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das er konstruirt, uns den Gefühlswert irgend welcher Lebenserscheinungen in ähnlicher Weise fühlen zu lassen, wie er ihn selbst gefühlt hat, so müsste man sagen, dass er sein Mittel unzweckmässig gewählt habe und deshalb seinen Zweck nicht erreichen könne. Er wäre dann wohl Künstler seinem Zweck, seiner Intention, aber nicht seinem Erfolg nach, und sein Werk wäre kein Kunstwerk. Denn wie er auch seine Bogen, Gewölbe, Türme und Pfeiler gestalten und gruppiren würde, er könnte sie doch niemals zu einem solchen Ganzen zusammenfassen, dass

daraus auch nur ungefähr geschweige denn unzweideutig zu ersehen wäre, welcherlei Gefühle er hat ausdrücken wollen. Der eine könnte meinen, er habe dieses ausdrücken wollen, der andere gerade das Gegenteil, ohne dass irgend einer von ihnen auf gültige Gründe hinweisen könnte um uns davon zu überzeugen, dass gerade er die Intention des Architekten richtig getroffen habe. - Dies bedeutet aber eben, dass die vom Architekten gewählten äusseren Zeichen dasjenige nicht adäquat ausdrücken können, was er hat ausdrücken wollen. Und deshalb wäre der Architekt wohl seinem Wollen, aber nicht seinem Können nach Künstler zu nennen. Aber die Kunst ist immer letzten Endes doch ein Können. Nicht alle beliebigen äusseren Mittel können dasjenige ansteckend ausdrücken, was ein Mensch fühlt. Darum zeigt sich auch der echte Künstler eben darin, dass er gerade solche Mittel wählt, die im Stande sind ansteckend und also auch adäquat das auszudrücken, was er ausdrücken will. Wenn jemand mir zwei Stäbe, die in einer bestimmten Weise zusammengebunden sind, zuschickt, oder ein Stück Papier, worauf geometrische Figuren in einer bestimmten Ordnung gezeichnet sind, und zugleich schreibt, diese Zeichen drückten seine gegenwärtige Stimmung aus, so ist es mir doch rein unmöglich aus diesen Zeichen allein zu schliessen, von welcher Art seine Stimmung sei. Oder wenn er noch eine gothische Kathedrale oder einen Palast aus dem Zeitalter der Renaissance auf das Papier zeichnet, kann ich auch daraus nicht viel klüger werden, auch dann zu

keiner Sicherheit darüber kommen, was sich in seiner Seele bewegt haben mag. Natürlich kann ich hin und her raten, und ausgeschlossen ist es ja nicht, dass ich ungefähr oder sogar genau das Richtige treffe, wenn näml. andere, mir bekannte Umstände Anhaltspunkte für die Ideenassoziation abgeben. Aber aus diesen Zeichen allein kann ich niemals mit Sicherheit darauf schliessen, was der Absender derselben gefühlt haben mag, weil diese Zeichen in keinem klaren und natürlichen Zusammenhang mit der Stimmung stehen, die sie ausdrücken sollen, sondern nur zufällige, willkürlich gewählte Symbole dafür sind und an und für sich genommen zahllose von einander abweichende Deutungen zulassen.

Die Natur solcher unbestimmten Symbole, die allerlei Deutungen zulassen, haben nun auch, scheint es uns, die architektonischen Formen. Wer kann uns sagen, was das Tonnengewölbe bedeutet, und was das Kreuzgewölbe, was der Spitzbogen, was der Rundbogen und was der Hufeisenbogen, was eine Basilika und was die Moscheen mit ihren Minarets? Natürlich kann man auch hierüber hin und her raten und phantasiren ja sogar etwas behaupten. wenn man aus anderen Quellen Anhaltspunkte für die Ideenassoziation bekommt. Aber aus den architektonischen Formen und ihren Kombinationen allein kann niemand behaupten, sie bedeuteten dieses oder jenes. Und wenn jemand es doch thut, so ist es nur reine Willkür und kindische Phantasterei, auf welche ein jeder so viel Wert legt, wie es ihm beliebt.

Uns scheint es also unbestreitbar, dass die Archi-, tektur keine Kunst sein kann, sobald man das Wesen der Kunst so auffasst, wie wir es aufgefasst haben. Denn nach unserer Vermutung ist für den Architekten bei der Wahl, Gestaltung und Gruppirung der architektonischen Formen nicht der Zweck bestimmend, dass er dadurch etwas ausdrücken wollte, was er selbst gefühlt hat, sondern er verfolgt dabei den Zweck, sein Gebäude dekorativ, dem Auge gefällig zu machen, d. h. er will unseren

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Schmucktrieb befriedigen. Aber wenn selbst der Architekt bei seiner Thätigkeit den Zweck verfolgte durch sein Werk etwas zum Ausdruck zu bringen, was er selbst gefühlt hat, so wäre die Architektur auch dann keine Kunst oder sie wäre wenigstens nur eine misslungene Kunst. Denn die architektonischen Formen sind allzu unbiegsam, nuanzirungsunfähig, inhaltsarm, wenig differenzirt, kalt und tot um als adäquater Gefühlsausdruck zu dienen. Wie man sie auch kombiniren und gruppiren mag, sie werden niemals im Stande sein ein auch nur annäherungsweise verständliches Bild davon zu geben, was sich in der Seele des Architekten bewegt haben mag. Ja, man kann auch niemals aus einem architektonischen Werk mit voller Gewissheit ersehen, ob der Architekt überhaupt etwas gefühlt hat, was durch dieses Werk zum Ausdruck kommen sollte.

Diese Konsequenz, zu der wir also gekommen sind, ist wohl in den Augen vieler äusserst befremdend, vielleicht sogar absurd Es wird wahrscheinlich auch nicht an denen fehlen, die der Meinung sind, es lohne sich nicht mehr einem Gedankengang weiter zu folgen, der zu einer solchen Konsequenz führt. Denen gegenüber ist es vielleicht gut daran zu erinnern, dass weder Plato noch Aristoteles die Architektur zur Kunst gerechnet haben, und man hat diese Männer darum doch nicht für inkompetent erklärt in diesen Fragen mitzureden.

Aber wenn auch diese Ansicht sich auf keine Autoritäten berufen könnte, hätten wir dennoch unser gutes Recht die traditionelle Auffassung in diesem Punkt in Frage zu setzen, ebenso gut wie in jedem anderen Punkt. Denn es steht nun ein für alle Mal fest, dass ein jeder das Recht haben muss alles in Frage zu setzen, nach dem Grund jeder Meinung zu fragen, auch einer solchen, worüber keine Uneinigkeit herrscht. A priori hat man also kein Recht einen solchen Schluss zu ziehen, dass diejenige Auffassung von dem Wesen der Kunst, nach welcher die Architektur keine Kunst ist, falsch sei, denn wer hat es denn bewiesen, dass die Architektur wirklich Kunst

ist? Die allgemeine Meinung ist in so vielen anderen Punkten falsch gewesen, warum könnte sie nicht ebenso gut auch in diesem Punkt falsch sein?

Wie wird nun aber diese Streitfrage letzten Endes gelöst und wie kann man zu einer Gewissheit darüber kommen, ob die Architektur zur Kunst zu rechnen sei oder nicht? Eine solche Gewissheit ist auf keinem anderen Wege zu erreichen, als auf dem, der im Anfang des Kap. II vorgezeichnet wurde. Das Erste, was wir also thun müssen, ist dies, dass ein jeder sein eigenes individuelles Kunstbewusstsein befragt. Man muss sich die Frage vorlegen: Ist der Eindruck, den ein Dom, ein Palast, ein Theatergebäude auf mich machen, in allem Wesentlichen derselbe wie der Eindruck, den z. B. ein lyrisches Gedicht, ein Musikstück, ein Gemälde oder ein Drama, die ich unbedingt und mit voller Sicherheit für Kunstwerke halte, auf mich machen? Mir persönlich antwortet mein Kunstbewusstsein, dass der Eindruck, den ein Dom oder ein sonstiges architektonisches Werk auf mich macht, eben wesentlich von dem Eindruck verschieden ist, den diese letztgenannten Erscheinungen auf mich machen. Für ein gutes lyrisches Gedicht, für ein Gemälde, Musikstück und Drama ist es gemeinsam, dass sie alle mich den Gefühlswert irgend welcher Seiten des Lebens in der Weise fühlen lassen, wie der Verfasser ihn gefühlt hat. Aber von einem architektonischen Werk lässt sich nicht dasselbe sagen. Ich sehe seinen eigentlichen Zweck darin bestehen, dass es ein praktisches Bedürfnis befriedigt. Ausserdem gewahre ich daran Züge, die durch den eigentlichen Zweck des Gebäudes nicht bedingt sind, sondern die zu dem Zwecke da sind, damit das Gebäude, indem es seine eigentliche Bestimmung erfüllt, zugleich einen dekorativen, dem Auge gefälligen Eindruck mache, d. h. unseren Schmucktrieb befriedige.

Auf Grund einer Analyse meines Kunstbewusstseins kann ich also zu keinem anderen Resultat kommen, als zu dem, dass ein architektonisches Werk und ein Kunstwerk wesentlich heterogene Erscheinungen sind, die ihre Entstehung ganz verschiedenartigen Motiven verdanken.

Nun kann man mir wohl entgegenhalten, dass mein Kunstbewusstsein in diesem Punkt abnorm sei oder dass ich es falsch analysirt habe. Beides ist ja auch denkbar. Aber man darf nicht vergessen, dass auch das nicht ausgeschlossen ist, dass das allgemeine Kunstbewusstsein entweder irregeleitet oder falsch analysirt wäre.

Wer hier nun Recht und wer Unrecht hat, das bringt man letzten Endes auf folgende Weise ins Klaro. Diejenigen, welche behaupten, dass nach ihrem Kunstbewusstsein die Architektur zur Kunst gehöre, müssen eine Kunstdefinition aufstellen, welche die Architektur und alle übrigen Erzeugnisse menschlicher Thätigkeit, die sie für Kunstwerke halten, umfasst, alle diejenigen, die sie nicht für Kunstwerke halten, ausschliesst. Ebenso müssen diejenigen, welche die Architektur nicht zur Kunst rechnen, eine Kunstdefinition aufstellen, in welche alle diejenigen Erzeugnisse, die sie als Kunstwerke anerkennen, hineinpassen müssen. Zeigt es sich nun, dass entweder die eine oder die andere Partei nicht im Stande ist eine einwandfreie Definition aufzustellen, welche zugleich die eben angegebenen Bedingungen erfüllt, dann darf man daraus sogleich schliessen, dass ihr Ausgangspunkt falsch ist. Wenn aber beide die geforderte Definition aufstellen können, dann muss man nachprüfen, welche Definition die "fruchtbarere" ist, d. h. welche von ihnen die Thatsachen besser erklärt. Sollte es sich nun herausstellen, dass gerade diejenige Definition, nach der die Architektur aus der Kunst ausgeschlossen wird, bedeutend fruchtbarer ist, d. h. dass viele wichtige und verwickelte Streitfragen sich natürlich lösen lassen, manches bisher Unverständliche klar und verständlich wird, wenn man nur an dieser Definition folgerichtig festhält, dann hat man das Recht zu behaupten, dass diese Definition richtiger ist als die alte und dass die Architektur also nicht zur Kunst zu rechnen ist.

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Ob die hier vertretene Auffassung im Ganzen und speziell in Bezug auf die Architektur richtig ist, das kann man also erst dann endgültig feststellen, wenn diese

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