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es das Feldgeschrei der Mårtyrer, die für das Kleinod ihres Glaubens die Herrlichkeit der Welt wohlgemuth fahren ließen; so war es in allen Zeiten, als eigenthümlichster Gegenstand des Evangeliums, der Gesichtspunkt, den die Lehrer der Kirche festhielten und den die Reformatoren, weil das verdüsterte Mittelalter ihn verloren hatte, wieder aufnahmen; so ist es noch jetzt das Kennzeichen, woran man Kirchenlehre und Kirchengebräuche prüft; und wer den Zustand der Dinge in der Christenheit überhaupt an sicherem Maaß messen will, fragt: Welche Zeit es sei im Reich Gottes?

Auch wir daher nehmen den Faden unserer Betrachtungen über das Reich wieder auf.

Dasselbe Recht das wir hatten, auf das Reich als evangelischen Lehrgegenstand besonderes Nachdenken zu richten und bei der großen Angelegenheit lange zu verweilen, haben wir jest, zu ihr zurükzukehren, da wir, nach unserem Plane, noch nicht zu Ende sind.

Lasset uns diese Rükkehr dadurch einleiten, daß wir bedenken: warum die Betrachtung mit ungeschwächtem Eifer wieder aufzunehmen sei. Den Grund bildet der doppelte Gedanke:

Das Reich ist Hauptsache unseres Lebens;
Mit dieser Hauptsache werden wir nie fertig.

1.

Das Reich ist Hauptsache unseres Lebens. Deutlich zu machen, was das heisse, ist kaum noch nöthig.

Wir leben um des Reiches willen. Wir leben, zur Gemeinschaft des Reiches gebildet und ihrer theilhaftig zu werden. Was uns nach Gottes Rath wiederfährt, geschieht für das Reich. Was wir nach eigener Freiheit thun, soll für das Reich geschehen. Wer nicht erkannt hat, daß er für das Reich lebe, oder wenn er diese Erkenntniß hatte, doch nicht durch sie regiert wurde im Thun und Lassen: der hat vergebens gelebt; er hat für nichts gelebt, wofür zu leben Unsterblichen der Mühe werth wåre.

Das Reich ist Hauptsache unseres Lebens.

Mißverstehen läßt sich der Saß, wie wir ihn gefaßt haben, durchaus nicht.

Allerdings hat der Mensch auf Erden Mancherlei zu lernen, zu wiffen, zu erfahren, zu begreifen, was zunächst die Zeitverhältnisse angeht; und einen großen Theil seiner Aufmerksamkeit und seines Nachdenkens nimmt dies Mancherlei hin. Dem Reich aber darf dadurch nichts entzogen werden. Nichts, worauf er sich legt, darf in Widerspruch stehen mit dem Reich. Alles, woran er Fleiß wendet, soll er mit dem Reich in Verbindung sehen. Er soll durch die bei ihm vorwaltende Idee des Reichs jede Fertigkeit und Erkenntniß, jede Beobachtung und Uebung, heiligen und zu einem moralischen Ganzen verknüpfen.

Allerdings hat der Mensch auf Erden Mancherlei zu besorgen, zu verwalten, zu schaffen, ein- und auszurichten, was zunächst die Zeitverhältnisse angeht; und einen großen Theil seiner Kråfte und Mittel sett er bei diesem Mancherlei zu. Dem Reich aber darf

dadurch nichts entzogen werden. Kein Geschäft, kein Studium darf in Widerspruch stehen mit dem Reich. Alles, was er vornimmt und treibt, seine ganze bürgerliche und häusliche, amtliche und ausseramtliche Thätigkeit soll er mit dem Reich in Verbindung sehen. Er soll durch die bei ihm vorwaltende Idee des Reichs jede Regung seines Herzens und seiner Hånde, jedes Stük seines Lebenswerks und Tagwerks heiligen und zu einem moralischen Ganzen verknüpfen.

Allerdings hat der Mensch auf Erden Mancherlei zu wünschen, zu begehren, zu verlangen, zu suchen, was zunächst die Zeitverhältnisse angeht; und ein großer Theil seiner Triebe und Neigungen, so wohl der höheren, als der niederen, wendet sich zu diesem Mancherlei hin, man mögte sagen, erschöpft sich daran und geht daran auf. Dem Reich aber darf dadurch nichts entzogen werden. Zu nichts darf er Luft haben, an nichts Gefallen finden, was mit dem Reich in Widerspruch steht. Alles, was ihm Vergnügen gewährt, sein ganzes Wohlseyn und Glük, soll er mit dem Reich in Verbindung setzen. Er soll durch die bei ihm vorwaltende Idee des Reichs nicht nur aufsteigenden Sinnenkißel dämpfen und erwachende Leidenschaft zügeln, nicht nur dem Gefühl überlegen und der Laune Meister bleiben, sondern die ganze Reihe seiner Lebensgenůffe durch jene Idee heiligen und zu einem moralischen Ganzen verknüpfen.

Kurz! Das Himmelreich soll nicht zwischen den Menschen und die Erde treten, wie wenn es ihn mit der Erde entzweien, oder die Erde für ihn verdekken und verdunkeln wollte. Das Himmelreich soll über dem

Menschen und der Erde stehen, wie die Sonne, um sein Daseyn zu beleuchten und allen Dingen den rechten Schein und die rechte Gestalt zu ertheilen. Folglich nicht abhalten soll das Reich von den Kenntnissen, Pflichten, Freuden des Zeitlebens; es soll und will anweisen und antreiben, alles was von solchen Dingen in unsern Kreis tritt unserer obersten Bestimmung gemäß zu würdigen, zu ergreifen, zu ordnen und zu benußen.

Das Reich ist Hauptsache unseres Lebens: Ihr werdet den Gedanken jest verstehen und nicht mißverstehen.

Könntet Ihr aber ihm widersprechen wollen, nachdem Ihr ihn verstanden habt und wisset, wie es damit gemeynt ist? Das ist noch weniger möglich.

Der Mensch ist von Gott und durch Gott. Darum ist er zu Gott und für Gott. Alle Zwekke unseres Lebens vereinen sich darin und können nirgend anders sich vereinen als darin, daß wir die rechte Gemeinschaft des Wesens, Willens, Zustandes mit Dem finden, zu Deffen Bilde wir geschaffen sind. Eine andre Menschenbestimmung ist ungedenkbar. Keine höhere, keine geringere, keine entgegengesetzte giebt es und kann es geben. Und es giebt darum keine andre, weil nur in der Gemeinschaft mit Gott, nur in der Erkenntniß Gottes, im Dienst Gottes, im Genuß Gottes, das heißt im Reich Gottes, der Mensch zu dem sich entwikkelt, was er werden leisten, haben soll. Bei Gott und im Reich Gottes gelangen wir zu der rechten Befriedigung des Geistes, zu der rechten Antwort auf alle Fragen, zu der rechten Lösung für alle Zweifel, zu dem rechten

Grunde von, aller Erkenntniß, zu dem rechten Blik in den Zusammenhang der Dinge: Weisheit. Bei Gott und im Reich Gottes gelangen wir zu der rechten Gesinnung des Herzens, zu der rechten Beschaffenheit des Willens, zu dem rechten Gefühl der Liebe, zu der rechten Vollbringung der Pflicht, zu der rechten Freiheit des Entschlusses, zu der rechten Selbstständigkeit des Charakters: Tugend. Bei Gott und im Reich Gottes gelangen wir zu der rechten Verfassung des ganzen Zustandes, nach innen, nach auffen, zu der rechten Empfindung des Wohlseyns, zu der rechten Fülle des Besißes, zu der rechten Stillung der Wünsche, zu der rechten Ruhe des Gemüths, zu der rechten Harmonie mit uns selber: Glükseligkeit. Summa: Sobald wir unser Zeitleben abtrennen von der Reichsgemeinschaft, berauben wir dasselbe des Geistes, des lebendigen, der es allein zu einem Leben macht. Nur für das Reich lebend und durch alle Lebensveränderungen und Lebensentwikkelungen von der Idee des Reichs geführt, so, daß wir, in ihrem Himmelslichte, klar find, rein sind, froh sind: da leben wir wahrhaftig.

Ist aber hiegegen nichts einzuwenden, so ist auch der Satz anzunehmen: das Reich sei Hauptsache unseres Lebens; im Reich liege die Lösung unserer höchsten Lebensaufgabe.

Der Schluß hieraus zieht sich von selbst.

Kann der Mensch schon gegen Dinge, die nur bedingte Wichtigkeit haben, nicht gleichgültig seyn, wenn er vernünftig handeln will: wie könnte er gleichgültig

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