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Oheims sizen sah, reichte sie mir ihre Hand, und lispelte mit einem schwachen Lächeln ein paar Worte der Bewillkommnung, die ich nicht deutlich verstehen konnte.

»Doktor, Sie sehen mich sehr verändert wieder?« fragte sie gleich darauf, fast unhörbar. Ich drückte ihr mein Bedauern aus, sie so schwach und abgemagert zu sehen.

» Und sieht nicht auch mein armer Oheim sehr krank aus?« fragte das unglückliche Mädchen, ihn mit einem Blicke kummervoller Zärtlichkeit anse= hend. Sie streckte kraftlos ihre Arme aus, als wenn sie dieselben um seinen Hals schlingen wollte; und er ergriff und küßte dieselben mit einer solchen Innigkeit, daß sie in Thrånen ausbrach. »O nein, nein Ihre Güte tödtet mich!« murmelte fie. Er war so überwältigt von seinen Gefühlen, daß er plöglich aufstehen und das Zimmer verlassen mußte. Ich richtete darauf einige, ihren Gesundheitszustand betreffende Fragen an sie. Kaum war ich im Stande auch nur einen Pulsschlag zu entdecken, obgleich ich die blauen Adern, ja die Pulsader selbst, unter der durchsichtigen Haut glaubte sich schlängeln sehen zu

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können.

Weder der Raum, noch meine Gefühle erlauben mir, jede Zusammenkunft, die ich mit ihr hatte, zu schildern. Sie eilte dem Tode mit starken Schritten entgegen. Auch bei ihr stellten sich jene überraschenden Tage trügerischer Erholung ein, welche die Schwindsüchtigen und deren Angehörige mit vergeblichen Hoffnungen zu martern pflegen. D, wie fest hången sie denselben an; wie schwer wird es ihren liebenden Herzen, fie aufzugeben! mit welch einer verzweifelnden Hartnäckigkeit beharren sie im Hoffen ohne Hoffnung!« Ich entsinne mich besonders lebhaft, daß eines Abends ihre gebrochenen Kräfte so unerklärlich wieder belebt, ihre Augen so voll und glänzend, ihre Wangen mit einer so schdnen Röthe übergossen waren, ihre Stimme so süß als jemals klang, und ihr Geist eine solche Heiter= keit annahm, daß ich selbst auf einen Augenblick irre wurde; und der arme Sir wurde so aufgeregt, daß er zu mir, als er mich an meinen Wagen begleitete, in einer Art von Verzückung sagte: »Uh, Doktor, ein Phönix! — ein Phönix, Doktor! Sie

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erhebt sich aus ihrer Asche

einmal täuschen

ah! sie wird Sie

o mein Liebling!« und er hielt

sein Tuch vor die Augen, denn sie flossen über.

» Doktor, Sie lieben die Musik, denke ich; Sie werden ein wenig zuhören, wollen Sie? Ich bin gerade in der Stimmung, es ist das einzige Vers gnügen, das ich noch habe, und Miß B- spielt zum Entzücken. Ich bitte, Liebe, spielen Sie eine Messe von Mozart — die, welche wir gestern Abend hörten,« fagte Miß Herbert einst, ungefähr eine Woche nach meinem zuleht erwähnten Besuche bei ihr. Miß B-, die in Thränen war, stand augenblicklich auf, und setzte sich an das Piano. Sie spielte mit sehr viel Geschmack und Fertigkeit. Ich hielt die eine Hand der lieblichen Patientinn in der meinigen, während sie auf dem Sopha lag, ihre Augen nach dem Fenster hingewendet, durch welches die scheidende Sonne ihre zärtlich-glühenden, von den dunkel gefärbten Bäumen des Waldes gebrochenen Strahlen auf ihr abgezehrtes Antlig warf. Es bedarf des Versuchs einer Beschreibung der schnelzen= den Tône nicht, welche Miß B— dem Instrumente entlockte. Oft ist es mir vorgekommen, als sei ein rein geistiges, überirdisches Etwas in den Mefsen von Mozart, welches, die verborgensten und geheimsten Saiten unseres Innern berührend, die tief-innigsten Gefühle weckt. Jeht stimmte mich die eigenthümliche Lage, in welcher ich mich befand,

die Zeit, der Ort, der sterbende Engel, dessen Hand die Schönheit der mo

ich in der meinigen hielt,

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zartschen Musik mehr als je zu empfinden. Die fanften, beruhigenden, feierlichen, schwellenden Tone wogten in mein volles Herz, bis sie die heißesten Thrånen in meine Augen drångten. O! nie kann ich diese schmachtende, unendlich rührende Mufik vergessen! So oft ich bis auf diesen Tag davon reden höre, schwebt Elife Herberts Gestalt vor meinen Augen. Ich mag fie jezt von Niemand mehr spielen hören, obgleich ich sie seitdem noch oft mit nassen Augen von Miß B— gehört, der Miß Herbert ihr Piano vermacht hatte. Doch zurück! Meine Thränen flossen; und ich sah auch die Krystall-Tropfen aus den geschlossenen Augenliedern Elifens hervorträufeln. »Ist es nicht herzbrechende Musik, Doktor?" flüsterte sie. Ich konnte nicht antworten. Es war mir in dem Augenblick, als hätte ich mein Leben für sie hingeben können. Nach langem Stillschweigen, während dessen Miß B Fortgespielt hatte, seufzte sie: »O wie gern möchte ich begraben werden, indem von der Orgel diese Musik ertönt! Und er er liebte sie auch!« führ

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fie mit einem Ausruf des Schauderns fort. Ein

ähnlicher Schall, aber in tieferem Tone, wurde von

der Seite des Zimmers her gehört, wo das Piano stand. Er konnte von Miß B— nicht herrühren, dessen war ich gewiß; und mich nach 'ihrhin wendend, erblickte ich Sir, an das Piano gelehnt, und sein Gesicht mit seinem weißen Taschentuche bedeckend. Er hatte sich unbemerkt in das Zimmer hereingestohlen, welches er eine halbe Stunde zuvor verlassen hatte; allein er mußte sich überwältigt wieder entfernen, nachdem er etwa fünf Minuten dagestanden hatte. Miß Herbert hatte sein Seufzen, und das Geräusch, das er machte, indem er hinausging, gehört.

» Doktor, Doktor!« stammelte sie schwach, so bleich werdend wie Asche, »wer

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wer war da?

Lieber! das kann nicht

sein nein nein unmöglich. « Sie sank

in Ohnmacht, und blieb so lange bewußtlos, daß ich zu fürchten anfing, es sei Alles vorüber. Indeß erholte sie sich allmählig, und wurde in ihr Bett ge= bracht, welches sie eine Woche lang nicht wieder verließ.

Ich glaube oben Miß Herberts Vorliebe für Dichterwerke, wie auch den Umstand erwähnt zu ha= ben, daß sie ihre Lektüre nur auf solche vom ersten Range beschränkte. Unter den nach dem Tode des armen Mädchens in ihrem Schreibpulte gefundenen

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