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Welcher gallische Gott der Gott mit dem Schlägel sei, darüber herrscht bei den französischen Gelehrten Streit in zweierlei Richtung, sowohl hinsichtlich seiner Benennung, wie über seine Anknüpfung an fremde Götter 39). Während die Namen Taranis, Teutates, Esus (Anm. 86) einzelne Fürsprecher gefunden haben, neigt heute die weitaus grössere Zahl von Gelehrten dazu, in jenem Gott den Dis pater Cäsars (b. Gall. 6, 18), den Ahnherrn des gallischen Volkes, zu erblicken; so zuerst Grivaud de la Vincelle, sodann Chardin, Barthélemy, Dilthey, Flouest, Reinach. Es lag somit am nächsten, an den etruskischen Charun, den griechischen Pluton, den alexandrinischen Sarapis als verwandte unterweltliche Götter zu denken, und namentlich Dilthey und Reinach haben die Angleichung an Sarapis am bestimmtesten durchgeführt 40). Dafür werden folgende Gründe geltend gemacht. Auf dem Kopfe einer hierher gehörigen Erzstatuette aus Niège (Wallis) befindet sich nach Reinach (S. 444) << un appendice cylindrique dans lequel il faut incontestablement reconnaitre le modius de Sérapis», während Dilthey (S. 635) angesichts des Originals 41) nur von einem Zapfen spricht, der nach oben auslädt und in breiterer Fläche endigt. Man könnte versucht sein », sagt er, in demselben einen Modius zu sehen, denn die Form eines solchen hat ungefähr jener Aufsatz. Indessen ist er hierfür doch wohl zu klein und, wenn die Figur höher steht, zu wenig sichtbar. » In der That lassen die Abbildungen den winzigen Aufsatz garnicht oder kaum erkennen. Inzwischen soll in Cairanne (Vaucluse) eine Replik mit deutlichem Modius zum Vorschein gekommen sein 42); man wird eine Abbildung abwarten müssen. Dass der Napf in der Hand des Gottes ebenfalls auf den Kalathos des Sarapis hinweise, erscheint gar weit hergeholt: viel näher liegt es, darin den provinziellen Stellvertreter der in der Hand segenspendender Götter so gewöhnlichen Schale zu erblicken. Schwerer ins Gewicht fällt, dass ein paarmal anstatt des Hundes (der wohl unterweltliche Bedeutung haben kann, aber durchaus nicht haben muss) der dreiköpfige Cerberus erscheint; so in dem Relief von Ober

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39) Einen Überblick über diese Controverse, deren Akten ich nicht vollständig übersehen kann, giebt Reinach S. 156 ff.

40) Dilthey a. O. (Anın. 38), S. 640 ff. Reinach, Comptes rendus de l'Acad. 1887. S. 420. 443 ff. u. ö.. zuletzt Bronzes fig., S 16. 165 ff.

41) Jetzt im Museum zu Genf. Abg. Anz. f. schweizer. Altertumsk. II, 1875, S. 576. Reinach, Bronzes fig., S. 18. 139.

42) Reinach, S. 179, nach Sagnier in den mir nicht zugänglichen Mém. de l'Acad. de Vaucluse, 1892.

seebach (oben Abb. 14) und in zwei siebenbürgischen Reliefs 43), die jedoch auch sonst manches Abweichende zeigen und nicht ohne weiteres zum Beweise für gallische Gottheiten benutzt werden können. Für den Hammer wird die Analogie des etruskischen Charun und eine Stelle. Tertullians (Apol. 15) herangezogen, wo Ioris frater gladiatorum corpora cum malleo deducit. An Pluton-Sarapis wie an Zeus erinnern endlich die Gesichtszüge der besten Exemplare. Alle diese Argumente können wohl wahrscheinlich machen, dass in einzelnen Fällen auch Züge des Sarapis zur Bildung oder Ausgestaltung des gallischen Gottes mit dem Schlägel herangezogen worden sind; dass dessen künstlerische Gestalt aber von dem deus Alexandrinus ausgegangen sei, scheint mir wenig wahrscheinlich, wenn man die festen Typen des stehenden Sarapis vergleicht 4). Der grosse Modius und der weite Mantel sind für ihn charakteristisch; wenn er in einer Gestaltung das Scepter mit der Linken hoch anfasst und in der Rechten eine Schale ausstreckt, so ist dies Doppelmotiv nicht dem Sarapis eigentümlich, sondern ihm mit Zeus und anderen Göttern gemeinsam 5). Vollends scheint mir aber gegen die Auffassung des Gottes mit dem Schlägel als Dis Pater der Umstand entscheidend, dass die meines Wissens einzige inschriftlich gesicherte Darstellung dieses Gottes in diesen Gegenden einen völlig verschiedenen Typus aufweist. Es ist das der 1813 in Sulzbach bei Ettlingen (Baden, unweit Karlsruhe) gefundene Stein, der in Karlsruhe aufbewahrt wird (Abb. 1746) umstehend). Auf gemeinsamem Lehnsessel thronen neben

43) In Déva (Studniczka in den österreich. Mitt. VIII, 1884, S. 39) und in Várhely (Sarmizegetusa), s. Reinach, S. 182 f. Die Göttin mit dem Schlüssel (so scheint es wenigstens) auf dem letzteren Relief für Isis zu erklären, sehe ich keinen entscheidenden Grund; es gab doch mancherlei κλειδούχοι θεαί.

4) S. meine Darlegung im Journ. Hell. Stud. VI, 1885, S. 287 ff.

45) Auf diese Ähnlichkeit beschränken sich auch die von Reinach S. 166 in anderem Sinne herangezogenen Vorstellungen des Vulcan, Mars, Hercules.

46) Karlsruhe, Sammlung vaterländ. Altertümer, Steindenkmale n. 64. Fröhner, die monumentalen Altertümer, 1860, S. 28. Brambach, CIRhen., 1679: i\n) h(onorem) d(omus) d{ivinae), d(eue) s(anctae) [oder dis] Aericur(ae) [oder AER · CVR•] et Diti Pat(ri) Veter(ius) Paternus et Adie(ctia) Pater(na); von einer dritten Zeile ist nach Luckenbach nichts mit Sicherheit zu erkennen. Derselbe hält die eingeklammerten Lesungen für wahrscheinlich. Die richtige Erklärung gab Mommsen, Arch. Anz. 1865, S. 88* ff. (vgl. Barthélemy, rev. archéol. XXXVII, 1879, S. 377 ff.). Abg. in den Schriften des Altertums-Vereins für das Grossh. Baden, I. 1845, Bilderh., Taf. 7, C, S. 91 f. (Eckerle) und bei Brambach, Baden unter röm. Herrschaft, Freib. 1867, Taf. n. 2, S. 30 f., besser oben nach einer durch Prof. Luckenbach in Karlsruhe gütigst besorgten Photographie. In einer Anzeige der Brambachschen Schrift in der rev. crit. 1867, II, 387 f. berichtet C. de la Berge ganz

einander Aericura, mit einem dicken Gürtel um das Gewand und mit Schuhen, einen flachen Korb mit Früchten im Schoss, und Dis Pater,

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in der kurzen faltenreichen Exomis, die die rechte Brust freilässt, eine aufgeschlagene Rolle (ganz sicher nach Luckenbach) mit beiden Händen anfassend; kein Schlägel, kein Gefäss, kein Hund oder Cerberus. Mag dies auch nicht die einzige Gestalt sein, unter der der gallische Dis Pater dargestellt ward: zu jenem Gott mit dem Schlägel führt von ihm keine Brücke.

genau über die statues assises, die auch Mommsen beschreibt. Trotzdem bezeichnet Barthélemy (rev. celtique I, 1870-72, S. 3) das Relief als dem von Oberseebach (Abb. 14) analogue », und danach hat es bei Reinach, S. 182, seinen Platz in der Reihe der Schlägelgötter erhalten, ja es wird ihm sogar wegen dieser Analogie > ein Cerberus zugeteilt. Übrigens zeigt auch das berühmte Gemälde bei der Katakombe des Prätextatus an der Via Appia (Dict. des antiq., II, 1, S. 280, Fig. 2468 = II, 2, S. 1020, Fig. 2895) Dispater und Aeracura beisammen thronend.

Aus dem ganzen Gange meiner Untersuchung ergiebt sich, dass ich mich mehr der Auffassung der Gelehrten Mowat, Allmer, z. T. auch Cerquand -- anschliesse, die den gallischen Gott im allgemeinen dem Silvan angleichen, wenn auch ohne deren Einseitigkeit zu teilen und beide Götter einfach zu identifizieren 7). Als eigenen Besitz brachte der gallische Gott, dessen Namen ich lieber auf sich beruhen lasse, ausser seiner nationalen Tracht den Hammer oder Schlägel mit, der vermutlich auch bei ihm das alte Symbol des Blitz- und Donnergottes darstellt 48), und ferner die Form des Gefässes anstatt der gewöhnlichen Schale. Dass aber gerade der Hammer in dem ältesten römischen Kulturlande, dem Rhonethal, auf den italischen Silvan übertragen und so eine Verbindung dieses eingewanderten mit dem altheimischen Gott vollzogen ward, lehren die epigraphischen Denkmäler unwidersprechlich. Anscheinend ist auch der Napf dort dem Silvan zugeeignet worden, doch ist dies minder sicher. Neben dem kleineren Hammer tritt oder trat der langstielige Schlägel in den zahlreichen Bronzefiguren des ganzen östlichen Galliens auf, ebenso in einzelnen Reliefs des narbonensischen Galliens und weiter nördlich in der Gegend der Vogesen und des Schwarzwaldes (Soulosse, Toul, Oberseebach, Mainz, Rottenburg, vielleicht Lemberg, Ramsen und Wildberg). Seltener hat sich neben diesen gallischen Abzeichen das italische Gartenmesser Silvans erhalten, nicht einmal in dem inschriftlich beglaubigten Silvan von Ramsen, dagegen vielleicht in vereinfachter Gestalt in den Reliefs von Escles und Soulosse im Vogesenlande, sicher in Dagsburg und in der Hand der Begleiterin (Silvana?) in St. Dié (Anm. 25), besonders bedeutsam neben dem langen Schlägel in dem Rottenburger Relief; indem es aber hier nicht mehr in der Hand des Gottes Platz gefunden hat, sondern zum Beizeichen herabgesunken ist, erklärt sich leicht sein häufiges Verschwinden. Desto zäher bleibt der Hund, Silvans ständiger Begleiter auf den italischen Reliefs, dem Gotte bei seiner Wanderung und Wandelung treu. Ihn finden wir in den Reliefs des Schlägelgottes in den Rhonelanden, in Montceau, im Vogesengebiet (Escles, Soulosse, Toul, Dagsburg, Ramsen), im Schwarzwald (Rottenburg und vielleicht

47) Haug, Korrespondenzbl. d. Westd. Zeitschr. IX, 1890, S. 138 ff., und mehr noch Westd. Zeitschr. X, 1891, S. 316 f., vertritt die Verschmelzung Silvans mit einem gallischen Gott und irrt nur in der Annahme eines Hirtenstabes anstatt des Schlägels in den dem Rheingebiet angehörigen Denkmälern.

48) Dieser urwüchsigen, nicht bloss bei den nordischen Völkern verbreiteten Symbolik steht die der klassischen Kunstsprache entlehnte Darstellung des Blitzes beim sog. Jupiter à la roue gegenüber, s. Gaidoz, rev. archéol. VI, 1885, S. 176.

auch Wildberg), während der dreiköpfige Hund in Oberseebach ebenso eine Ausnahme bildet, wie der Bär des ursarius in Xanten; ob in dem Wildberger Relief ein an sich ganz passender (s. Anm. 17) — Eber gemeint sei, ist nicht auszumachen. Das Wolfsfell, das nur in ein paar nackten, auch durch den Stil abweichenden Statuetten (Anm. 36) und auch hier z. T. nicht unbestritten erscheint, erklärt sich anstatt des dem Silvan eigenen Ziegenfells vielleicht durch die nahe Verwandtschaft des Gottes mit Mars, dem ja der Wolf ganz besonders geweiht ist 49); sollte in der Bronze von Vienne ein Löwenfell gemeint sein, so liesse sich an Silvans enge Verbindung mit Hercules denken 50). Auf alle Fälle ist aber dies Attribut auf die gewöhnliche Gestalt des gallischen Gottes nur ganz ausnahmsweise übergegangen 51). Die oft bemerkte juppiterähnliche Bildung des Gesichtes und Haupthaares endlich braucht nicht auf den Unterweltsgott Sarapis zurückgeführt zu werden, sondern beruht auf der auch in den italischen Silvanbildern zum Ausdruck kommenden Verwandtschaft des Silvanus pater, des conservator, des sanctus salutaris der Inschriften, mit Juppiter, worüber es genügt auf Reifferscheid zu verweisen 52).

Kehren wir nach diesem langen, aber hoffentlich nicht ganz ergebnislosen Umwege in das stille Waldthal bei Lemberg zurück, in die Silvani ramosa domus, quo dulcis ab aestu

fistula poturas ire iubebat oves 53).

Es liegt in der That etwas von der Poesie, mit der die Dichter von den Heiligtümern Silvans reden, in diesem Waldwinkel,

religione patrum late sacer; undique colles
inclusere cavi et multa nemus arbore cingunt.
Silvano fama est veteres sacrasse Latinos,
arvorum pecorisque deo, lucumque diemque 51).

49) Vergil Aen. 9, 566 lupus Martius. Hor. Od. 1, 17, 9 lupus Martialis u. oft, vgl. Roscher, Apollon und Mars, S. 88. Die nahe Beziehung zwischen Mars und Silvan bleibt übrigens bestehen, wenn auch der vermeintliche Mars Silvanus bei Cato de agri cult. 83 nach Keils Ausführung im Commentar S. 110 sich in Mars und Silvan auflöst.

50) Reifferscheid, Annali 1866, S. 219, Anm. 5. Preller-Jordan, röm. Myth. 13, 394, Anm. 3.

51) So in der durch ihre Technik hervorragenden Statuette in Avignon (Anm. 36) und in einer zweiten, ebenfalls verhältnismässig sorgfältigen aus Aixen-Provence, jetzt in St. Germain (Reinach, S. 141, no. 147).

52) Annali 1866, S. 215 f.

53) Prop. 5, 4, 5 f.

5) Nach Vergil Aen. 8, 598 ff.

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