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der vorstellenden Kräfte jenen eine hinreichende Energie entgegen zu setzen vermag. Denn aufserdem würde der Wahn ein Erzeugnifs fast aller bedeutenden Krankheiten sein müssen. Da nun mit der Stärke der Seelenthätigkeit de Selbstständigkeit des Gehirns gleichen Schritt hält; so erklärt sich hieraus leicht, dafs geistesstarke Menschen wat inger und nachdrücklicher den pathologischen Einfen anderer Organe auf das Gehirn zu widerstehen vernigen, als moralische Schwächlinge, deren Seele an jedem Aufruhr in ihrem Körper Theil nimmt, weil bei ihnen die wenig kultivirte oder durch Leidenschaften zerrüttete Erregbarkeit des Gehirns in einem hohen Grade von der Vitalität des übrigen Körpers abhängig ist. Und auch der letzte Satz erleidet noch mannigfache Einschränkung, da sehr viele nervenschwache Menschen, welche durch jede physische und geistige Anstrengung bald erschöpft werden, an den mannigfachsten Nervenzufällen, Krämpfen, Schmer sen, ja sogar Sinnestäuschungen leiden, und dennoch bei Besinnung bleiben, so lange nur ihr Gemüth nicht durch Leidenschaften aus dem Gleichgewicht seiner Triebe gerickt ist. Wohin wir uns also auch wenden mögen, überall werden wir auf die Leidenschaften als das Urelement des Wahnsinns hingewiesen.

Es folgt ferner aus dem Ebengesagten, dass man bei der allgemeinen pathogenetischen Betrachtung des symptomatischen Wahnsinns gar keine Heerschau über die unab sehbare Zahl der nosologischen Formen zu halten, sondern sich nur die bisher entwickelten Bedingungen klar zu machen braucht, um in jedem gegebenen Falle den verknüpfenden Faden der Erscheinungen aufzufinden. Nie kann irgend eine Körperkrankheit als solche eine unmittelbare Ursache des Wahnsinns sein, wobei die pathogenetische Forschung stehen bleiben dürfte; sondern es müssen jederzeit die individuellen Bedingungen, namentlich in dem Charakter der Geistes- und Gemüthsthätigkeit aufgesacht werden, unter deren Mitwirken jenes körperliche Leiden erst den Wahn hervorzubringen vermochte. Nun

läfst es sich freilich nicht bestreiten, dass jede, zumal das Gehirn und Nervensystem heftig erschütternde Krankheit für sich selbst hinreiche, die Seelenthätigkeit im Bewusst sein zu entzweien, denn im Nerven- und Faulfieber, in der Gehirnentzündung delirirt der stärkste Geist eben si wild, wie der Geistesschwache. Jedoch solche absolu physisch bedingte Scelenzustände gehören eigentlich ga nicht hierher, wie sie denn auch nach stillschweigendei Uebereinkunft von der Psychiatric ausgeschlossen werden, welche nicht die gesammte Nosologie umfassen kann. Freilich dürfte sich hier eine Grenzlinie kaum ziehen lassen, weil ja auch, wie wir gesehen haben, das fieberhafte De lirium von der bildenden Seele nach mannigfaltigen Motiven gestaltet wird. Es kommt daher mehr auf einen richtigen Takt an, zu bestimmen, ob ein gegebener Fall im weitesten Sinne noch in das Gebiet der Geisteskrankheiten gehöre, oder nicht. Keinesweges kann aber deshalb, weil alle diese Zustände mit unmerklichen Abstufungen in einander übergehen, das Verfahren einiger gebilligt werden, welche, um eine erkünstelte Einheit jener, wenigstens in ihren deutlicher ausgeprägten Formen so verschiedenartigen Zustände zu erzwingen, schlechthin jeden Wahn mit dem Delirium identificiren, wodurch jeder psychologische Grundbegriff zerstört werden müsste, wel ches sie auch eingeständlich beabsichtigen. Hierbei mus ich jedoch darauf zurückkommen, dafs die Unterscheidungsmerkmale, welche Georget und nach ihm Burrows auf gestellt haben, um das blofse Delirium von dem Wahnsinn zu trennen, viel zu sehr von der Oberfläche abgeschöpft sind, als dafs sie bei gänzlichem Mangel an leitenden psychologischen Sätzen zur Feststellung der Begriffe des idiopathischen und sympathischen Wahnsinns beitragen könn ten, daher ich die von anderen gegen sie aufgestellten Einwürfe gern gelten lassen will.

Eilfter Abschnitt.

Aetiologie der Seelenkrankheiten.

keit

§. 116.

Allgemeine s.

Gewöhnlich pflegt man die entfernten Ursachen des Wahnsinns in solche, welche unmittelbar die Seele, und a solche einzutheilen, welche zunächst auf den Körper wirken, wobei jedoch meistentheils die Bemerkung eingeschaltet wird, dafs zwischen beiden Klassen sich keine scharfe Grenzlinie ziehen lasse, weil manche psychische Ursachen mehr das organische Leben, manche physische Einlisse vorzugsweise die Seelenthätigkeit umzustimmen scheinen. Daher meinen auch einige, es komme auf eine gease Unterscheidung gar nicht an, weil alle ursachlichen Bedingungen des Wahnsinns zu dem gemeinsamen Ergebführten, eine bestimmte Anomalie der Lebensthätigerzeugen, welche als der zureichende Grund der Strangen des Bewusstseins betrachtet werden müsse. Wäre diese Behauptung richtig, und bliebe sonach die Seele, von einer stetigen Theilnahme an den Erscheinungen des WahnFinns ausgeschlossen; so gäbe die Psychologie allerdings ar Aetiologie desselben nur geringe Beiträge, welche sich darauf beschränkten, dafs die Leidenschaften die zahlreichsten. Ursachen ausmachten. Ja nicht einmal dieser Satz ließe sich streng beweisen, und wirklich ist er oft genug angefochten mit der Behauptung, dafs gerade den physisehen Ursachen der Vorrang gebühre. Ich brauche nur au den oben widerlegten Trugschlufs zu erinnern, dafs die Seelenheilk. II.

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Leidenschaften deshalb nicht als entscheidende Momente angesehen werden könnten, weil im entgegengesetzten Falle bei der allgemeinen Verbreitung derselben der Wahnsinn eine ungleich häufigere Erscheinung sein müsste. Da mar ihnen folglich keinen besonderen Werth beilegte, aus Nicht aber auch Nichts werden und entstehen kann; so sah ma sich genöthigt, zu den gewöhnlichen ätiologischen Sätze der allgemeinen Pathologie seine Zuflucht zu nehmen, w dann Sonne und Mond, kosmische und tellurische Einflüsse die Atmosphäre mit ihren mechanischen, chemischen und dynamischen Verhältnissen, und die tausend Dinge, derer Einwirkung jeder Mensch täglich ausgesetzt ist, in Betrach kamen. Natürlich geben wir die Frage zurück, warun denn das, was alle trifft, nur so selten die Seele krank macht? Und wenn man uns mit geheimnisvoller Miene darauf erwiedert, dafs allerdings wie bei jeder Krankheit, so auch beim Wahnsinn eine eigenthümliche Diathese oder Disposition obwalten müsse, ohne welche die stärksten Einflüsse jenen nicht hervorzubringen vermöchten; so soll eine so leere Ausflucht uns eben beweisen, dafs der be queme Schlendrian, jede Erklärung mit einem gehaltlosen Worte abzufertigen, und dadurch eine tiefere Forschung abzuschneiden, Schuld ist an den zahllosen Widersprüchen, denen wir hier begegnen. Die meisten behaupten, das angestrengtes Denken den Verstand zerrütte; einige be streiten dies, und zwar mit Recht. Die handgreiflichen Verwüstungen, welche wollüstige Ausschweifungen in der Seele wie im Körper anrichten, lassen gar nicht daran zweifeln, dafs jene eine fruchtbare Quelle der Verstandeszerrüttung abgeben; dennoch fellt es nicht an solchen, welche von der Nichtbefriedigung des Begattungstriebes weit ärgere Folgen ableiten. Wie wären diese Widersprüche, deren ich hunderte anführen könnte, auch nur möglich, wenn man sich die pathogenetische Entwickelung der Seelenkrankheiten in lebendiger Anschauung der Erscheinungsreihen und der durch sie bezeichneten ursach

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lichen Verhältnisse klar gemacht hätte? Aber eben weil man nicht in den inneren Zusammenhang der wesentlichen Erscheinungen eindrang, sondern nur ihr grelles Hervortreten ins Auge fafste, welches von dem mannigfachsten Wechsel der äufseren Verhältnisse abhängig sein kann, übersah man gerade das Wesentliche, die im Gemüthe verborgenen Vorgänge, und huldigte willkührlichen Hypothesen, nach denen man von dieser oder jener Gruppe der hiperlichen Erscheinungen auf die ihnen entsprechenden physischen Ursachen zurückschlofs.

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Diese nur zu gegründeten Bemerkungen können für nichts Einladendes haben, die bisherige Bahn gleichfalls zu betreten; sondern wir müssen uns nach einem von derselben völlig abweichenden Verfahren umsehen, wenn wir der Hoffnung Raum geben wollen, etwas tiefer in das Dakel der Aetiologie des Wahnsinns einzudringen. Nach eim vorigen Abschnitt dargelegten wesentlichen Ueber einstimmung zwischen den Leidenschaften und dem idiopathischen Wahnsinn können wir darüber nicht zweifelhaft sein, wie wir den vornehmsten Theil unsrer Aufgabe lösen haben: wir müssen uns zuvörderst den Ursprung der Leidenschaften selbst klar machen, weil sie die Stammel des idiopathischen Wahnsinns bilden, welcher ohne gige Leidenschaft nicht einmal als möglich gedacht werden kann; hierauf müssen wir die eigenthümlichen Bedingungen aufsuchen, durch welche die leidenschaftliche Seele der äufseren Besonnenheit in einem solchen Grade beraubt wird, dafs ihr Zustand nach den herrschenden Bepiffen als wirkliche Gemüthsstörung betrachtet werden fs. Nach dem in der Pathologie üblichen Sprachgebrauch sind daher die Leidenschaften die prädisponiren

den, die zuletzt genannten Bedingungen aber die Gelegenbeitsursachen des Wahnsinns; jedoch wollen wir auf diese Terminologie hier keinen besonderen Werth legen, weil e uns leicht zu störenden Nebenbegriffen verleiten könnte.

Haben wir diese beiden Hauptabschnitte der Aetiologie

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