صور الصفحة
PDF
النشر الإلكتروني
[ocr errors]

Am 1. Sonntage des Advents.

Eingang.

Still und geräuschlos beginnt mit diesem Lage abermals der jährliche Kreislauf unsrer kirchlichen Uebungen; und die Feyer, die uns heute hier im Hause des Herrn vers cinigt, unterscheidet sich in ihrer äußeren Gestaltung durch nichts von unsern gewöhnlichen Zusammenkünften. Dennoch hat sie unlaugbar ihre eigenthümliche Bedeutung, eben sos 'wohl als die, welche den Anfang des bürgerlichen Jahres bezeichnet. Sie richtet, gleich dieser, unsre Blicke in die Vergangenheit und in die Zukunft. Sie erweckt und zu ernsten Prüfungen und zu heiligen Vorsätzen und Gelübder. Sie fordert uns zum frohen Danke für die bisher genosses nen Wohlthaten und zu brünstigem Gebet um den ferners hin zu erlangenden Segen auf. Der Mittelpunkt aller Betrachtungen aber, zu welchen sie uns hinführt, ist nichts anderes als die Sache selbst, mit der wir es hier alleinund immer zu thun haben, die Anbetung Gottes und des Erlösers; und wenn jemals die Veranlassung nahe liegt, sie besonders hervorzuheben, so ist es heute. Bekanntlich tritt auch bey den wichtigsten Vorzügen, in deren Besitze wir uns befinden, gar leicht der Fall ein, daß sie eben' durch die Länge und Sicherheit des Besizes uns zur Ges wohnheit werden, so daß das Gefühl ihres Werthes fich allmählig aus unsrer Seele verliert; und daraus entspringt denn unvermeidlich eins von Beyden: entweder wir vers nachlässigen den Gebrauch, den wir von ihnen machen ́ könnten und sollten, oder wir benutzen sie auf eine bloß mechanische Weise, ohne wahre lebendige Theilnahme des Herzens. Daß dieser Fall auch bey den Anstalten und Uebungen, die uns als Gliedern der Kirche dargeboten sind, nicht selten vorkomme, beparf wohl keines Beweises. Wie viele Hunderte unter denen, welchen dieses Gotteshaus zum Gebrauche übergeben ist, mögen in dem zurückgelegten Kirchenjahre kaum einmal oder überall nicht seine Schwelle betreten haben! Und wie Manche, die es dann und wann, vielleicht öfter besuchten, erschienen leider nicht sowohl ans innerm Antrieb ihres Herzens und mit frommer Sehnsucht nach dem Ort, da Gottes Ehre wohnet, als vielmehr bloß der eingeführten Sitte oder besonderen zufällig ents standenen Veranlassungen zufolge! Nichts kann daher gewiß natürlicher, nichts zweckmäßiger seyn, als gerade heute, an dem ersten Tage des begonnenen Zeitraums, auf den eigenthümlichen Werth der frommen Uebungen, zu welchen wir von neuem zusammen tréten, aufmerksam zu machen,

[ocr errors]

und namentlich auf den überwiegenden Vorzug hinzus weisen, den sie als öffentliche und gemeinschaftliche vor jeder anderen Art der Beschäftigung mit Gott und seinem Worte behaupten.

Text: Evang. Matth. 21, 1-10.

Vortrag.

Die großen Vorzüge des öffentlichen Gottesdienstes.

I. Er ist der feyerlichste.

1. Durch die Oeffentlichkeit an sich.

[ocr errors]

Wie das Volk im Ev. fich freywillig mit seinen Huldigungen dem Erlöser nahete, so findet auch bey den. Anbetungen, welche wir in unsern Tempeln ihm weihen, durchaus kein Zwang statt; und weder kirchliche, noch bürgerliche Gefeße nöthigen den Einzelnen, sich hier an bestimmten Tagen oder in bestimmten Stunden zu den Uebungen der Andacht einzufinden. Aber so viel ist klar, und der Begriff einer Kirche, einer Gesellschaft von Bes Fennern Eines Glaubens, bringt es nothwendig mit sich: Wo Menschen durch das Band gleicher Ueberzeugungen und Hoffnungen, gleicher Vorrechte und Verpflichtungen mit einander verbunden sind, da muß auch diese geistige Verbindung durch ein dußeres, sichtbares Band theils ausgesprochen, theis unterhalten werden, d. h. es müssen Zeiten und Orte seyn, wo die Einzelnen zum gemeins schaftlichen Bekenntniß des von Allen angenommenen Glaus bens zusammen treten. Und hierin eben liegt unverkenns bar das Feyerliche des kirchlichen Gottesdienstes, welches ihm immer und auch dann bleibt, wenn die Zahl der daran Theilnehmenden nicht gerade auffallend groß ist. Inniger als sonst irgendwo fühlen wir uns, indem wir in den Kreis der Anbetenden eintreten, dem Bunde verwandt, den Jesus, der im Namen des Herrn Gekommne, der Heiland und König des menschlichen Geschlechtes, als ein Reich Gottes auf Erden, als eine Pflanzschule für den Himmel errichtete. Die Würde, durch welche seine Gemeine über alle Verbindungen, die es je in der Welt gab oder noch giebt, unendlich hervorragt, vermöge ihres götts lichen Ursprunges, ihrer erhabenen Vorrechte, ihrer heiligen Gesetze, ihrer großen, in die Ewigkeit reichenden Bestims mung, diese Würde tritt uns hier anschaulich und in lebendiger Klarheit vor Augen; und je größer im Aeußeren die Verschiedenheit Derer ist, in deren Mitte wir uns befinden, je mehr wir Reiche und Arme, Hohe und Niedrige, Gebildete und Ungebildete unter einander gemischt

1

sehen, desto mehr ergreift und der große erhebende Gez danke, den das Wort des Apostels ausdruckt: Hier ist tein Jude, noch Grieche, hier ist kein Knecht, noch Freyer, hier ist kein Mann, noch Weib; ihr seyd' allzumal Einer, feyb alle Gottes Kinder in Christo Jesu! Gal. 3, 26.28. Eph. 4, 4 ff.

2. Durch die Heiligkeit des Ortes.

Nicht zwar in dem Sinne nennen wir unsre Kirchen heilig, in welchem Israel einst den Tempel auf Zion fo zu nennen gewohnt war; wir wissen, was Jesus der Samariterin (Joh. 4, 21 ff.) und Paulus den Atheniensern (Ap. Gesch. 17, 24) fagte, und was Jahrhunderte zuvor schon der Herr selbst zur Widerlegung jenes kindischen Wahnes durch den Propheten seinem Volke zugerufen hatte. Jef. 66, 1. Aber wenn heilig mit Recht genannt werden kann, was von jedem gemeinen Gebrauche geschieden,: was dem höchsten, ehrwürdigsten Zwecke ausschließlich ges widmet ist: dürfen, müssen wir denn nicht auch so unsre Kirchen nennen? Geweihet wird allerdings auch das Kámmerlein, in dem ihr betet, die Flur, auf der ihr dem Herrn ein Dankopfer darbringet, doch nur für die Augenblicke, die eure Andacht dauret; die Weihe dagegen, die dem Bethause zukommt, ist eine bleibende, eben weil es seiner eigenthümlichen Bestimmung nach ein Bethaus ist. Die Stimmen, welche man hier hört, sind nur Stimmen des Dankens; die Predigt, welche hier erschallet, ist nur eine Predigt von den Wundern Gottes. Pf. 26, 7. Wohin ihr eure Blicke richtet: Alles erinnert an ihn und an Den, der in seinen Namen auf die Erde herabkam; Alles ist Hinweisung auf etwas, das über der Erde, das unfichtbar und ewig ist; Alles Aufruf zu den Gedanken und Gefühlen, in welchen des Menschen erhabenste Würde, sein Zusammenhang mit einem unvergänglichen, himms lifchen Gottesreiche sich kund giebt. Daher die größre Feyerlichkeit der Gottesdienste, zu welchen wir in unsern Kirchen zusammen kommen; daher jener höhere Aufschwung des Geistes, zu welchem schon der Eintritt in den Tempel uns erhebt, und bey dem Jacobs Wort das unsre wird: Wie heilig ist diese Stätte! Hier ist nichts andres denn Gotteshaus, hier ist die Pforte des Himmels! 1 Mos. 28, 17. II. Er ist der rührendste.

1. Durch die gemeinsame Uebung der Andacht. Nicht, als ob nicht auch die Einsamkeit der Erhebung unsers Gemüthes zu Gott förderlich seyn sollte: aber wie wir in frohen Stunden uns gern an Andre anschließen, um durch die Gemeinschaft mit ihnen unsre Empfindungen

zu erhöhen und zu beleben, so ist es ein gleiches Bedürfniß, das in den Stunden frommer Unterhaltung uns Nahrung für unsre Andacht in dem Kreise der anbetenden Gemeine suchen läßt; und wahrlich, wir suchen sie nicht umsonst. Oder fühleft du dich nicht von einer tieferen Ehrfurcht. vor dem Allerhabenen ergriffen, wenn du neben dir eine Schaar von Betern, und unter ihnen die Hochgestelltesten und Angefehensten, erblickest, die ihre Knie demuthsvoll vor seiner Majestát beugen? Gewinnt nicht dein Glaube eins höheres, freudigeres Leben, wenn du siehst, wie Andere, und unter ihnen der Bedrängten, der Elenden so manche, ihre Zuflucht zu dem Gott der Gnade nehmen, und Stärkung und Labsal in den füßen Tröftungen feines Wortes finden? Steigt nicht wärmer dein Dank, feuriger dein Lob zum Himmel empor, wenn du mit Hunderten, mit Laussenden, wie aus Einem Munde, es dem Herrn darbringst? Róm. 15, 6. Und hast du je ein Vorgefühl des Himmels schon hienieden empfunden und geschmeckt die Kräfte der zukünftigen Welt, wo wir würdiger als im Staube den Ewigen und seinen Sohn preifen werden in der Gemeine der Erstgebornen, mit den Geistern der vollendeten Gerech ten, mit der Menge vieler tausend Engel (Hebr. 12,22 ff.) : war es nicht hier an heiliger Stätte, in den Versamm lungen der Gläubigen, und dort am Altar des Mittlers in den Reihen derer, die, erquickt durch den Genuß · seines. Mahles, ihm Hosianna und Hallelujah sangen?

2. Durch die sinnlichen Beförderungsmittel der Erbauung.

Wir sind Sinnenwesen, so`lange wir der Erde ange=" hören; sollte irgend jemand sich zu stark dúnken, um, Hülfen dieser Art zu bedürfen? Giebt es keine Vorschrift des Christenthums, die uns den Gebrauch derselben zur Pflicht macht, so ist gleichwohl auch kein Verbot da, wodurch er untersagt wåre; und wenn manches Bedeutungslose und Unwürdige, was der Aberglaube finsterer Jahrs hunderte eingeführt hatte, mit Recht im Fortgange der Zeit abgeschafft ist, so mögte man doch fragen, ob nicht Einiges aus der christlichen Vorzeit stammende mit Nutzen hätte beybehalten werden können. Doch das Wichtigste ist uns geblieben. Wir haben als wesentlichen Bestandtheil unsrer Gottesdienste den heiligen Gesang mit seinen ers greifenden Lonweisen, und als Träger desselben jenes in Wahrheit bewunderungswürdige Klangwerk, deffen_seelenvolle Löne alle Empfindungen des menschlichen Herzens eben so sprechend schildern als kraftig erregen, bald zur tiefften Wehmuth stimmen, bald zum freudigsten Entzücken

« السابقةمتابعة »