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„Ich war noch neu in diesem Leid,
da ist ein Mächtiger hereingedrungen,
gekrönt mit Siegesglanz und Herrlichkeit.

Der hat des ersten Ahnes Schatten hier entrungen,
auch Abel's, Noah's; und auch Moses hat,
der Gott gehorcht, mit ihm sich aufgeschwungen.
Abraham, David folgten seinem Pfad,
Jakob, sein Vater, seine Söhne schieden,
und Rahel auch, für die so viel er that.
Sie und viel Andre führt er ein zum Frieden

und wissen sollst du nun: Vor diesen war
Erlösung keinem Menschengeist beschieden.“ *)

Diese Stelle ist der Schlüssel zu Cornelius Bilde, und man hat wahr haftig nicht nöthig, sich mit dogmatischen Weiterungen aufzuhalten, obwohl ich auch nicht verkenne, daß ein degmenkundiger Katholik das Werk noch anders ansehen wird. Für uns aber gilt in erster Linie der wahrhaft humane Grundgedanke einer Erlösung und Versöhnung nach dem Tode, und wir werden das im Bilde Dargestellte so unter allen Umständen für ein sinnvolles, tröstliches Gleichniß betrachten dürfen.

Näher noch auf den Gegenstand dieses Bildes einzugehen, müssen wir uns versagen, doch werden wir auf dasselbe noch einmal zurückkommen, wenn wir seine Vollendung in Berlin anzuzeigen haben. Wir wollten jest nur den engen geistigen und künstlerischen Zusammenhang dieses Wertes mit den Ludwigsfresken hervorheben und zugleich andeuten, daß es in dem bezeichneten Sinne eine willkommene Ergänzung des Bilderkreises in jener Kirche ist. Die Composition gehört durchaus noch München an, wo sogar die Untermalung begonnen wurde; als angefangene Arbeit siedelte das Bild mit nach Berlin über.

Wir sind jezt an den wichtigen Wendepunkt gelangt, wo Cornelius die Stätte seiner zwanzigjährigen Wirksamkeit verließ, wo er von der Höhe einer geradezu einzigen Stellung hinabstieg in das geschäftige Treiben einer Großstadt, deren Gewoge den Einzelnen leicht zurückdrängt und vom Ge sichtskreise des Tages entfernt. Cornelius konnte nicht wissen, was die Zukunft bringen würde, aber er hegte große Hoffnungen. Friedrich Wilhelm IV., den er früher gesehen, hatte ihn längst angezogen; sein Freund Niebuhr, der Lehrer des Kronprinzen, hatte ihm oft die glänzenden Gaben seines che

*) Hölle. IV. 52 ff.

maligen Zöglings geschildert, und die hochfliegenden Pläne des Königs ließen Außerordentliches für die Kunst erwarten. Diese großen Hoffnungen lockten den Meister an den Ort, wo Schinkel's Genius die herrlichsten Bauwerke geschaffen, wo Rauch in unermüdlicher Tüchtigkeit mit seiner trefflichen Schule arbeitete. Das Höchste schien so durch ein Zusammenwirken bedeutender Kräfte möglich zu werden, und der Pulsschlag eines klassischen Wirkens mußte wie in Baukunst und Bildnerei, nun auch in der Malerei durch den ganzen Körper des Staates sich ausdehnen, und hierdurch eine erweiterte nationale Grundlage empfangen. Die schmeichelhaftesten Anträge, eine äußerlich sehr erfreuliche Stellung und vollkommene persönliche Unabhängigkeit mußten den Zug, der aus der Sache floß, verstärken, und so knüpfte Cornelius nach fünfzehnjähriger Abwesenheit von Neuem das Band mit dem preußischen Staate. Einen gleichzeitig aus England an ihn ergangenen Ruf lehnte er ab.

Dies also waren die Hoffnungen. Aber ich glaube, sie allein hätten einen Mann wie Cornelius noch nicht bestimmt, ein bekanntes Feld reicher Thätigkeit zu verlassen, wenn nicht von der anderen Seite wesentliche Umstände mitgewirkt hätten. Trotz allen Ruhmes und Glanzes war seine Lage in München nicht mehr behaglich. Es hatte sich ein Parteiwesen gebildet, das offen und im Stillen wirkte, und das theils künstlerische, theils kirchliche Sonderzwecke verfolgte. König Ludwig selbst konnte sich diesem Treiben nicht ganz entziehen, und der Einfluß von Cornelius Gegnern auf seine Stimmung wuchs um so leichter, als seinem Ehrgeize, wie man sagt, der allzu große Ruhm seiner Künstler nicht gleichgültig war. Und in diesem Sinne soll er nicht die allgemeine Freude über Cornelius Aufnahme in Paris getheilt haben, ja man erzählt, seine Gereiztheit sei so erheblich gewesen, daß er sein Mißfallen über das jüngste Gericht rückhaltlos kundgegeben, und nicht geneigt gewesen sein soll, dem Meister ein neues Werk zu übertragen. Doch sei ihm wie ihm wolle, Cornelius konnte sich sagen, in München einen guten Grund gelegt zu haben, und er konnte seine Schule wohl unter der Leitung tüchtiger Kräfte ihrem ferneren Gedeihen überlassen. Schnorr, Heß und andere bewährte Männer blieben dort, und neben ihnen wirkte der seit Kurzem zu großem Rufe gelangte Kaulbach. Der Fortgang der Kunstbestrebungen in München schien also durchaus nicht Riegel, Corneling.

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an Cornelius ferneres Verbleiben daselbst gebunden, niemand aber konnte damals ahnen, daß dieser Fortgang ein verhältnißmäßig so unerquicklicher sein würde. Und hätte Jemand dies ahnen können, würde er nicht gewünscht haben, daß es Cornelius erspart sein durfte, mit eigenen Augen Zeuge dieses Auseinandertreibens und Verfallens zu sein? Die unmittelbar von ihm gegründete Schule ist, man kann und muß dies sagen, nahezu untergegangen, aber sie wäre auch gesunken, wenn er in München geblieben, und persönliche Widerwärtigkeiten hätten dann in Ueberzahl auf ihn eindringen müssen. Damit ist keineswegs gesagt, daß nicht auf dem von ihm dort gepflanzten Stamme manches vortreffliche Talent zur schönen Ausbildung gelangt wäre, sondern es handelt sich hier nur um den nächsten Kreis, die im engeren Sinne sogenannte Schule. Und diese artete schnell so aus, daß bald auch Schnorr den Kampf aufgab, und 1846 München verließ. Die Zeit des Cornelius in dieser Stadt war vorüber, er hatte seine Aufgabe in ihr erfüllt, und sie trug nicht die Elemente in sich, ihm den Anstoß zu einer neuen Weiterentwickelung zu geben. Dazu bedurfte es vor Allem einer starken Herausforderung seines künstlerischen Selbstbewußtseins, und diese war dort bei seiner außerordentlichen Stellung gar nicht denkbar. In Berlin war er gleichsam ein Privatmann, ohne Amt und allein, und was Berlin an ihm gewirkt, hätte München niemals gekonnt.

So wurde denn von Cornelius dem Rufe Friedrich Wilhelm's IV. entsprochen. Daß die Verhandlungen zwischen ihm und Preußen im Gange seien, flüsterte man sich schon an jenem Feste nach Vollendung der Ludwigsfresken zu, im Februar 1841 suchte der Meister um seine Entlassung aus der Directorstelle und dem bayerischen Staatsdienste nach, und am 12. April verließ er München, nachdem ihm einige Tage zuvor die Lehrer der Akademie ein Abschiedsmahl veranstaltet hatten. Die Stimmung jener Tage bei dem Scheidenden sowohl als den Zurückbleibenden zu schildern, ist nicht unsere Aufgabe, in weiten Kreisen aber hat man den Ernst des Augenblicks tief empfunden, und die Kunst in München verbarg weinend ihr Gesicht, als ihr guter Genius sich von dieser Stadt wandte.

Fünfter Abschnitt.

Die klassische Epoche, etwa von 1842 bis jekt.

Mit Festen und Ehrenbezeigungen war Cornelius von München geschieden mit Festen und Auszeichnungen wurde er in Berlin empfangen. Schon auf der Reise, die er mit Frau und Töchtern zurücklegte, ward ihm in Dresden eine glänzende Aufnahme zu Theil: ein Fackelzug und ein Festmahl, bei dem die Tapeten Rafael's den Saal schmückten, sollten der Verehrung der dortigen Künstlerschaft für den Meister Ausdruck geben. Nach zehntägiger Fahrt, in jener Jugendzeit der Eisenbahnen, kam er endlich am 22. April 1841 in seiner neuen Heimath an. Noch an demselben Tage suchte er Alexander von Humboldt auf, und am nächsten Morgen wurde er vom Könige empfangen. Am Krankenbette seines Freundes und Genossen Schinkel, der umdüsterten Geistes bewußtlos darniederlag, brachte er, wie Thorwaldsen, dem edlen Manne einen lichten Augenblick; Schinkel sah ihn, sagte: „Cornelius!" und fiel in seine traurige Nacht zurück. In der ersten Woche nach der Ankunft kamen Einzelne und Abordnungen in großer Zahl zum Meister, ihr Willkommen ihm darzubringen, Akademie und Museum veranstalteten ein großes Festmahl im Odeum, die Künstler feierten ihn durch Musik und Fackelglanz: es war ein Empfang, wie er des berühmten Malers wohl würdig war.

Cornelius trat in die geistigen Kreise der großen Stadt ein und verkehrte mit den ersten Männern der Kunst und Wissenschaft, wie sich das von selbst versteht. In näheren Umgang kam er mit den Brüdern Grimm, Rauch, Steffens, dem begeisterungsvollen Architekten Wilhelm Stier u. a.

Mit Schelling, der wie er von München nach Berlin übergesiedelt, löste sich jedoch das bisherige engere Verhältniß allmählig, wozu man den Grund wohl richtig in Schelling's bekannter Umwandlung zu suchen hat. So gut er in der geistigen Atmosphäre Berlins schnell heimisch wurde, um so weniger fonnte er dies in Bezug auf die damaligen gesellschaftlichen Zustände. Das ungezwungene Leben, welches er stets am Rhein, in Italien und in München geliebt, fand er hier nicht wieder, und so mußte er sich so gut einrichten, als es eben ging. Unbekümmert um die Vorurtheile der Geheimraths - Welt suchte er sich so z. B. einen Garten auf, wo das damals eben eingeführte bayerische Bier ausgeschenkt wurde, aber dafür schlugen auch die gesellschaftlichen Philister die Hände über dem Kopfe zusammen und fanden es beispiellos, daß der große Cornelius in den „blauen Himmel" gegangen.

Im Juli wurde der Meister durch ein eigenhändiges Schreiben der Königin von Portugal erfreut, in welchem sie die Bitte ausspricht, er möchte mehrere seiner Schüler nach Lissabon senden, um dort Freskomalereien auszuführen. Und Anfangs September folgte er einer Einladung des Lord Monson nach England. Dieser merkwürdige Mann gehörte zu den leidenschaftlichsten Kunstliebhabern, die je gelebt haben, und besaß eine an englischen Spleen grenzende Begeisterung für Cornelius. So hatte er den Meister früher einmal in München besucht und ihn gebeten, Zeichnungen zu liefern, nach denen ein Saal feines Schlosses a fresco gemalt werden könne. Cornelius ging hierauf ein, und Monson, der bis zu Thränen gerührt war, sagte, er wolle nun nach Hause reisen, um seiner Mutter diese frohe Botschaft zu bringen. Cornelius bemerkte, daß er dies ja schriftlich anzeigen könne, doch jener antwortete: „Allerdings, aber dann würde ich nicht Zeuge der großen Freude meiner Mutter sein.“ Der Lord beurlaubte sich und war nach zehn Tagen wieder in München. Dieser Mann nun wurde die nächste Veranlassung zu einer Reise, welche für Cornelius eine ungewöhnliche Wichtigkeit erlangen sollte. Zunächst fehlten wieder die herkömmlichen glänzenden Festlichkeiten in Düsseldorf und Köln nicht, in Brüssel ward dem Meister ebenfalls ein ehrender Empfang zu Theil, aber in London hatte er den Schmerz, seines Verehrers Monson Tod zu erleben. Dieser Zwischenfall, sowie eine vor

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