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bis zum Schatten abgezehrt. In seinem Benehmen lag eine edle Leichtigkeit und Feinheit; und in seinen Zügen — so siech und abgemagert er aussah

- ein solcher Ausdruck von Trauer, Milde und Verstand, daß ich ihn mit der lebhaftesten Theilnahme betrachtete.

»Es würde mir Leid gethan haben, mein Freund, wenn Sie übergangen worden wåren,« redete ich ihn freundlich an, »da ich bereits auf dem Punkte stand, auszufahren.« »Ich hörte Ihren Wagen vorfahren, Doktor, und werde Sir nur ein paar Augenblicke bemühen: oder ich will lieber Morgen. wiederkommen, wenn Ihnen das gelegener ist;« erwiederte er mit schwacher Stimme, und drückte plöglich die Hand an seine Seite, als ob die Anstrengung des Sprechens ihm Schmerz verursache. Ich gab ihm die Versicherung, daß ich eine Viertelstunde für ihn übrig habe, und bat ihn, mir seine Krankheitsumstände auseinander zu sehen. Er schilderte mir wie ich aus seinem Ansehen im Voraus vermuthet hatte alle Symptome einer schon sehr weit vorgerückten Lungen - Schwindsucht. Seine Ausdrücke waren kräftig und gewählt; und ein paar Mal bediente er sich, wenn er den ihm angemessen scheinenden englischen Ausdruck nicht finden konnte, eines so fachgemäßen lateinischen; daß mich, so lange

»ein

er sprach, der Gedanke nicht verließ, er sei hungernder Gelehrter." Indeß spielte er nicht im Entferntesten auf Armuth an, sondern beschränkte fich darauf, die Hauptsymptome seiner Krankheit anzugeben. Deßungeachtet nahm ich mir vor, (haud praeteritorum immemor!) *) zu versuchen, mir Kenntniß von seinen Umständen zu verschaffen, in der Absicht, wo möglich zu helfen. Ich fragte ihn, ob er Fleischspeisen mit Appetit genieße - ob er überhaupt Eßluft habe - ob seine Mahlzeiten regelmäßig wåren? Er verfärbte sich, und stockte ein wenig, denn ich hatte in forschendem Tone gefragt; endlich antwortete er verlegen, daß er zur Zeit nicht regelmäßig, und dann ohne Appetit effe. Bald hatte ich es heraus, daß er sich in den bedrängtesten Um stånden befand; daß er mit einem Worte dem Drucke des Mangels und der Seelenpein, durch allein seine Krankheit beschleunigt, wenn nicht veranlaßt war, zu erliegen im Begriffe sei; und daß Alles, was er von ärztlicher Hülfe erwarten könne, nur in einer geringen Erleichterung bestehen würde. Ich verschrieb ihm einige einfache Arzeneien und fragte sodann nach seiner Wohnung.

*) Der Vergangenheit eingedenk.

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»Ich beforge, Doktor, antwortete er bescheiden, daß ich es nicht erschwingen kann, von Ihnen in meiner Wohnung besucht zu werden; ich will mich nach Gelegenheit in der Ihrigen einfinden, als ein Morgenpatient; «und dabei reichte er mir eine halbe Guinee. Die Überzeugung, daß es vermuthlich seine leste war, und eine lebhafte Erinnerung an ähnliche Auftritte aus meiner eigenen Lebensge= schichte, brachte fast Thrånen in meine Augen. Wie sich von selbst versteht, weigerte ich mich, das Geld anzunehmen, und beredete ihn, mit mir in meinen Wagen zu steigen, da ich ohnehin dicht an seiner Wohnung vorüber führe. Er war fast überwältigt von Dankgefühl, und bemerkte errdthend, daß er »nicht ganz danach gekleidet sei.« Er wohnte in einer der kleinen, von Mayfair auslaufenden Gassen; und nachdem ich seinen Namen und die Hausnum= mer in meine Schreibtafel eingezeichnet hatte, ließ ich ihn aussteigen, und versprach ihm einen baldigen Besuch. Beim Abschiede reichte ich ihm die Hand, und fühlte den ganzen Tag den feucht-kalten Druck seiner knöcherigen Finger. Wo ich ging und stand schwebte mir die Gestalt des düster und traurig blikkenden jungen Mannes vor, und ich war schon im Begriff, den Fall einem höchst trefflichen und groß

müthigen Manne erhabenen Standes vorzutragen, und den Beistand desselben zu erbitten; doch der Gedanke, daß dieß voreilig sein möchte, hielt mich zurück. Der junge Mann konnte ein mehr oder minder Unwürdiger sein, -war möglicherweise ein Betrüger. Das waren wohl arge Gedanken es war kaltherziges, unwürdiges Mißtrauen; aber ich konnte nicht anders: ach! ein achtzehnjähriger Umgang mit einer Welt voll Falschheit hat mich nur zu gut gelehrt, solchen Verdacht zu hegen!

Da meine Frau an jenem Abend außerhalb der Stadt speiste, verschlang ich hastig mein einsames Mahl, und machte mich auf den Weg, meinen Morgenpatienten aufzusuchen. Nicht ohne einige Mühe fand ich das Haus; es war das elendeste, und in der elendesten Straße gelegen, die ich seit Mona' ten besucht hatte. Ich klopfte an die Hausthüre, die offen, und von einem lårmenden Haufen schmuhiger Kinder belagert war. Auf mein Klopfen ers schien ein schlumpiges Weib, mit einem Kinde auf dem Arme. Herr-, sagte sie, wohne hier in der Dachstube; sei aber auf einige Augenblicke ausge gangen, wahrscheinlich um sich »einen Mundvoll zu leben zu verschaffen; ich könne jedoch hinaufgehen und warten, « denn es sei, wie die rohe und gemeine

Person hinzuseste, »nicht viel zum Mitnehmen da. « Eins von ihren Kindern führte mich die enge, schmuhige Treppe hinauf, und überließ mich, nachdem es mir die Thür geöffnet, meinen Betrachtungen. Es war ein elendes Loch, worin ich mich befand! Die Abendsonne warf mißfarbige Strahlen durch die ungewaschenen Fensterscheiben, die hier und da mit dunkelm Papier verklebt waren, und ihr Licht reichte eben hin, mich sehen zu lassen, daß der ganze Hausrath in einem elenden Bette ohne Vorhang, (das, wie man sah, von den måden Gliedern seines unglücklichen Besizers erst vor Kurzem verlassen war) - in drei alten Rohrstühlen- und einem gebrechlichen Tische von Tannenholz bestand, auf welchem nebst Feder und Dinte einige beschriebene Blåtter Papier, ein paar Briefe und einige Bücher zerstreut umherlagen. Eine Kommode war nicht vorhanden, und ich bemerkte auch nichts, was anstatt einer solchen hätte dienen können. Der arme Herr führte wahrscheinlich Alles, was er auf der Welt hatte, mit sich! Über dem Kamin (wenn es diesen Namen verdiente) war ein schmaler Papierstreifen befestigt, den ich seufzend betrachtete; denn es war ein Sarg darauf gezeichnet, mit den Anfangs=

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