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19.

Die Selbstgerechtigkeit.

Matth. 21, 28 - 32.

„Ein Mann hatte zween Söhne und gieng zu dem Ersten und sprach: Mein Sohn, gehe hin und arbeite heut' in meinem Weinberg. Er antwortete und sprach: ich will es nicht thun. Darnach reuete es ihn und gieng hin. Und zu dem Andern gieng er und sprach gleich also. Dieser antwortete und sprach: Herr, ja! und gieng nicht hin. Welcher unter den Zween hat des Vaters Willen gethan? Sie sprachen: der Erste. Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich! Ich sage euch! die Zöllner und Huren mögen wohl eher ins Himmelreich kommen denn ihr. Johannes kam und lehrte euch den Weg der Gerechtigkeit und ihr glaubtet ihm nicht. Die Zöllner aber und Huren glaubten ihm. Und ob ihr dies wohl sahet, thatet ihr dennoch nicht Buße, daß ihr darnach auch geglaubt hättet“.

Das Gleichniß ist sprechend. Die Anwendung ist erschütternd.

Betrachtet man das Gleichniß ohne die Anwendung: so kann man unter den beiden Söhnen die Heyden und

die Juden verstehen. Die Heyden sind der erste Sohn. Ihr abgöttisches Wesen führte gegen den Vater, der in Seinen Weinberg sie einlud, die Sprache: ich will nicht. Daher denn dieselbe Einladung, welche sie abweisen, an Israel, den jüngeren Sohn, sich wendet, der sie mit: Ja, Herr! annimmt. Allein die Heyden reuete ihr: ich will nicht. Es zeigte sich bei ihnen manch Ringen. nach besserer Weisheit. Proselyten, die sich dem Volke der Offenbarung anschlossen, kamen je långer je mehr. Als vollends der Messias erschien, grüßten sie Ihn freudig. Sie hatten Seinen Stern gesehen im Morgenland (vergl. Matth. 2, 2.9.). Israel aber, uneingedenk seines Gelübdes, dem Bundesgott treulos, dem Gesetz widerstrebend, die Propheten mißhandelnd, verfolgend, tödtend, Israel? verwarf seinen Erretter. Er kam in Sein Eigenthum und die Seinen nahmen Ihn nicht auf (Joh. 1, 11.). Das Wort war gegeben: Ja, Herr! ich will's thun. (vergl. 2 Mof. 15, 2. 19,8. 5 Mos. 5, 24 ff. 26, 17. 18. 27, 15 ff.) Doch, bei dem Wort blieb es. That und Geschichte des Volks bis zu Jerusalems Zerstörung (vergl. Matth. 23, 34-39.) lauteten: ich will nicht.

Nehmen wir indessen nach Gebühr Gleichniß und Anwendung zusammen, wie sie gegeben sind, so sehen wir: es werden hier keineswegs Juden und Heyden, es werden die Frommen und die Sünder in Israel gemeynt.

Nach dem Zusammenhang mit dem Vorhergehenden befindet Sich Jesus im Tempel, den Hohenpriestern und Weltesten gegenüber (v. 23.). Diese faßt die Anwendung

Zuerst in dem Urtheil: Wahrlich! Ich sage euch: die Zöllner und Huren mögen wohl eher ins Himmelreich kommen, als ihr. Dann in der Erklärung: Johannes kam zu euch, lehrte euch den Weg der Gerechtigkeit, und ihr glaubtet ihm nicht; während die Zöllner und Huren ihm allerdings glaubten. Ja, ob ihr wohl dies Beispiel mit Augen sahet, thatet ihr dennoch nicht Buße, daß ihr darnach auch geglaubt hättet.

Was ist es hiernach, wodurch Zöllner und Huren, die Sünder, ins Himmelreich kommen; Hohe

priester und Aelteste, Schriftgelehrte und Pharisåer, die Frommen, vom Himmelreich ausgeschlossen

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werden? Allen doch nahet das Himmelreich in der Person seines Königs. Es ist dies: Die Sünder erkennen ihren Irrweg und lassen sich den Weg der Gerechtigkeit weisen. Die Frommen dagegen, die Eingebildeten nehmlich, sind schon gerecht in ihrem Wahn und verachten die Weisung zur Buße. So dffnet sich Jenen, bei aller Sünde, die Reichsgemeinschaft. Diesen, bei allem Anspruch auf Tugend, bleibt die Thüre verschlossen. Ihre Selbstgerechtigkeit ist die Ursach. Hieher richtet sich unser Nachdenken.

Da Jesus in der Hinweisung auf Johannes den Schlüssel zum Gleichniß giebt, können wir nicht beffer thun, als diesen Schlüffel gebrauchen.

Unsere Betrachtung daher wird die doppelte Frage beantworten müssen:

1. Was forderte der Vorbothe des Reichs als Bedingung zum Eintritt?

2. Wie streitet die Selbstgerechtigkeit der Pharisåer mit dieser Forderung?

Lasset uns beide Fragen, in ununterbrochener Bezichung, vornehmen.

1.

Als Johannes auftrat, in der Wüste des jüdischen Landes (Matth. 3, 1.), nicht mit Geprånge dieser Welt, sondern einfältig wie die alten Propheten (v. 4.), und die Bothschaft brachte: das Himmelreich sei nahe herbeikommen (v. 1.): da gieng zu ihm hinaus die Stadt Jerusalem und das jüdische Land und die Provinzen am Jordan und ließen sich von ihm taufen und bekannten ihre Sünden (v. 5. 6.). Wie er aber auch Pharisåer und Sadduzåer zu seiner Taufe kommen sahe, sprach er: Ihr Otterngezüchte, wer hat euch den Weg den ihr wandelt und für den rechten ausgebet gewiesen, dem künftigen Zorn zu entrinnen? (v. 7.) Der wahrhaftige Gott doch nicht?!

Es war, wie der freimüthige Lehrer sagte. Die Rabbinen warfen das klare Gotteswort an die Seite, weil sie den tiefen Sinn nicht verstanden und stellten eigene Erfindungen und Sahungen auf, die zum Theil keinen Sinn hatten. Weshalb schon durch Jesaias (Cap. 29, 13. vergl. Marc. 7, 6-13.) Gott ihre Verblendung strafte. Ein unverblendetes Herz demnach fordert jene ernste Anrede, ein Auge ohne Schalkheit, eine Klarheit des Geistes, fähig, die willkührliche Menschenvorschrift in ihrem Mißstand gegen die nothwendige Gottesordnung zu erkennen.

Die Selbstgerechtigkeit aber ist nicht unverblendet. Sie ist blind. Sie hat zerrüttete, der Wahrheit beraubte Sinne (I. Tim. 6, 5.). Sie ist verdüstert und weiß nichts (v. 4.). Sie will der Schrift Meister seyn und versteht nicht, was sie saget und sett (v. 7.). Sie hålt an dem Buchstaben der da tödtet und ermangelt des Geistes der da lebendig macht (2 Cor. 3, 6.)... Sie vergißt die Hauptsumma des Gebotes und treibt Fabeln (1Tim. 1, 5.6. 6,4.). Sie bleibt das Unerläßliche schuldig und wähnt gleichwohl mehr thun zu können als ihre Pflicht (Luc. 17, 10.). Sie begehrt Gott zu gefallen und verweigert Ihm doch den Gehorsam (1 Sam. 15, 22.). Sie verwirft den auserwähleten, köstlichen. Ekstein (Matth. 21, 42. vergl. 1 Pet. 2, 7. 8.) und will deffenungeachtet Theil haben an dem Heiligthum, wo nicht eingehen kann irgend ein Gemeines noch das Gråuel thut und Lügen (Off. Joh.21,27.). Welche Blindheit!?

Bedürfen wir weiter Zeugniß, daß die Selbstgerechtig= keit, weil sie blind ist, am Reich hindern muß?

2.

Und schon die Benennung: Otterngezücht! deren Johannes sich bedient, enthüllt sein Urtheil.

Schimpfen, wie gemeine Leidenschaft, kann die Wahrheit niemals. Bei dem rechten Namen jedoch die Dinge nennen: das liebt sie, das pflegt sie. Darum heißt sie ein Wesen, dem man nicht trauen darf, weil es von aussen glatt und gleiffend, von innen giftig und bösartig ist, Schlange. Auch dem Heiligen, der die Wahrheit Selbst war, gelten Pharisåer und Sadduzåer

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