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KAP. I.

Begriff der Kunstphilosophie.

Die Benennung Kunstphilosophie ist eine ziemlich seltene und ihr Sinn ist durch den Sprachgebrauch noch lange nicht genügend festgestellt. Wer die Hauptfragen der Kunstphilosophie behandeln will, der hat also die Verpflichtung, allererst darüber Rechenschaft zu geben, was er unter Kunstphilosophie versteht.

Wörtlich genommen bedeutet „Kunstphilosophie" natürlich dasselbe, wie die Philosophie über die Kunst. Gäbe es nun eine allgemein als richtig anerkannte Definition des Begriffes „Philosophie“, dann wäre der Begriff der Kunstphilosophie auch ohne weiteres klar. Unter dem Hinweis auf den allgemeinen Begriff der Philosophie könnte man nur sagen: die Kunstphilosophie will die Kunst zum gleichen Zweck und auf gleiche Weise betrachten und verstehen lernen, wie die Philosophie im Allgemeinen das Seiende überhaupt betrachtet und verstehen lernen will.

Nun giebt es aber keine allgemein als richtig anerkannte Definition des Begriffes „Philosophie", sondern die Frage danach, was die Philosophie sei, ist schon ein philosophisches Problem, dem noch immer von einander oft ziemlich stark abweichende Lösungen zuteil werden.

Unter diesen Umständen ist man gezwungen zuerst darzulegen, was man sich unter Philosophie denkt, ehe man den Begriff der Kunstphilosophie klar machen kann.

Hinter den meisten bekannten Definitionen der Philosophie, ja sogar hinter den wechselnden Bedeutungen, die der Sprachgebrauch diesem Worte giebt, kann man, glaube ich, doch etwas Gemeinsames finden. Dieses Gemeinsame ist nicht immer korrekt ausgedrückt, aber daraufhin zielt man doch in den meisten Fällen, bisweilen ganz klar, bisweilen kaum merkbar. Dieses Gemeinsame, worauf mir die meisten Definitionen und Formulirungen zu zielen scheinen, möchte ich so zusammenfassen: Philosophie ist ein Streben nach einer einheitlichen, in sich widerspruchslosen Weltanschauung. Ohne Zweifel wird doch. ganz allgemein dies unter Philosophie verstanden. Schon der Sprachgebrauch, wo er konsequent und rationell ist, deutet darauf hin. Von einem, der sich mit speziellen Fragen der Landwirtschaftslehre, der Medizin, der Sprachwissenschaft oder der Geschichte beschäftigt, sagt man nicht, er philosophire. Fragt aber einer danach, woher es kommt, dass alle Völker so etwas wie Religion haben, will er wissen, welche Rolle derselben berechtigterweise im Menschenleben zukomme, oder fragt einer nach dem Wesen der Kunst, nach ihrer Aufgabe und Bedeutung, oder forscht er danach, worauf sich unsere Urteile über Sittlichkeit und Unsittlichkeit gründen oder will er das letzte Kriterium finden, das uns als Massstab dient, wenn wir entscheiden müssen, was wahr und was nicht wahr ist, wenn jemand sich mit diesen und ähnlichen Fragen beschäftigt, dann sagt man, dass er philosophirt. Kurz ausgedrückt ist also die Philosophie ein Versuch über das wahre Wesen, den Sinn und die Bedeutung des Seienden ins Klare zu kommen.

Nun giebt es wohl viele Menschen, die einen solchen Versuch entweder für unnütz oder für fruchtlos oder für beides erklären. Das heisst dann der Philosophie die Daseinsberechtigung absprechen. Sobald man aber zugiebt, dass eine Philosophie, die weder mit der Religion noch mit irgend einer Einzelwissenschaft zusammenfällt, berechtigt ist, kann ich nicht leicht einsehen, wie man sie anders auffassen würde, als oben geschehen ist. Man kann

ja auch der Religion die Daseinsberechtigung absprechen und darunter doch dasselbe verstehen, wie diejenigen, welche die Religion für das Höchste in der Welt halten. Also, mag man nun die Philosophie für berechtigt oder nichtberechtigt halten, so wird man doch darüber einig sein können, dass sie, sobald sie etwas Selbstständiges sein soll, ein Streben nach einer zusammenhängenden, widerspruchslosen Weltanschauung ist. Und diese Auffassung, von der Philosophie, glaube ich nun, schwebt auch einem rationellen und konsequenten Sprachgebrauch vor.

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Aber es giebt noch ein weiteres Merkmal, das ganz allgemein als für den Begriff der Philosophie wesentlich angesehen wird. Nicht jedes Streben nach einer zusammenhängenden, widerspruchslosen Weltanschauung wird Philosophie genannt. So haben, um ein Beispiel anzuführen, viele Völker ja vielleicht sogar alle schon in ihrer vorhistorischen Zeit danach gestrebt über das Wesen, den Sinn und die Bedeutung des Seienden ins Klare zu kommen und als Resultate dieses Strebens sind die oft kindischen, bisweilen aber auch grossartigen Welterklärungsversuche oder Weltbilder zu betrachten, welche uns aus der Kindheitsperiode vieler Völker überliefert sind. Und diese Weltbilder haben auch nicht selten einen bedeutenden Grad von Zusammenhang und Konsequenz aufzuweisen. Dennoch rechnen wir sie nicht zur Philosophie sondern zur Mythologie. Und warum? Offenbar deshalb, weil diese Weltbilder entweder ausschliesslich oder wenigstens zum grössten Teil ihre Entstehung der freien Phantasie verdanken. Diese Weltbilder sind ganz willkürlich entworfen und man kann sich auf keine Vernunftgründe berufen um jemanden davon zu überzeugen, dass sie gerade so beschaffen sein müssen und nicht anders. Damit aber ein Welterklärungsversuch philosophisch sein könne, muss derselbe rationell sein, d. h. er muss immer in letzter Instanz durch Vernunftgründe gerechtfertigt werden können. Daraus folgt, dass auch eine andere Art von Welterklärung, näml. die einseitig gefühlsmässige nicht philosophisch ist, denn das ist

eben ein wesentliches Merkmal der Philosophie, dass sie ein rationelles Streben nach einer einheitlichen Weltanschauung ist. Damit ist aber durchaus nicht gesagt, dass unser Streben nach einer Weltanschauung, um philosophisch zu zein, sich ausschliesslich auf unser logisches Vermögen d. h. auf unsere Vernunft gründen müsste. Im Gegenteil muss immer betont werden, dass beim Streben nach einer Weltanschauung alle Seiten des Menschengeistes also das Gefühl und der Wille ebenso gut wie die Vernunft mitwirken dürfen und müssen. Alle Seiten unseres Wesens haben dabei ein Wort mitzusprechen und dürfen ihre Rechte geltend machen. Rationell bedeutet nur, dass es immer doch die Vernunft ist, die darüber als letzte Instanz entscheidet, wie viel Recht jeder Seite unseres Wesens zukommt. Es ist ja sehr wohl möglich

ja sogar gewiss - dass viele Fragen, die man lösen muss, um zu einer einheitlichen Weltanschauung zu kommen, von solcher Art sind, dass man sie nicht durch ein rein logisches Verfahren lösen kann, sondern unser Gefühl oder unser Wille im Grunde die Entscheidung trifft. Eine solche Lösung ist jedoch rationell und philosophisch, sobald man Einen nur durch Vernunftgründe überzeugen kann, dass das Gefühl, bezw. der Wille befugt war in diesem Falle die Lösung zu treffen. Wenn aber einer durch Gefühlsgründe auch eine solche Frage entscheidet, die einer vernunftmässigen Prüfung gemäss der Kompetenz des Gefühls gar nicht unterliegt, dann war sein Verfahren nicht rationell, und die betreffende Frage ist nicht auf philosophische Weise gelöst worden.

Wenn wir nun dieses neue Merkmal mit in Betracht nehmen, wäre also unter Philosophie ein rationelles (also nicht phantastisches, nicht einseitig gefühlsmässiges, nicht willkürlich durch den Willen bestimmtes) Streben nach einer einheitlichen, widerspruchslosen Weltanschauung zu verstehen.

So weit ist man auch, glaube ich, wenn nicht ganz allgemein, so doch ziemlich allgemein über den Inhalt des

Begriffes,,Philosophie" einig. Die prinzipielle Uneinigkeit tritt erst mit der Frage auf, welchen entfernteren Zweck dieses Streben nach einer Weltanschauung habe. Wozu strebt man nach einer Weltanschauung, was treibt einen dazu sich den Kopf zu zerbrechen, den Schlaf seiner Nächte und die Ruhe seiner Tage zu opfern um über das wahre Wesen, den Sinn und die Bedeutung des Seienden ins Klare zu kommen?

Es könnte scheinen, als müsste sich die Antwort auf diese Frage dem gesunden Verstand ziemlich von selbst ergeben, weil sie so nahe liegt. Offenbar sollte doch der Grund dazu, warum wir vom Wesen, Sinn und von der Bedeutung des Seienden eine Auffassung haben wollen, der sein, dass wir, um als vernünftige, denkende Wesen nach Prinzipien handeln zu können, eine solche Auffassung notwendigerweise brauchen. Jeder Schritt, den wir bewusst thun, setzt einen Zweck voraus, zu dessen Erreichung er gethan worden ist. Dieser Zweck wiederum setzt einen höheren Zweck voraus, zu dem der erstere ein Mittel ist (falls er selbst nicht der höchste Zweck ist). Und so muss, wenn wir weit und tief genug gehen, unser Leben einen höchsten Zweck, oder vielleicht mehrere höchste Zwecke haben, die zu keinem höheren Zwecke mehr Mittel, sondern die Selbstzwecke, absolute Zwecke sind. Um aber solche Zwecke setzen zu können, dazu ist notwendig, dass eine Wertung des Seienden schon vorangegangen sei. Man muss sich eine Ansicht darüber gebildet haben, welchen Sinn und welche Bedeutung das Seiende im Ganzen und in seinen wichtigsten Teilen hat. Eine solche Wertung des Seienden und eine solche Ansicht von seinem Sinn und von seiner Bedeutung ist aber wiederum nicht möglich ohne eine tiefe Erkenntnis vom Wesen und Kern des Seienden. Wenn man aber danach strebt, sich eine Ansicht über Wesen, Sinn und Bedeu tung des Seienden zu bilden, dann philosophirt man.

So aufgefasst ist also das Philosophiren d. h. das Streben nach einer Weltanschauung eine ernste Sache,

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