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dargestellt, die längst ins Fabelbuch geschrieben seien. So z. B. der Tod Leonardo's in den Armen des Königs Franz und ähnliches. Es bedarf einer ernstlichen Widerlegung dieses Vorwurfes nicht, er schmeckt etwas nach gelehrter Philisterhaftigkeit. Nur möge man bedenken, daß fast immer diese Künstleranekdoten überaus bezeichnend und meist sehr malerisch sind; ihre Darstellung wird der bildende Künstler nicht entbehren können, und ich für meinen Theil würde es Cornelius nicht übel genommen haben, wenn er 3. B. auch einen artigen Scherz von denen, die über Holbein erzählt werden, ausgewählt hätte. Der Maler muß doch der geschichtlichen Thatsache gegenüber dieselbe Freiheit haben, wie der Dichter!

Endlich fällt in diese Zeit noch eine einzelne kleine Arbeit, das Bildniß des Sulpiz Boisserée, welches Cornelius 1830 zeichnete, und das wir hier aus besonderen Gründen erwähnen. Denn wir sind in der glücklichen Lage, verschiedene Urtheile über dasselbe zu besitzen, und da diese unbedingt einen doppelten Werth zu beanspruchen haben, so mögen sie hier einen Play finden. Ich sage einen doppelten Werth; denn einmal ist unter den Urtheilenden wiederum Göthe, und zum zweiten ist es wichtig, daß auch wir eine Meinung darüber uns zu bilden suchen, wie Cornelius im Fache des Bildnisses nach dem Leben sich gezeigt. Arbeiten dieser Art von ihm sind, außer den Frankfurter Gemälden, sehr selten und von vornherein können wir uns überzeugt halten, daß er nicht Bildnisse wie Leonardo, Rafael, Dürer, van Dyk gemalt hat: dies war ihm nicht beschieden. Wie er aber eine bestimmte Persönlichkeit auffaßte und künstlerisch wiedergab, dies konnten Zeitgenossen aus einer einfachen Zeichnung erkennen, und gerade dies ist zum besseren Verständniß seines ganzen künstlerischen Wesens nicht unerheblich. Das Bildniß des Sulpiz Boisserée nun wurde von diesem an den Bürgermeister Thomas in Frankfurt am Main geschenkt, welcher sofort in sichtlicher Freude schreibt: Rosette und Marianne können die Aehnlichkeit nicht genug anerkennen, und behaupten, daß es ein Glück sein würde, wenn man viele so ähnliche Portraits haben könnte. Auch freundlich erscheint das Bild, und es gewinnt mit jedem Tage neues Leben... Daß Deine Frau mit der Zeichnung nicht ganz zufrieden ist, finden wir ganz natürlich, da sie das Original besitzt... Also nochmals den herzlichsten und freudigsten Dank von uns allen, Dir sowohl als

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Freund Cornelius, dem Du wohl Gelegenheit hast, diesen Dank über die Alpen zu senden. Ich glaube nicht, daß Cornelius je ein so gutes Portrait gezeichnet hat." Der Dargestellte selbst, Sulpiz, schickte eine Lithographie des Bildes an Göthe und sagte bald darauf in dem Briefe vom 6. Dezem ber 1830: „Mein Bruder und meine Frau finden die Züge zu alt, indessen schien die Zeichnung, welche von Cornelius für den Bürgermeister Thomas in Frankfurt gemacht wurde, meinem Bruder doch so gut, daß er sie ohne mein Wissen lithographiren ließ." Darauf aber äußerte sich der Alte in Weimar: „Von Ihrem Portrait möcht ich sagen: es ist recht anmuthig ähnlich, dabei sind Sie durch Cornelius Auge und Hand durchgegangen. Auch könnte wohl sein, daß eine liebe, zärtliche Gattin den ganzen Habitus (wie wir Naturhistoriker uns ausdrücken) des theueren Freundes zu größerem Wohlbehagen eingeleitet hätte. Verzeihen Sie! aber meine Schmeller'sche Zeichnung hat mehr von dem eigentlichsten Sulpiz Boisserée; dieser Letzte ist ein wackerer Mann, deren aber allenfalls noch ähnliche sich finden könnten.“*) Das hatte nun aber der gute Sulpiz gar nicht verstanden; er meint gleich, daß er vermuthet, sein Bildniß würde Göthen nicht gefallen, entschuldigt sich und Cornelius mit Unwohlsein, und tadelt nebenher Manches. Ohne Zweifel scheint es denn doch aber klar zu sein, daß Göthe gemeint, Cornelius habe durch seine Auffassung den Sulpiz zu etwas geistig Bedeutenderem, als er wirklich ist, gemacht. Darin mag einerseits ein Tadel für Cornelius in Bezug auf seine Art, ein Bildniß aufzufassen, liegen, andrerseits giebt aber dies Verfahren uns einen Anhalt, um daran die tiefe Innerlichkeit des geistigen Schaffens bei Cornelius überhaupt zu beurtheilen. Dies mag unsere frühere Meinung, daß er von Innen nach Außen arbeite, ergänzend bestätigen, und zugleich mag es uns so die Grundlage für unsere weiteren Ausführungen verstärken.

*) S. B. I. 559 und II. 553, 558.

Vierter Abschnitt.

Die chriftlich-katholische Epoche, etwa von 1830 bis um 1842.

Was Sas hatte Cornelius an größeren Werken bis auf diese Zeit geschaffen? Es war im Allgemeinen Profan-Malerei nach Dichterwerken und Schriftstellern: nach Göthe, dem Niebelungendichter, Moses, Dante und den Griechen. Denn selbst die Bilder Joseph's nehme ich hier nicht aus, weil es gleichgültig ist, wie der Künstler religiös zu diesem Stoffe sich verhält. Daß jedoch der Meister von Jugend an den tiefsten Drang zur Darstellung christlicher Gegenstände fühlte, bezeugen nicht wenige Arbeiten kleineren Umfanges, die er gelegentlich für sich ausführte, so wie auch seine Auffassung des Paradieses von Dante. Jetzt nun aber, nachdem er zwölf Jahre künstlerisch ganz im Alterthume gelebt hatte, sollte er völlig mit seinem Wirken in das Christliche übergehen und einen langgehegten Jugendwunsch sich verwirklichen sehen. Es galt, die neue Ludwigskirche in München mit Fresken zu schmücken. Dies Werk wurde in einem Jahrzehnt vollendet, und wenn wir jetzt aus der Glyptothek in die Ludwigskirche gehen, so empfinden wir, wie verschieden die beiden Welten sind, die uns in den beiden Bauwerken umgeben. Aber wir können schon auf den ersten oberflächlichen Eindruck hin eine Aeußerung der Bewunderung nicht zurückhalten, daß ein und derselbe Künstler zwei scheinbar sich so entgegenstehende Stoffe in ihrer tiefsten Eigenthümlichkeit mit so gewaltiger Meisterschaft erfaßte. Dieser scheinbare Gegensatz weicht natürlich vor der besse= ren Erkenntniß und löst sich in eine lautere Harmonie auf. Ein Punkt ist jedoch schwierig, sowohl für den Genuß als die historische Beurtheilung: es ist der wenigstens theilweis kirchliche Charakter der Ludwigsfresken.

In der Glyptothek sind wir und die Kunst auf ganz neutralem Gebiete, und nur überkirchliche Eiferer fanden, wie wir sahen, an dem Gegenstande dieser Fresken Austoß. In der Ludwigskirche ist es anders. Wir sind in einer katholischen Kirche und da ist die Frage nicht unwichtig: Seid ihr Katholiken oder Protestanten? Freilich ich vermag der Antwort auf diese Frage doch keinesweges die maßgebende Bedeutung einzuräumen, daß von ihr allein auch mein Genuß und meine Beurtheilung abhinge. Unter anderen erklärt sich z. B. Herman Grimm nach meiner Ansicht mit Unrecht für incompetent, eben weil er Protestant sei. *) Gerade deshalb, meine ich, ist man um so competenter. Denn der Katholik betrachtet das an heiliger Stätte errichtete Bild zunächst nicht auf die künstlerische Seite desselben, sondern auf seinen Gegenstand hin. Und nur in Bezug auf die religiösen Empfindungen, die er bei Betrachtung solcher Darstellungen hat, glaube ich, sind wir allein incompetent. Dies aber bedauere ich nicht, denn dadurch vorzugsweise ist es mir möglich, das Werk als reines Kunstwerk zu empfinden, und seine religiöse Wirkung von der künstlerischen getrennt zu halten. Unter religiöser Wirkung aber verstehe ich in diesem Zusammenhange nicht die ethische, welche allen hohen Schöpfungen der Kunst eigen ist, sondern die confessionell-kirchliche. Sollten wir aber, die wir nicht Katholiken sind, in Wahrheit gänzlich incompetent sein, so wäre das ein schlimmes Zeichen, denn das Kirchlich-katholische müßte dann das rein Künstlerische so überragen, daß uns dieses sehr verdunkelt würde. Dies ist nun aber durchaus nicht der Fall, und wenn wir nur den Standpunkt einnehmen, den wir den Werken der vorreformatorischen Malerei gegenüber haben, so ist alles klar und begreiflich. Cornelius Fresken sind in gewissem Sinne kirchlich und somit confessioneli, aber sie sind gänzlich und unbedingt ohne jegliche Tendenz, und deshalb ist für den Protestanten kein Grund vorhanden, sich ihrer nicht herzlich zu freuen. Gegen kirchliche Tendenzwerke, also gegen die ultramontane Kunst, kann sich kaum jemand schärfer wenden als ich es an a. D. gethan habe**), ich glaube also vor Mißverständnissen sicher zu sein. Ehe wir jedoch hier weiter auf die Fresken der Ludwigskirche eingehen, haben wir einen wichtigen allgemeinen Umstand zu erwägen.

*) s. Beischriften 8.

**) Vergl. meinen Grundriß d. bild. Künfte S. 169, 277 ff.

Es ist nämlich die Frage: Ist christliche Kunst und insonderheit christliche Malerei ohne naiven Glauben möglich? Da ist seit vielen Jahrzehnten eifrig gestritten; es haben sich Parteien gebildet, und auf der einen äußersten Seite sagte man: Allerdings, wir glauben. ja auch nicht an Zeus und den Olymp; warum sollen wir nicht Jesus von Nazareth ebenso malen können.“ Die entgegengesetzten Aeußersten riefen ihr Wehe über solche schlimme Meinung und sprachen: „Am besten wäre es, wir gingen in ein Kloster." Wie aber können wir uns eine unparteiische Ansicht bilden? Es wird schwer sein, doch versuchen wir es in aller Kürze.

Zuerst spricht die Erfahrung für die entschiedenste Verneinung unserer Frage. Die großen und kleinen Künstler bis in die zweite Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts standen unzweifelhaft sämmtlich auf positivem Boden; bei ihnen war das, was sie von christlichen Gegenständen darstellten, Sache naiven Glaubens. Diese Naivetät hörte nach der Reformation bald auf. Die Werke der Katholiken verriethen meist ziemlich stark die kirchlich-hierarchische Tendenz, die der Protestanten, von denen nur sehr wenige, wie etwa Rembrandt, heilige Gegenstände darstellten, waren in derber realistischer Art meist ohne eine wahrhaft edle Weihe gehalten. So vergingen nahezu drei Jahrhunderte, und endlich in unsern Zeiten bestätigen neuere Erscheinungen dieselbe Sache. Doch müssen wir die Confessiouen auch jetzt getrennt halten, denn es ist hierbei ein Unterschied: Katholicismus und Protestantismus verhalten sich nicht gleichartig zur Kunst. Lassen wir zunächst wieder die Erfahrung sprechen, so sehen wir in der neueren deutschen Kunstentwickelung drei Mittelpunkte für die religiöse Malerei: Rom, Düsseldorf, München.

Ju Rom lebt seit 1810 bis heute der treffliche Overbeck, dessen stiller Sinn und schönes Wirken nicht hoch genug zu schätzen ist. Allein seine unschuldsvolle Naivetät war so einzig, daß ein zweiter Mann seine Wege nicht gehen kann, ja, daß sie sich bei ihm selbst nicht in voller Reinheit erhalten hat. Leider müssen wir dies nämlich angesichts einer Schrift erklären, die er vor Kurzem als Erläuterung seiner ausgezeichneten Sacramentenbilder herausgab, die aber nicht sowohl künstlerische Erläuterungen giebt, als vielmehr Mahnrufe an die Protestanten zum Uebertritt in die

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