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Am nächsten Tage war meine Miethe fällig. Vermittelst der Miethgelder von Herrn G— und einer kleinen, durch die peinlichste Sparsamkeit zu= sammengescharrten Summe macht' ich es möglich, zu zahlen. Nun aber kam der alte L—! Gütiger Gott! was empfand ich, als ich ihn meinem Hause zuhumpeln sah. Ich versicherte ihn höflich, mit bebendem Herzen und aschgrauen Wangen, aber mit der Ruhe der Verzweiflung, daß das Geld freilich noch nicht bereit liege, daß er es aber am Morgen des folgenden Tages erhalten werde. Es war mir, als wenn sein gieriges, schwarzes, jüdisches Auge mein Innerstes durchbohrte. Er ging, scheinbar zufrieden gestellt, und fast wäre ich niedergefallen, und håtte ihn auf meinen Knien für seine schonende Nachsicht gesegnet.

An einem Mittwoch, zwei Tage nach Weihnacht, verließ meine liebe Emilie zum ersten Male die Wöchnerinnenstube. Obgleich blaß und matt, sah sie allerliebst aus, und ihre Zärtlichkeit schien verdoppelt. Um die Jahrszeit zu begehen, und den Tag zu feiern, wendete ich, ohnerachtet meiner bedrängten Lage, meine lehte Guinee zur Besorgung eines måßigen, aber anständigen Mittagsmahles auf, wie ich es seit mancher langen Woche nicht gekostet

hatte. Ich war entschlossen, mich aller Sorge, zum wenigsten auf einen Tag zu entledigen. Der kleine Tisch war zurechtgefeßt; das kleine, aber schmack hafte Stück Rostbeef war aufgetragen; und eben zog ich den Kork von meiner lehten Flasche Portweins, als ein starker Schlag an die Hausthür vernom= men wurde. Ich fank fast in Ohnmacht bei dem Schalle, ohne zu wiffen, warum. Die Magd öffnete die Thür, und zwei Männer, ein schmales Stück Pergament in der Hand, traten ein in das Wohnzimmer.

was

» In Gottes Namen! wer seid Ihr? führt Euch her?" rief ich aus, indem meine Frau stumm, zitternd, mattblickend dasaß.

» Sind Sie der Herr, dessen Name hier steht ?fragte einer der Beiden, in einem höflichen und sogar mitleidigen Tone, indem er mir einen, vom alten L- wegen meiner Schuld gegen mich ausgewirkten Haftbefehl vorwies! Mein armes Weib sah meine Bestürzung, und die Magd erschien eben nur noch zeitig genug, fie vor einem Falle zu schügen, denn sie sank in Ohnmacht. Nachdem ich sie zu Bett gebracht und von der Erlaubniß Ge= brauch gemacht hatte, einige Augenblicke bei ihr zu verweilen, überlieferte ich mich, mehr todt als leben

dig, den Hånden der Gerichtsdiener. Und wenn ich tausend Jahre lebte, nie würde ich diese Stunde vergessen. Es war mir, als ging' ich lebendig in mein Grab. Ich war wie vernichtet.

Nach wenigen Stunden befand ich mich, traurig und verzweiflungsvoll, auf einer hintern Dachstube eines Schuldhauses *), nahe bei Leicester Square. Das Wetter war äußerst rauh, aber kein Feuer wurde Dem angezündet, der keinen Heller in der Tasche hatte. Wåre es nicht um meine arme Emilie und mein Kind gewesen, ich glaube, ich würde meinem elenden Dasein ein Ende gemacht haben; denn ins Gefängniß mußt' ich wandernda half nichts; und was sollte aus Emilien und ihrer Kleinen werden? Juwelen zu versehen hatte sie nicht, meine Bücher waren schon fast alle fort die wenigen Überreste unsers Hausraths waren des Verkaufens nicht werth. Großer Gott! ich war nahe daran, wahnsinnig zu werden, wenn

*) Im Englischen sponging-house, ein provisorisches Detentions-Haus, worin Schuldner, welche man verhaftet hat, einstweilen, bis ihnen ein bestimmtes Gefängniß angewiesen ist, verwahrt werden, und wo die Bailifs auf Kosten der Verhafteten leben. ́

Anm. d. Übf.

ich dieß Alles überdachte. Ich saß die ganze Nacht hindurch auf, ohne Feuer und Licht (denn der schåndliche Unmensch, unter dessen Gewahrsam ich mich befand, vermuthete, daß ich Geld bei mir führe, das er sich nicht entgehen lassen wollte), bis ich ge= gen sieben Uhr Morgens in einem Zustande von Betäubung auf das Bett hinfank, und einschlief. Wie lange mein Schlaf gedauert, weiß ich nicht; denn ich wurde, mitten in einem schrecklichen Traus me, von Jemand aufgeweckt, der mich umarmte, und meinen Mund und meine Stirn mit Küfsen bedeckte. Es war meine arme Emilie! die mei nen Aufenthaltsort ausfindig gemacht hatte, und mit Gefahr ihres Lebens selbst herbeigeeilt war, um meine Befreiung mir anzukündigen; denn ihr war es gelungen, von unserm Miether, den ich vergebens angesprochen hatte, die Summe von 300 Pfund zu erhalten. Wir kehrten augenblicklich nach Hause zurück. Ich eilte die Treppe hinauf, unserm Miethsmanne den feurigsten Dank darzubringen. Er hörte mir zu, ohne mich zu unterbrechen, und erwiederte endlich kalt »Ich hätte doch lieber etwas Schriftliches von Ihnen, Sir!« Fast erstickt vor Verdruß, mich auf eine so gefühllose Weise abges wiesen zu sehen, gab ich ihm, was er verlangte, in

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dem ich nichts Underes erwartete, als daß er sofort die Rolle des alten L- übernehmen würde. Doch er beunruhigte mich nicht.

Die wenigen Pfunde, die uns nach Bezahlung unsers erbarmungslosen Gläubigers L- übrig blieben, reichten hin, um einigen von unsern drångendsten Bedürfnissen abzuhelfen; doch als sie allmåhlig zusammenschmolzen, wurden meine Aussichten düstrer als je. In Folge der heftigen Bewegung und Kümmerniß, welche die neulichen Vorfälle ihr verursacht hatten, verfiel meine Frau in einen ge= drückten, nervenschwachen, hysterischen Zustand, was mein Unglück noch vergrößerte; und ihr Kleines zehrte, wie in unbewußter Sympathie mit seinen. elenden Ältern, sichtlich ab. Wöher sollten wir nun Hülfe erwarten? Wir hatten jezt eine neue bedeutende Schuld bei Herrn G-, unserm Miethsmanne: wie weit es deshalb auch kommen mochte mit unse rer Noth, an ihn uns zu wenden, davon konnte die Rede nicht sein; ja, es ging noch glücklich genug, wenn er sich als ein nachsichtiger Gläubiger bewies. Die böse Leibrente war bald wieder fällig. Wie ein Ulp drückte sie uns. Die Gestalt des alten L- stand unaufhörlich vor unsern Augen, wie ein böser Dåmon, der uns vor sich her ins Verder

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