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manden Sympathie haben, sich in fremde Gefühle einfühlen, kann doch nichts Anderes heissen als fremde Freuden und Leiden teilen d. h. miterleben. Es ist bezeichnend, dass schon die Etymologie des Wortes „Sympathie" auf das Miterleben von fremden Leiden das Hauptgewicht legt. Nun sollte es einem doch sinnlos vorkommen, das Erleben von Leiden einen Genuss zu nennen! Sobald ich fremde Leiden wirklich miterlebe, d. h. mich in dieselben einfühle, muss mein eigener Gemütszustand ein vorwiegend unlustvoller sein, wenn es auch in diesem vorwiegend unlustvollen Gemütszustand einen lustvollen Bestandteil giebt, den die Einfühlung als Function gewährt. Wollte man nun aber den ganzen Gemütszustand wegen dieses verschwindend kleinen lustvollen Bestandteiles als lustvoll bezeichnen, so wäre es etwas Ähnliches, als wenn man die Sonne dunkel nennte, weil darin auch dunkle Flecken zu sehen sind.

Nun könnte man wieder, wie bei der Langeschen Theorie, die erste Voraussetzung fallen lassen und sagen: Jedes Kunstwerk braucht nicht einen vorwiegend lustvollen Eindruck auf uns zu machen, sondern es giebt Kunstwerke, die einen vorwiegend unlustvollen Eindruck auf uns machen. Dennoch beruht aber die Wirkung des Kunstwerkes auf der Einfühlung, bezw. der inneren Nachahmung.

Auch in dieser Form würde weder die Einfühlungstheorie noch die Theorie der inneren Nachahmung meiner Ansicht nach das Wesen der Kunst verständlich machen. Die Einfühlung und die innere Nachahmung kommen nicht nur den Kunstwerken gegenüber in Frage, sondern sind ganz allgemeine Erscheinungen, allzu allgemein um nur das Wesen der Kunstwerke zu charakterisiren. Ich kann allerlei Dinge beleben, beseelen, allen möglichen Erscheinungen mein Bewusstsein „leihen“, mich in allerlei Gemütszustände einfühlen und das nicht nur in der Kunst, sondern auch im wirklichen Leben. So kann ich auch allerlei Erscheinungen innerlich nachahmen in der Wirklichkeit wie in der Kunst.

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Nun könnte man wohl geltend zu machen suchen, dass die Einfühlung, bezw. die innere Nachahmung doch nur den Kunstwerken gegenüber besser, leichter und vollständiger gelänge so zu sagen Einfühlung par excellence wäre. Dann sollte man aber erklären können, warum dies der Fall ist, d. h. man sollte diejenigen Eigenschaften an den Kunstwerken nachweisen können, durch welche sich diese für die Einfühlung, bezw. die innere Nachahmung besonders geeignet machen. Und dann wäre für die Kunstwerke wesentlich nicht die Einfühlung, sondern eben jene Eigenschaften, durch welche sie für die Einfühlung besonders geeignet werden.

Oder man könnte seine Zuflucht zu einer anderen Erklärungsweise nehmen. Man könnte sagen: Die künstlerische Einfühlung ist eine spezifische Art von Einfühlung, bezw. innerer Nachahmung. Dann müsste man erklären können, wodurch sich die künstlerische Einfühlung von der allgemeinen unterscheide.

Dies scheint Th. Lipps versucht zu haben. 1) Und wenn ich ihn richtig verstanden habe, sieht er das Charakteristische der ästhetischen Sympathie, der ästhetischen und also auch der künstlerischen Einfühlung in der „Losgelöstheit oder in dem Nicht-Verflochten sein in den Wirklichkeitszusammenhang".

Diese Erklärung scheint mir nicht befriedigend. Man sucht näml. dabei das Wesen der Kunst letzten Endes dadurch zu erklären, dass man auf die eigentümliche Art von Realität hinweist, die den Kunstwerken und dem Eindruck, den dieselben auf uns machen, zukommt. Nun ist aber diese eigentümliche Art von Realität, diese „Losgelöstheit" oder dieses „Nicht-Verflochtensein in den Wirklichkeitszusammenhang" keineswegs etwas ohne Weiteres Begreifliches, sondern eben diese Thatsache selbst bedarf dringend einer Erklärung. Und sie kann erst dann erklärt und richtig verstanden werden, wenn man über das Wesen der Kunst im Klaren ist. Das

1) Vgl. Ästh. Einfühlung.

Wesen der Kunst kann also nicht nur nicht erklärt werden durch einen Hinweis auf das eigentümliche Verhältnis, in dem die Kunstwerke zur Wirklichkeit stehen, sondern eben umgekehrt: dieses eigentümliche Verhältnis setzt zu seinem Verständnis eine Auffassung von dem Wesen der Kunst voraus. Der Hinweis 1) auf die „ästhetische Realität" als eine auf weiter nichts zurückführbare und sonst mit nichts in der Welt vergleichbare Thatsache scheint mir also nicht berechtigt. Wenn man diese „Realität wirklich nicht erklären kann, dann muss man es natürlich auch offen anerkennen. Aber man darf die Sache nicht so darstellen, als ob diese „Realität" keiner Erklärung bedürftig, sondern unmittelbar einleuchtend wäre, denn das ist sie eben nicht. Und dann darf man auch nicht andere Thatsachen durch diese Thatsache zu erklären suchen, bevor diese selbst erklärt ist.

Zum Schluss sei noch der Standpunkt Volkelts in aller Kürze erwähnt. Volkelt hat wohl meines Wissens nirgends das Wesen der Kunst zum Gegenstand einer besonderen Untersuchung gemacht, aber in seinen „Ästhetischen Zeitfragen" findet man zahlreiche Aussprüche, die ziemlich deutlich erkennen lassen, in welcher Richtung seine Gedanken in dieser Hinsicht gehen.

Nach Volkelt besteht die eigentliche Aufgabe der Kunst „in der allseitigen, erschöpfenden Darstellung des Menschlich-Bedeutungsvollen". (S. 15). Unter „Menschlich-Bedeutungsvoll" versteht er wiederum alles, „wodurch auf die Stellung von Freude und Leid, von gut und und böse, von Vernunft und Unvernunft im Leben ein Licht fällt". (S. 17).

Die Kunst soll also das menschliche Dasein „nach der Seite seines Zweckes und Wertes" veranschaulichen. „Auch wo uns die Kunst nur ein unscheinbares Winkelchen des menschlichen Getriebes beleuchtet, will sie uns doch von irgend einer Seite her vor Augen führen,

1) Vgl. Ästh. Einfühlung.

was es heisse, Mensch sein, als Mensch sich freuen, kämpfen und leiden. Mag die Kunst sich Anmutiges oder Furchtbares zum Gegenstand nehmen, überall will sie uns das Menschenschicksal nach irgend einer interessanten, auf die grossen Züge des Lebens bedeutsam hinweisenden Seite anschaulich machen." (S. 16).

Ich finde diese Aussprüche Volkelts gut und wertvoll. Das Einzige, was ich gegen dieselben einzuwenden habe, ist nur dies, dass diese Aussprüche noch allzu allgemein gehalten, allzu schwebend und deshalb vieldeutig sind, um als Ausgangspunkt und Grundlage für systematische kunstphilosophische Betrachtungen zu dienen. Es wird sich wohl später zeigen, dass wir, unserem eigenen Gedankengang folgend, in vielem auf dasselbe hinauskommen wie Volkelt und seine Aussprüche, wenig.. stens zum grossen Teil, unterschreiben können. Nur bekommen diese Aussprüche dann einen genaueren und be

stimmteren Sinn und sind nicht mehr so vielen Missver ständnissen und verschiedenartigen Deutungen ausgesetzt wie in ihrer jetzigen Form.

KAP. III.

Das Wesen der Kunst.

1.

Wir sind in dem vorangehenden Kapitel zu dem Resultat gekommen, dass keine von den bekanntesten Theorien, durch welche man das Wesen der Kunst hat erklären wollen, diese Aufgabe befriedigend lösen konnte. Wir sind also gezwungen auf eine von den bisher gewöhnlichen Theorien abweichende Weise das Wesen der Kunst zu erklären zu suchen. Um aber eine solche Erklärung zu finden, müssen wir nach derjenigen Methode verfahren, welche im Anfang des zweiten Kapitels festgestellt wurde.

Wir gehen also von der Thatsache aus, dass wir einige Erzeugnisse menschlicher Thätigkeit Kunstwerke nennen und dieselben als eine von allen übrigen Erzeugnissen menschlicher Thätigkeit prinzipiell verschiedene Gruppe betrachten. Daraus schliessen wir, dass wir zu einer solchen wichtigen Unterscheidung ganz bestimmte Gründe haben müssen. Es handelt sich jetzt nur darum, diese gewöhnlich unbewussten Gründe bewusst zu machen um an denselben folgerichtig festhalten zu können, zu erfahren, was wir eigentlich meinen und nach welchem Massstab wir urteilen, wenn wir von einem Erzeugnis menschlicher Thätigkeit sagen: dies ist ein Kunstwerk.

Um diese unbewussten Gründe auf die leichteste Weise ins Klare zu bringen, vergleichen wir am besten zwei solche Erscheinungen mit einander, welche im Übri

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