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lebendig bewusste sein soll, doch wahrhaft demselben persönlich gegenübersteht, ausserhalb seiner gesetzt ist, wird nur innerlich getragen. Und wie lässt denn am Ende noch die gerechte Gottheit Schuld und Strafe auf dem unschuldigen und unwissenden Oedipus ruhen?

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Der plastische Grieche so wird die Antwort wohl lauten müssen kannte keine Spaltung der Einen Menschennatur, besonders keine Herabsetzung der Leiblichkeit; und während daher uns, was von der Seele ohne den Leib bewegt wird, als gleich sträflich, was aber von dem Leibe ohne die Seele vollbracht ist, als ausser der Zurechnung stehend erscheint: SO war seinem Bewusstsein jenes im Allgemeinen straflos, dieses dagegen in gleichem Maasse strafbar. Sie ahnten wohl, dass für die Schuld eine Sühne möglich, nach dem Abfalle eine Wiederaufnahme denkbar sei; auf welchem Wege aber dieses einzig und allein erreicht werden könne, und dass ein völlig neues Leben geboren werden müsse, das nur nach der Vernichtung des ganzen alten Menschen seine wahre Auferstehung in verklärter Leiblichkeit feiern könne: das zu finden und zu sehen war mit allem Suchen und Sehnen dem hellenischen Geiste nicht verliehen.

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IV.

Der gegenwärtige Stand der religiösen Beurtheilung des classischen Alterthums.

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Die Erforschung der religiösen Seite des Alterthums und seines Verhältnisses zum Christenthum ist gerade in unserm Zeitalter von neuem als Gegenstand der wichtigsten Untersuchung erkannt und geübt worden. Man hat dabei vielfach die Erinnerung an ältere Sammelwerke erneuert, die jetzt doch weder dem Stande der philologischen Kritik noch auch dem Zwecke einer richtigen Ausgleichung der Studien des Alterthums mit den Bedürfnissen der theologischen Wissenschaft wie der christlichen Gesinnung und Erziehung entsprechen. Ein Wiederabdruck dieser Arbeiten wäre jetzt völlig unangemessen, eine gänzliche Umarbeitung würde Anordnung und Behandlung der früheren Weise kaum, in etwas ähnlich bleiben lassen. Dabei litten diese älteren Werke an dem aus einem missverstandenen apologetischen Eifer für das Alterthum hervorgegangenen Streben, eine grosse Annäherung desselben in der Erhabenheit religiöser Ideen und der Reinheit sittlicher Maxime nachzuweisen, ohne dabei in die tiefere Einsicht weder des hellenischen und römischen Bewusstseins noch der wesentlichen und an sich nie auszugleichenden Verschiedenheit desselben vom christlichen Lehrgehalte und Lebensgeiste einzudringen. Dies zeigt schon der Titel des einen hauptsächlichsten Werkes in dieser Gattung der Litteratur: Tob. Pfanneri systema theologiae gentilis purioris, qua quam prope ad veram religionem gentiles accesserint, per cuncta fere eius capita, ex ipsis praecipue illorum scriptis ostenditur, Basil. 1679. 4., und nicht anders. steht es mit dem in sammelndem Fleisse und umsichtiger Belesenheit bei völlig äusserlicher Behandlungsform nahverwandten Werke: Gerh. Io. Vossii de theologia gentili et physiologia christiana libri IX. Amstelod. 1750. 4., so dass auch dieses den Wunsch nach einer neuen und erschöpfenden Leistung nur um so fühlbarer macht. Wir haben auch aus dem gegenwärtigen Ertrage der

Litteratur nichts von umfassender Art nachzuweisen, es sind vielmehr nur einzelne, aber zum Theil sehr schätzbare Beiträge zur Lösung der allerdings schwierigen Aufgabe. Sie gehen klar oder unbewusst von der wichtigen Erkenntniss aus, dass nur dann derselben in wahrhaft befriedigender Weise genügt werden könne, wenn 1) die einzelnen Gegenstände ethisch-religiöser Anschauung für sich in vollständiger Genauigkeit geprüft, 2) die in den Classikern selbst liegenden Fundgruben für diese Seite der Forschung gehörig ausgebeutet und der eigenthümliche Geist und Charakter derselben erwogen, endlich 3) der geschichtliche Entwickelungsgang in unvermischter Klarheit dargelegt und die verschiedenen Zeitalter genau geschieden werden. Die letzte Seite kann wohl erst in einer das Ganze zusammenfassenden Behandlung ihre Erledigung finden; dagegen ist für die zweite eine Fülle ungemein trefflicher Monographieen geliefert worden, in welcher Beziehung sich ganz vorzüglich um den Homer Nägelsbach, um den Aeschylos Klaussen, um den Pindar Seebeck und Bippart, den Herodot Hoffmeister, den Thucydides Wigand, den Platon Ackermann, den Tacitus Bötticher u. A. verdient gemacht haben. Für die erste der oben bezeichneten Richtungen nun haben wir wieder eine Reihe kleiner Schriften zu beachten, deren Inhalt, auf einem anziehenden Grenzgebiete zweier reichbegabter Disciplinen sich bewegend, das Interesse jedes wissenschaftlich gebildeten Christen in hohem Maasse in Anspruch nehmen muss.

Es ist eine erfreuliche und beachtenswerthe Erscheinung, dass die wissenschaftliche Thätigkeit der katholischen Kirche in neuester Zeit mit Vorliebe dieser Seite der Erforschung des Alterthums sich zugewendet hat; eine grosse Zahl von Schriften solcher Art ist daraus hervorgegangen, indem noch mehrere, mir bis jetzt nicht zu Gesichte gekommene, von der Münsterschen Schule geliefert sind. Besonders hat ein bekannter, auf dem Gebiete der Alterthumswissenschaft mit grosser Anerkennung zu nennender baierscher Gelehrter, Prof. E. v. Lasaulx, jetzt in München, dem Gegenstande seinen angelegentlichen Fleiss in einer Reihe von Programmen gewidmet. Eine lebendige Liebe zum Herrn der Kirche, eine umsichtige Kenntniss der verschiedenen Seiten und hauptsächlichsten Schriftsteller des Alterthums, eine ausgebreitete Belesenheit auch in den Kirchenvätern, eine geistreiche Auffassung zeichnen die Arbeiten dieses Philologen vorzugsweise

aus. Bei seiner grossen Liebe zum Alterthum und bei seiner eben so tiefen Liebe zum Christenthum ist es ihm denn allerdings leicht begegnet, dass er die Grenzlinien zwischen beiden Gebieten nicht immer streng genug geschieden, dass er das Christliche Toft zu sehr in das Antike hineingetragen und in vereinzelten Zügen typische oder prophetische Andeutungen gesucht, dadurch den rein geschichtlichen Charakter des Alterthums nicht selten getrübt, aber auch der christlichen Idee auf demselben Wege bisweilen einen Theil ihres hellsten Lichts entzogen hat. Ich will zu näherer Begründung des Gesagten erst die allgemeinen leitenden Grundsätze desselben kurz zusammenstellen und darnach auf die Beleuchtung des Einzelnen eingehen.

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Da alle Geschichte, sagt der Verf. an einer Stelle, in letzter Instanz Religionsgeschichte sei, so habe das Christenthum als universale Weltreligion seiner Natur nach alle früheren Volksreligionen, insoweit sie Wahrheit enthielten, in sich aufgenommen und beschlossen, und es gebe kaum eine im Christenthume ausgesprochene Wahrheit, die nicht substantiell auch in der vorchristlichen Welt gefunden werde. Wie die israelitische, heisst es weiter an einem anderen Orte, so sei auch die Profangeschichte als eine vorbildliche, das Christenthum vorbildende, zu betrachten; er glaubt aus der Geschichte und den Religionen des Heidenthums ein zweites apokryphisches A. T. herstellen zu können, deren beider Fortsetzung und Erfüllung das N. T. ist. Der Ersehnte habe sich im Heidenthume wie im Judenthume offenbart; in der ganzen vorchristlichen Welt sei Christus im Kommen begriffen gewesen, seine wirkliche Erscheinung im Judenthum klar vorherverkündigt, im Heidenthume überall geahnt und gehofft worden. Die alte Mythologie steht demnach vor uns wie ein räthselhaftes Traumgebilde der vorgeschichtlichen Menschheit, eine Traumprophetie, deren wahre Deutung erst in der Fülle der Zeiten in Dem gegeben wurde, der mehr war als alle Propheten, dessen siegreiche Heldenstimme den Zauber der alten Schlange gebrochen und das bis dahin unselige Geschlecht von der Sclaverei der Sünde und des Gesetzes zur Freiheit der Kinder Gottes erlöst habe. Der Verf. scheint hierin zu weit zu gehen und damit den wesentlichen Unterschied des Heidenthums und Judenthums gänzlich zu verkennen, da ja doch dem Letzteren entschieden eine positive, jenem dagegen nur eine negative und mittelbare

Vorbereitung des Christenthums zuzugestehen ist. Sicherlich soll damit eine gewisse Wirksamkeit des loyos anεquatixos in der Heidenwelt nicht abgeleugnet werden, nur dass derselbe als in der Gemüthswelt und dem Innern sich offenbarend angesehen werden muss, nicht in den Instituten und Formen des religiösen Lebens, die immer nur den schwachen Abdruck menschlicher Auffassungsund Behandlungsweise uns bei ihnen zeigen können. Dies tritt uns gleich näher bei der Darstellung des Orakels (das pelasgische Orakel des Zeus zu Dodona, Würzb. 1841. 8. S. 4.) entgegen, deren Resultat allerdings im Vergleich zu den übrigen geringfügiger ist. Die Aehnlichkeiten zwischen hellenischem und jüdischem Cultus werden hier mehr im Aeusseren nachgewiesen, namentlich an den beiden Säulen zu Dodona, die nach dem Periegeten Polemo von gleicher Grösse neben einander standen, auf der einen ein nicht sehr grosses chernes Gefäss, dem heutigen Becken ähnlich, auf der andern die eherne Statue eines Knaben, der in der rechten Hand eine Geissel hatte mit drei Knöcheln an beweglichen Kettchen, wodurch bei den Bewegungen des Windes weit hörbare Töne sich gebildet hätten. Dies gilt dem Verf. für eine Nachbildung der durch den tyrischen Künstler Hiram errichteten beiden ehernen Säulen vor dem salomonischen Tempel zu Jerusalem, wie sie uns 1 Kön. 7, 13 ff. und 2 Chron. 3, 15 f. 4, 12 beschrieben sind. Eben solche schenkte Salomo dem tyrischen Könige, um sie im Tempel des höchsten Gottes aufzustellen, von da konnten sie ungemein leicht als ein Weihgeschenk der Schifffahrt und Handel treibenden pelasgischen Corcyräer nach Dodona gekommen sein. Aber diese Glocken selbst haben dem Verf. noch einen andern Werth, eine höhere Bedeutung; sie müssen, schon beim Gottesdienste im mosaischen Ritualgesetze erwähnt, wie der jüdische Hohepriester ein Bild des Universums ist, der beim Eintritte in das Allerheiligste am Saume seines Leibrocks damit geschmückt war, als ein Symbol des Einklangs der Welt und der Harmonie der Sphären angesehen werden; dazu ist denn auch in Dodona das nicht grosse eherne Becken eine Halbkugel und ein Bild des Himmels, die knabenartige Gestalt ein Bild des Demiurgen oder Weltbaumeisters. Diese Vorstellung erscheint insofern störend, als die hellenische Ansicht sich nie zu einem Weltanfange durch schöpferischen Willensact hat erheben können, vielmehr unter der Voraussetzung einer, wenn auch nur

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