صور الصفحة
PDF
النشر الإلكتروني

der sich schon im vollen Besit dankt, wenn sie einen Eigensinn erzeugt, der Belehrung verschmäht, wenn sie zu einem Feuereifer verleitet, der statt mit Vernunftgründen mit dem Schwerdte kämpft und gegen die Wahrheit eben so blind zu Felde zieht als gegen den Wahn; dann tritt sie dem Reich in den Weg. Vorzüge der Menschen überschreiten leicht ihre Linie.

Sie führen überdieß leicht zu Partheiung.

Der Eine Kirchenlehrer hat diesen Vorzug. Ein Anderer jenen. So ins Unendliche. Während nun jeder seine Natur mit den ihr eigenthümlichen Gaben im Dienste des Reichs aufbietet, zieht er alle ihm verwandte Naturen in seiner Nähe an sich. Auf diese Weise bilden sich an Einem Ort, in Einem Kirchspiel, dicht nebeneinander, Abtheilungen. Es entstehen Partheien. Der Reichsgemeinschaft aber, welche eben die Naturunterschiede durch die Gnade ausgleichen und in Liebe versöhnen will, sind solche Trennungen nicht förderlich. Schon in der åltesten Kirche finden wir Sektenstifter, die nichts als ihre Vorzüglichkeit dazu gemacht hatte. Und in welchem Zeitalter, von den Aposteln bis zu den Kirchenvåtern, von diesen bis zu den Reformatoren, vom Jahrhundert der Reformation bis in unsre Tage herab, die Geschichte der Kirche im Großen, die Erfahrung der Kirchengemein den im Kleinen, befragt werden mag: überall finden wir Gleiches. Luther und Zwingli håtten im Religionsgespräche zu Marburg nicht das Zerfallen der protestantischen Kirche veranlaßt, wåre nicht die Vorzüglichkeit beider Männer eben so verschieden gewesen, als fie

entschieden war. Vorzüge der Menschen führen leicht zu Partheiung.

Endlich ziehen Vorzüge der Menschen leicht von Gott ab; dafern sie ohne höhere Weihe im Dienst des Evangeliums gebraucht werden. Wohl kann kein Lehrer anders zeugen vom Reich, als in der Art die ihm gegeben ist; auch gereicht seine Art, wenn sie auf persönliche Besonderheit natürlich - edel sich gründet, Keinem zum Vorwurf, es wåre denn, daß man im Geschöpf den Schöpfer låstern wollte. Wie oft aber, wenn nun die eigenthümliche Art eines Lehrers Vorzüge hat, wird über die menschliche Schale der göttliche Kern nicht beachtet, wird vor der menschlichen Beredssamkeit das göttliche Wort nicht vernommen, wird um der menschlichen Kunst willen die göttliche Kraft nicht gefühlt! Und man lernt in der Kirche sich unterhalten, aber nicht glauben, nicht lieben, nicht hoffen, nicht anbeten vor Dem, der Himmel und Erde gemacht hat, und nicht Ihm allein dienen. So scheinen die Christen zu Corinth, indeß sie den Briefen des Apostels, die sie schwer und

stark nannten, alles Lob gaben, die Gegenwärtigkeit des Leibes nur schwach, und die Rede, als nicht in hohen Worten trabend, verächtlich gefunden, das Talent dagegen eines andern Lehrers, Apollos, auf gemeinmenschliche Weise, mithin dem Reich zum Schaden, überschäßt zu haben (vergl. 2 Cor. 10, 10. 1 Cor. Cap. 2 u. 3.). Das ist das Schiksal ausgezeichneter Lehrer. Statt die Gemeinden zu ihrem Herrn zu führen, treten sie nur allzuleicht und ohne ihre Schuld zwischen die Gemeinden und Christum. Das kann denn keine andre

Folge haben und hat keine andre, als daß der Eine Haufe spricht: ich bin Paulisch, der Andre: ich bin Kephisch, der Dritte: ich bin Apollisch u. s. w., wogegen der Apostel mit Recht eifert (1 Cor. 1, 12.). Könnten wir Geistliche unsre Person ganz und gar aus den Augen rükken: so wår's desto besser für des Herrn Dienst. Ausgemacht ist zum wenigsten, daß wir nur in dem Maaße für den Herrn wirken, als man uns über Ihn vergisset, schlechterdings aber nichts für den Herrn und Sein Reich schaffen und schaffen können bei denen, welchen wir so unglüklich sind blos zu gefallen.

Ueber alle diese Dinge, wie leicht zu erachten, wäre noch viel zu sagen. Für die Ueberzeugung indeß, wie der Bothe des Reichs, sogar durch eigenthümliche Vorzüge, dem Reich hinderlich werden könne, mag's genug seyn.

2.

Nach dieser Erläuterung des Hauptgedankens fragt sich nun wie wir ihn anwenden sollen.

Und da erscheint nichts natürlicher, als daß er uns demüthige und

[blocks in formation]

1. Demüthigen soll er uns vor allem.

Das Reich, so gewiß es von Gott kommt und nur von Gott kommen kann, kann nur durch Menschen zu den Menschen kommen. Sich vermenschlichen mußte Gott, um Sich den Menschen zu offenbaren. Im Menschensohn hat das Menschengeschlecht die himmlischen Dinge,

wie im Spiegel, geschaut. Des Sohnes Gemeinschaft soll einst vom Spiegel im dunkeln Wort zum Schauen von Angesicht zu Angesicht uns erheben. Wir helfen aber nicht genug. Ihr nicht und wir nicht. Die Sünde hindert daran. Schon arbeiten für das Reich die Jahrtausende, und noch immer ist, um der Sünde willen, die uns durch Mångel und Vorzüge in Widerspruch mit dem Reich seht, das Werk nicht weiter gediehen! Haben wir Ursach, darauf stolz zu seyn? Ihr auf das Maaß des Segens, das Eure Sorgfalt aus unserer Amtsführung gezogen håtte? Wir auf das Maaß des Segens, das unsere Vorzüglichkeit in unsre Amtsführung gelegt håtte? Wahrlich! Wenn irgend Eine Art Stolz in sich selber zerrinnet wie Schaum: so ist es der geistliche Stolz.

Wahr ist allerdings, man suchet nicht mehr an den Haushaltern, denn, daß sie treu erfunden werden (1 Cor. 4, 2.). Und derselbe Apostel, welcher urtheilt: es wåre mir lieber, ich stürbe, denn daß mir jemand meinen Ruhm sollte zunicht machen (1 Cor. 9, 15.), meynt doch ein andermal, es sei ein Geringes von einem menschlichen Tage gerichtet zu werden, weil der Herr es sei, der uns richte (1 Cor. 4, 3. 4.). Aber, gerade die Treue, die vor dem Herrn Probe hålt: wer hat sie aufzuweisen ? Wer wuchert mit seinem Pfunde so vollkommen, daß er ohne Scheu vor den Herrn treten darf zur Rechenschaft? Ich habe mehr gearbeitet, denn sie alle, behauptete Paulus, und mit dem Zusaß: „nicht aber ich, sondern Gottes Gnade, die mit mir ist" (1 Cor. 15, 10.), durfte er's thun;

er sagte eine unwidersprechliche Wahrheit.

Verstatten

wir aber der Gnade Gottes, durch uns zu wirken, was sie wirken mögte? aus uns zu machen, was sie machen mögte? Die Zusage wiederholt sich (2 Cor. 12.): laß dir an Meiner Gnade gnügen, denn Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig; und daß wir nicht tüchtig sind von uns selber, sondern all' unser Tüchtigseyn von Gott ist (2 Cor. 3, 5.6.), weiß jeder. Verstatten wir aber der Kraft des Geistes, in unserer Schwachheit mächtig zu seyn?

Eben so wahr ist: Darin, daß wir uns also richten, erweisen wir uns als Geistliche. Die Welt, wie oft sie auch ungerecht richtet, zumal über Geistliche, stellt uns doch nicht vor ein so strenges Gericht, als wir selbst. Der Geistliche richtet alles und wird von Niemand gerichtet (1 Cor. 2, 15.). Aber gerade bei der Größe des Maaßstabes, den er an seine Wirksamkeit zu legen hat und den er allein daran zu legen versteht, wie klein muß sie ihm vorkommen? Wie muß er mit Zittern sein Amt führen im Gefühl feiner Schwachheit (1 Cor. 2, 3.)! Wie muß ihm oft bange seyn um freudiges Aufthun feines Mundes! Wie mögte er, nachdem er schon ein Menschenalter hindurch gepredigt hat, noch immer mit dem Propheten sagen (Jer. 1, 6.): Ach! Herr! ich tauge nicht zu predigen, ich bin zu jung. Wie riefe er gern allen Jünglingen, die zu Bothen des Reichs sich bereiten, das Wort des Jakobus zu: Liebe Brüder! Unterwinde sich nicht Jedermann Lehrer zu seyn, und wisset, daß wir desto mehr Urtheil empfangen werden. Denn wir fehlen alle manchfaltig. Nur wer auch in keinem Worte

[ocr errors]
« السابقةمتابعة »