenn unsere Gesetzgeber einen weisern Gebrauch davon zu machen wüßs ten 12), wenn sie unter dem Schuße der Geseße zu

schnellen Lauf des Geblütes herkommt; daß die Musik wirklich auf beide wirkt, kann gar nicht geläugnet werden. Was für ein anderes Mittel könnte man brauchen, ein wildes Volk zu einiger Aufmerksamkeit und zur Empfindung zu bringen. Alles was zur Befriedigung der körperlichen Bedürfnisse gehört, hat ein solches Volk gemeiniglich; Vernunft aber und Ueberlegung, dem zuzugehören, der mit ihm von Sitten, von Religion, von gesellschaftlichen Einrichtungen sprechen wollte, hat es nicht. Also kann man es durch Versprechungen größeren Ueberflusses nicht reizen. Poesie und Beredsamkeit vermögen Nichts auf dasselbe; auch nicht die Malerei, an der es höchstens schöne Farben betrachten würde, die Nichts sagen *); aber Musik dringt ein, weil sie die Nerven angreift; und sie spricht, weil sie bestimmte Empfindungen erwecken kann. Darum sind jene Erzählungen völlig in der Wahrheit der Natur gegründet, wenn sie auch historisch falsch seyn sollten. Aus allem die sem Gesagten geht hervor, daß diese göttliche Kunst von der Politik zur Ausführung der wichtigsten Geschäfte könne zu Hülfe gerufen werden. Was für ein unbegreiflicher Frevel, daß sie bloß als ein Zeitvertreib müssiger Menschen angesehen wird Braucht es mehr als dieses, um zu beweisen, daß ein Zeitalter reich an Wissenschaft und mechanischen Künsten oder an Werken des Wiges, und fehr arm an gesunder Vernunft seyn könne ?" (M. vgl. auch oben Anm. 9.)

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12),,Se la Musica moderna non produce j maraviglosi effetti dell' antica, cio non proviene dall' esserella incapace

*) Einen herrlichen Commentar zu dieser Stelle, bietet uns der §. 35. ff. in Müller's oft angeführter Schrift, dar. Manches wird der Leser im 1sten Theile dieser Müller 'schen Schrift zerstreut finden, was er hier vielleicht vergebens sucht.

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